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No Princess

von

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Die Allianz

Am nächsten Morgen war Anna die einzige, die wirklich entspannt und fröhlich zu sein schien. Ein relativ blasser Mirai begrüßte sie schroff, während Akira komplett schweigend an dem Frühstückstisch saß und in seinen Kaffee starrte. Der Saal war wieder aufgeräumt worden, die Affen schienen aber heute nicht so enthusiastisch wie am Vorabend zu sein, als sie noch gesungen und getanzt hatten.

„Tut ein Kater weh?“ Anna konnte sich ein feistes Grinsen nicht verkneifen, als sie sich zu den Jungs setzte und sich Kaffee eingoss. Shiro ließ sich neben sie fallen, legte seinen Kopf auf ihren Schoß und ließ erschöpft die Zunge aus dem Maul hängen. Mirai knurrte nur zustimmend.

Es dauerte eine Weile, bis Anna die Gemüter wieder heben konnte. Doch bevor sie das nun belebte Gespräch vollends genießen konnte, stand die bekannte, unfreundliche Dienerin neben ihr. Das Frühstück war beendet.

„Sasahira.“ Mirai erkannte die Frau anscheinend wieder. Ihr Blick wandte sich kaltherzig ihrem König zu, ehe sie ein „Guten Morgen“ hervor quetschte. Mirai lächelte gezwungen und erwiderte die Begrüßung.

„Es ist Zeit, dass wir sie einkleiden.“ erklärte Sasahira. Ihr braunes, dünnes Haar war in einen festen Zopf geknotet. Keine einzige Strähne schien diesem Zopf jemals zu entkommen. Anna blickte Mirai verwirrt an, doch auch sein Blick verriet ihr, dass er keine Ahnung hatte, was vor sich ging. Sasahira räusperte sich.

„Ich dachte, in Anbetracht der Situation wäre es vielleicht klug, die Königin etwas … passender zu kleiden.“ Ihr Blick wanderte von der Jeans zu ihrem Pullover. Ja okay, vielleicht trug sie etwas sehr zivile, schlichte Kleidung, aber das gab der Frau noch lange kein Recht, sie so abwertend zu betrachten. Anna schnaufte beleidigt auf. Mirai lachte.

„Mach's einfach. Schlecht kann's ja nicht aussehen, immerhin kümmert sich Sasahira um dich.“ lachte der Affenkönig lässig. Auch Akira grinste schadenfroh.

„Die Herren erwartet auch eine neue Garderobe.“ erklärte Sasahira kühl daraufhin und das Lächeln von Akira und Mirai verschwand. Anna erhob sich.

„Ausgleichende Gerechtigkeit nennt man das.“ grinste sie böse und folgte Sasahira in die Gemächer.
 

Es dauerte eine geschlagene Stunde, bis Anna fertig war. Sie wurde in einen teuer aussehenden Kimono gequetscht, der bestimmt nicht für sie angefertigt worden war, sondern eher für eine Vogelscheuche. Das Atmen fiel dem Mädchen schwer. Ihr Haar wurde unfreundlich in eine Hochsteckfrisur gebunden und mit Blumen Accessoires verziert. Auf die Frage hin, ob Anna nicht ihre Opalkette ablegen wollte, schüttelte sie heftig den Kopf. Seit ihrem Geburtstag hatte sie diese nicht abgenommen. Mit einem Schnalzen der Zunge gab Sasahira nach und begann, Anna zu schminken. Die Blondine freute sich schon in diesem Aufzug zum Wolfsrudel laufen zu müssen.
 

Shiro hechelte aufgeregt, als sie den Raum verließen und zur Haustür liefen. Zufrieden sprang er um Anna herum und betrachtete die ungewohnte Kleidung. Anscheinend gefiel sie ihm. An der Haustür warteten bereits Akira und Mirai, die ebenfalls in traditioneller Kleidung steckten und ebenfalls nicht sonderlich begeistert aussahen. Sie gaben Anna einen kurzen, mitleidigen Blick, als würden sie ihre Schmerzen verstehen, und wurden von den Affen durch die Haustür begleitet.

Die Mittagssonne brannte wie Feuer auf der geschminkten Haut. Die Schritte der Gruppe wurde mit einem rhythmischen Schlag und Glöckchenklingeln begleitet. Die Affen trugen Baren mit Essen, Alkohol und anderen Kleinigkeiten, während sie den langen Marsch durch den Wald antraten. Anna, die sich in dem eng gewickelten Kimono noch schlechter bewegen konnte, als sonst schon, wurde von Mirai und Akira an den Händen gehalten, damit sie nicht hinfiel. Waren Baumstämme oder Felsen im Weg, über die man klettern musste, hob einer der beiden sie darüber. Dennoch kamen sie alle drei verschwitzt und erschöpft auf einer Lichtung an, die Anna bisher noch nicht kannte. Sie war sehr weitflächig und beherbergte um die zwanzig Wölfe, die bereits auf die Reisenden warteten. Silver saß in der Mitte und erhob sich, als er Anna wieder erkannte, um zu ihr zu gehen und sich vor ihr zu verbeugen.

„Tch. Bei mir macht er sowas nicht.“ knirschte Mirai beleidigt und gewann Akiras Grinsen dafür. Anna erwiderte die Verbeugung. Dann ging Silvers Blick an ihr vorbei und ein junger Mann trat hinter Anna hervor. Er hatte die Gestalt eines 14-Jährigen. Sein schneeweißes Haar glitzerte silber unter der Sonne, die es durch die Baumkronen auf die Lichtung schafften. Seine hellblauen Augen waren auf den Alphawolf gerichtet. Das war das erste Mal, dass Anna Shiros Stimme hörte.

„Ich bin Zuhause, Vater.“ Die Stimme war so tief und basserfüllt, dass Anna fast zu zittern begann. Sie blickte auf und sah zu, wie Shiro sich neben seinen Vater stellte. Wie konnte er in diesen 1-2 Monaten so sehr gewachsen sein? Überrascht richtete sich die Blondine wieder auf. Außerdem hatte er es vermieden, sich ihr in dieser Gestalt zu zeigen. Wieso?

Shiro schien zu merken, dass Anna sauer auf ihn war. Er wandte den Blick von ihr ab und richtete sich an seinen Vater. Dieser schwieg beim Anblick seines Sohnes.

„Wir haben Geschenke mitgebracht. Als Zeichen des guten Willens.“ unterbrach Akira die Stille nun und die Affen begannen, die Gaben auf der Lichtung auszubreiten. Silver schnaufte kurz beim Anblick all der kleinen Kostbarkeiten.

„Solange ihr keine Vorschläge mitgebracht habt, die uns weiter helfen, brauchen wir das nicht.“ knurrte die dunkle Stimme des Alphas. Anna hatte das bereits eingeplant.

„Wir haben welche.“ begann sie. „Können wir uns setzen?“ Silver nickte schweigsam und ließ sich auf seine Pfoten fallen. Der Boden erschütterte kurz unter dem riesigen Gewicht. Als Anna sich auf den Boden setzen wollte, ging Shiro auf sie zu und bedeutete ihr, zu warten. Mit einem Knurren Silvers sprangen die anderen Welpen von damals, die deutlich kleiner waren, als Shiro nun, auf und brachten den Gästen ein paar weiche Zweige und Blumen zum Hinsetzen. Auch die Affen-Zwillinge bemühten sich, Sitzunterlagen zu finden und beizusteuern. Nach der provisorischen Garnitur ließen die drei sich in den Pflanzen nieder und wurden von allen Seiten her gemustert. Anna stupste Mirai mit ihrem Ellenbogen in die Seite, damit er anfangen würde, zu reden.

„Wir haben beschlossen, dass ihr im Wald bleiben könnt. Aber nur unter gewissen Konditionen. 1. Ihr werdet keinen mehr von uns töten, angreifen oder in sonst einer Weise negativ uns gegenüber auffallen. Das beinhaltet das Beleidigen, Verletzen oder Bestehlen von Affen. 2. Ihr werdet die Jagd im Wald so gut es geht drosseln, damit jedes Tier hier in Frieden leben kann. Um der Natur nicht zu trotzen, werdet ihr fressen können. Aber ihr werdet nur so viel jagen, wie ihr zum Überleben braucht. 3. Wir erwarten eine gewisse Wiedergutmachung für die Gräueltaten, die ihr uns angetan habt. Um die Kräfte auszugleichen, die ihr unserem Haus geraubt habt, werdet ihr dem Palast dienen. Dazu gehört nicht nur das Schützen des Königreiches, sondern auch die Verpflegung der Alten, das Putzen des Hauses, das Wässern des Gartens, die Erziehung der Jungen und andere Aufgaben.“ Und das war der kritischste Punkt. Konnten die Wölfe diesen Konditionen zustimmen und sich dem Palast unterwerfen?

Ein paar der Tiere waren während Mirais Forderungen aufgestanden und näher getreten. Bedrohlich nahe. Anna wich etwas mit dem Oberkörper zurück, spürte aber, wie Akiras Hand auf ihrer Schulter ihr das Gefühl der Sicherheit zurück gab. Sie durfte nicht weichen – sie musste standhaft sein. Silver schnaufte nun auf. Anscheinend hatte er stark über diese Forderungen nach gedacht und kam nun zu dem Schluss, sie anzunehmen.

„In Ordnung.“ brummte die tiefe Stimme und Shiro, der neben seinem Vater stand, entspannte sich nun etwas. Beruhigt schloss er die Augen. „Allerdings habe ich auch eine Bedingung.“ Shiro blickte auf. Er schien überrascht – ein seltener Anblick. Er war sich ziemlich sicher gewesen, dass die Wölfe zustimmen würden, solange sie in Frieden hier leben konnten. An den Gedanken von Gegenleistungen hatte er keine Sekunde verschwendet.

„Die da wäre?“ fragte der Affenkönig nun höhnisch und rollte die Liste mit den Konditionen zusammen. Im Gegensatz zu Shiro hatte er sehr wohl daran gedacht, dass die Wölfe nicht bedingungslos zustimmen würden, auch wenn sie in keiner Position zum Verhandeln gewesen waren.

„Einen Tropfen Blut der Königin für jeden von uns.“ Silvers Stimme hallte durch die Bäume wie Donner. Er war aufgestanden und überragte die meisten von den Besuchern doppelt und dreifach. Auch die Wölfe standen jetzt restlos, als wären sie zum Kampf gewappnet. Die Stille, die sich breit gemacht hatte, wurde nun durch einen wütenden Mirai unterbrochen.

„Das KANN nicht dein Ernst sein!“ schnauzte er aufgebracht und erhob sich ebenfalls. Seine Hand griff nach einem Stab, den einer seiner Diener hielt und zog ihn an sich. Doch nun stand Anna auf und gebot ihm Einhalt.

„Nein, das ist völlig okay.“ antwortete sie ruhig. Diesmal war es Akira, der seine Stimme erhob.

„Du weißt, was passiert, wenn du das tust.“ zischte er leise und überhaupt nicht einverstanden.

„Das tue ich. Aber es ist mein Blut und meine Schuld, dass diese Situation überhaupt erst zustande gekommen ist.“ erklärte die zukünftige Königin sich und wandte sich an den Alpha: „Dann gibt es aber noch eine Kondition, die ihr erfüllen müsst.“ Silvers Ohren spitzten sich. Auch Shiro schien nun interessiert daran zu sein, was Anna sagen würde. Noch mehr Konditionen? Wann hatte Anna darüber nach gedacht? „Ihr werdet hier wohnen und Wukong dienen. Aber eure Loyalität gehört mir. Ihr werdet kommen, jedes Mal, wenn ich euch rufe. Ihr werdet kämpfen, jedes Mal, wenn ich es befehle und ihr werdet sterben, wenn es sein muss.“

Erneute Stille erdrückte die Anwesenden. Shiro hatte jegliche Kontrolle über sein Gesicht verloren. Wäre es eine andere Situation gewesen, hätte Anna bei seinem Anblick laut angefangen zu lachen. Selbst Akira und Mirai starrten Anna ungläubig an. Das war ein merkwürdig frecher und fordernder Vorschlag. Sie fragte schließlich nach einer Armee! Doch Silvers Reaktion war noch überraschender. Mit einer Kopfbewegung bedeutete er einem der Wölfe, Anna ein in Leder gebundenes Messer vor die Füße zu legen. Die Wölfe setzten sich in Bewegung und reihten sich vor Anna auf. Anscheinend war alles geklärt, oder? Etwas überrascht über die wortlose Annahme dieser Kondition setzte sich Anna wieder hin und nahm das Messer in die Hand. Silver machte zwei große, schwere Schritte auf sie zu. Anscheinend wollte er der erste sein, der dieses Blut kostete. Nun überkam Anna Nervosität. Ihre Hände begannen zu schwitzen. Sie starrte auf das Messer in ihrer Hand. Es würde zwar weh tun, aber verheilen. Sie zog das silberne Metall aus der Scheide und legte es sich auf die linke Handfläche, hielt dann jedoch inne.

Mit einem Seufzen setzte sich Akira wieder neben sie und nahm ihr die Waffe aus der Hand, während er mit der anderen ihre Handfläche fest hielt. „Ich mach' das.“ Er klang immer noch leicht schockiert, aber jetzt mehr verärgert, als sonst was.

Ein beißender Schmerz fuhr durch Annas Hand. Akira war nicht zimperlich, was das Schneiden anging: Ein langer Schnitt führte vom Zeigefinger runter bis zum Handgelenk. Warme, rot schillernde Linien liefen Annas Handfläche hinunter. Schroff drückte er die Hand Richtung Alpha, dessen warme und nasse Zunge nur einmal hinüber fuhr. Die Sonne verblasste. Wolken waren aufgezogen, verdunkelten die Sonne restlos und verbargen den Himmel. Eine starke Böe raste durch den Wald und riss jeden aus seinen Gedanken. Man spürte, wie der Boden zu beben begann, doch dann war alles wieder normal. Die Wolken zogen weiter, der Wind beruhigte sich.

„Gruselig.“ murmelte Akira und starrte Silver an, der nun zurück zu seinem Platz trottete, ehe er sich wieder der Hand widmete. Die Wunde war mit einigen Bluttropfen verkrustet und verheilt. „Das wird echt wehtun, Anna.“ hauchte er dann dem Mädchen zu, schien aber nicht besonders viel Mitleid für sie zu entwickeln. Im Gegenteil: Ein sadistisches Lächeln legte sich auf seine Lippen.

„Ich weiß.“ gab sie knirschend zu, ehe er erneut in die Hand stach. Dieses Mal brauchte er nur die Fingerkuppe zu öffnen. Jeder der Wölfe war um einiges kleiner, als der Alpha, und dementsprechend war die Aussage 'ein Tropfen Blut' wirklich nur noch 'ein Tropfen'. Immer und immer wieder stach Akira in die zarte Hand des Mädchens. Trotz der fast sofortigen Regenerierung wurde der Finger langsam rot und begann zu puckern. Der letzte Wolf leckte über ihren Finger und wandte sich ab. Anna blickte zu Shiro. Er wusste sofort, wie er ihren Blick zu deuten hatte. Der Junge ging auf Anna zu, nahm ihre Hand in die seine und setzte sich zwischen sie und Mirai, ehe sein Kopf auf ihre Schulter wanderte und sich dort ausruhte. Seine Lippen hauchten einen Kuss auf die verheilte Fingerkuppe. „Ich brauch' es nicht.“ Shiro sagte diese Worte nicht. Sie huschten durch Annas Kopf, als hätte er es gewollt. Das erste, was er zu ihr sagte und nur für ihre Ohren bestimmt war. Und wahrscheinlich würde es für lange Zeit auch das letzte Mal sein, dass sie seine Gedanken lesen konnte. Wie Säure spürte Anna Tränen ihre Netzhäute bedecken. Sie sammelten sich in den Winkeln und Wimpern ihrer Augen und rannen die zarten Wangen der 16-Jährigen hinab. Shiros Hand streichelte über ihren Kopf, während er den Rücken der verletzten Hand an seine Lippen führte und vorsichtig küsste. Anna vergrub ihr Gesicht in ihrer freien Hand und begann zu weinen. Erst jetzt wurde ihr schmerzhaft bewusst, dass es heute Abschied Nehmen hieß.

Mirai und Akira beobachteten die Situation für einige Sekunden, standen dann jedoch auf und begannen, die Sachen für das Fest vorzubereiten. Wölfe, wie Affen, packten gemeinsam an, um die Lichtung in eine Art Festivalplatz umzuwandeln, während Shiro Annas Tränen trocknete. Beide sagten nichts zueinander. Ab und zu wischte Shiro mit den Ärmeln seiner Kleidung über Annas Nase oder Wangen. Ihre Tränen glitzerten wie süßer Tau am Morgen. Sie weinte einfach nur und er hörte einfach nur zu. Jede Träne, die sie vergoss, war nur für ihn und er würde jede einzelne behandeln, als wären sie sein Schatz. Seine Hände streichelten immer wieder über ihren Kopf und Rücken. Ihr Körper, nicht gewohnt an die Tränen, zitterte leicht. Ihr schmaler Körper fand sich in seiner Umarmung wieder und allmählich begann er, den festen Zopf der Königin zu lösen, damit ihre langen, blonden Haare durch seine Finger gleiten konnten. Mit offenen Haaren gefiel sie ihm besser. Es erinnerte ihn daran, wie er neben ihr im Bett lag und sie beim Schlafen beobachtete.

Dann schaffte Anna es allmählich, ihre Tränen zurück zu halten. Sie umarmte diesen liebenswerten, süßen Jungen mit all ihrer Kraft und drückte ihn an ihre Brust. „Ich werd' dich so vermissen, Shiro.“ seufzte sie und zog die Nase hoch. Shiro erwiderte ihre Worte mit einer sanften Berührung ihrer Schulter, um sich aus der Umarmung zu lösen. Dann murmelte er:

„Wir sehen uns bestimmt wieder.“ Seine tiefe Stimme hinterließ ein Gefühl der Gewissheit in Anna. Sie wischte sich die letzte Träne weg, schluckte und nickte schließlich.

„Ich werd' immer an dich denken.“ quetschte sie dann hinter ihren Lippen hervor. Sie wollte diese Worte nicht sagen. Irgendetwas hielt sie davon ab. Vielleicht die Angst, dass er sie vergessen würde oder dass sie ihn wirklich nie wieder sehen würde? Er war IHR Mündel, IHR Vermächtnis, IHR Shiro. Was würde sie tun, wenn er es nicht mehr sein würde? Doch seine Worte ließen all ihre Sorgen und Ängste verblassen. Sie erbebte unter diesen Worten.

„Ich auch an dich, Mama.“ seufzte der Wolfsjunge leise. Es war nur ein Flüstern in ihrem Ohr. Er setzte einen Kuss auf ihre Wange oben drauf und wandte sein in Rosa getauchtes Gesicht von ihr ab. Erneut brach Anna in Tränen aus.
 

Es dauerte eine Weile, bis sie sich beruhigt hatte. Shiro war zu seinem Vater gegangen und begann von der Zeit mit Anna zu erzählen. Die tiefen, brummigen Stimmen drangen an ihre Ohren, während sie seufzend ins Feuer starrte, dass die Leute angezündet hatten. Grillen zirpten entfernt im Gras und die Sonne senkte sich bereits der Nacht zu. Langsam wurde es frisch. Die Blondine saß auf einem Holzstamm nahe des Feuers, aber abgelegen vom Getümmel und Gefeier. Die Wölfe und Affen schafften es nur langsam und allmählich, sich zu mischen und miteinander zu trinken. Mit einem Ächzen ließ Akira sich neben Anna fallen und teilte mit ihr den Blick ins Feuer.

„Alles wieder gut?“ fragte er ruhig und seine Stimme war wie Honig für ihre Seele. Sie nickte.

„Ja.“ Schweigen trat ein. Das Knistern der Flammen und die zusammenhangslosen Wörter einzelner Gespräche prasselten zusammen in der Abendluft.

„Er hat mich Mama genannt.“ sagte Anna dann schließlich heiser und versuchte, ihr Quieken auf ein Minimum zu beschränken, während sie diese Worte sagte. Ihre Hände wanderten wieder vor ihre Augen, damit Akira nicht sah, dass sich erneut Tränen ansammelte. Ein warmer, muskulöser Arm legte sich um die fragilen Schultern der gewordenen Mutter und streichelte sie leicht.

„Ist doch schön.“ Akiras Stimme war fast ein Flüstern, doch sie konnte sein Lächeln heraus hören. Anna nickte. Es war schön. Es füllte ihr ganzes Herz aus. Ihr Blick wanderte schließlich durch die Menge, als sie sich bei Akira anlehnte und sich zu beruhigen versuchte. Mirai stand nun bei Silver und Shiro und erzählte davon, wie klein Shiro noch war, als sie ihn mitgenommen hatten. Er wäre in wenigen Tagen bereits so gewachsen, dass man es kaum für möglich gehalten hatte. Außerdem war er so anhänglich, dass man Angst hatte, er würde sie beim Pinkeln beobachten... Akiras Arm lenkte Annas Aufmerksamkeit von den peinlichen Geschichten ab. Er bot ihr an aufzustehen und an dem Gespräch teilzuhaben.

„Das liegt wahrscheinlich daran, dass der kleine Shiro jede Nacht bei Anna im Bett schlafen durfte.“ erklärte Akira dann, der zugehört hatte und Anna gerade einen Platz zu Shiros Seite zuwies. Shiro wurde erneut leicht rot. Silver bleckte seine riesigen, weißen Hauer und lachte trocken auf. Es war ein gruseliges, boshaftes Lachen, dass alle Anwesenden kurz Gänsehaut verpasste.

„So ist das also.“ brummte er schließlich und sein Blick verharrte auf seinen Sohn, der unter dem weißen Haar nun noch röter anlief. „Hätte nicht gedacht, dass er sich jemals jemanden so anhänglich zeigen würde. Schließlich hat er seine Mutter nach der Geburt gefressen.“ haute das Alphatier raus und jedes Gespräch kam für kurze Zeit zum Erliegen. Mirai und Akira blickten leicht schockiert zu dem Jungen. Selbst Anna konnte ihre Fassungslosigkeit nicht verbergen. Dann erinnerte sie sich aber an den Geschmack von Eisen und Blut, als sie Shiro zum ersten Mal gesehen hatte. Sie musterte den Jungen. Er hatte nie vergessen, was er getan hatte. Es hatte ihn die ganze Zeit geplagt. Man konnte leicht sagen, dass dieses sonst so ausdruckslose Gesicht nun von Sorge, Angst und Scham erfüllt war. Angst davor, dass Anna ihn jetzt nicht mehr lieben würde. Doch dann fand er den Mut, die nächsten Worte zu sagen:„Sie ist anders. Ich mag sie.“ Und Anna konnte nicht anders – Sie zog Shiro an sich heran und umarmte ihn noch fester, als zuvor. Er war einfach zum Sterben süß.

„Mir egal, wer deine Mutter ist. Aber wenn sie es sein soll, ist es wahrscheinlich die beste Wahl.“ kommentierte der riesige Wolf brummig und begann, aus der riesigen Schale zu trinken, die gefüllt mit dem besten Schnaps des Hauses Wukong war. Nun reichte man auch Anna und Akira Alkohol, Shiro verweigerte sich allerdings nach dem letzten Abend.

Während Anna immer wieder um Shiros Aufmerksamkeit und Kuscheleinheiten kämpfte, begannen die anderen Anwesenden zu tanzen und zu singen. Selbst die Wölfe, die zu eitel und zu stolz schienen um zu tanzen, gaben sich dem Alkohol und der Musik hin. Auch der Alpha lächelte den Abend hinweg durch. Nach einigen Stunden schaffte Shiro es endlich, sich von Anna los zu reißen und verwandelte sich mit einem „Puff“ zurück in einen Wolf, um schneller wegrennen zu können und ließ eine enttäuschte Anna zurück.

„Ich glaube, er ist so tränenreiche Abschiede nicht gewöhnt.“ erklärte ihr Mirai mit einem schmerzhaften Lächeln, als Anna zu schmollen begann. Sie stützte ihre Hände in ihr Gesicht und sah den Feierwütigen beim Tanzen zu. Doch allzu lange konnte sie in dieser Position nicht verharren – Mirai zog sie mit einem Ruck auf ihre Beine und zwang sie zu dem, was sie letzte Nacht nicht tun wollte: mit ihm zu tanzen. Er zog sie zum Lagerfeuer und begann dann, ihre Hände in die Luft zu heben und sie zu schwenken, während sich beide ab und an im Kreis drehten. Die Bewegung tat Anna gut. Irgendwann musste Mirai sie nicht mehr zwingen – sie begann zu tanzen. Mit ihm, mit den Affen, mit den Wölfen. Langsam hatte sie wieder Spaß an dem Abend. Mirai zog an ihrer Hand, sie drehte sich in seinem Arm ein, gab sich Mirais Tanzschritten hin und hüpfte mit ihm ums Feuer, während viele der Gäste zu klatschen und gröhlen begannen. Auch Akira klatschte und gröhlte, bis er sich nicht mehr zurück halten konnte und Mirai ablöste. Dann tanzte er mit Anna und führte sie mit großen Bewegungen ums Feuer. Anna konnte sich nicht erinnern, jemals so ausgelassen getanzt zu haben.

Schnaufend ließ das Mädchen sich nach einer Weile, die ihr wie Stunden vorkam, auf ihren Platz zurück sinken. Shiro und Alpha waren irgendwo hin gegangen und das Feuer beleuchtete in der eingetretenen Dunkelheit nur spärlich Annas Sitz. Sie schwitzte. Ihr Kimono war komplett durcheinander und aufgelockert, doch das störte sie gerade nicht. Sie ließ den Stoff mit ihrer Hand an ihrer Brust auf und ab flattern, um etwas der kühlen Luft an den Schweiß getränkten, bebenden Torso zu lassen. Grinsend schaute sie der Masse an ungewöhnlichen Wesen zu, wie sie zusammen tanzte, lachte und trank. Es war ein Bild für die Ewigkeit.

Die Stimmen erlagen langsam der Nacht. Viele der Affen hatten sich zurück gezogen, auch die Wölfe rissen langsam aber sicher die Mäuler zum Gähnen auf. Akira sprach immer noch mit Silver über dessen altes Zuhause in Europa. Shiro lag schweigend neben dem Rothaarigen. Seine Augen blinzelten müde und suchten nach Anna. Diese wurde gerade von Mirai gefragt, ob sie nach Hause gehen wollten. Shiro stand auf und tappste zur Blondine hinüber, ehe sie Mirais Frage beantworten konnte.

„Schätze, ich lass euch noch mal etwas alleine.“ lächelte der Affenkönig verständnisvoll, wuschelte dem Jungen durch das weiße Fell und gesellte sich zu Akira und Silver.

Shiro führte Anna etwas tiefer in den Wald, um mit ihr alleine sein zu können. Er war wieder in Menschengestalt. Sein weißes Haar schimmerte angenehm wie frisch gefallener Schnee im Mondlicht. Er hielt ihre Hand und sie war angenehm warm, wenn auch rau. Anna wusste, dass sie diese Hand nicht so schnell wieder spüren würde, und kostete jede Sekunde dieses Moments aus.

Zwischen drei großen Bäumen blieb Shiro stehen. Es dauerte eine Weile, bis er den Mut gefunden hatte, sich umzudrehen, Anna anzuschauen und sie zu umarmen. Er ging ihr gerade mal bis zum Kinn, weshalb er seinen Kopf in ihrer Brust vergrub. Sie spürte, wie seine Tränen auf ihre Haut fielen. Er schluchzte leise. Anna kämpfte mit ihren eigenen Tränen. Sie drückte den Kopf des Kindes an sich und schloss die Augen. Ihr Herz schmerzte bei dem Gedanken, ihn nicht wieder zu sehen. Shiros Gedanken sickerten in das Mädchen ein und sie waren so klar, wie noch nie. „Ich hab' dich lieb. Ich werd' dich vermissen. Ich hab' dich lieb. Ich werd' immer an dich denken.“ Sie drehten sich im Kreis. Immer wieder hörte Anna diese Worte in allen Formen und Variationen. Sie wusste nicht, wie lange sie da standen und sich in den Armen hielten. Annas Tränen kullerten über ihre Wangen auf das schneeweiße Haar, die sie dann aber schnell wegwischte. Irgendwann ließ Shiro sie los. Annas Hände fuhren über seine Wangen und trockneten die letzten der Tränen.

„Du kommst einfach vorbei, wenn du Lust hast, okay?“ flüsterte sie leise und gab ihrem Jungen einen kleinen Kuss auf die Stirn. Zu Boden starrend nickte er, nahm ihre Hand und führte sie zurück zum Platz, wo die anderen bereits auf sie warteten.

Der Junge verabschiedete sich von Mirai und Akira sehr viel knapper und emotionsloser, als er es bei Anna getan hatte, und folgte Silver schließlich zurück in die Wolfsunterkunft. Anna und die zwei Jungs traten den Heimweg an.

„Du bist 'ne ganz schöne Heulsuse.“ kicherte Akira und deutete auf die geröteten Augen der Blondine.

„Schnauze.“ schniefte Anna beschämt und rieb sich erneut die Augen.

„Ich versteh' das schon, müsste ich mich von dir verabschieden, würde ich wahrscheinlich auch so heulen.“ gab Mirai dramatisch zu und legte seinen Arm um das sehr viel kleinere Mädchen. Akira zischte. Mirai grinste triumphierend zu ihm hinüber, doch dieser zog das Tempo etwas an und kommentierte genervt: „Ich lass' es zu. Immerhin bist du hier der König... Noch.“ Dann ließ er die beiden alleine.

Im Dunkeln war das Gehen noch anstrengender, als im Hellen. Die sowieso schon schmalen und überwachsenen Wege waren in der Dunkelheit kaum wieder zu erkennen. Unbewusst schnappte Anna nach Mirais Hand, als sie langsam unsicher über die Äste lief.

„Du hast das gut gemacht.“ meinte Mirai schließlich und sein warmer Daumen streichelte über Annas Handrücken.

„Danke, aber im Laufen war ich noch nie schlecht.“ entgegnete Anna schroff und hielt den Blick auf den Weg vor sich gerichtet.

„Das mein' ich nicht. Ich meine die Situation mit den Wölfen. Du wirst bestimmt eine gute Königin.“ erklärte sich der Affenkönig. Die beiden hatten das Tempo deutlich verlangsamt wegen dem unsicheren Weg. Anna hielt kurz inne. Sie wusste nicht, was sie darauf entgegnen sollte. Das Knacken der Äste unter ihrem Gewicht wirkte zu laut in dieser stillen Nacht. Kein Wind regte sich, kein Säuseln der Baumkronen, kein Rascheln in den Büschen und Blättern.

„Anna...“ auch Mirai versuchte, Worte zu finden und blieb schließlich stehen. „Du weißt, dass ich ernst mache oder?“ Seine Worte lösten ein Erdbeben in ihrer Brust aus. Sie hob den Blick von den zerknickten Ästen und zertrampelten Blättern, um Mirai anzusehen. Erst schwieg sie. Scham stieg in ihre Wangen und machten ihr das Antworten schwer. Dann sagte sie schließlich:

„Das wusste ich schon die ganze Zeit.“ Ihre Lippen zitterten bei dieser Antwort. Die Hand, die ihr gerade noch Halt gab, zog nun an ihrem Arm. Mirais großer, harter und warmer Oberkörper presste plötzlich gegen Annas Gesicht. Seine Arme drückten sie merkwürdig angenehm gegen ihn und ließen sie nicht mehr los. Sie hörte, wie heftig sein Herz gegen die Rippen schlug, als sie so an ihm lehnte. War er wirklich so aufgeregt? Wenn ja, steckte es an. Hitze explodierte in Annas Gesicht, doch sie schwieg. Auch Mirai schien nicht zu wissen, was er eigentlich damit ausdrücken wollte. Das Gewicht seines Kopfes lastete auf ihrem, während er sich an sie schmiegte. Der Geruch von Alkohol drang in Annas Nase. Sie wollte tief Luft holen, um sich zu beruhigen, schaffte es aber kaum in dieser festen Umarmung. Ihr Herz flatterte.

„Ich zwing' dich zu nichts. Ich weiß, dass du kein Mensch bist, der sich halbherzigen Bekundungen hin gibt.“ Seine Stimme war ein Flüstern geworden. Seine Worte waren wie kleine Feuerwerke, die an ihrem Ohr explodierten. Sein Körper entfernte sich langsam und gab Anna wieder die Freiheit, etwas tiefer einzuatmen, als vorher. Er musterte sie, während ihre Brust sich langsam hob, um die kühle Nachtluft einzuziehen. Er hatte diese Nervosität schon einmal gesehen – es war mehrere Wochen her, doch hier in der Nähe hatte sie ihm damals als Entschuldigung einen Kuss gegeben. Ein kleiner, zarter Kuss auf die Wange, der ihn daraufhin süchtig danach gemacht hatte. Er dachte an die süßen, weichen Lippen Annas. Während sein Blick von ihrer Brust zu diesen wanderten, die im Mondlicht leicht glänzten, bemerkte der Affenkönig, dass sich ihre Augen nun trauten, seinen Blick zu erwidern. Sie schaute ihn an. Ihre blauen Augen waren hier so dunkel wie die Nacht selbst. Der Mond spiegelte sich in ihnen wieder und machten sie damit sehr, sehr viel größer und leicht einschüchternd, als sie Mirai so erwartungsvoll anstarrten.

„Liest du meine Gedanken?“ fragte er leise. Seine Hände ruhten immer noch auf ihrem Rücken.

„Ich hab' dir gesagt, es funktioniert nicht, wenn ich nervös bin.“ gab Anna noch leiser zu.

„Wieso bist du nervös?“ fragte Mirai nun weiter nach und ein Anflug eines neckischen Lächelns zeigte sich in seinem Gesicht.

Anna schwieg verbissen und begann, noch röter zu werden. Beschämt schaute sie zur Seite. Mirai beugte sich vor. Er roch nach einer Mischung aus Sake, Kräutern und Zederholz, als er ihr so nahe war. Seine Lippen legten sich auf ihre Wange. Es war nur eine kurze Berührung, wie ein vereinzelter Regentropfen, der vom Himmel fiel, dennoch schien sie für eine Ewigkeit anzuhalten. Annas Wange fing fast Feuer. Schnell huschten ihre Finger über die Stelle, die er geküsst hatte, als wollte sie es löschen. Mirai grinste kurz bei diesem Anblick.

„Lass uns nach Hause gehen, bevor Akira vor Eifersucht platzt.“ lachte er dann, ließ Anna los und griff nach ihrer Hand, um sie weiter durch die Dunkelheit zu führen. Nach einigen Minuten des beschämten Schweigens schaffte es Anna aber schließlich doch, das Gespräch fortzuführen:

„Ich glaube kaum, dass er eifersüchtig ist.“ Es war eher ein Murmeln.

„Doch, glaub' schon.“ entgegnete Mirai daraufhin knapp und schien kurz zu überlegen. „Er zeigt es nur nicht so gut.“ Annas Herz machte erneut einen Hüpfer und sie fühlte sich leicht schuldig. Sie war mit Mirai unterwegs, warum dachte sie dann an Akiras Kuss? Mirais war nicht mal Minuten her…

„Du brauchst nichts sagen.“ Mirai klang, als würde er ahnen, woran Anna dachte. Hatte Akira ihm von den Kuss erzählt? Oder war es nur so offensichtlich, dass sie darüber nach dachte? Wahrscheinlich war es eher Paranoia. Woher sollte Mirai es denn wissen können?

Die beiden kamen an den Steintreppen an, die zum Palast führten. Langsam und vorsichtig erklommen sie eine Stufe nach der anderen, denn die Treppe hatte kein Geländer und wirkte in der Nacht dreifach so gefährlich, wie am Tag. Sie erreichten den Palast. Fast alle Lichter waren gelöscht worden, nur hier und da gaben ein paar Kerzen noch den Weg zu den Schlafräumen preis. Mirai führte Anna zu ihrem Zimmer, ehe er sich für die Nacht verabschiedete und verschwand. Anna fiel aus ihrer Kleidung, schlüpfte in ein Shirt ihres Bruders und legte sich ins Bett. Kein Schnaufen, kein Schnauzelecken und keine Bewegungen, um sich bequemer hin zu legen waren zu hören. Die Schritte Mirais verhallten. Das Haus lag im Schweigen. Und das erste Mal seit langer, langer Zeit fühlte sich Anna wieder einsam.

Der nächste Tag war hektisch und aufregend. Viele Leute waren am frühen Morgen schon unterwegs, um alles für die Abreise von Akira und Anna vorzubereiten. Mirai würde weiterhin auf dem Berg bleiben, um ein paar Details mit Silver absprechen zu können, weshalb er im Gegensatz zu den anderen ausschlafen konnte. Nicht so Anna und Akira: Mit einem lauten Klopfen wurden die beiden aus dem Schlaf gerissen und dazu getrieben, sich anzuziehen und ihre Sachen zu packen. Ehe sie sich versahen und ohne nochmal Mirai zu Gesicht zu bekamen, saßen die beiden schon verdattert und müde im Zug.

Anna seufzte, legte ihre Tasche vor sich ab und schloss die Augen. Auch Akira gähnte halbherzig vor sich hin, legte dann jedoch seinen Arm um sie und verharrte in dieser Position. Zuerst wusste nicht, was Anna tun wollte. Sie dachte an Mirai und seinen Kuss. Und dann an Akira und dessen Kuss. Und dann entschied sie, dass sie zu müde war, um noch über irgendetwas eine Entscheidung zu treffen, lehnte sich bei Akira an und schlief, bis sie ihre Station erreicht hatten.

Mit einem kurzen Umweg über Annas Haus machten sich die beiden mit Adam, den sie dort eingesammelt hatten, ohne weitere Umschweife zur Schule auf. Anna begann von dem Wochenende zu erzählen.

„Also hat alles geklappt, ja? Du hättest allerdings nicht gleich für sie bluten müssen.“ fügte Adam murmelnd hinzu, zog Annas Hand zu sich und begutachtete sie deutlich. Es war keine Wunde zu sehen, die Fingerkuppe war nicht einmal mehr rot.

„Alles gut.“ Anna zog ihre Hand zurück. „Ich glaube, es war richtig so.“

„Naja. Und Küsse?“ wollte Adam nun wissen. Anna druckste ein bisschen um die Antwort.

„Mirai hat mich auf die Wange geküsst.“ gab sie dann kleinlaut zu und stahl sich einen Blick auf Akira, der neben ihnen her lief. Dieser beobachtete die Geschwister, schien aber wenig interessiert an dem Kuss zu sein.

„Solange du ihn nicht geküsst hast.“ Adam klang erleichtert.

„Erzählst du ihm immer alles?“ wollte Akira nun wissen und vergrub seine Hand in der Hosentasche.

„Immer.“ antwortete Anna.

„Alles.“ fügte Adam agrwöhnisch hinzu.

„Oh?“ Akira klang überrascht, doch ein unheilvolles Lächeln klang in seiner Stimme mit. Seine Augen wanderten zu Anna, die den Blick erwiderte, und dann wusste, woran er dachte. DIESEN Kuss hatte Anna Adam verschwiegen. Die ungewollte Röte trat in ihre Wangen, die Anna eigentlich schon abgelegt haben wollte, als sie den Kuss ad Acta gelegt hatte. Als würde Akira ihr Geheimnis spüren, breitete sich sein Grinsen im ganzen Gesicht aus. Doch auch er verschwieg Adam den Kuss.

Es dauerte nicht lange, bis die beiden Jungs begannen über Fußball zu sprechen. Adam hatte Anna mal erzählt, dass er außerhalb der AG keinen Kontakt mit Akira pflegte. Dafür unterhielten sie sich aber ziemlich angeregt.



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