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Die Grotten von Necrandolas

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Moin Moin,
so langsam überschlagen sich die Ereignisse in den Kapiteln ^^ Es werden sicherlich einige nicht damit zufrieden sein, was in dem Kapitel passiert, aber ich halte es für durchaus realistisch und wollte es deswegen nicht umändern.
Viel Spaß! :) Komplett anzeigen

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Die Folgen einer Prophezeiung

Eiskalte Wut schoss durch Harrys Adern und beschleunigte seine Schritte immer weiter. Das konnte nicht wahr sein. Es durfte nicht wahr sein! All die Zeit über hatte Harry sich so auf Pettigrew fokussiert und dabei vollkommen den Todesser vergessen, der mit dem Überbringen der Prophezeiung Voldemort überhaupt erst auf seine Eltern gehetzt hatte. Warum hatte er sich nie gefragt, wer es gewesen war? Wie hatte er dieses wichtige Detail nur übersehen können?!

Sein Herz schlug so kräftig, wie es nur konnte und jagte seine Wut nur umso schneller durch seine Adern, während es sein Denken vollkommen auf einen Gedanken einschränkte: Verrat.

In den Kerkern angekommen, musste Harry gar nicht lange nach dem Übeltäter suchen. Severus ging gerade den Korridor entlang und weit und breit war kein Schüler zu sehen. Gut so, denn Harry wären Zuschauer nun vollkommen egal gewesen.

„SNAPE!“, donnerte er wütend durch den Flur und mit hochgezogener Augenbraue drehte sich der Angesprochene verwundert um.

„Darf ich fragen, was Ihnen diesen Tonfall erlaubt, Potter?“

Unbeeindruckt trat Harry kochend auf den anderen zu. „Die Prophezeiung. Daher kanntest du den Text! DU warst der Todesser, der Trelawneys Bewerbungsgespräch belauscht hat!!“

Mit einem Schlag wurde Severus leichenblass und seine Augen weiteten sich. Das war für Harry Antwort genug und etwas schrie in ihm vor Schmerzen auf. Mit voller Kraft holte er aus und schlug mit seiner Faust in Severus' Gesicht. Sein Schlag war so kräftig, dass der Slytherin zurücktaumelte und sich an der Wand hinter sich abstützte. Zwei Geister, die gerade den Korridor entlang gekommen waren, schrien erschrocken auf, doch das interessierte Harry nicht im geringsten. Viel mehr störte ihn, dass Severus sich nicht wütend zu ihm umdrehte und ihn anschrie, wie er es wagen konnte einen Lehrer zu schlagen. Nein, er hob nur langsam den Kopf und sah Harry ruhig entgegen.

Leise und mit zittriger Stimme sagte er: „Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht bereue, was ich damals getan habe...“

„DAS IST MIR VOLLKOMMEN EGAL!“

Erneut holte Harry aus und schlug zu.

Er wollte keine Entschuldigung hören, keine Ausflüchte, keine Reue. Er wollte verdammt nochmal, dass Severus sich wehrte, wütend wurde, damit er einen Grund hatte, weiter zuzuschlagen!

Doch stattdessen ließ Severus den Kopf gesenkt, seine Haare das Gesicht verhüllend. Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, während er langsam wieder aufsah. Er stellte fest, dass seine Lippe aufgeplatzt war und trotzdem veränderte er nichts an seinem Blick.

„Und wenn du hundert Mal zuschlägst, das wäre nicht genug, Harry. Für uns beide nicht, schätze ich“, flüsterte er atemlos und Harry hob erneut die Faust.

Doch Severus zuckte bei dieser Bewegung nicht einmal zusammen und das ließ den Gryffindor inne halten. Was zum Teufel tat er denn da? Dreschte er hier tatsächlich auf jemanden ein, der ihm erst vor kurzem erzählt hatte, dass er in seiner Kindheit ständig geschlagen worden war?! Wollte er ernsthaft in die Fußstapfen dessen Vaters treten?!

In Harrys Innerem kämpften zwei Kräfte gegeneinander an: Die Wut und die Reue und es war unsicher, was von beidem die Oberhand gewinnen würde. Während seines Kampfes sah Severus einfach nur weiter abwartend zu ihm, bereit jeden weiteren Angriff einfach hinzunehmen und das war der entscheidende Funke.

„ARGH!“, rief Harry wütend aus und ließ seine Faust sinken.

Da er nicht wusste, wohin mit seiner restlichen Wut, flüchtete er den Flur hinunter, bevor er noch eine weitere Dummheit machen würde. Die beiden Geister riefen ihm protestierend hinterher, während Severus keine Anstalten machte ihn aufzuhalten. Harry rannte und rannte ohne Ziel und Verstand, bis er schließlich vollkommen aus der Puste in einem Korridor anhielt und sich an der Wand niedersinken ließ. Vollkommen durch den Wind raufte er sich die Haare und gab einen weiteren Wutschrei von sich. Das durfte doch alles nicht wahr sein! Was für ein Mensch überbrachte Voldemort freiwillig die Nachricht, dass er seine beste Freundin samt ihrem Kind töten solle?! Steckte da tatsächlich solch ein Monster in diesem Slytherin?! Und was war mit ihm selbst? Er hatte auf jemanden eingeschlagen, der sein halbes Leben lang misshandelt worden war! Und trotzdem sagte ein Teil in ihm, dass Severus diesen Schlag verdient hatte. Er hatte seine Familie auf dem Gewissen, verdammt nochmal! Wie sollte es denn mit diesem Wissen nur weitergehen?

Verzweifelt sah Harry wieder auf und starrte auf den Boden. Was sollte er jetzt tun? Severus für den Rest seines Lebens aus dem Weg gehen? Er war Mitglied des Ordens, also wäre das unmöglich. Allerdings würde er ohnehin nicht viel mit dem Orden zusammenarbeiten können, wenn er nach den Horkruxen suchen würde... Horkruxe... Dumbledore!

Erschrocken stand Harry auf. Er hatte Dumbledore vollkommen vergessen. Eilig lief er los und musste sich erstmal darüber klar werden, wo er sich überhaupt befand. Doch schnell hatte er sich orientiert und beeilte sich zum Schulleiterbüro zu gelangen. Dort angekommen, klopfte er atemlos gegen die Tür, doch das ging vermutlich bei den lauten Stimmen eh unter. Diese schrille Stimme konnte nur einer Person gehören. Langsam öffnete Harry die Tür und sah, wie erwartet, Trelawney, wie sie wütend auf den Direktor einredete.

„Sie können mich nicht immer so abwimmeln, Direktor! Sie wissen, dass ich Recht habe und durch Ignorieren können Sie es nicht verhindern!“

„Jetzt, da Harry hier ist, wird er mir sicherlich nochmal berichten können, was passiert ist“, wimmelte Dumbledore sie entschieden ab. „Sie haben mir Ihre Eindrücke geschildert und ich habe sie zur Kenntnis genommen. Wenn Sie nun entschuldigen würden, ich habe wichtige Dinge mit Harry zu besprechen.“

„Also das ist doch...“, schnaufte Trelawney beleidigt auf und wandte sich dann an Harry. „Sie werden ihm doch bestätigen, was ich gerade erzählt habe, nicht wahr? Sie haben es doch auch miterlebt.“

„Ja, das habe ich und ich werde es ihm nochmal sagen. Machen Sie sich da keine Sorgen, Professor“, nahm Harry all seine Geduld zusammen, um Trelawney zu beschwichtigen, damit sie endlich den Raum verließ.

„Gut, gut...“, nickte Trelawney eifrig, warf Dumbledore noch einmal einen finsteren Blick zu und ging dann zur Tür. „Die Zeichen darf man nicht ignorieren, Dumbledore.“

Mit diesen Worten schloss sie die Tür hinter sich und Dumbledore seufzte auf.

„Harry, was hat dich dazu verleitet, sie zu mir zu schicken? Ich denke du weißt, dass sie momentan etwas schwierig ist und du weißt auch, dass wir heute wichtige Dinge vor haben“, sagte er anklagend aber ruhig.

„Das, warum...“, war Harry kurz verwirrt.

Ihm schwirrte so viel im Kopf herum, dass er sich erstmal sortieren musste. Eines nach dem anderen. Zuerst Malfoy.

„Sir, ich bin mir sicher, dass Malfoy sie aus dem Raum der Wünsche geworfen hat. Was auch immer er geplant hat, es ist ihm nun gelungen und wer weiß...“

„Ich hatte dir diesbezüglich bereits gesagt, dass ich mehr darüber weiß als du, Harry“, wimmelte Dumbledore ihn sofort ab.

„Aber...“

„Nichts aber, Harry. Wir hatten das geklärt.“

Erneut wollte Harry protestieren, doch da warf Dumbledore ein: „Willst du mich nun begleiten oder nicht? Die Zeit drängt und wir haben keine Zeit für solcherlei Diskussionen.“

„Be-...gleiten...“, fiel Harry ein.

Richtig, sie wollten ja einen Horkrux finden. In Harrys Kopf wirbelten die Gedanken nur so herum, kein Wunder, dass er nichts mehr auf die Reihe bekam.

|„Sie... Sie haben also einen gefunden? Sie haben einen Horkrux gefunden? Welcher ist es? Und wo ist er?“

„Ich bin nicht sicher, welcher es ist, auch wenn ich denke, dass wir die Schlange ausschließen können, aber ich glaube, dass er viele Kilometer von hier in einer Höhle an der Küste verborgen ist. In einer Höhle, die ich schon seit sehr langer Zeit ausfindig zu machen versuchte: Es ist die Höhle, in der Tom Riddle einst zwei Kinder aus dem Waisenhaus bei ihrem jährlichen Ausflug Angst einjagte, erinnerst du dich?“

„Ja“, antwortete Harry knapp.

Seine Gefühle waren noch immer vollkommen aufgewühlt, doch er versuchte sich zu konzentrieren.

„Wie ist er gesichert?“

„Ich weiß es nicht, ich habe Vermutungen, die völlig falsch sein könnten.“ Dumbledore zögerte, doch dann sprach er weiter: „Harry ich habe dir versprochen, dass du mitkommen darfst und ich stehe zu meinem Wort, aber es wäre ein großer Fehler, wenn ich dich nicht warnen würde, dass dies äußerst gefährlich sein wird.“

„Ich komme mit“, antwortete Harry sofort.|²

Es war ihm egal wie gefährlich es war, er brauchte jetzt Ablenkung, dringend. Da war ein gefährliches Abenteuer genau das richtige, um seine Wut und Verzweiflung auszuleben.

Dumbledore sah ruhig über seine Brille hinweg zu Harry und schien ihn mal wieder zu röntgen.

„Erzählst du mir vorher, warum du so viel später hier angekommen bist, als Professor Trelawney? Und warum es offenbar nicht geholfen hat, deine Aufregung zu zügeln?“

|„Ich bin nicht aufgeregt.“

„Harry, Professor Trelawney erzählte mir, worüber ihr gesprochen habt und du warst nie ein guter Okklumentiker...“|²

„Was glauben Sie denn, was ich getan habe?!“, unterbrach Harry den Direktor wütend. „Ich war bei SNAPE, wo denn sonst?!“

Geduldig betrachtete Dumbledore ihn weiterhin.

„Ich hoffe, du hast nichts dummes getan, Harry. Wut kann einen zu Dingen verleiten, die wir später bereuen...“

„Wenn hier jemand etwas zu bereuen hat, dann doch wohl ER!!“, schrie Harry und war wieder auf hundertachtzig.

„Und das tut er auch!“, warf Dumbledore ein. „Ich bin mir sicher, das hat er dir vorhin bestätigt.“

„Und warum hat er das dann überhaupt getan?! Kein Mensch, der auch nur einen Funken Anstand im Leib hat, würde seine beste Freundin so dermaßen hintergehen!“

|„Harry, lass mich bitte ausreden.“

Fahrig strich Harry sich durch die Haare und versuchte sich zu zügeln. Er ging unruhig umher und nickte schließlich stumm, um Dumbledore zu signalisieren, dass er zuhörte.

„An jenem Abend, als Severus die erste Hälfte von Professor Trelawneys Prophezeiung hörte, stand er noch in Lord Voldemorts Diensten. Natürlich hat er ihm umgehend berichtet, was er gehört hatte, denn es betraf seinen Herrn in höchstem Maße. Aber – lass mich ausreden – Aber Severus wusste nicht, er konnte gar nicht wissen, welchen Jungen Voldemort von da an jagen würde, oder dass es sich gar um die Familie von Lily Potter handelte.|² Als ihm klar wurde, was für einen schrecklichen Fehler er gemacht hatte, kam er zu mir und flehte mich an, deine Familie zu verstecken.“

„Obwohl er ein Todesser war, haben Sie sich mit ihm getroffen?“, zog Harry zweifelnd grummelnd die Augenbrauen hoch.

„Ich ging davon aus, dass Voldemort ihn mit einer Nachricht zu mir geschickt hatte. |Du kannst dir nicht vorstellen, welche Reue Severus empfand, als er erkannte, wie Lord Voldemort die Prophezeiung gedeutet hatte, Harry. Ich glaube, es war der größte Schmerz seines Lebens und der Grund, warum er zurückkehrte und von da an für mich spionierte.“|²

Harry verschränkte skeptisch die Arme und versuchte über das Erzählte nachzudenken, was momentan nicht ganz so einfach war.

„Die Jagd auf Mum war also der Grund, warum er die Seiten gewechselt hat“, überlegte Harry laut und ließ noch deutlich Skepsis in seiner Stimme mitschwingen.

„Richtig“, antwortete Dumbledore ruhig und gab Harry die Zeit zum Nachdenken. „Du hast ihn nicht gesehen, Harry. In jener Nacht, als deine Eltern starben. Ich glaube, hätte ich ihm nicht dargelegt, dass er von nun an auf dich aufpassen musste, hätte er keinen Lebenssinn mehr gesehen.“

Überlegend stand Harry da und starrte den Direktor an. Das war also der Grund, warum Severus ihn immer beschützt hatte? Dass er es für Lily getan hatte, war ihm schon länger klar gewesen, aber nicht, dass es aus so einem tiefen Schuldgefühl heraus kam.

„Ich würde dir gerne noch mehr Bedenkzeit geben, aber die Zeit läuft uns davon“, durchbrach Dumbledore plötzlich wieder die Stille. |„Willst du heute Nacht mit mir kommen?“

Harry malte noch einmal mit den Zähnen, ehe er sich einen Ruck gab.

„Ja.“

„Na schön, dann: Hör zu. Ich nehme dich unter einer Bedingung mit: dass du jeden Befehl befolgst, den ich dir womöglich erteile, auf der Stelle und ohne weitere Fragen.“

„Natürlich“, nickte Harry nun wieder mehr beim Thema.

Dass Dumbledore so ernst an die Sache heranging, weckte wieder Harrys Neugierde und Abenteuerlust.

„Damit wir uns richtig verstehen, Harry. Das heißt, dass du auch Befehle wie 'Lauf', 'Versteck dich' oder 'Geh zurück' befolgen musst. Habe ich dein Wort darauf?“

„Ich... ja, natürlich.“

„Wenn ich dir sage, versteck dich, wirst du gehorchen?“

„Ja.“

„Wenn ich dir sage, flieh, wirst du es tun?“

„Ja.“

„Wenn ich dir sage, verlass mich und bring dich selbst in Sicherheit, wirst du meinen Worten Folge leisten?“

„Ich...“

„Harry?“

Einen Moment lang sahen sie sich an.

„Ja, Sir.“

„Sehr gut. Dann geh bitte und hol deinen Tarnumhang, wir treffen uns in fünf Minuten in der Eingangshalle.“|²

Dumbledore wandte sich bereits ab, da er das Gespräch für beendet hielt, doch Harry zögerte.

„Sir... wegen Malfoy...“

„Wir hatten das geklärt, Harry“, unterbrach Dumbledore ihn sofort.

„Aber wenn er etwas feiert, können Sie doch nicht einfach das Schloss verlassen und davon ausgehen, dass nichts pass-...“

„Denkst du etwa, ich würde das Schloss schutzlos zurücklassen, wenn ich nicht da bin?“, warf Dumbledore nun doch ernst ein. „Glaubst du, ich würde den Schutz der Schüler nicht ernst nehmen?“

Beim Blick des Direktors sank Harry ein wenig in sich zusammen.

„Nein, Professor, so war das nicht... ich wollte nicht...“

„Es ist genug, Harry. Wir sind spät dran, hole bitte deinen Tarnumhang.“

Stumm nickte Harry und verließ das Büro. Während er Richtung Gryffindorturm rannte, arbeitete sein Hirn auf Hochtouren. Was auch immer Malfoy vorhatte, er konnte dabei nicht einfach tatenlos zusehen, egal was Dumbledore sagte. Aber was sollte er schon tun, wenn er selbst nicht im Schloss sein würde?

Hastig nahm Harry mehrere Stufen auf einmal und stürmte in den Gryffindorgemeinschaftsraum, in dem Ron und Hermine vor dem Kamin saßen.

|„Was wollte Dumbledore?“, fragte Hermine, ehe sie die Stirn runzelte. „Ist alles in Ordnung mit dir?“

„Mir geht es gut“, erwiderte Harry nur knapp und stürmte zum Schlafsaal hoch.

Dort kramte er seinen Tarnumhang und die Karte des Rumtreibers heraus, ehe er zurück zu seinen Freunden rannte. Schließlich drückte er der vollkommen verunsicherten Hermine die Karte in die Hand.

„Ich habe nicht viel Zeit für Erklärungen“, begann Harry hastig. „Dumbledore verlässt das Schloss und lässt mich ihn begleiten, um einen Horkrux zu holen. Ich habe mitbekommen, dass Malfoy seinen Plan im Raum der Wünsche vollendet hat. Was auch immer er vor hat, ihr müsst diese Nacht unbedingt beide Augen offen halten.“

„Harry...“, begann Hermine bereits zweifelnd, doch der Gryffindor unterbrach sie sofort.

„Nein, hört mir zu! Ich weiß einfach, dass Malfoy heute Nacht etwas plant. Ihr müsst ihn überwachen. Spannt sämtliche Leute von der DA ein, die ihr auftreiben könnt. Hermine, diese Galleonen, die alle benachrichtigen, funktionieren doch immer noch, oder?“

„Ja sicher, aber...“

„Ich habe keine Zeit zu diskutieren“, sagte Harry schroff. „Vertraut mir einfach. Ich muss jetzt los.“|²

Damit stürmte Harry aus dem Gryffindorturm und beeilte sich in die Eingangshalle zu kommen, wo Dumbledore bereits mit Reiseumhang auf ihn wartete.

 

Syndia hatte gerade ihren Kontrollgang im sechsten Stock beendet und wollte ihn auf der fünften Etage weiterführen, als ihm zwei aufgeregt schnatternde Geister entgegenkamen. Eine Augenbraue hochziehend blieb sie stehen.

„Ah endlich jemand, der helfen kann.“

„Professor, es ist so schrecklich!“

„Müsste einen Schulverweis kriegen!“

Beschwichtigend hob Syndia die Hände und versuchte aus dem Wirrwarr etwas herauszuverstehen.

„Eines nach dem anderen. Was ist los?“

„Sie sollten dringend nach Professor Snape sehen“, sagte der erste Geist eindringlich.

„Ja ja, und Potter einfangen, bevor der auf den nächsten losgeht“, nickte der zweite eifrig.

Noch verwirrter als vorher, sah sie von einem Geist zum anderen.

„Was, wieso? Was ist mit den beiden?“

„Eine absolute Unverfrorenheit!“

„Potter ist auf einen Lehrer losgegangen, Professor!“

„Ja ja, ganz genau, auf Professor Snape!“

Ächzend ließ Syndia die Hände sinken. „Konnten Sie nachvollziehen, worum es bei dem Streit ging?“

„Nein nein, es sah mir weniger nach einem Streit aus.“

„Professor Snape war zu benommen, um sich wehren zu können. Dieser Potter ist vollkommen grundlos auf ihn losgegangen!“

Langsam beunruhigte Syndia die Erzählung nun doch.

„Ich werde nachsehen“, versicherte sie den Geistern und machte sich sogleich auf den Weg in die Kerker.

Konnten die beiden nicht einmal eine Woche ohne Streit auskommen? War das etwa zu viel verlangt? Langsam glaubte Syndia, es machte den beiden Spaß, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen.

Schon bald war Syndia am Büro ihres Bruders angekommen und trat ohne anzuklopfen ein. Sie rechnete bereits mit einem keifenden Slytherin, doch der Raum war leer. Eine Augenbraue hochziehend, ging Syndia weiter zur Wohnstube und stellte verwundert fest, dass auch diese verlassen war.

„Severus?“, rief sie unsicher und erhielt eine grummelnde Antwort aus Richtung des Badezimmers.

Skeptisch ging sie darauf zu und schob die Tür weiter auf, ehe sie ihren Bruder vor dem Spiegel sah... und erbleichte.

„Oh bei Merlin, Severus! Was ist passiert?!“, rief sie geschockt aus und trat sofort neben ihren Bruder.

„Finger weg!“, wehrte Severus sie ab, als sie sein Gesicht zu sich drehen wollte. „Es sieht schlimmer aus als es ist.“

Damit griff er erneut zur Tube, die am Spiegel lag und tat sich etwas von der Creme auf die Finger. Syndia hingegen sah geschockt auf die Blessuren, die Severus' Gesicht zeichneten. Sein linker Wangenknochen war dunkelblau verfärbt und seine Lippe war aufgeplatzt, schien aber zum Glück nicht mehr zu bluten.

„Sag mir bitte nicht, dass das Harry war.“

„Würde dir sonst noch jemand einfallen, der so etwas tun dürfte, ohne dass ich ihn umbringe?“, antwortete Severus knurrend, doch mit deutlich weniger Kraft, als Syndia erwartet hätte.

„Weißt du denn wo er ist? Er wird sicherlich nicht freiwillig im Krankenflügel vorbeischauen.“

„Er muss nicht in den Krankenflügel“, erwiderte Severus leise und begann seine Wange einzucremen. „Ich habe ihm kein Haar gekrümmt.“

„Und was ist dann passiert, wenn ihr nicht aufeinander losgegangen seid?“, fragte Syndia besorgt nach und hielt kurzerhand Severus' Haare zurück, damit sie ihn nicht im Gesicht störten.

Kurz warf er ihr dafür einen dunklen Blick zu, doch dann ließ er es sich gefallen und behandelte seine Verletzungen weiter.

„Er hat herausgefunden, dass ich es war, der die Prophezeiung an den Dunklen Lord weitergegeben hat“, gestand Severus leise und Syndia schluckte.

„Und deshalb hat er auf dich eingeprügelt?“, fragte sie fassungslos nach.

„Wie ich schon sagte, es sieht schlimmer aus als es ist“, warf Severus ein und ergänzte leise: „Ich hätte viel mehr verdient.“

„Sag so etwas nicht.“

„Aber es stimmt“, sah Severus seine Schwester nun zum ersten Mal direkt an. „Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie du ausgerastet bist, als du davon erfahren hast. Meinst du nicht, Harry hätte dann erst recht das Recht, es an mir auszulassen?“

„Hör auf solch schrecklichen Dinge zu sagen“, seufzte Syndia auf und setzte einen verzweifelten Blick auf. „Ich werde mit Harry reden...“

„Nein.“

„Severus, du...“

„Nein, Syndia!“

Ein kurzes Blickduell entstand, in dem Severus jedoch den deutlich kühleren Blick aufgesetzt hatte.

„Du kannst dich nicht immer in alles einmischen! Wenn Harry sich beruhigt und mit mir darüber reden will, dann werde ich mit ihm reden und wenn er sich dazu entscheidet, nie wieder mit mir ein Wort zu wechseln, dann werde ich das auch akzeptieren. Es ist allein Harrys Entscheidung. Du kannst dir die Welt nicht immer so zurechtdrehen, wie sie dir gefällt.“

Damit wandte Severus sich von seiner Schwester ab, wusch sich die Hände und griff nach dem Handtuch. Stumm beobachtete Syndia ihn dabei.

„Du gibst also einfach so auf? Du willst nichtmal versuchen, es ihm zu erklären?“, fragte sie mit leichter Verzweiflung in der Stimme nach.

„Was gibt es da noch zu erklären“, flüsterte Severus ohne aufzusehen. „Ich habe seine Eltern auf dem Gewissen. Da gibt es nichts mehr zu erklären.“

Eine Pause entstand, in der Syndia nur mitleidig zu ihrem Bruder sehen konnte, der ihr geschickt den Rücken zugewandt hatte.

Schließlich ergänzte Severus leise: „Selbst wenn er, wie du immer behauptet hast, Gefühle für mich hatte... jetzt hat er sie mit Sicherheit nicht mehr. Es ist vorbei, akzeptiere das einfach.“

Damit warf er das Handtuch achtlos neben die Duschkabine. Auch wenn er sein Gesicht nicht zeigte, hätte jeder gemerkt, wie niedergeschlagen er war.

Ruhig fragte Syndia: „Kannst du es denn akzeptieren?“

„Was bleibt mir denn anderes übrig“, seufzte Severus auf und drehte sich endlich um.

Er bemühte sich, keinerlei Regungen zu zeigen, doch seine Augen zeigten die Leere, die sich in ihm breit machte.

„Ich werde Harry nichts aufzwingen. Könnte ich eh nicht, dafür ist er viel zu stur.“

Syndia betrachtete ihren Bruder nur ruhig, dem das überhaupt nicht gefiel und so schob er sich an ihr vorbei und verließ das Bad.

„Verstehe ich das richtig...“, drehte Syndia sich um und folgte ihm, „jetzt, wo du glaubst Harry verloren zu haben, gibst du endlich zu, dass er dir was bedeutet?“

„Was spielt das jetzt noch für eine Rolle, Syndia“, ächzte Severus gequält auf. „Tu mir den Gefallen und quäle mich nicht auch noch mit deinen besserwisserischen Kommentaren. Könntest du mich jetzt bitte in Ruhe lassen? Mir ist gerade nicht nach Gesellschaft zu mute.“

Der Blick des Slytherins war so mitleidserregend, dass Syndia gar nicht anders konnte als nachzugeben.

„Okay“, hauchte sie also, trat noch einmal auf ihren Bruder zu und legte ihre Hand auf seine gesunde Wange. „Wenn du reden willst, weißt du wo du mich finden kannst.“

Damit gab sie ihm einen sanften Kuss auf die Stirn, konnte sich aber nicht weiter zurückhalten und umarmte ihn schließlich. Severus seufzte tief auf und ergab sich seinem Schicksal. Er legte sein Kinn auf Syndias Schulter, erwiderte die Umarmung leicht und schloss letztendlich mit zusammengepressten Lippen die Augen. Tröstend strich Syndia ihm über den Rücken und wünschte sich, ihrem Bruder noch irgendwie anders helfen zu können, aber wenn er nicht wollte, dass sie mit Harry sprach, musste sie das akzeptieren.

„Ich bin sicher. er wird nochmal mit dir reden wollen“, versuchte die Hexe es mit optimistischen Worten. „Irgendwann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ihm einfach so Ruhe lassen wird.“

Severus nickte nur stumm und löste sich schließlich von seiner Schwester, ohne den Blick heben zu können. Aufmunternd lächelnd, strich Syndia ihm das Haar hinters Ohr und ging schließlich zur Tür. Bei dieser letzten Geste schloss Severus erneut kurz die Augen und während Syndia den Raum verließ, ballte er die Hände zu Fäusten und versuchte den Kloß in seinem Hals hinunterzuschlucken.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Mal wieder Drama pur :D Und es wird noch viel dramatischer werden *seufz* Sicherlich verurteilen jetzt einige Harry für seine Reaktion, aber... es geht hier immerhin um den Verrat an seinen Eltern und ihr wisst, dass Harry erst handelt und dann nachdenkt.
Bis Donnerstag! ^^
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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2016-11-16T14:26:47+00:00 16.11.2016 15:26
Es war zu erwarten, dass Harrys Wutausbruch extrem sein würde, aber dass er Snape tatsächlich (mehrmals) schlägt, hat mich irgendwie total schockiert. Hierbei denke ich vor allem an den recht großen Altersunterschied der beiden von immerhin 21 Jahren.
Während Harry zuschlägt, denkt er gleichzeitig an die Misshandlungen, die Severus durch seinen Vater erfahren hat und will sich nicht mit diesem auf eine Stufe stellen. Dies zeigt zumindest, dass Harry nicht vollkommen blind vor Wut handelt und ihm noch Wissen und Gewissen geblieben sind.

Severus' Verhaltensmuster ist das, was sich im Laufe seines Lebens immer wieder bewährt hat: hinnehmen, aushalten, weiter machen und alle Gefühle möglichst "wegdrücken" (immerhin kann er am Ende des Kapitels so grad eben noch verhindern zu weinen).
Auch wenn Syndia da anderer Meinung ist, tut Severus richtg daran, Harry jetzt nicht zu einem Gespräch zu zwingen, sondern diesem selbst zu überlassen, ob und wie er künftig mit ihm umgehen möchte.

Dieses Kapitel vermittelt mir schon jetzt eine Vorahnung davon, dass der Krieg in Kürze ausbrechen wird und noch ganz andere heftige Sachen sich ereignen werden. Bleibt jetzt nur zu hoffen, dass Harry nicht wieder von seinem Necrandolas-Trauma eingeholt wird, wenn er Dumbledore in die Höhle begleitet...
Antwort von:  -wolfsmoon-
17.11.2016 18:21
Ich hatte erwartet, dass das einige Leute schockiert. Bei jedem anderne Thema hätte Severus sich das von Harry auch nicht gefallen lassen, aber da er selbst der Meinung war, diesen Wutausbruch verdient zu haben... ich hab versucht, Harry impulsiv aber nicht ganz so gewissenlos darzustellen :D
Also meinst du, dass ich Severus gut getroffen hab, gefällt mir :D Eine andere Reaktion von ihm hätte ich mir ehrlich gesagt auch gar nicht vorstellen können. So ist er eben. Und dass Syndia sich einmischen wollte, hab ich son bissl als ihre Charakterschwäche darstellen wollen. Dass sie halt nicht begreift, dass es Dinge gibt, die man anders angehen muss, als mit einer direkten Konfrontation.
Das mit der Höhle konnte ich leider nicht mit reinpacken, weils irgendwie... nicht gepasst hat. Von meinem Kopf her. Es hätte für meinen Geschmack zu viele Zitate gegeben und der Übergang zum weiteren Geschehen erschien mir auch schwer. Deswegen hielt ich es für das beste, das zu überspringen.
Aber deine Vorahnung ist gut ;)
Von:  Salatgurke
2016-11-14T20:03:04+00:00 14.11.2016 21:03
Ich an Harrys Stelle hätte noch mal zugeschlagen.
Man kann das ja verstehen.
Nur er war mal wieder so erwachen und hat an Snape gedacht....
Sehr Ritterlich.
Was du da alles einbringst. XD
Die kauen erst mal alles durch bis die zusammen kommen.
Und klar das Snape es nun zu gibt, sobald keine Hoffnung mehr da ist...
Richtig spannend hier XD

Bis Do :)
Antwort von:  -wolfsmoon-
17.11.2016 18:10
Naja, wenn sie jetzt alles durchkauen, wirds später harmonischer :D Es hätte in der Fortsetzung nur gestört, wenn ich das da eingebracht hätte, deswegen muss das nun hier in geballter Form rein :D
Von:  Im_Whats_Left
2016-11-14T16:23:51+00:00 14.11.2016 17:23
Aiaiaiai... ich hab mir sowas schon gedacht. Aber Harry, mein Schatz - Gewalt ist keine Lösung! Vor allem nicht, wenn du Severus hübsches Gesicht verunstaltest :3 Verstehen kann ichs aber irgendwie. Hätte aber eher erwartet, dass er Dinge nach Severus wirft, haha. :D

Na mal schauen, was Harry jetzt unterwegs erlebt und ob es ihn wirklich ablenken kann. Und ob Severus sich jetzt zuschüttet...
Antwort von:  -wolfsmoon-
14.11.2016 18:33
Mit Sachen um sich werfen is eher Severus' Methode XDDD *hust* Und das ist ja nichtmal meine Idee, so hat er im Buch ja auch reagiert XD Sorry, das konnte ich mir nich verkneifen :D Ich nehm die Situation irgendwie nich ernst genug... aber ich weiß ja auch schon, wies ausgeht XD


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