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Ich lasse dich darum flehen!

von

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Lass dich beruhigen!

23. Kapitel

Lass dich beruhigen!
 

Der fremde Mann mit seinen dunklen Augen knurrte. Er schien zwischen seinen rauen Lippen einen Fluch zu unterdrücken, doch die Worte, die gepresst zu hören waren, ließen die Anspannung wieder in den Blonden fahren. Seine Hand glitt erneut hinab, wollte sich um den Griff des Dolches legen. Jelena drehte sich um, das graue Tuch rutschte zum Teil von ihrer rechten Schulter und sie schien aufgebracht. Kaum erklang ihre Stimme laut in der Luft, eilte jemand zur Tür und trat aus dem Schatten des Gebäudes. Es war eine Frau, die vom Alter her sicher dem Mann glich, sie hatte braune Haare, die sie auf eine unbestimmte Weise nach hinten gebunden hatte. Erste Falten durchzogen ihr Gesicht, fein und doch sichtbar spielten sie um ihre Augen und die Mundwinkel. Wütend hob sie den Arm und keifte regelrecht. Sie ging den Fremden an, der plötzlich den Kopf einzog.

Ob sie verheiratet waren? Nur kurz richteten sich die dunklen Augen auf die Dame, die noch immer mit glühenden Wangen und roten Augen in der Tür stand. Anscheinend hatte sie geweint, die Spuren davon waren noch zu erkennen. Mit einem weiteren Knurren antwortete der angriffslustige Mann ihr und nach dem sie ihm noch einmal in dieser rauen Sprache etwas aufgebracht vorwarf, hob er nur abwehrend die Hände. Wütend, wenn auch von einer gewissen Resignation gezeichnet, löste er sich von der Wand und trat an Jelena und Draco vorbei, nicht ohne den blonden Kräuterkundigen noch einmal wütend anzufunkeln.
 

Erstaunt und überfordert sah er sich nun selbst mit dem breitschultrigen Mann konfrontiert, der direkt auf ihn zu kam. Die dunklen Augen stachen voller Hass aus dem vom Wetter gegerbten Gesicht, welches ein schwarzer, gekrauster Vollbart umgab. Er trug nur einen großen Pullover, Stiefel und schien nicht für einen langen Aufenthalt im Freien gekleidet. Noch überlegend, wie er reagier sollte, wurde Harry diese Entscheidung abgenommen. Der Fremde zog einen Bogen vor ihm, als hätte er nur möglichst weit um die beiden anderen herum gewollt und machte sich auf den Weg, den der Auror als Straße zur Dorfmitte vermutete.

Erleichtert atmete er aus und fand die grauen Augen des ehemaligen Slytherin. Sie waren so kalt, so gefühllos, dass ihm ein Schauer über den Rücken lief. Bei diesem Blick stiegen Bilder von rotem Blut in ihm auf, das sich auf dem weißen Schnee verteilte. Er hörte das leise Röcheln, welches den nahenden, unausweichlichen Tod eines Gegners verkündete. Diese Sturmdiamanten wirkten nicht regungslos, aufmerksam musterten sie jede der feinen Bewegungen in Harrys kantigem Gesicht. Dessen Gedanken drängten die aufsteigenden Bilder fort, doch eines blieb, die schlanke Hand dieser Frau lag noch immer auf der linken Schulter Dracos. Es schien ein Zeichen unendlicher Vertrautheit, selbst in dem Moment, in dem der Kräuterkundige den Blick eines Mörders trug, wagte sie seine Nähe zu suchen. Wie eine Geste des Haltgebens, der gemeinsamen Verbundenheit schien diese Berührung und Draco schien nichts dagegen unternehmen zu wollen. Nun war es die Dame, die in der Tür stand, und die Aufmerksamkeit seines Begleiters auf sich zog. Sie sprach zu ihm, ihr Ton klang entschuldigend und auch die Stimme des Blonden wirkte wieder sanfter.

Ok, anscheinend konnte er hier eh nichts machen. Er verstand keines der gesprochenen Worte und seine Anwesenheit wurde nicht einmal wahrgenommen. Warum war er auch auf die Idee gekommen, dass er hier irgendwie etwas zu suchen hatte? Ohne noch ein weiteres Wort drehte sich nun auch Harry um und eilte mit großen Schritten dem Tor zu, welches die einzig einsichtige Passage in der Mauer zu sein schien. Erstaunt bemerkte der Wächter sein Kommen und seine tiefe Stimme fragte, doch was, wusste Harry nicht. Es war ihm auch egal. Er wollte gehen. Er wollte weg!
 

Wohin genau, war ihm nicht klar. Er schlug den Weg ein, der am Wald entlang führte. Seinen Schritten nach schien hier das Kopfsteinpflaster weiter geführt worden zu sein. Warum also nicht dieser Straße folgen?

„Weil weglaufen seine Sache ist und nicht deine!“ Abrupt blieb der Schwarzhaarige stehen und ein kalter Schauer lief erneut über seinen Rücken. „Was? Soll ich dich etwa belügen und dir sagen, dass alles ok ist?“ Einen Moment brauchte Harry, bis ihm bewusst wurde, was hier geschah. Er drehte sich um, doch sehen konnte er nichts. Nein, Bellatrix war nicht hier! Sie würde nie wieder da sein… nur in seinen eigenen Gedanken.

War er wahnsinnig? Er versuchte die Stimme zu ignorieren, die gleich mit einem euphorischen ‚ja‘ antwortete. Seine Augen suchten die Mauern des Dorfes, so weit war er noch nicht weg. „Was denn, Harry? Ich habe dich im Wald genügend gequält, warum soll es also nicht passend sein, wenn ich den bösen Teil deiner Überlegungen ausspreche?“ Mit einem Seufzen wendete er sich dem Weg wieder zu und dachte konzentriert. ~Weil ich nicht wahnsinnig bin und ich garantiert keine eingebildete Unterhaltung mit dir führen werde, Bellatrix!~

Ok, ihr aber zu antworten war nicht besser. Er konnte regelrecht ihr Gesicht vor sich sehen, wie sie breit grinste, den Kopf leicht zur Seite legte und ihm dann höhnisch sagte: ~Machst du aber schon!~ Klasse, jetzt jagte ihn diese Frau auch schon durch seine eigenen Gedanken. So beschleunigte er seinen Schritt noch. Der Schnee knirschte unter seinen Stiefeln. Garantiert würde sie ihm all die kleinen Details aufzählen: „Du meinst diese kleinen verräterischen Zeichen, dass er sie nicht erwähnt hat, dass er hier her kam, als du deinen Abschluss hattest, also vor fünf Jahren und angeblich ein Jahr später auf Jakow gestoßen ist? Ich meine ja nur, wenn der Junge 3 Jahre alt ist, passt das doch wunderbar. Könnte zeitlich also hinkommen. Oder diese Ähnlichkeit!“
 

Wütend blieb Harry stehen, atmete tief ein und aus. Toll, er ließ sich von seiner eigenen Phantasie verarschen! „Nein, Bella, sie sind sich nicht ähnlich!“ Stieß er nun laut hervor und kam sich selbst unglaublich dumm vor. Mit seinen eigenen Gedanken diskutieren… obwohl es schon einen angenehmen Zug hatte, sich kurzfristig einzubilden, dass das nicht seine Gedanken waren, sondern nur Bellatrix hetzerisches Gerede. „Ok, sie sehen sich nicht ähnlich, aber das heißt ja noch lange nicht, dass sie nicht miteinander geschlafen haben! Bei solch einer vertrauten Stimmung müssen sie gevögelt haben!“

„Halt endlich die Klappe!“ Wütend fuhr er herum, der Schnee wirbelte auf und da stand sie! Seine grünen Augen starrten in das kantige Gesicht und das Blut schoss ihm in die Wangen. Das hatte er jetzt laut gesagt oder? Jelenas Blick sagte das zumindest. Panisch schnell schlug sein Herz und die Hitze überflutete regelrecht seinen Verstand. Warte, sie konnte ihn ja gar nicht verstehen! Oder?

„Ich dich nur gerufen! Warum du gegangen?“ Eine weitere Welle heißer Verlegenheit brannte über seinen Rücken, schwappte über seine Wangen und er schnappte nach Luft. Ok, sie verstand ihn doch! Ihr Englisch klang grauenhaft und er war sich nicht sicher, ob er sie richtig verstanden hatte, denn sie sprach mit einem ebenso heftigen Akzent, wie die Baba Jaga.

„Schon… schon ok, du warst nicht gemeint…“ Stammelte Harry mit hochrotem Kopf und kam sich nun wirklich, wirklich dumm vor. Die Russin hingegen wirkte verwirrt, zog das einfache, große Tuch enger um ihre Schultern und meinte dann. „Hier der Zauber des Waldes nicht geht. Du das weißt?“
 

Kurz öffnete er die Lippen und fragte sich, ob er noch dunkler im Gesicht werden konnte. Er wich ihrem Blick aus, fuhr sich mit der rechten Hand über den Nacken und starrte die kargen Schneelandschaften genau an, die sich neben dem Wald erstreckten und ihm noch gar nicht aufgefallen waren. Wald zur einen, … Nichts zur anderen? Vielleicht Wiesen?

„Ja… ja, das ist mir bewusst.“ Meinte er schließlich und nickte, die Hand noch immer im Nacken. „Warum du gegangen? Du eifersüchtig?“ Er war so erschrocken über diese Ehrlichkeit, dass er nicht anders konnte. Seine grünen Augen fixierten groß ihr Gesicht und sie verschränkte die Arme unter der Brust. „Ich sehe Eifersucht, wenn ich sie sehe!“ Für einen Moment musste er diesen Satz verklingen lassen und begriff dann erst, dass ihr erstes ‚sehen‘ ein ‚erkennen‘ war.

„Ich wüsste nicht, dass dich das etwas angeht!“ Erwiderte er nun von einem Sturm der Gefühle ergriffen. Wer war sie eigentlich, dass sie ihn so direkt danach fragte? Offenbar hatte sie doch genug zu tun, zwei Kinder, um die sie sich kümmern musste. Was machte sie hier?

„Дурак!“ Gab sie plötzlich von sich und was auch immer es bedeutete, es klang wie eine Beleidigung. Idiot, Trottel, Dummkopf, wahrscheinlich etwas in diese Richtung. Seine dunklen Augenbrauen zogen sich zusammen und sie legte den Kopf leicht zur Seite. „Du bist Potter, nicht wahr?“ Fragte sie plötzlich unerwartet und Harry sah sie erstaunt an. „Ähm… ja.“ Kam von ihm, bevor er sich zurückhalten konnte.
 

Ihr Blick wurde plötzlich sanfter und ein provozierendes Lächeln lag auf ihren Lippen. „Du denken, Jaroslaw sein sein Sohn?“ Ihr zufriedener Ausdruck machte Harry klar, dass sein Gesicht zu ertappt gewirkt haben musste. Offenbar hatte sie ihn durchschaut. Sie hob die Augenbrauen und grinste dabei frech. „Du dummer Trottel! Ja, ich mag Gregory, ja, ich mit ihm geteilt Bett, aber nein, ich nicht seine Frau und Jaroslaw nicht sein Sohn!“

Eine neue Welle heißer Verlegenheit schoss ihm in die Wangen. Hatte sie ihm das eben einfach so gesagt? Ok, sie hatte auf jeden Fall ein gewaltiges Rückgrat, einen verdammt unbändigen Willen. „Du mir sagen, dass du letzten Jahre nur allein im Bett?“ Kurz öffnete Harry den Mund, wollte etwas sagen, doch er kam nicht dazu. Seine Lippen schloss sich wieder ohne einen Ton von sich gegeben zu haben. „Als… als würde dich das… ich meine, was… woher…“ Stammelte er überfordert und Jelena lachte kurz auf.

Sie schüttelte den Kopf und meinte dann, nachdem sie ihr Tuch noch einmal fester gezogen hatte. „Er mir erzählt. Er mir erzählt von dir. Von Mann, den er liebt!“ Wieder blinzelte Harry und langsam verstand er, was Draco an ihr so mochte. Sie nahm kein Blatt vor den Mund und tat das, was am besten war. Die Wahrheit aussprechen um Missverständnisse von Vorne herein auszuschließen. Das „Oh!“, welches ihm entfuhr, ließ sie sanfter lächeln.
 

„Komm, mir ist kalt! Du das klären mit ihm. Nicht mit mir. Wegrennen wie kleines Kind!“ Sie drehte sich einfach um und ließ ihn beinahe stehen. War sie wirklich so verrückt? Sie kam ihm nach und schlug ihm ohne Vorwarnung um die Ohren, in welchem Verhältnis sie zu Draco stand. Sie wusste, welche Rolle er im Leben des Blonden spielte. War diese Frau verrückt oder nur er? Nein, eigentlich war sie jemand, den man einfach gern haben musste. Und ja, sie hatte Recht, er war auch kein Heiliger in der Zeit gewesen. Fünf Jahre waren lang und trotz der gewünschten Enthaltsamkeit hatte er sich nicht immer gegen die natürlichen Triebe wehren können, die ihn forderten. Roten, wilden Haaren und einem feurigen Blick konnte er wenn nur schwer widerstehen.

Mit einem leichten, ersten Lächeln knüpfte er seinen Mantel auf und zog ihn von den Schultern, während er ihr nach ging. „Sonst hat er das immer gemacht. Ich wollte das Weglaufen ja nur mal ausprobieren!“ Neckte er sie nun und legte den Mantel über ihre Schultern, als er neben ihr angekommen war. Ihre wunderschönen Augen fanden zu ihm und sie wirkte erstaunt. „Und?“ Fragte sie nun mit einem Schmunzeln und Harry, der schon jetzt die kalten Temperaturen spürte, meinte mit dem Verziehen seines Gesichtes. „Ist echt dumm! Ich glaube, ich treibe es ihm aus.“

Als sie lachte, spürte er dennoch den Zweifel in sich. Es war schon irgendwie seltsam, diese Frau hatte mit Draco geschlafen. Irgendwie wollte die Eifersucht nicht gehen. Aber zumindest war sie nur noch ein unangenehmes Drücken und kein überfallendes Monster mehr. Ob es dem Slytherin so gehen würde, wenn sie Blaise begegneten?

„Oh, was war eigentlich mit dem Mann, der Dra… Gregory angefallen hat?“ Fragte er nun und biss sich auf die Unterlippe. Verdammt, das war knapp. Oder schon zu spät? Sie sah wieder vom Weg auf und musterte sein Gesicht. „Ich wissen, wer er ist. Ich seinen Namen kenne.“ Plötzlich hielt sie an, sah flüchtig nach vorne und senkte dann die Stimme. Sie waren dem Dorf deutlich näher gekommen. „Ich auch weiß, was du und er sein. Aber das Geheimnis, viele hier…“ Sie hielt inne. „Ich nicht kenne das richtige Wort. Viele meinen, Magie schlecht. Böse, wie Geister. Sie nur kennen Zauber des Waldes. Alexej ebenso glauben, Magie böse. Er glauben, Draco ist böse, Teil des Waldes. Wenn er hilft seinem Sohn, sein Sohn böse, wie der Wald. Er verflucht! Darum er greift Draco an, er nicht will, dass er hilft Sohn. Er meinen, Natur das regelt. Wenn Sohn soll leben, er überlebt. Wenn nicht, dann Schicksal!“
 

Diese Worte mussten erst einmal sacken. Er ließ seinen eigenen Sohn sterben, weil er abergläubisch war? Müsste man als Vater nicht alles tun, um das Leben seines Kindes zu retten? Er jedenfalls täte alles für Teddy! Entsetzt schluckte er und Jelena meint, dass dieses eine andere Welt sei. Anscheinend hatte sie seinen Gesichtsausdruck deuten können. „Ja, dass ist es wirklich.“ Brummte er und setzte sich wieder in Bewegung. Langsam wurde ihm kalt.

Was sollte er von all dem halten? Er konnte am Knirschen des Schnees hören, dass auch Jelena wieder weiter ging und sein verwirrter Blick lag auf dem Mann, der sie verwundert am Tor erwartete. Sehr viel war in kurzer Zeit geschehen, am prägendsten erwischten ihn momentan zwei Sachen: Dieser seltsame Aberglaube, der noch immer diesen Teil des Landes in seinen Klauen hielt und die Tatsache, dass die Frau an seiner Seite mit Draco geschlafen hatte.

Wie sollte er damit umgehen? Sicher würde der Blonde nicht sagen, dass er gleich Morgen hier seine Zelte abbrach, wieder ein Teil der Welt da draußen wurde und selbst wenn ja, würde er den Kontakt bestimmt nicht gänzlich zu ihnen abbrechen, zu ihr! Draco schien ein wichtiger Teil dieser Gemeinde zu sein, er war Retter, Helfer, Heiler... konnte er überhaupt gehen?

Aber wenn er blieb, konnte Harry ihm vertrauen? Konnte er das überhaupt fordern? Ja, beim Essen hatte er ihre Zukunft sehr offen umschrieben, weil er nicht wusste, ob es je ein „wir“ geben würde. War sich Draco da sicherer als er? Sah er eine Chance für sie? Es waren noch so viele Fragen offen. Über vieles hatten sie noch gar nicht gesprochen. Was wäre, wenn Draco auf Blaise träfe? Lange waren sie gut befreundet, hatten irgendwann das Bett miteinander geteilt. Hielt diese Freundschaft? Wäre er eifersüchtig? Kurz war sie da gewesen, diese Eifersucht. Ja, der ehemalige Slytherin hatte es ihm deutlich gesagt, ihm deutlich sein Fehlverhalten vorgeworfen. Blieb es dabei? Blieb es bei der Eifersucht?
 

Erst bei dieser sanften Berührung am Arm zuckte er zusammen. Harry war gänzlich in seinen Gedanken versunken und nun blickte er die Frau an seiner Seite irritiert an. Er blinzelte und musste erst die Umgebung flüchtig wahrnehmen. Sie standen wieder vor dem Haus, vor dem er den Blonden zurückgelassen hatte. „Wir können auch zu mir, wenn du nicht ihn sehen willst.“ Langsam schüttelte Harry den Kopf. Er versuchte sich an einem Lächeln, welches jedoch sehr kläglich ausfiel. So beobachtete er, wie Jelena die Tür vorsichtig öffnete, ihre Stimme klang sanft und fragend wider, bevor sie eine Antwort bekam. So schob sie die Eingangstür weiter auf und trat in die kleine Hütte.

Mit einem Winken signalisierte sie ihm, dass er ihr folgen sollte und so trat er in den Raum, der von einem Feuer erwärmt wurde. Noch immer in diesem Gefühl der Gedankenlosigkeit gefangen, musterte er den großen Raum, der mit wenigen Gegenständen bestückt war. Es gab einen Esstisch, an dem zwei lange Bänke standen. Eine einfache Küchenzeile, eine Feuerstelle und ein Waschbecken. An der Wand befand sich eine einfache Leiter, ein Blick hinauf genügte und er konnte einen offenen Zwischenboden erkennen. Ein paar Schränke standen verteilt und zur Seite hin gab es noch zwei Türen, die hintere davon stand offen. Durch die Fenster fiel Licht in den Raum, doch auch das konnte die gedrückte Stimmung nicht heben.

Ein Mädchen, vielleicht 10 Jahre alt, saß am Tisch und spielte mit einer alten Puppe. Ihr gegenüber schälte eine alte Frau Kartoffeln, die grauen Augen sahen aus dem faltigen Gesicht misstrauisch zu ihm herüber. Sie musterte den Fremden, behielt ihn im Blick und ließ das Messer sinken, als deutliches Zeichen, dass nun ihre gesamte Aufmerksamkeit ihm gelten würde.
 

Jelena bemerkte dieses, ihre versöhnlichen Worte schienen nicht zu helfen und die keifende, alte Stimme verriet Harry auch ohne Übersetzung, was das Großmütterchen über ihn dachte. Schweigend trat er von der längst geschlossenen Haustür fort, folgte den gedämpften Stimmen, die er aus dem hinteren Raum hörte. Dass es Draco war, konnte er nicht genau sagen, jedoch lag es nah. Was würde er sehen? Sein Herz begann schneller zu schlagen und nur flach wagte er zu atmen. Wie würde der Mann auf ihn reagieren?

Seine grünen Augen fuhren über das große Bett, in dem ein kleiner Junge lag. Sein schmales Gesicht war gerötet, sein Körper von Schweiß bedeckt. Die runden Kinderaugen waren beinahe geschlossen, doch ein Lächeln lag auf seinen Lippen. Seine dunkelblonden, fast braunen Haare klebten an seinem Kopf, den er zur Seite gedreht hatte. Mit schwacher Stimme sprach er und die Antwort, die er bekam, klang mit einfühlsamer, sanfter Stimme im Raum wider.

Ein Schlucken. Das hatte er nicht erwartet. Ob er noch daran zweifelte, dass Draco die Wahrheit gesagt hatte? Nein! Auf den hellen Zügen lag ein Ausdruck, in den er sich auf Anhieb neu verlieben konnte. Die schmalen Lippen waren zu einem Lächeln gezogen, welches er noch nie zuvor gesehen hatte. Liebevolle legte der ehemalige Slytherin das feuchte Tuch erneut auf die erhitzte Stirn, hatte sich dabei vor das Bett gekniet. Alles an dem Mann wirkte so anders, als wäre er ein anderer Mensch. Das war also seine gute Seite?
 

Plötzlich bemerkte der Flüchtling ihn und als die grauen Augen die Harrys fanden, blieb sein Herz stehen. Seine Mundwinkel zogen sich in die Höhe und das Blut schoss ihm in die Wangen. Dieser Mann war einfach zum Verlieben!

Nun war auch die Aufmerksamkeit der Mutter auf ihn gerichtet, es war die gleiche Frau, die vorhin in der Eingangstür so gezetert hatte. Erstaunt blickte sie ihn an und doch bemerkte er nichts davon. Er hörte ihre Stimme nicht, all sein Interesse, all seine Wahrnehmungen wurden von diesem unglaublichen Anblick gefangen genommen, regelrecht gefesselt. Oh ja, es würde nicht leicht werden, es würde hart werden. Aber es würde sich lohnen!

„Harry?“ Mit einem Blinzeln kam ein reflexartiges „Ja?“ Von ihm und der ehemalige Slytherin schmunzelte. „Ah, du hörst also noch. Beim vierten Rufen hätte ich mir dann doch Sorgen gemacht.“ Neckte er ihn und der Auror grinste verlegen, aber angriffslustig. „War nur völlig überfordert, dass du nett sein kannst. Ich dachte wirklich, dass du mich nur verarschen willst.“ Eine der schlanken Augenbrauen wanderte in die Höhe und der kleine Junge musterte aus seinen matten Augen den fremden Mann. Er schien etwas zu fragen, die kleine Hand kam unter der Bettdecke hervor und versuchte nach Dracos zu greifen. Dieser bemerkte es und nun war der spöttische Anblick wieder einem sanften Ausdruck gewichen. Seine filigranen Finger legten sich um diese kleinen, kurzen Glieder und es erschien wie ein Zauber, der in der Luft flirrte. Eine gewisse Entspannung breitete sich in dem Kindergesicht aus und die einfühlsame Stimme ließ sogar die rauen Worte der russischen Sprache wohler klingen.
 

Plötzlich versuchte der kleine den Kopf noch etwas weiter zu beugen, näher an das ovale, helle Gesicht zu schieben und seine spröden Lippen bewegten sich so leicht, dass Harry nicht einmal den Klang seiner Stimme hören konnte. Draco war dem Kind entgegen gekommen, lauschte und dann lachte er kurz, aber gedämpft auf. Seine Lippen waren nah an dem Kinderohr und als er flüsterte, um sich dann wieder etwas zurückzuziehen, blitzte ein gewisser Schalk in den sonst matten Augen auf. Dann wandten sie sich beide Harry zu, der keine Ahnung hatte, um was es ging. „Na, was lästert ihr zwei wieder?“ Fragte er nur provokant und die grauen Augen funkelten, als wären es Sterne. Doch eine Antwort bekam er nicht, nur diesen zufriedenen Ausdruck, diese unendliche Gelassenheit, die sich in jede Faser dieses schlanken Körpers ergossen hatte.
 

oooOOOooo
 

Die Kälte umfing ihn grausam und selbst das gute Essen in seinem Magen konnte nicht ausreichend Wärme spenden damit seine Füße im Schnee nicht gleich von diesem folternden Gefühl gepackt wurden. Träge schwamm sein Bewusstsein dahin und war nicht gewillt für große Sprünge. Beinahe müde zog er den Schal enger und ein niederschmetternder Gedanke ließ ihn das Gesicht verziehen. Der Weg nach Hause war noch so lang! Jakov hingegen schien das nicht zu stören, er war an ihnen vorbei gelaufen, die Füße blank und nackt, sprang in den nächsten Haufen Schnee, ohne Handschuhe und Jacke. Er lachte, rief in dieser fremden, rauen Sprache etwas und Draco erwiderte die kindliche Freude. Dieser war soeben aus der Tür getreten, in der nun Jelena lehnte. Sie rief ihrem Bruder etwas zu, nur damit dieser sich mit ausgebreiteten Armen rücklings in den Schnee fallen ließ. Jelena schüttelte den Kopf.

„Mir ist schon beim Zusehen so kalt geworden, dass ich auf der Stelle zu erfrieren scheine!“ Brummte Harry belustigt und die russische Frau lachte auf. „Das sein Kind! Er niemals wird erwachsen und niemals wird krank, obwohl er tobt wie ein Wildochse!“ Die grünen Augen fanden zu ihr, das kantige Gesicht mit den roten Wangen und dem wunderschönen, wenn auch ausgefransten Zopf. Doch noch immer fühlte er sich zu träge, um diese Worte wirklich zu verstehen. Draco hingegen lachte und schüttelte den Kopf. „Du meinst wahrscheinlich ein Wildschwein! Keinen WildOCHSEN, ein WildSCHWEIN!“

Ihr Lachen war schön, stellte Harry nun zum wiederholten Male fest. Sie war eine robuste, kräftige Frau mit ausgeprägtem Charakter, klaren Gedanken und einer eigenen, unumstößlichen Meinung. Bei der Verbesserung zog sie das große Wolltuch um ihre Schultern enger und beugte sich zu dem ehemaligen Slytherin vor. „Es auch gibt wilde Ochsen! Ich heute hab zwei gefüttert!“ Dabei grinste sie so unverschämt, dass selbst Harry diese Frechheit verstand. Dreiste Frau! Dachte er und schloss leicht die Augen, die Kälte kroch noch immer zwischen die Stoffe, die ihn verzweifelt zu wärmen versuchten. Das Licht war schon verschwunden, die Dunkelheit hatte sich über das Dorf erstreckt, welche nur von den spärlichen Lichtstreifen aus den schief gebretterten Fensterläden ein wenig unterbrochen wurde.
 

Erst, als sich zwei Hände auf seine Schultern legten und eine gewisse Kraft ihn von hinten zu schieben begann, öffnete er die Augen. „Gehen wir jetzt endlich nach Hause?“ Fragte er und wurde auch schon wieder los gelassen. Ein weicher Lichtkegel bedeckte das Kopfsteinpflaster der Straße, welches zum großen Teil freigeschaufelt wurde. Jelena hatte ihnen eine einfache Öllampe mitgegeben, obwohl sie beide keine benötigten. Doch der Schein musste ja gewahrt werden. „Oh, hat es dir etwa so wenig gefallen?“ Fragte der Blonde nun frech und träge konzentrierte Harry sich auf jeden Schritt. „Du meinst von der Tatsache abgesehen, dass diese Frau deine Geliebte ist?“ Nun lag doch ein freches Funkeln in seinen grünen Augen und mit einem Grinsen musterte er die blassen Wangen, die sich in der Kälte der Nacht noch rot färben würden.

Eigentlich erwartete er keine Antwort darauf, vielleicht auch, weil das gute Essen einfach jede Energie zum Verdauen einforderte. Es war schon anstrengend genug auf dem steinigen Untergrund der Straße zu laufen und den Weg im Dunklen zwischen den aufragenden, schattenhaften Gebäuden zu finden. Im Wald würde es noch schwerer werden. „Ja, von der Tatsache einmal abgesehen.“ Meinte Draco direkt und hielt die Lampe in die Höhe, damit sie etwas sehen konnten. Jelenas Häuschen stand nahe der Mauer, deren Tor verschlossen war. Allerdings schien man sie schon zu bemerken und mit einem Knarren wurde eine Seite aufgestoßen. Es war nun ein anderer Mann, der dort stand. „Добрый вечер!“ Begrüßte ihn Draco oder verabschiedete eher. In seinem trüben Verstand glaubte er zu wissen, dass diese beiden Worte für „Guten Abend!“ standen, jedenfalls würde es passen. Der Mann nickte nur knapp und schien froh zu sein, als beide endlich auf der anderen Seite des Tores waren. Theoretisch konnte Harry jetzt ‚Guten Tag‘, ‚Guten Abend‘, ‚ja‘ und ‚nein‘ sagen. Er kannte das Wort für Trottel und ein oder zwei Flüche. Allerdings hatte er das alles wahrscheinlich bis morgen wieder vergessen.

Es war ein angenehmer Abend gewesen, Jelena hatte sie noch zum Essen eingeladen, eine Kartoffelsuppe mit Speck und Harry hatte sich gerne für letzteren geopfert, damit der Blonde nicht leiden musste. Seltsam, irgendwie mochte er diese Frau, auch wenn er jetzt eh zu satt und zu müde war, um über Eifersucht nachzudenken. So stapfte er hinter Draco her ohne zu bemerken, dass ihn dessen graue Augen fragend musterten. „Was ist los? Keine weitere Antwort?“ Fragte die aufdringliche Stimme und mit einem Grinsen entgegnete er nur. „Mir ist kalt!“
 

oooOOOooo
 

Er liebte dieses Sofa! Er liebte diese Decke! Oh, wie herrlich es doch war, dass sie endlich wieder Zuhause waren. Die Kälte schien in jede Faser seines Körpers eingedrungen zu sein und als er den herrlichen Duft wahrnahm, der nun die Luft tränkte, schlug sein Herz voller Begeisterung. Die grünen Augen fuhren direkt zur Tür und ein Lächeln lag auf seinen Lippen. „Danke!“ Kam Umstandslos und mit einem Leuchten griff er nach dem gereichten Becher. „Jetzt sollte es gleich besser sein, du kleine Forstbeule!“

Dankend nahm Harry den Becher heißer Schokolade in die Hände. „Oh ja, wie konnte ich nur den Wärmezauber vergessen. Damit habe ich damals Blaise so geärgert.“ Begann er und warf einen kurzen Blick in das helle Gesicht. Doch Draco schien der Geschichte nicht abgeneigt und so sprach er weiter. „Ron und Hermine waren das Weihnachten nach deinem Verschwinden bei ihren Eltern, erst bei Molly und Arthur und dann bei Hermines. Das waren auch die Ferien, in denen Blaise und ich uns… näher gekommen sind?“ Er warf einen zögerlich, fragenden Blick zu seinem Freund, der seinen Teebecher ebenso umklammerte. Draco hatte sich mit dem Rücken zur Armlehne gedreht und die Füße mit unter die warme Decke geschoben. „Ich weiß schon, was du meinst.“ Kam nur mit einem leichten Schmunzeln und kurz dachte der flüchtige Engländer an Jelena, der er ja auch ‚näher gekommen‘ war.

„Auf jeden Fall habe ich mich so gefreut… also, über die Rückkehr der beiden, dass ich sie vom Bahnhof in Hogsmede abholen wollte. Blaise hatte angeboten mitzukommen und hat dabei den halben Weg gejammert, wie kalt ihm doch wäre. Am Bahnsteig wurde es nicht besser und als Hagrid kam, um die Erstklässler abzuholen, fragte er mich dann, warum ich Blaise nichts von dem Wärmezauber erzählt hätte. Du hättest sein Gesicht sehen müssen, es war einfach nur herrlich!“
 

Mit einem Kopfschütteln grinste Draco. „Ja, in so etwas war er noch nie gut!“ Bestätigte er und dann trat eine seltsame Stille ein. Sie umschlang sie beinahe peinlich berührt und brach den Blickkontakt zwischen ihnen ab. Sie wussten noch immer nicht, wie sie zueinander standen und nun sprachen sie über die, die sie in ihre Betten gelassen hatten.

„Du hast noch immer Kontakt zu ihm oder?“ Fragte Draco nach einer unendlichen Weile, die sie beide unangenehm anspannte. „Ja.“ Antwortete nun der Angesprochene, der noch immer die zerlaufene Sahne auf seinem Kakao musterte. Wieder brach sich die Stille wie eine gewaltige Welle über ihnen und verdonnerte sie zum Schweigen. Das Ticken der großen Standuhr blieb das einzige Geräusch und nicht einmal aus ihren Bechern mochten sie trinken. „Ich…“ Begann plötzlich der Schwarzhaarige und hob flüchtig den Blick. Verlegen senkte er ihn gleich wieder, der Kloß in seinem Hals unterdrückte jedes weitere Wort. „Ja?“ Fragte Draco hoffungsvoll, doch wieder tickte die Uhr, verstrich die Zeit und dann donnerten ihre Schläge beinahe zertrümmernd durch die Luft. Es war jetzt 21 Uhr!

„Ok, jetzt reicht es mir!“ Platzte es plötzlich aus dem ehemaligen Gryffindor heraus, der seinen berühmten Mut gefunden zu haben schien. „Ich halte das einfach nicht aus. Ich verstehe ja, dass ich keine Ahnung habe, wie es zwischen uns weiter gehen soll, wird… was auch immer. Ich weiß, dass ich auf der einen Seite Scheiße gebaut habe, aber auf der anderen fühle ich mich zu Unrecht angeklagt. Genau so geht es mir mit dir. Ich habe nicht erwartet, dass du ein enthaltsames, sittsames…“ Und dann sprach er aus, was er dachte. „… Sex loses Leben führen wirst. Jelena ist nett, ich mag sie irgendwo, aber ich kenne dich nicht, ich weiß nicht, ob das zwischen euch weiter laufen wird, ob es noch läuft, ob ich dir dafür einen Vorwurf machen kann, darf, sollte…“ Er hielt inne, atmete tief ein und starrte dabei in das angespannte Gesicht des anderen. „Ich weiß, dass du dir hier dein Leben aufgebaut hast, dass du nicht gleich deine Sachen packst und gehst, das will ich auch gar nicht verlangen, aber… aber was ist, wenn… ich meine, ich habe einfach keine Ahnung, woran ich eigentlich bin!“
 

Das war viel und die Anspannung hatte sich nur minimal erleichtert. Sie beide waren in einer äußerst unangenehmen Situation. Es war der Blonde, der plötzlich ernst das Wort ergriff. „Was ist mit mir? Denkst du etwa, dass ich mich nicht frage, was du tun wirst, wenn du wieder gehst? Du bist Harry Potter, hunderte junger Frauen würden ihre Seele verkaufen, um mit dir zu schlafen! Du hast noch immer Kontakt zu Blaise… ich…“ Doch weiter kam er nicht, er brach den Kontakt ab und starrte in seinen Teebecher. „Du fragst dich, ob ich mich wieder auf ihn einließe?“

Ein stummes Nicken und die verlegen Stille schien beinahe euphorisch wieder aufzubrechen. Als wollte sie ihnen sagen, dass sie dieses Schweigen niemals los werden würden. Erschöpft lehnt sich Harry zurück, der die Beine unter der Decke angezogen hatte. „Warum sollte ich das? Es gäbe nur einen Grund für mich wieder etwas mit ihm anzufangen.“ Nun blickten ihn die grauen Sturmdiamanten direkt an und mit einem kläglichen Schmunzeln meinte er. „Wenn es keinen Grund für mich gäbe wieder her zu kommen. Wieder zurück zu dir zu kommen.“

Ein leichtes Funkeln trat auf, ein flüchtiges Lächeln war auf den schmalen Lippen zu sehen und Draco nahm einen Schluck Tee. „Wenn also…“ doch er sprach nicht weiter, sah wieder auf und musterte das Gesicht des Aurors. Einen Moment sagte niemand etwas und dann kamen die Worte unerwartet direkt. „Ich liebe dich, Harry!“

Ein Blinzeln. Es war so irritierend und dabei so überwältigend, dass sich der Angesprochene, an den sich diese Worte richteten, zu keiner Reaktion durchringen konnte. Wie bei einem Schlag mit einer Schaufel oder einem Sparten setzte sein Gehirn aus und die grünen Augen starrten in das ovale Gesicht. Bilderlos hallten die Worte in ihm wider, die der Baba Jaga galten. Draco hatte nicht den Mut, ihm seine Liebe zu gestehen.
 

Aus der Direktheit wurde ein zufriedenes Schmunzeln. „Freut mich, dass ich dich immer noch so sprachlos mache. Noch immer so begriffsstuzig, Potter?“ Bei diesen neckenden Worten kehrte auch der Auror wieder in das Hier und Jetzt zurück. Er fing sich schnell und die vollen Lippen wurden von einem Grinsen in die Breite gezogen. „Dein unerwarteter Mut hat mir wirklich die Sprache verschlagen. Meine Güte, Gregory, werde hier nicht zu emotional. Ich könnte auf die Idee kommen, dass du bereit bist, eine Beziehung mit mir einzugehen.“ Das freudige, wenn auch gefährliche Funkeln zierte die grünen Augen.

„Doch ja, an so etwas Verrücktes dachte ich! Immerhin wäre die Frage mit dem leidigen Fremdgehen geklärt und ich käme auf die Idee, das mit dem idiotischen Vertrauen zu versuchen.“ Gab er in einem beinahe dreisten Ton von sich und mit einem Lachen schloss Harry die Augen. Für diesen einen winzigen Moment wollte er die Ernsthaftigkeit dieser Worte übergehen. „Ich kann Hermines Stimme regelrecht hören. Eine Beziehung muss auf Liebe und Vertrauen aufgebaut sein, sonst hat sie keine Chance. Wenn wir also nur versuchen einander zu vertrauen, sollten wir es gleich lassen.“

Die feine Augenbraue zog sich elegant in die Höhe und dann klang die melodische Stimme. „Denkst du denn, dass du mein Vertrauen verdient hast?“ Es war nicht so provokant, wie zu erwarten, jedoch auch nicht frei dieser Herausforderung. Kurz schien Harry die Antwort abzuwägen und gab dann gerade heraus. „Hast du denn mein Vertrauen verdient?“

Die grauen Augen funkelten und er lächelte. „Das ist der Knackpunkt, nicht wahr?“ Seine Stimme hatte etwas, dass Harry nicht genau deuten konnte. Vielleicht war es eine gewisse Resignation. Harry schloss kurz die Augen und nahm noch einen Schluck von seiner langsam kühler werdenden Schokolade.
 

Mit einem Seufzen öffnete er die Augen erneut und lächelte leicht. „Das wird ein ziemlich langer Weg oder?“ Begann er und blickte in die tiefen Sturmdiamanten. „Vertrauen ist etwas, dass man sich erarbeiten muss, es ist nicht einfach so da. Wenn wir uns…“ Doch irgendwie brach sein souveräner Beginn abrupt ab und mit einem Schlucken senkte er den Blick. Nun war es Draco, der mit einem leichten Lächeln den Faden wieder aufnahm. „Wenn wir uns aufeinander einlassen, dann wird es schwer werden. Wir können ja kaum vernünftig über wichtige Themen sprechen. Entweder stottern wir uns einen ab oder wir provozieren uns gegenseitig. Wir können uns nur über Lappalien vernünftig unterhalten. Willst du es dennoch?“

Die grünen Augen blickten ihn an. Schweigen. Kurz leckte sich Harry über die Lippen, die Worte der Baba Jaga kehrten zurück. Es würden schwarze Tage kommen, Tage, so dunkel, dass sie nur als schwarz bezeichnet werden konnten. Aber das wusste er. Das wäre ihm auch ohne die Worte der alten Hexe klar. Erstaunt hob sich die feine blonde Augenbraue, als er das Grinsen des Schwarzhaarigen sah. „Keine Ahnung, dass kann ich dir nicht sagen. Ich will dich und ich weiß, dass es verdammt schwer wird. Also denke ich, dass sich die Dinge bedingen oder nicht?“ Er schmunzelte und Draco schüttelte leicht den Kopf. „Wir sind schon zwei Verrückte, was? Kannst du nicht einfach ja oder nein sagen?“ Fragte er unvermittelt..
 

„Kannst du es?“ Entgegnete nun Harry und daraufhin schoben sich beide Augenbrauen in die Höhe. „Ich…“ Doch auch er kam nicht weiter, verdrehte dann verlegen die Augen. Mit einem aufsteigenden roten Schimmer auf den Wangen zog er die Luft ein und stieß sie dann wieder langsam aus. „Ok, nein, irgendwie auch nicht. Aber…“ Er hob wieder den Blick und dann war da dieser ernste Ausdruck. „Ich sehe die Sache genauso wie du. Ich will dich und ich habe kein Interesse daran, mir wegen irgendwelcher Bettgeschichten zusätzlichen Stress zu machen. Auf beiden Seiten!“

War es lächerlich sich so über diese Sachen zu unterhalten? Vielleicht war es das. Mit einem Seufzen stellte er den Becher ab und bemerkte, wie auch Draco dieses nun tat. Langsam zog Harry die Decke zurück und rutschte auf dem Sofa näher. Nur einen Moment spürte er die schlanken Arme, die ihn sanft an sich zogen und mit einem Schmunzeln schloss er die Augen. „Ich liebe dich und ich will bei dir sein. Keine Ahnung, ob wir das alles überstehen, vielleicht sind wir ja so wie alle anderen. Aber mal ehrlich, ich bin dir so lange nachgelaufen, da werde ich jetzt sicher nicht aufhören.“ Liebevoll zog der ehemalige Slytherin die Wolldecke über den jungen Mann, der sich an seine Brust kuschelte.

„Dann ist es jetzt also offiziell ein Fremdgehen, wenn ich mich noch einmal von Jelenas schönen Augen verrühren lasse?“ Kurz hob der Auror den Kopf und als ihn die grünen Augen anblickten, kannte er die Antwort. Zärtlich raubten die schlanken Finger die runde Brille von Harrys Nase. „Dann halte ich mich von rothaarigen Schönheiten fern. Weit fern! Irgendwie finde ich, dass Frauen mit roten Haaren eine regelrecht magische Anziehungskraft haben.“ Meinte er, während er seinen Kopf wieder auf die schmale Brust bettete.

„Ich kann dich sehr gut verstehen. Aber sag mal, machen wir eigentlich irgendetwas wie normale Paare?“ Fragte nun Draco und mit einem Schmunzeln schlug der Auror vor. „Wir sind wie normale Paare eifersüchtig?“ Nachdenklich lehnte der Blonde seinen Kopf an die Rückenlehne des Sofas, während er das Gewicht auf seinem Körper spürte, die Wärme, die ihn durchdrang. „Ich wollte Blaise schon irgendwie gerne wieder sehen. Er war einmal ein wirklich guter Freund, um nicht zu sagen einer meiner besten. Und du schienst Jelena nun auch nicht gerade zu hassen.“ Kurz herrschte Schweigen. „Ok, nein, ich glaube nicht, wir machen nichts wie normale Paare. Aber mal ehrlich, ich bin ein Gryffindor und Auror und ein Slytherin und Todesser. Wie soll da irgendetwas normal sein?“
 


 

Mein geliebter Sohn!
 

Dass meine Freude überschwänglich ist, kann ich nicht behaupten. Ich bin deine Mutter, natürlich mache ich mir Sorgen. Dein Glück soll beständig und grundlegend sein, eine Liebe, auf der du ein Leben aufbauen kannst. Ob dieses mit einem Mann wie ihm möglich ist, da berufe ich mich auf meine mütterlichen Instinkte, bezweifle ich zumindest im Ansatz. Natürlich schließe ich es nicht aus, er hat auf seine eigene Art seine hartnäckige Liebe bewiesen und sich trotz aller Widrigkeiten nicht von seinem Ziel abbringen lassen. Das ist wohl mehr, als ich von jeder Frau erwarten kann, deren Hand ich dir empfehlen könnte. Jedoch frage ich mich, und hier darf ich wieder ganz meine mütterliche Natur deutlich machen, wie ein Leben an seiner Seite aussehen soll. Wie soll sein Leben an deiner Seite aussehen?

Noch immer weiß dein Vater nichts davon und eventuell solltest du ihm langsam bewusst machen, dass er keine Enkelkinder von dir erwarten kann. Er ist zwar stolz auf dein Überleben, doch er erwartet deine Rückkehr nach Malfoy Manor und eine baldige Aufnahme deiner familiären Pflichten. Trotz meiner uneingeschränkten Liebe zu dir muss ich dennoch darauf bestehen, dass du endlich auch deinem Vater erklärst, wie es um dein Herz bestellt ist.

In freudiger Erwartung bereite ich Tee für Sonntag um 16 Uhr vor. Meiner Empfehlung nach solltest du jedoch deinen gewählten Partner zu diesem Treffen noch nicht mit nehmen.
 

Ach, ich bin so stolz auf dich, mein Sohn! Ich kann es kaum erwarten dich endlich wieder in meine Arme zu schließen und dir unverhüllt meine Liebe zu zeigen, derer du nun so lange entsagen müsstest.
 

In innigster Liebe

Deine dich liebende Mutter


Nachwort zu diesem Kapitel:
Liebe Leserinnen und Leser!

Wie ihr vielleicht mitbekommen habt, habe ich noch immer keine Kommentare beantwortet. Bitte glaubt nicht, dass ich euch vergessen habe, aber das Leben hier draußen fordert mich voll und ganz. Ich habe kaum das Kapitel fertig geschrieben und bin mir noch nicht sicher, wie weit ich mit dem nächsten komme.
Der Rhythmus wird weiter bei zwei Wochen bleiben, immer am Sonntag.

Ich hoffe, dass ich euch mit diesem vorläufigen Ende versöhnlich stellenkonnte und leite damit die Phase vor dem Finale ein. Jetzt geht es raus aus Russland, raus aus dem Wald und zurück nach England. Wenn alles passt, habt ihr noch drei Kapitel und dann kommt das Finale!
Wie ich mich kenne, wird es ein Doppelkapitel werden, in einem bekomme ich eh nicht alles unter. Also könnt ihr euch auf noch 5 Kapitel freuen!

Ich antworte euch so bald es geht!

Ganz liebe, winterliche Grüße
Eure Traumfänger

PS: Nur so, falls es nicht klar war. Harry und Draco sind ab jetzt offiziell ein Paar! XD *Ponpons schwenk* Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  _mariko_
2016-11-22T13:30:38+00:00 22.11.2016 14:30
Ja, ich weiß ich habe mich lange nicht gemeldet. Ich habe die letzten Kapitel auf dem Handy gelesen, und da ein Kommi zu hinterlassen gestaltet sich nicht so einfach.
Also das Draco und Harry jetzt ein Paar sind hab ich schon verstanden und ich freu mich*grins*.
Verstehen kann ich auch das die Kapitel in nur zwei Wochen Abständen kommen. Man muss sich schließlich auch der realen Welt stellen.
Das Kapitel war alles in allem sehr gut und ich freue mich schon auf das nächste.
Natürlich freue ich mich am meisten auf das Happy End.
Antwort von:  Traumfaengero_-
13.12.2016 21:40
Liebe Mariko,

ich selbst kenne die Herausforderungen der Kommentarschreiberei auf dem mobilen Telephon. XD

So schwer war das ja jetzt auch nicht und ich habe ja durchweg intelligente Leserinnen und Leser. Aber vielleicht gibt es ja auch ein paar Leser, sie sich hier nicht zu Wort melden, denen dieses kleine Detail der „Partnerschaft“ entgangen ist. :)

Und wie Happy das Happy End wird! Oh, ich freue mich jetzt schon darauf!

Liebe Grüße
Deine Traumfänger
Von:  little_butterfly
2016-11-22T11:26:40+00:00 22.11.2016 12:26
Ich mag jelena irgendwie ^^
Endlich sprechen die beiden mal einigermaßen miteinander... :D
Der Brief von Narcissa ist süß!
Heute bin ich recht kurz angebunden, da mir nicht viel einfällt, was es zu diesem Kapitel zu sagen gibt, außer, dass es wie immer toll ist. ^^
Antwort von:  Traumfaengero_-
13.12.2016 21:31
Liebe Butterfly,

jetzt komme ich auch endlich zu einer Antwort auf deinen schönen Kommentar!

Es ist nicht schlimm, dass es nur ein kurzer Kommentar ist, ich freue mich über einfach jeden! :)

Jelena sagt, was sie denkt und dass kann die Sache manchmal sehr einfach machen. Es ist auch eine Eigenschaft, die ich an ihr sehr schätze.
Ja, die Teepartys bei Narzissa sind etwas Bleibendes. Draco wird keinen einzigen Sonntag verpassen. Sie ist auch eine der Figuren, die ich ins Herz geschlossen habe.

Liebe Grüße
Deine Traumfänger


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