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Bitte geh nicht, Houshi-Sama!

Und täglich grüßt der Tod.
von

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Als sie erwachte, fühlte sie sich geschwächt. Immer noch.

Dabei hatten die Kräuter doch bereits gewirkt. Aber vermutlich war gestern alles zu viel gewesen. Sie hatte alle tröstenden Worte abgeblockt und sich in den Schlaf geweint. Sich gewünscht, nie mehr aufzuwachen.

Was machte es nun noch für einen Sinn? Ihr wurde schon wieder etwas wichtiges genommen.

Kling. Kling. Kling.

Sango öffnete bei dem metallenen Klang die Augen. So eine grausame Einbildung.

Ihr Blick verfing sich direkt an der Decke der Scheune. Es war noch dunkel.

Langsam drehte sie den Kopf, um zu den anderen zu sehen. Aber ihre Lager waren leer.

Kling. Kling. Kling.

Ihre Augen fühlten sich geschwollen an. Dieses metallische Klingen wollte ihr einfach nicht aus den Gedanken weichen. Da erklang es schon wieder.

Kling. Kling. Kling.

Sie wandte den Blick zur gegenüberliegenden Wand. Ihre Augen weiteten sich für einen Moment.

Friedlich schlummerte dort der junge Mönch. Der, um den sie den Tag zuvor doch noch so getrauert hatte. Sie hatte den Krater gesehen.

Und doch, er lehnte dort, mit einem Gesicht, als wäre er mit Buddha gleich und schlief. Wachte über sie.

Sie merkte, wie ihre Augen heiß wurden von den aufsteigenden Tränen.

War es Einbildung? Oder hatte sie gar einen bösen Traum?

Träumte sie jetzt?!

Sie versuchte sich aufzusetzen, stöhnte aber unter Schmerzen auf. Es war doch schon besser geworden... Was war hier nur los?

Kling. Kling. Kling.

Sie hatte ihn geweckt. Noch halb aufgerichtet sah sie direkt in seine blauen, noch leicht verschlafenen Augen und versank einen Moment darin. Niemals hätte sie gedacht, diese Augen noch einmal wieder zu sehen.

Eine Träne rann ihr über die Wange.

"Houshi-Sama..."

Miroku reagierte sofort, stellte seinen Shakujō an die Wand und kam zu ihr. Behutsam legte er seine Hände an ihre Schultern und zwang sie so, sich wieder hinzulegen. Dann deckte er sie liebevoll zu, um ihren halbnackten Oberkörper zu verdecken. An diesen hatte sie noch gar keinen Gedanken verschwendet.

"Sango, wie geht es dir? Hast du große Schmerzen?", fragte er besorgt und sah zu ihr hinab. "Ein Glück, du bist wieder erwacht. Deine Wunden waren sehr gefährlich."

Er sah sie sanft und fürsorglich an.

Was? Das... Ich war doch bereits wach.

"Es geht schon wieder, Houshi-Sama... Mach dir bitte keine Sorgen."

Sie vernahm das leise Windgeräusch seiner rechten Hand. So nahe war es noch deutlicher zu hören. Ihr Blick ging zu der Hand hinab, die ihm eines Tages sein Leben kosten würde. Und der Blick wurde traurig, als sie an ihren Traum denken musste. Zumindest hoffte sie, dass dies hier die Wirklichkeit war und nicht das, was sie zuvor erlebt hatte.

Dann hob sie den Blick wieder zu seinem Gesicht. Seinen tiefblauen Augen.

"Das ist gut.", erwiderte er.

Und auch diesmal durchschaute er ihre Lüge. Er kannte sie eben zu gut.

Und wieder lächelte er, als würde er niemals Angst haben.

Und erneut schienen seine Augen sie um die Wahrheit zu bitten. Als sie aber nicht darauf einging, senkte er den Blick, um weiter zu sprechen.

"Sango, ich werde gleich mit Kagome und Inu Yasha aufbrechen. Naraku ist noch in der Nähe, vielleicht ist er noch immer geschwächt und wir können ihn schlagen."

Es waren die gleichen Worte wie in ihrem Traum. Sollte der Traum eine Warnung sein? Sie sah den Mönchen wortlos an. Er durfte nicht ohne sie gehen!

"Ich werde mitkommen!"

Mit diesen Worten versuchte sie sich aufzusetzen. Doch genau wie in ihrem Traum, durchfuhren sie diese Schmerzen und zwei Hände brachten sie erneut davon ab, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen.

"Du kannst dich kaum bewegen, Sango. Ein Kampf in dieser Situation wäre für dich aussichtslos. Wir sind so schnell wie möglich wieder bei dir. Shippo wird solange hier bei dir bleiben."

Es waren genau die gleichen Worte. Ein ungutes Gefühl stieg in der jungen Frau auf.

Es war nur ein Traum. Sicher geleitet von ihren Ängsten. Es würde nicht wahr werden. Niemals.

Sango kniff die Lippen zusammen und blickte in Mirokus Augen.

Da war es wieder.

Dieses Traurige.

Dieser stille Abschied.

Also war es nicht nur in ihrem Traum. Auch in Wirklichkeit sah er sie so an. Bedrückt schob sie seine Hände von ihren Schultern. Und sah für einen Moment weg.

Nur ein Traum.

"Gut, ich warte hier auf euch."

Sie sah nun doch wieder zu ihm auf. In seinen Augen lag wieder der gleiche liebevolle Blick wie in ihrem Traum. Erneut versank sie darin.

Für einen Moment vergaß sie wieder den Traum.

Die Kämpfe.

All das schien nichtig zu werden.

Nur ihre Zweisamkeit hier und jetzt zählte nun.

Sie wurde allerdings aus ihren Gedanken gerissen, als er sich zu ihr beugte und sein Gesicht dem ihren bedrohlich nahe kam.

"Sango, ich..."

Sie wurde rot und zog sich schnell die Decke über Mund und Nase.

Wieso? Wieso passierte das nun genau wie in ihrem Traum?

Sie war so perplex, dass sie ihn nicht einmal zurechtweisen konnte. Alles was sie konnte war, beschämt unter der Decke zu ihm hinauf zu schielen. Er sah einen Moment fragend zu ihr hinab.

Ihre Reaktion, ihn nicht zu schelten aber es auch nicht zuzulassen, irritierte ihn sichtbar. Dennoch konnte er an ihren Augen ablesen, was sie bewegte und er grinste in gewohnter, leicht lüsterner Art.

"Ich hielt diesen Moment passend für einen Abschiedskuss, bevor ich gehe."

Sango brauchte einen Moment um sich zu sammeln. Im Traum hatte sie es verweigert und hinterher bereut. Aber es war nur ein Traum. Ein grausamer Traum, der nicht wahr werden würde.

"V-vergiss es, Houshi-Sama! Du bekommst einen, wenn du heile wieder zurück bist!"

Ihre Augen weitete sich. Sie hatte ihm nun wirklich einen versprochen?! Im Traum hatte sie wenigstens noch ein vielleicht eingefügt. Sie zog die Decke puterrot über ihren Kopf.

Bitte kehre gesund zurück.

Ihr stockte einen Moment der Atem.

Was, wenn ihm etwas passieren würde?

Wenn wirklich etwas wäre?

Sie hörte sein leichtes amüsiertes Lachen.

"Gut, ich werde dich daran erinnern, Sango."

Sie hörte, wie er sich erhob und ein paar Schritte ging. Dann das Klingeln der Ringe des Shakujō. Langsam schon sie die Decke hinab und sah zu ihm.

Er machte sich bereit zu gehen.

Ihre Blicke trafen sich erneut.

"Bis später, Sango."

Er lächelte ihr aufmunternd zu. Ein trauriger Hauch stand wieder in seinen Augen, als er sich abwandte und zur Tür ging.

Sango setzte sich nun doch wieder auf.

Sie wollte ihn nicht einfach so verschwinden lassen. Sie musste noch etwas sagen. Irgendetwas.

"Bitte kehre gesund zurück, Houshi-Sama!"

Ihre Worte ließen ihn an der Tür noch einmal inne halten und zu ihr sehen. Sie sah ihn flehend an. Noch einmal schenkte er ihr ein Lächeln. Sein strahlendes, lüsternes und doch so Buddha-gleiches Lächeln.

"Natürlich, ich muss mir doch den Kuss abholen!"

Seine Worte ließen sie wieder rot anlaufen und sie erwischte sich dabei, ihm etwas gegen den Kopf werfen zu wollen, aber zuvor war er schon lachend aus der Scheune verschwunden. Einen Moment blickte sie noch wortlos zur Tür. Abwartend, ob er wieder kam.

Doch er kam nicht und ließ sie hier allein zurück. Sein amüsiertes Lachen war das einzige, was noch lange in ihren Ohren nachklang.
 

Sie konnte nicht schlafen. Sie wollte es auch nicht, bevor ihre Freunde wieder zurück waren. Shippo schlummerte im Heu neben ihr. Ihre Schmerzen waren schnell besser. Schneller als in ihrem Traum.

Irgendwann setzte sie sich auf. Es war noch immer dunkel und er Mond schien in die Scheune. Er tauchte alles in fahles Licht.

Die Dämonenjägerin plagte ein ungutes Gefühl. Sie hätte dem Traum glauben sollen. Ihn einfach nicht gehen lassen dürfen. Nicht einfach so.

Langsam zog sie sich den Kimono richtig an. Aber sie wagte sich noch nicht, aufzustehen. Lieber ließ sie noch einen Moment die Kräuter wirken.

Nur ein Traum.

Genau, sie würden bald wieder da sein. Und der lüsterne Mönch würde sofort den versprochenen Kuss einfordern.

Warum nur fiel es ihr schwer, auch daran zu glauben? Als würde etwas ihr Herz gefangen halten, konnte sie ihren eigenen Gedanken keinen Glauben schenken. Vermutlich lag alles an dem Traum. Sie sollte ihn einfach vergessen.

Sango legte sich wieder nieder und kuschelte sich in die Decke. Vielleicht könnte sie noch ein wenig schlafen.

Doch, so sehr sie es auch versuchte, sie konnte nicht eine Minute länger schlafen. So ruhte sie sich nur bis in die Morgenstunden aus und beobachtete, wie es langsam heller wurde und die Sonne sich ankündigte. Erst jetzt setzte sie sich wieder auf und erhob sich langsam aus ihrem Lager. Obwohl der kleine Fuchsdämon sich bereits regte, wartete sie nicht auf ihn und verließ die Scheune. Zwar schmerzten ihre Wunden noch, doch sie ignorierte dies und trat in diesen Morgen hinaus.

Die Luft wirkte erfrischend auf sie und der Morgen wunderschön sonnig.

Sie konnte sich nicht freuen. Ihr Herz war schwer.

Langsam tat sie ein paar Schritte in die Richtung, in der in ihrem Traum Kagome und Inu Yasha auf sie zu kamen.
 

Kling. Kling. Kling.
 

Eine traurige Melodie erklang.

Sangos Schritte wurden unsicher, taumelnd.
 

Kling. Kling. Kling.
 

Zwei Silhouetten taten sich am Horizont auf. Und sie erkannte gleich, dass nur der Mönchsstab zurückgekehrt war.
 

Kling. Kling. Kling.
 

Sie erkannte den Gesichtsausdruck ihrer Freunde wieder. Mit Abstand zu ihnen hielt sie inne, wie auch Inu Yasha und Kagome inne hielten. Ihre Freundin konnte die Tränen nicht zurückhalten. Sango brauchte den Hanyou nicht zu fragen. Ihm fielen die Worte genauso schwer wie in ihrem Traum.

"Miroku... Wird nicht zurückkehren. Das Kazaana hat ihn verschlungen." Mit diesen Worten wandte er schmerzerfüllt den Blick ab.

"Houshi-Sama..."

"Bis später, Sango."

"Natürlich, ich muss mir doch den Kuss abholen!"

Houshi-Sama... Du Lügner.
 

Sango sank zu Boden und ließ ihren Tränen freien Lauf. Sie legte die Hände vor ihr Gesicht und weinte laut, wiederholte immer wieder seinen Namen. Ließ sich von Kagome und Kirara trösten, ohne es jedoch richtig mitzubekommen. Nichts konnte ihr die Leere in ihrem Herzen nun wieder füllen.

Sie weinte und weinte weiter, bis sie keine Tränen mehr hatte.

Dann ließ sie sich - genau wie in ihrem Traum - von Inu Yasha zu jenem Ort bringen.

Wieder nahm sie Abschied an diesem großen Krater. Entsetzen machte sich in ihr breit.
 

Sie hätte es verhindern können.

Ihn nicht gehen lassen dürfen. Nicht allein.

Sie ballte ihre Hände zu Fäusten.

Der Wind strich um ihre Wangen.

Wie ein sanftes Streicheln zum Abschied fühlte es sich an.

Tränen bahnten sich den Weg über ihre Wangen.

Das konnte doch alles nicht wahr sein! Sie wusste was geschehen würde und hatte es geschehen lassen! Sie hätte ihn bewahren können!

Ihre Hände legten sich wieder vor ihr Gesicht und sie begann zu schluchzen.

Warum war sie nur so kühl zu ihm gewesen?! Warum hatte sie seinen Kuss, seine Nähe zurück gewiesen?!

Nun könnte sie ihm nie mehr ihre Liebe zeigen, ihm nie zeigen, wie wichtig er ihr doch war.

Nie mehr sein Lächeln sehen.

Seine tiefblauen Augen. Für immer verschwunden.

Alles, was übrig bleibt, ist ein leerer Krater und das Gefühl, ihn für immer verloren zu haben, ohne jemals richtig in seiner Nähe gewesen zu sein.

Es tut mir so leid, Houshi-Sama.
 

Noch einmal sah sie sein lächelndes Gesicht vor ihrem inneren Auge, bevor er sie verlassen hatte. Die Vorfreude auf den Kuss in seinen Augen. Aber auch das Traurige.

Die Gewissheit, dass er nicht wiederkehren würde.

Er wusste es. Oder hatte es bereits geahnt.

Zu sehr hatte das Kazaana sich bereits geweitet.

Sie hätte es erkennen müssen. Und doch war ihr letzter Gedanke gewesen, was sie ihm am besten für seine Worte an den Kopf werfen könnte.
 

Es tut mir leid, Houshi-Sama.
 

Ihre Hände krallten sich in den Steinboden am Rande des Kraters. Ihre Schultern bebten.

Sie erhob den Blick und sah hinab.
 

"Bitte..."
 

Wenn sie doch noch einmal die Möglichkeit hätte, ihn aufzuhalten. Ihn davon abzuhalten, sein Kazaana noch einmal einzusetzen. Aber es war vorbei.

Nie mehr würde sie die Gelegenheit dazu erneut bekommen.

Alles war eingetroffen, wie in ihrem voraussehenden Traum. Und sie war blind. Blind, es zu verhindern.
 

Tief zog sie die morgendliche angenehm frische Luft in ihre Lungen unter dem blutroten Sonnenaufgang. Die Tränen liefen ihr weiter über die Wangen.
 

"Bitte... Geh nicht! Miroku!!"
 

Lass mich nicht allein!


Nachwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitel war dem vorherigen recht ähnlich :)
Das ist absichtlich so, wird aber im nächsten Kapitel dann anders.

Ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen und wir sehen uns im nächsten Kapitel! Komplett anzeigen

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