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No Princess

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Danke fürs Lesen. Bilder folgen. Komplett anzeigen

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Die Herren des Schülerrats

Es gehen Gerüchte um. Gerüchte, dass sie wirklich lebt. Dass sie an diese Schule kommt. Niemand wollte es glauben, denn sie war wahrhaftig keine Prinzessin.
 

Oft musste Anna schon die Schule wechseln, weil ihr Ruf ihr voraus eilte – seit sie 12 war, sagte man ihr nach, dass sie eine herzlose Schlägerbraut sei. Ein Mädchen mit herausstechenden, kristallblauen Augen und dem Charisma einer Gottesanbeterin, die ihre männlichen Gefährten verschlingt. Eine Frau, die durch ihre Schönheit fast alles erreichen konnte, und den Rest durch Gewalt löste. Viele hatten sie schon herausgefordert, aber niemandem ist es gelungen, sie zu besiegen. Mit 13 verschwand sie.
 

„Aaah.“ Ein tiefes, enttäuschtes Seufzen eilte durch den großen Raum, in dem sich nun mehrere Kandidaten versammelt hatten. Der Raum hätte gut beleuchtet sein können, doch waren dicke, rote Samtvorhänge vor den großen Fenstern vorgezogen worden. Ein großer Tisch zog die Aufmerksamkeit auf die Mitte des Raums. Er war aus glattem, dunkelbraunem, poliertem Holz. Auch die Sessel, die ihn umringten, schienen edel zu sein – sie waren aus demselben Holz wie der Tisch und die Sitzflächen waren mit rotem Leder überzogen. Der Boden glänzte in Marmor. In drei Metern Höhe beherbergte die Decke eine große Lampe aus feinem Glas. Die Wände neben den drei großen Fenstern gegenüber der Tür waren voll gestellt mit Regalen, die bis zum Rand mit Büchern gefüllt waren. Kein einziges schien wirklich Staub anzusetzen. Drei Meter vom Tisch entfernt befand sich eine immer noch geschlossene, zweiflüglige Eichentür, die Einlass zum Raum des Schülerrats gewährte.

Es hätte ein Ort mit einer entspannten Atmosphäre sein können, doch die sechs jungen Herren konnten sich nicht ausstehen. Ein Junge mit hellblondem Haar und großen, blauen Augen starrte zur Tür. Er war relativ klein, im Gegensatz zu seinen Kumpanen, aber war dennoch größer als jedes Mädchen in seiner Klasse. Seine Statur schien eher fragil zu sein, dennoch konnte jeder schnell ahnen, dass er nicht schmächtig war.

„Es wäre schön, wenn wir die Zeit in Ruhe verbringen könnten und du uns nicht mit deiner Stimme nerven würdest, Toki.“ sagte eine andere Stimme, um einiges tiefer, und um einiges härter. Jeder, der diese Stimme gehört hätte, hätte sofort eine Gänsehaut bekommen. Sie kam von Ren, einem außergewöhnlich großen jungen Mann für seine 17 Jahre. Er überragte Toki mit anderthalb Kopflängen. Sein etwas längeres Haar fiel im ins Gesicht. Es war so schwarz, als wäre es ein lebendiger Schatten. Smaragdgrüne Augen blitzten hinter ihnen hervor, während er sein Gesicht auf seinen Händen abstützte.

„Sie müsste gleich da sein. Niemand hat die Einladung des Schülerrats je ausgeschlagen.“ Einer der Jungen erhob sich von seinem Platz. Der rote Haarschopf blitzte kurz durch einen Sonnenstrahl, der es durch den Vorhängen ins Zimmer geschafft hatte, auf, und erlosch sogleich wieder.

„Du weißt doch gar nicht, wie sie ist, Akira. Jeder sagt, sie ist eine Kämpferin und dass sie wegen der letzten Schlägerei für ein Jahr suspendiert wurde“ sagte die tiefe Stimme Rens erneut. Akira blickte zu Ren, der nun ebenfalls aufgestanden war. Ren fuhr fort: „Sie soll zwölf 15-Jährige alleine besiegt haben. Da war sie 12. Angeblich wurden die Jungs sogar so stark verletzt, dass einige mit gebrochenen Knochen ins Krankenhaus gebracht wurden.“

„Haha, das macht mir Angst.“ lachte Toki.

„Ich habe keine Lust zu warten.“ Mirai knirschte mit den Zähnen. „Wer denkt sie, wer sie ist? Wir haben sie schon heute morgen ausrufen lassen.“ Er trappelte ungeduldig mit den Füßen auf dem Boden herum. Jeder, der Mirai ansah, wusste, dass er trainierte. Seine Haut war gebräunt von der täglichen Sonne, die er beim Sport abbekam. Er hatte braune Augen und dunkelblonde, fast goldene Haare, die wild in die Höhe ragten - eine Augenweide für jedes Mädchen.

„Wen meint ihr, wird sie nehmen?“ eine leise, sanfte Stimme, dessen Herkunft ein fast kränklich aussehender, blasser Junge war. Seine Augen schimmerten schwarz. Er hatte violette Haare, weshalb er schnell zum Gespräch der Menge wurde, egal wo er hin ging.

„Jeder weiß, dass die Mädchen von heutzutage zuerst aufs Aussehen achten, Kai. Und jeder, der dich ansieht, denkt, du stirbst bald.“ sagte Toki mit einem hasserfülltem Lächeln. Kai schmunzelte, was seinem, im Vergleich zu den anderen Anwesenden, eher schmächtigen Erscheinungsbild eine gewisse Absurdität verlieh.

„Ich glaub', ich hatte schon mehr Mädchen als du in dieser Schule.“ Und egal, wie angenehm Kais Stimme war, man spürte, dass auch er diesen Hass gegenüber seinem Konkurrenten teilte. Toki wurde unter seinen blonden Haaren puterrot.

„Was ist falsch daran, wenn ich mich für meine Prinzessin aufspare?“ Nun musste Kai kichern und es war diese Art von Kichern, die einem das Verlangen gab, aufzuspringen und eine Schlägerei anzuzetteln.

„Wie willst du deine Prinzessin befriedigen, wenn du nicht mal Erfahrung hast?“ Toki wollte gerade etwas erwidern, als die Debatte mit einem Faustschlag auf dem Tisch unterbrochen wurde. Die Faust gehörte Liam. Er sagte nichts, er schaute nur genervt zu den beiden Pubertierenden und schnalzte mit der Zunge. Er hatte fast die selbe Größe wie Ren. Seine Haare waren in einem kleinen Zopf nach hinten gebunden. Bis auf seine Größe hatte Liam nur ein weiteres herausstehendes Merkmal – seine Augen waren waldgrün. Er erhob nicht einmal seine Stimme, doch das Gespräch kam sofort zum Erliegen.

Draußen tobte eine Klasse im Sportunterricht. Ihre Stimmen drangen durch das Fenster, schienen aber im Raum immer leiser zu werden. Die Wanduhr tickte. Es war halb eins. Gleich war Mittagspause und niemand hatte Lust, die Zeit noch länger im stickigen Raum zu verbringen. Toki wippte auf seinem Stuhl ungeduldig vor und zurück. Mirai versank noch tiefer in dem seinen. Ren, Akira und Liam schienen jedoch gefasst und lehnten sich zurück.

Plötzlich ein Klopfen. Jedermanns Augen fielen zur Tür. Niemand sagte etwas. Erneutes Klopfen.

„Entschuldigung...“ sagte eine zögerliche Stimme, und die Tür öffnete sich einen Spalt. Ein Paar schüchterne Augen suchten den Raum ab.

„Ähm… Anna ist da.“ Alle standen auf ihren Beinen. Sie war da. Die Schlägerbraut. Die Außenseiterin. Die, von der noch niemand wusste. Auf den Fotos war sie noch jung, wahrscheinlich um die 8. Auf ihnen konnte man hellblaue Augen erkennen, braune Haare, die wild und verknotet aussahen, als wäre sie gerade vom Spielen gekommen. Auf jedem Foto trug sie ein breites Grinsen. Hatte sie sich verändert? War sie genauso geblieben wie auf den Fotos? Die Tür ging nun auf, das Mädchen, wahrscheinlich die Sekretärin vom Schülerrat, trat zur Seite. Und plötzlich war sie da. Ein breites Grinsen auf einem breiten Gesicht. Sie war klein, pummelig, ihre rosarote Haut erinnerte an ein Schwein.

„Guuuuuten Tag“ sagte eine penetrante Stimme, zu penetrant um sie in den Raum zu lassen und doch war sie da. Toki fiel fast vom Stuhl, als er aufstand. Ungläubig starrte er zur Tür.

„Anna…?“ seine Stimme war so klein und leise, als würde er schrumpfen.

„Jap, die bin ich.“ sagte das dicke Mädchen, wahrscheinlich um die 14, und hob beide Hände um ihr Gesicht mit Peace-Zeichen zu umranken.

„Anna Kurosawa, zu euren Diensten.“ Das Grinsen wurde so breit, es versank fast in ihren schulterlangen, braunen Haaren. Mit einem genervten Seufzen stand Mirai auf. Er schien gehen zu wollen. Trotz der spärlichen Beleuchtung warf sein großer Körper einen Schatten über das Mädchen. Er beugte sich zu ihr runter. Sein Blick wanderte vom Gesicht zu den kleinen, dicken Beinen, die aus dem karierten Rock hervorragten, wieder zurück zu ihrem Gesicht, das nun weniger entspannt sein zu schien.

„Was gibt’s…?“ die penetrante Stimme schien nun eher eingeschüchtert zu sein. Der Rest des Schülerrates hatte sich ebenfalls Richtung Tür begeben und ging Richtung des Mädchens. Miirai schloss die Tür. Der Raum wurde kalt. Kalter Schweiß sammelte sich im Nacken der Fremden.

„Braune Haare…“ murmelte Kai. Seine Hand machte Anstalten, ihr Haar zu berühren, doch zog er sie rasch, anscheinend angeekelt, zurück.

„Ich glaub's nicht...“ Toki starrte das Mädchen an, er war zwar nur 1,70m groß, aber sie war klein. Zu klein. Vielleicht 1,50m? 1,60m?

„Wie soll die irgendjemanden besiegen?“ ein Grinsen machte sich auf Mirais Gesicht bemerkbar. Es war nicht charmant. Es war angsteinflößend. Das Mädchen trat zurück.

„Zieht sie aus.“ sagte Ren mit seiner tiefen Stimme und nicht dem Anflug von Scham. Er klang eher rational, Interesse hörte man kaum heraus.

„Moment...“ plötzlich wirkte sie unsicher.

„Hör' auf zu widersprechen. Das ziemt sich nicht.“ mahnte sie Ren. Liams Hand fuhr um, griff nach dem Handgelenk der Kleinen. Ein erstickter, verzweifelter Schrei breitete sich im Raum aus, erlag der Dunkelheit aber wieder.

„Dreht sie um“. Das Gesicht des Mädchens wurde an die Eichentür gepresst, während sie spürte, wie jemand am Kragen des Hemdes zog.

„Nein...“ Man hörte ein Klicken, die Tür flog auf. Licht flutete in den Raum. Bevor Mirai reagieren konnte, flog ihm die Tür gegen die Schulter. Das Mädchen befreite sich aus Liams Griff. Man hörte, wie der Kragen riss. Und so schnell, wie ihre kleinen Stummelbeinchen sie tragen konnten, flüchtete sie.

„Ich glaub es nicht...“ Toki schien immer noch fassungslos zu sein. Kai fing erneut an zu lachen, diesmal geprägt von Belustigung, nicht Hass.

„Was war das denn?" sagte er und bremste sein Lachen mit seiner blassen Hand.

„Was ist los mit euch?“ warf Akira plötzlich ein. „Wollt ihr sie entkommen lassen?“. Er hastete zur Tür.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2016-06-05T10:36:35+00:00 05.06.2016 12:36
Aaaallsooo schön, da ich heute ein wenig Zeit getankt habe, hinterlasse ich mal hier und da n paar Worte ;D

Was mich am Anfang von der Geschichte abgeschreckt hatte, war die Zeit, in der die Geschichte geschrieben ist - Gegenwart - dann wieder Vergangenheit und wieder Gegenwart. Ich weiß nicht, ob das so gewollt ist, aber falls nicht, würde es dem flüssigeren Lesen vom Beginn an sehr helfen. (dies bitte nur als Vorschlag ansehen - am besten alles was danach kommt, danke :P)

„Sie soll zwölf 15-Jährige alleine besiegt haben. Da war sie 12." Ich weiß nicht, irgendwie finde ich diesen Mix aus Zahlen und ausgeschriebenen Zahlen seltsam. Ich bleib da immer hängen :)

Sag mal, wie hast du dir eigentlich die schüchterne Sekretärin vorgestellt? Ich mein, sie klopft zwar an und ich weiß, dass sie schüchtern ist, bei den charismatischen Jungs würde das wohl jedem so ergehen (Anna ist da eine wahre Ausnahme :D) aber trotzdem. Irgendwie ist sie nicht greifbar :/

Die Vorstellung "vom Stuhl zu fallen, während man dabei ist aufzustehen" ist echt lustig XD, ungewöhnlich aber echt lustig

Und zuallerletzt: "Zieht sie aus!" jaaaa, dass habe ich auch nicht kommen sehen. Sagt das was über die sechs Herren aus? Neeiiinnnn, gar nicht XDDDDD

Danke für die lustige Geschichte XDDDD

Viele Grüße YukiCara ^_^
Von:  shadow-queen
2016-05-10T12:31:21+00:00 10.05.2016 14:31
Lol, was geht da denn ab?? Erst ein paar Jungs, die unterschiedlicher nicht sein können, dann kommt Anna rein und was sagt dieser Ren?? "Zieht sie aus." Hat das irgendeinen bestimmten Grund, wollte er irgendeine Narbe oder sowas sehen? Fragen über Fragen...
Aber toll geschrieben, ich liebe deinen Schreibstil ^^


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