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Primrose ~ Blooming Doubts

von

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Verhärtete Fronten

Endlich die Erlösung. Mit einem freundlichen „Buon appetito“ stellte der Kellner einen dampfenden Teller Polpette in Paprikasauce vor Takeru ab. Auf gut Deutsch fiel seine Wahl also auf Spaghetti mit Fleischbällchen, die der Koch mit einer handvoll Basilikumblätter dekorierte.

Natsuko und Tetsuya teilten sich beide eine Salamipizza. Sie war noch nie eine große Esserin und schaffte gerade so mit Ach und Krach die Hälfte von den Portionen, die ihr Sohn so verdrückte. Da hatte sich ihr Freund netterweise bereiterklärt, ihr beim Verzehr zu helfen.

Satoru hingegen hatte sich für ein Rindersteak mit Pilzsalat entschieden, eines der teureren Gerichte auf der Karte. Der Salat ließ ihn schon mal völlig kalt, denn er stürzte sich gleich gierig aufs Fleisch, wie ein wilder Tiger auf seine Beute. Von Tischmanieren fingen wir lieber gar nicht erst an. Die besaß dieses Kind nämlich nicht. So drängte sich Takeru permanent die Frage auf, ob die überschwängliche Aufgeschlossenheit und der Frohsinn Tetsuyas Grund für die Entgleisungen in der Erziehung seines Sohnes sein konnten.
 

Da die Erwachsenen sich gerade in ihr Gespräch vertieften, begann Takeru zu essen und schaute sich ein wenig um. Die Terrasse, auf der sie saßen, war eine Art Anbau an das Restaurant und mit einem aus Holz bestehenden Dach versehen. Unter ihren Füßen befanden sich fliesenartige Kacheln, deren grauer Farbton recht gut zu dem Gemäuer hinter ihnen passte.

Zwei lange Tischreihen – mal zwei bis drei aneinander stehende, dann wieder Einzeltische – waren dort aufgebaut. In der Mitte entstand dadurch eine kleine Passage, die die Mitarbeiter nutzten, um die voll beladenen Tabletts unfallfrei von A nach B zu bugsieren.

Trotz der allgemeinen Hektik, die eben in so einem Laden bestand, verrichteten die Angestellten ihre Arbeit eher gemächlich, um ja niemanden zu stören. Allein das schon fand Takeru so unglaublich entspannend. Er hatte sich sogar vorgenommen, Hikari an ihrem nächsten Geburtstag auf ein Festessen hierher einzuladen.
 

Seine Aufmerksamkeit steuerte direkt den Garten an, der eindeutig den Blickfang des Gesamtbildes darstellte. Neben den üppigen und mit Blumen bepflanzten Grasflächen fand sich dort ein kleiner Teich mit einem künstlich angelegten Wasserfall. Das Wasserspiel, das durch die kühle Flüssigkeit spielerisch hin und herwippte, ging bald unter dem lauten Rauschen ein wenig unter. Zu guter letzt stand noch eine Art Gartenhaus aus weißem Marmor etwas abseits, obwohl es äußerlich eher an eine Art Minitempel erinnerte. Jeder Nachbar wäre neidisch geworden, hätte man so etwas hinter der Garage stehen gehabt.
 

„Also, Takeru“, riss Tetsuya ihn aus seinem gedanklichen Exkurs über Gartenlandschaftsbau, „Erzähl doch mal ein wenig von dir. Es interessiert mich brennend, was für ein Mensch du bist!“ Dem Mann stand die Erwartungsfreude deutlich ins Gesicht geschrieben. Irgendwie bekam es der Schüler nicht recht voreinander, woher diese ganze Begeisterung rührte. Höflicherweise kaute er noch aus, ehe er antwortete: „Na ja… ich bin siebzehn Jahre alt, besuche die Abschlussklasse der Oberstufe und meine Hobbys sind Basketball und meine Freunde.“ Über die Digiwelt bewahrte er lieber erstmal Stillschweigen. Es handelte sich dabei um kein Thema, das für jedermann bestimmt war.
 

„Basketball? Ist ja cool. Wie lange spielst du schon?“ „Seit der Mittelschule. Ich bin momentan Kapitän unserer Schulmannschaft.“

Das Strahlen in den Augen seines Gegenübers wurde immer größer.

„Sato spielt Fußball. Ihr könntet ja vielleicht mal zusammen spielen, um euch besser kennenzulernen“, schlug Tetsuya vor. Kam nur nicht so gut an wie gewollt. Während Satoru eine angewiderte Fratze zog, runzelte Takeru vielsagend die Stirn. Wenn er schon zwingend zum Fußball griff, dann tat er das lieber mit Daisuke oder Taichi. Bei denen musste er nicht befürchten, jede Sekunde gebissen zu werden.
 

„Lieber nicht.“

Satorus Worte folgten einer unglaublich unangenehmen Stille und verwunderten seinen Vater ziemlich.

Als ihn die anderen eindringlich musterten, stöhnte er genervt auf.

„Der „Kapitän“ hat sicher was Besseres zu tun.“

Auf den Punkt getroffen. Anstatt hier Blind Date mit diesem Giftzwerg zu spielen, könnte er den Abend gemütlich mit seinen Freunden verbringen. Das wäre Takeru tausendmal lieber gewesen. Was er nicht alles seiner Mutter zuliebe tat.
 

„Ach, sei doch nicht so schüchtern, Kleiner. Ich wette, Takeru würde sicher zusagen, wenn du ihn lieb fragst.“

Den prüfenden Seitenblick von Tetsuya erwiderte der Blonde mit einem flotten Nicken. Guter Eindruck, guter Eindruck…

Jetzt wurde es dem Bengel aber langsam zu bunt. Nun hatte er sich schon zu diesem Treffen überreden lassen und dann sollte er auch noch einen auf gut Freund machen mit diesem Mr. Perfect, der die ganze Zeit anteilnahmslos seine Pasta in sich reinschaufelte?! Allein schon der Gedanke daran machte ihn wütend.
 

„Bist du schwer von Begriff? Ich kann den nicht leiden!“, schnauzte der Junge und sorgte damit kurz für Sprachlosigkeit. Der etwas lautere Tonfall erregte außerdem die Schaulust einiger anderer Gäste.

„Satoru, benimm dich gefälligst! Das war sehr unhöflich! Entschuldigt bitte, ihr beiden“, wandte der Braunhaarige sich an seine Verabredung. Die Entgleisung seines Sohnes war ihm mehr als peinlich. Natsuko wedelte nur abwehrend mit der Hand. Sie hatte Verständnis für dieses störrische Verhalten. Es war für sie alle schwierig, mit dieser Situation umzugehen.

„Kein Thema. Ihr müsst ja nichts überstürzen. Essen wir erstmal.“
 

Takeru sagte schon gar nichts mehr dazu. Er fühlte sich nicht danach, eine Diskussion vom Zaun zu brechen. Weder vor den Sarusawas noch irgendwem anders der hier anwesenden. Seinen Frust spülte er mit einem großen Schluck Cola herunter. Einerseits beruhte die Antipathie auf Gegenseitigkeit, andererseits handelte es sich bei Satoru um ein Kind. Dass er noch kein Gefühl für den nötigen Anstand besaß, konnte man ihm wohl kaum anlasten. Insgeheim erging es T.K. gerade nicht anders. Zumindest gedanklich, wo er sich ein Loch im Erdboden herbeisehnte, durch das er hätte verschwinden können. Der Wunsch ging nur leider nicht in Erfüllung. Trotzdem war er der Meinung, er wäre als Spross nicht halb so anstrengend gewesen. Er wusste sich zu benehmen.
 

~
 

Gelangweilt starrte Patamon an die Zimmerdecke, an der eine kleine Spinne entlang spazierte. Es blieb zu Hause und wartete auf die Rückkehr seines Partners. Das Thema Digimon sollte auch weiterhin ein Geheimnis bleiben, weshalb es sich nun in Geduld üben musste. Und die brauchte es auch ganz dringend. Vor zwei Stunden waren Mutter und Sohn aufgebrochen und laut Takerus eigener Aussage würde es spät werden. Also rechnete das Kerlchen mit keinem allzu baldigen Wiedersehen.

Freundlicherweise hatte der Schüler ihm die Schreibtischlampe angelassen und für das leibliche Wohl eine Portion selbstgemachter Sandwiches bereitgestellt, die sich bereits allesamt im Bauch des Fliegers tummelten. Dennoch machte das den Umstand, allein zu sein, auch nicht besser.
 

Unkontrolliert ließ sich Patamon über das Bett kullern, versuchte irgendeine Art Spaß daraus zu ziehen. Schnell sah es die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens ein und stoppte seine Bewegungen. Stattdessen wurde es nachdenklich.

„Takeru war vorhin echt komisch. So nachdenklich. Ich frage mich, ob er wirklich so ein großes Problem damit gehabt haben könnte, dass seine Mama einen Freund hat.“ Für das Digimon war es schwer begreiflich, warum sein bester Freund sich seit geraumer Zeit so seltsam verhielt. Genau genommen seit dem Tag, an dem sie mit den anderen im Café verabredet waren.
 

Damals verstand es die Tragweite dieser Entdeckung absolut nicht. Heute ehrlich gesagt auch nicht sonderlich. Aus dem Fernsehen hatte es mal aufgeschnappt, Liebe sei eine ganz wundervolle Sache. Warum also machte es Takeru dann traurig?

…Traurig?

Patamon zog einen Schmollmund. Das war alles so verdammt kompliziert und seltsam. Lag es am Unterschied zwischen Mensch und Digimon, dass es nichts damit anfangen konnte? Nein, sicher nicht.

Mit ein bisschen mehr Mühe und Elan würde sich ihm der Zusammenhang bestimmt erschließen.
 

Nun ging das Gekullere wieder los, von dem es sich erhoffte, es förderte in irgendeiner Weise die Hirnaktivität und erleichtere ihm den Denkprozess.

Als Takerus treues Anhängsel war es seine Pflicht, ihm zu helfen und das Problem aus der Welt zu schaffen. Und dass etwas nicht in Ordnung war, lag praktisch auf der Hand. So viel Feingefühl besaß der orange Ball dann doch.

„Ob er es mir erzählen würde, wenn ich ihn darauf anspreche? Aber er redet doch nicht gern über seine Sorgen… und seine Eltern.“
 

Erschrocken hielt es inne und krallte sich in der Bettdecke fest.

„Was, wenn ich mit meiner Fragerei alles nur noch schlimmer mache?!“

Die Überlegung jagte ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken. In seiner Unbedarftheit konnte dieser Fall schneller eintreten als ihm lieb war. Und ihn noch bedrückter als ohnehin schon zu sehen, wollte Patamon überhaupt nicht.

Heftig schüttelte es den Kopf, setzte den entschlossensten Blick überhaupt auf.
 

„So darf ich gar nicht denken. Takeru und ich haben uns sehr lieb. Wenn er mir erklärt, was los ist, werde ich ihn verstehen. Und wenn ich dann versuche ihn zu trösten, werden diese Gefühle ihn bestimmt erreichen. Es muss einfach so sein!“

Patamon war sich seiner Position bewusst. Schon lange reduzierte Takeru es nicht mehr auf den Stellenwert eines sprechenden Plüschtieres; eines Digimon; eines Partners oder Freundes, wenn er das überhaupt je getan hatte. Es gehörte zur Familie. Und von dem Digiritter hatte es bereits vor vielen Jahren während ihres ersten Treffens erfahren, wie kostbar eine Familie ist. Etwas Wertvolles, das es zu beschützen galt. Nur weil es keine Gegner mehr gab und Frieden herrschte, beendete das noch lange nicht Patamons Aufgabe.
 

„Genau! So mach ich das!“

Von seiner Idee begeistert, rollte es wieder hin und her, erfreute sich des Lebens – Verlor dann aber das Gleichgewicht und machte unliebsame Bekanntschaft mit dem harten Teppichboden.

„Urks…“, presste es hervor. Der Bauchklatscher tat ganz schön weh.

Zu allem Überfluss erkannte es schemenhaft vor seinen Augen ein gewisses achtbeiniges Tier, das sich langsam herabseilte und es sich auf seiner Nase bequem machte.

„Ha… haa… haaaa… Hatschi!“
 

Wo auch immer es die Spinne durch die Wucht hinverschlug – Sie befand sich nun an einem besseren Ort. Dem kleinen Kauz blieb jedenfalls keine Zeit mehr, in Ruhe darüber nachzudenken.

Irritiert lauschte es, als es meinte, die Wohnungstür gehört zu haben. Und tatsächlich! Da näherten sich kontinuierlich trampelnde Schritte dem Zimmer.

„Oh, Takeru! Du bist ja schon wieder da!“, begrüßte es den Blonden entzückt und flog hoch auf dessen Schreibtisch.

Doch irgendetwas schien nicht zu stimmen. Die Bewegungen des Jungen wirkten hektisch, seine ganze Haltung war angespannt, während er sich die Krawatte vom Kragen riss und sich aus seiner Kleidung schälte, um etwas Bequemes anzuziehen.

Achtlos warf er Hemd und Hose aufs Bett und griff anscheinend willkürlich nach dem erstbesten Fetzen, den er im Kleiderschrank zu fassen bekam.
 

„Ist alles in Ordnung? Du sagtest doch, es würde spät werden…“

Endlich reagierte Takeru und schaute sein Digimon mit einer Mischung aus Trauer und Kraftlosigkeit an. „Ich möchte nicht so gern darüber reden, okay?“

Patamons toller Plan, ihn gleich auszufragen und den Ursprung seines seltsamen Verhaltens auszumachen, war sofort auf Eis gelegt. Diesen Blick kannte es nur zu gut und es erzählte ihm, wie aufgewühlt sein Freund sein musste. Wenn er schon darum bat, Stillschweigen über das Thema zu bewahren, würde es ihn nicht noch weiter damit quälen.
 

Etwas unsicher nickte es und stimmte mit einem leisen: „O-Okay, tut mir leid“ zu.

Statt weiter nachzubohren, beobachtete es, wie Takeru seine Tasche nahm, ein paar Klamotten und anderes Zeug hineinstopfte und anschließend zu seinem Tisch wanderte.

„Hättest du Lust, übers Wochenende bei Davis zu übernachten? Er hat mich eingeladen, aber wegen des Treffens heute musste ich absagen“, erklärte er beiläufig, während er auf dem obersten Blatt seines Blockes eine kurze Notiz an seine Mutter verfasste.
 

„Davis? Klar, das wäre sicher toll.“

Vielleicht war Ablenkung nun genau das Richtige für ihn. Auch wenn sich Patamon noch immer fragte, was wohl vorgefallen sein könnte.

„Prima.“ In T.Ks Mimik erkannte es so etwas wie Erleichterung und Freude.

„Dann gehen wir am besten gleich los“, fügte er hinzu, setzte sich seinen Hut auf und schnappte sich seine fertig gepackte Tasche. Er deutete seinem Partner an, dass auf seiner Schulter noch ein warmes Plätzchen frei sei. Am besten machte er sich so schnell wie möglich aus dem Staub. Noch bevor es Natsuko ebenfalls wieder nach Hause verschlug.

Einzig der handgeschriebene Zettel auf seinem Pult erinnerte an seine zeitweilige Anwesenheit.
 

> Ich bleibe das Wochenende über bei einem Freund. Bitte tu mir den Gefallen und lass mich solange in Ruhe. Bin dann Sonntagabend wieder zurück.
 

Takeru <



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kaninchensklave
2016-07-11T05:42:08+00:00 11.07.2016 07:42
ein Tolles Kap

Tja ich würde sagen das treffen war eine Gewaltige Katastrophe wasa nicht an Takeru lag
sondern an dem Giftzwerg, der ihn zu hassen scheint nur weil er reifer und klüger ist
und sich zu benehmen weiss

das mit der Beziehung wird und kann nicht gut gehen das sieht man deutlich wäherd Takeru gute Mine zum Bösen Spiel machte
hat der kleine Hosenscheisser der mal dringend ein paar hinter die Löffel braucht kein Blatt vor den Mund nimmt
und rein Egoistisch nur an sich denkt

das Takeru das wE bei daisuke verbringt ist gut um abstand zu bekommen
da er erst mal genug hat von der ganzen Sache, denn das er Monate lang angelogen wurde
war nicht die klügste entscheidung die Natsuko getroffen hat
eher das genau gegenteil

GVLG

Antwort von BakaOtakuFish am 09.07.2016 | 15:12:58 Uhr
Jaaa, das ist schon doof gelaufen mit dem Essen.
Vielleicht hab ich auch ein wenig zu dick aufgetragen. Ich hab das Gefühl, der kleine Satoru ist jetzt total unten durch bei den Lesern.
Ich wollte ihn eben in der Rolle des kleinen Kindes, das seine Unsicherheit über freches Verhalten rauslässt. Weil es ihm eben nicht passt, seinen Vater ab jetzt teilen zu müssen mit einer Fremden. Dazu kommt dann auch noch Takeru, der in seinen Augen der perfekte Sohn ist und von dem er befürchtet, ersetzt zu werden.
Deshalb geht er natürlich gleich zum Angriff über. Okay ist das natürlich nicht, aber da wusste er sich eben nicht anders zu helfen :/

Bei Davis wirds jedenfalls spaßiger. Da ist niemand, der ihm so auf die Nerven fällt.
Was Natsuko angeht, kann ichs irgendwie auch nachvollziehen, dass sie so gehandelt hat. Wahrscheinlich wollte sie erst sichergehen, dass das mit Tetsuya was Ernstes ist, bevor sie ihm das erzählt und ihn unnötig damit belastet. Das ist ja für sie selbst auch neu. Na ja... in so einer Situation bleiben Fehler nunmal nicht aus. Auch wenn sie zu seinem Wohle gelogen hat. War halt nur blöd, dass er es vorher rausbekommen hat.

Danke für dein Review, ich freu mich jedes Mal wieder drüber! x3
Liebe Grüße,
Lucia ~



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