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Himmlisches Geflügel

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Willkommen zu "Himmlischen Geflügel" :)
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen. Zumindest so viel Spaß wie ich beim Schreiben habe :p Komplett anzeigen

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Der Engel der vom Himmel fiel

„Du hast schon wieder die Schule geschwänzt!“

„Tut mir leid.“

„Dein Lehrer hat angerufen und mir gesagt, du hättest Chlamydien! Ich glaub ich spinne! Schwänzt du, um dich mit Nutten zu vergnügen? Und woher hast du überhaupt das Geld dafür?“

„Mir fiel keine bessere Ausrede ein, Mum.“
 

„Und das soll ich dir glauben? Das ist wie damals, als du mit deinem Pippimann im Staubsauger stecken geblieben bist, und mir ernsthaft erzählen wolltest, Marc hätte gesagt, dass es dann eine Überraschung gäbe. Absolut unglaubhaft!“

„Ja, Mum.“

„Und räum endlich dein Zimmer auf. Hier sieht es aus wie im Schweinestall!“

„Ja, Mum.“
 

Ich zucke zusammen, als meine Mutter die Tür hinter sich zu knallt und bleibe mit hochroter Birne mitten in meinem Zimmer stehen.

Das im Übrigen gar nicht so schlimm aussieht wie sie behauptet.
 

Auf dem Boden türmen sich lediglich Videospiele, Zeitschriften, Mangas und Klamotten. Und auf meinem Schreibtisch befinden sich außer dem Computer lediglich an die 30 Pfandflaschen.

Na gut, ganz ordentlich ist mein Zimmer nun auch nicht. Aber ich bin eben auch nur ein Teenager, der sein Zeug eben da fallen lässt, wo er gerade steht.
 

Mein Name ist Daniel Craig, ich bin 17 Jahre alt und gehe zur Highschool hier bei uns im Ort.

Meine Noten sind durchschnittlich, mein Aussehen irgendwo darunter, und mein Freundeskreis beschränkt sich auf meine Sandkastenfreundin Loreen.
 

Eigentlich bin ich ein ganz normaler Teenager, abgesehen von meinem sadistischen Bruder Marc, dem dauernd in den Flur pinkelnden Labradormischling und dem nackten Erzengel in meinem Kleiderschrank.
 

Ja, schon richtig gehört. Ich habe einen nackten Erzengel in meinem Kleiderschrank.

Aber mal ehrlich, wo hätte ich ihn sonst auf die Schnelle verstecken sollen, bevor meine Mutter ihn zu Gesicht bekommen, und mir vermutlich einen Vortrag über Homosexualität, Geschlechtskrankheiten und dem Fegefeuer gehalten hätte?
 

„Du hast deinen Schwanz in den Staubsauger gesteckt? Ernsthaft?“

Das Lachen aus dem Kleiderschrank sorgt nicht unbedingt dafür, dass ich mich wohler fühle, oder meine Gesichtsfarbe wieder normal wird.
 

„Das ist nicht lustig! Ich hab Marc eben geglaubt, dass es dann eine Überraschung gibt.“, gebe ich trotzig von mir, und lasse mich auf mein Bett fallen.

„Oh, die Überraschung war bestimmt super.“, frotzelt es wieder aus meinem Kleiderschrank und ich schnaube.

„Hat dir niemand beigebracht, einfach mal jemanden eins auf die Schnauze zu schlagen?“, kommt es hinterher und ich murre.

Nein das hat mir niemand beigebracht, wie man offensichtlich bemerkt.
 

„Ich dachte es heißt 'Liebe deinen Nächsten'?“

„Nirgendwo steht geschrieben: 'Steck deinen Schwanz in den nächsten Staubsauger'.“, lacht Gabriel wieder, und kommt aus dem Schrank heraus, zu allem Überfluss genauso, wie ich ihn in den Schrank gesteckt habe: Nackt!
 

„Herrgott, zieh dir was an!“, maule ich und drehe ihm den Rücken zu, um die Wand anzustarren anstatt von ihn.

Ohne einen Kommentar von sich zu geben, im Gegensatz zu sonst, höre ich Gabriel auch schon in meinem Schrank herum wühlen und teilweise angewiderte Laute von sich geben.

Nach fast vier Tagen habe ich inzwischen begriffen, dass er meine Klamotten absolut scheußlich findet, weswegen er sich die Laute ruhig sparen könnte, es aber natürlich nicht tut.
 

„Wenn du meine Klamotten so hässlich findest, warum zauberst du dir dann nicht welche die dir gefallen?“, maule ich nach einer Weile los, und bekomme als Antwort ein Schnauben, das mich dazu veranlasst mich doch zu ihm umzudrehen.

„Sehe ich aus wie Merlin?“, kommt es trocken zurück, aber ich gehe gar nicht darauf ein.
 

Mal abgesehen davon, dass Gabriel wirklich nicht aussieht wie Merlin, bin ich gerade eher fasziniert davon, dass er es immer schafft, in meinen Klamotten cool auszusehen.

Ich vermute das liegt an den göttlichen Genen, falls es denn so etwas überhaupt gibt. Vermutlich können Engel gar nicht scheiße oder langweilig aussehen, was die Frage aufwirft, ob Gott dann wohl in meinen Klamotten auch scheiße aussehen kann, denn immerhin hat er die Menschen ja nach seinem Ebenbild geformt.
 

„Ich brauche dringend eigene Klamotten. Auf Dauer kratzen diese Lumpen an meinem Selbstwertgefühl.“

Ich bin mir ziemlich sicher, dass so ein paar Kratzer an seinem Ego nicht schaden könnten, zumal das sowieso unendlich groß zu sein scheint

Wer auch immer behauptet hat, Engel wären gütige Wesen, hatte definitiv noch nie das Vergnügen einem zu begegnen.
 

„Wie lange zur Hölle willst du hier bleiben? Verzieh dich in dein Wolkenkaff zurück.“, murre ich und setze mich auf, was mir lediglich einen herablassenden Blick von Gabriel einbringt.

„‘ne Weile.“, kommt die Antwort, die für mich alles andere als befriedigend ist.

Wie lange so 'ne Weile' ist, will ich gar nicht wissen, da das Zeitgefühl von Engeln bestimmt anders ist als meins.
 

Außerdem ist es mir schleierhaft, wie ich ihn 'ne Weile' vor meiner Mutter und Marc verstecken soll. Nur weil wir in einem Haus wohnen, sind die Versteckmöglichkeiten nicht gerade unendlich, und ich werde ihn nicht auf ewig in meinem Kleiderschrank verstecken können.

Das ich irgendeinen himmlischen Kerl in meinem Zimmer habe, wird spätestens dann auffliegen, wenn Mum mir die frisch gewaschene Wäsche in den Schrank legt, und vermutlich kann ich mir dann ganz aus der Nähe angucken wo Gabriel eigentlich herkommt.

Einfach, weil ich dann tot sein werde.
 

Im Übrigen frage ich mich auch, warum er ausgerechnet hier bleiben will. Die Stadt ist zwar nicht so berauschend groß wie Los Angeles, aber es gibt gut und gerne andere Bleibemöglichkeiten. Zum Beispiel das abgewrackte Motel am Rand der Stadt.

Vielleicht hat das auch was mit seiner Landung auf der Erde zu tun. So genau weiß ich das alles nicht, da er ja nichts über sich erzählt. Das Einzige das ich über ihn weiß ist, dass er ein Erzengel ist und eine Mission zu erfüllen hat, die irgendwas mit dem himmlischen Gleichgewicht zu tun hat.

Was auch immer ich mir darunter nun vorstellen soll.
 

Meine Familie, allen voran meine Mutter, ist sehr christlich. Marc kann man in dieser Hinsicht ausklammern. Der tut zwar so als wäre er es, aber eigentlich ist er das beste Beispiel für die menschliche Gestalt des Teufels.

Ich selbst habe der heiligen Schrift, auch genannt Bibel, nie wirklich etwas abgewinnen können, was die Schuld meines Großvaters ist. Zumindest behauptet das meine Mutter.

Der einzige Grund warum ich jeden Sonntag in die Kirche gehe ist der, dass ich meinen Kopf gerne weiter auf meinen Schultern tragen möchte.

Mein Glaube an Gott ist so gut wie nicht vorhanden, bis auf die typischen 'Lieber Gott, bitte mach...'-Gebete, die jeder Mal so vor sich hin sagt, wenn ihm der Arsch auf Grundeis geht.

Mit Gabriels Landung auf der Erde, bleibt mir nun aber nichts anderes mehr übrig, als irgendwie an den ganzen biblischen Schwachsinn zu glauben.
 

Ob man diese Landung spektakulär oder katastrophal nennen soll, da bin ich mir noch nicht so sicher. Aber ich vermute das so ziemlich Beides zutrifft.
 


 

Es war ein typischer Sommerabend in Glendale, mit einer Luftfeuchtigkeit, bei der man seine Wäsche locker hätte in der Luft waschen können.

Meine Eltern waren beim Spätgottesdienst, wie jeden Tag, und mein Bruder Marc feierte vermutlich seinen erneuten Triumph über mich in seinem Zimmer bei lauter Popmusik, während ich im Garten saß und meine Wunden leckte.

Aus irgendeinem mir unbekannten Grund schaffte Marc es immer, mich zum Gespött der ganzen Schule, oder zumindest unserer ganzen Straße zu machen.
 

Gott ist wirklich ungerecht, hatte ich mir gedacht und melancholisch in den Himmel gesehen, ehe mir vermutlich so ziemlich alles aus dem Gesicht gerutscht war, und ich wahrscheinlich genauso dumm aus der Wäsche guckte, wie wenn Marc es mal wieder geschafft hatte, mich vor versammelter Mannschaft lächerlich zu machen.

Man muss mir allerdings zu Gute halten, dass man ja auch nicht jeden Tag einen Meteoriten auf sich zufliegen sieht, also ist meine Reaktion entschuldigt.
 

Im Übrigen stimmt es überhaupt nicht, dass man im Angesicht des Todes sein gesamtes Leben an sich vorbei ziehen sieht.

Zumindest hatte ich in diesem Moment nur zwei Gedanken. Der Erste galt Marc, der sich wohl von Jubelschreien über meinen sinnlosen Tod nur schwer am Boden halten konnte, nur um sich dann mein Zeug unter den Nagel zu reißen, und es auf Ebay zu verhökern.

Der Zweite der Grabesrede des Pastors, der vermutlich nicht viel über mich sagen konnte, außer dass mein Leben ziemlich sinnlos und alles andere als Gott gewidmet war, nämlich hauptsächlich Videospielen und Mangas.
 

Während ich also diesen Meteoriten beobachtete, der auf mich zugeflogen kam, dachte ich gar nichts.

Bis dieses Ding ein paar Meter von mir entfernt in unserem Garten einschlug, ich ein paar Meter rückwärts in die Rosenbüsche meiner Mutter geschleudert wurde, ehe mich eine Staubwolke überrollte.
 

Erbärmlich hustend lag ich also in den Rosenbüschen, ließ mir meine Haut zerkratzen und versuchte wieder Luft in meine Lungen zu pressen, bevor ich mich auf die Einschlagstelle zu bewegt hatte.

Ich weiß aus etlichen Filmen mit Außerirdischen, dass man nicht zu der Einschlagstelle eines Meteoriten geht, da man sonst entweder entführt, vergewaltigt, getötet oder gefressen wird.

Aber da ich von Natur aus ein recht neugieriger Mensch bin, zumindest was Leben im All betrifft, bin ich natürlich trotzdem hin.

Und das was dann kam, würde ich nie im Leben glauben, wenn das Ergebnis sich nicht gerade Klamotten von mir leihen würde, nachdem es fast eine geschlagene Stunde, durch die Strafpredigt meiner Mutter, in meinem Kleiderschrank eingesperrt gewesen wäre.
 

„Verfluchte Scheiße!“, war das erste was ich hörte, während ich mich zu dem Loch vor bewegte, ehe ich über den Rand spähte, als sich die Staubwolke langsam legte.

Ich bin mir nicht sicher, wie lange ich gebraucht habe um zu realisieren, dass das was ich da gesehen habe Wirklichkeit ist, und keiner von Marcs abartigen Streichen.
 

In der Mitte des Kraters stand eine Person, die sich mit einem angewiderten Gesichtsausdruck den Staub von der weißen Kleidung klopfte.

Mal abgesehen davon, dass das so ziemlich die schönste Person war, die ich in meinem ganzen Leben gesehen hatte, war der Umstand dass diese Flügel hatte, wohl das seltsamste.
 

Ich weiß bis heute nicht wie er mich bemerkt hat, aber er drehte sich schwungvoll zu mir um und ich konnte förmlich spüren, wie sich sein Blick in mir fest bohrte, ehe er die Augenbraue in die Höhe hob und mich abfällig musterte.

„Ist das Glendale?“

„Bist du ein Alien?“, fragte ich zurück, und starrte ihn weiter an, während er schnaubte und sich vom Boden abstieß, nur um direkt vor mir zu landen.
 

Ich weiß auch noch, dass ich wie ein Mädchen „Die sind echt?“, gekreischt habe, während ich mit dem Finger in der Luft herum gefuchtelt und auf seine Flügel gedeutet habe.

„Nein Deko.“, kam der sarkastische Kommentar zurück, während er die Augen verdrehte, und seine Frage wiederholte, die ich mit einem Nicken bestätigt habe.
 

Als Erstes möchte ich anmerken, dass dieser Engel, Gabriel, beim besten Willen nichts von einem Engel hat, abgesehen von seinen Flügeln.

Weder benimmt er sich so, noch ist er besonders gütig, geschweige denn sanftmütig. Gottesfürchtig scheint er auch nicht zu sein, da er den Namen seines Herrn öfter in Flüchen benutzt, als sonst.

Und wer gedacht hat, Engel haben langes blondes Haar, einen Heiligenschein oder weiße, wallende Gewänder, liegt vollkommen falsch.
 

Gabriels Haare sind mittellang und aschgrau mit dunkelblauen Spitzen. Er sagt, dass wäre seine natürliche Haarfarbe, und ich frage mich gerade ob Gott eine besondere Art von Humor hat, um einen Engel eine solche Haarfarbe zu verpassen.

Der Charakter von Gabriel ist in erster Linie egozentrisch, aufbrausend, aggressiv, abwertend gegenüber Anderen und teilweise auch gleichgültig.

Und von einem weißen und wallenden Gewand war er bei seiner Ankunft Lichtjahre entfernt.
 

Als ich Gabriel zum ersten Mal traf, trug er eine kurze, weiße Hose, die den Namen 'Hotpants' definitiv verdient hat, dazu ein Tanktop, natürlich ebenfalls in weiß, einen weißen Schal und Stiefel bis zu den Knien in, wer hätte es gedacht, weiß.

Engel sehen nicht aus wie reine Wesen, zumindest nicht wenn ich sie an ihm fest machen muss.

Wenn alle Engel diesen Kleidungsstil verfolgen, sehen sie aus wie eine Horde besserer Stricher.
 

Es hat eine Weile gedauert, bis ich meinen Schock, einem wahren und leibhaftigen Engel gegenüber zu stehen, oder in meinem Fall sitzen, verarbeitet hatte.

Um genau zu sein zwei Minuten, ehe ich die Stimme meiner Mutter brüllen hörte, was ich denn nun schon wieder angestellt hätte.
 

Aus Reflex griff ich mir Gabriels Handgelenk und zerrte ihn hinter den dicken Stamm der Trauerweide, während ich irgendetwas davon stammelte, dass meine Mutter ihn auf keinen Fall sehen dürfte.
 

Eigentlich hätte ich meiner Mutter natürlich erzählen können, dass für den Schaden in ihrem geliebten Garten ein Engel verantwortlich war, aber die Aussicht auf lebenslangen Aufenthalt in einer Nervenheilanstalt hielt mich davon ab.

Natürlich glaubte sie mir nicht, dass es eine spontane Gasexplosion war, die unter der Erde stattgefunden hatte, und ich bekam Hausarrest.

Wie genau sie sich vorstellt, ich hätte einen solchen Krater in ihrem Garten entstehen lassen können, entzieht sich immer noch meiner Kenntnis.

Aber ich habe Hausarrest bis ich fünfundzwanzig bin, und das zu wissen, reicht mir schon.
 

Als ich um die Trauerweide herum spähte, war der Engel verschwunden, aber in Anbetracht des Kraters, hielt ich eine Einbildung für ziemlich gering.

Dafür traf mich der nächste Schlag, als ich in mein Zimmer ging, und dieses Federvieh auf meinem Bett hockte, und die Mangas studierte, die dort herum lagen, ehe es mich ansah und feststellte, dass es 'eine Weile' hier bleiben würde um 'das himmlische Gleichgewicht' zu gewährleisten.
 


 

Seit diesem Zusammentreffen mit Gabriel sind gerade einmal fünf Tage vergangen, aber was genau er für himmlisches Gleichgewicht tun muss, und was ich, mein Zimmer und meine Klamotten damit zu tun haben, weiß ich immer noch nicht.

Um ehrlich zu sein bin ich mir auch gar nicht sicher, ob ich das wirklich wissen will, denn ich bin immer noch mit der Tatsache überfordert, dass ich einen Erzengel in meinem Zimmer habe, der schlimmer fluchen kann als jeder Bauarbeiter den ich kenne, und der eine ausgeprägte Liebe zu Shooter-Games und Hentais entwickelt hat.

Ob Gott das okay findet, wage ich irgendwie zu bezweifeln, aber ich konnte mir auch nie vorstellen, dass Engel herum laufen wie Edel-Stricher.
 

„Irgendwie wundert es mich nicht im Geringsten, dass dein Schutzengel langsam chronisch depressiv wird, wenn er sich das jeden Tag geben muss.“, kommt es hinter mir, und ich drehe mich automatisch um, wo ich als erstes erfreut registriere, dass Gabriel nicht mehr nackt durch mein Zimmer rennt.
 

Ich weiß aus zuverlässiger Quelle, nämlich dem Spiegel, dass meine Klamotten nicht gerade der Knüller sind. Sie sind weit, ausgewaschen und geben auch optisch nicht viel her, aber ich liebe sie. Und trotzdem schafft es dieser Typ darin auszusehen wie ein Model, was ich zugegebenermaßen etwas unfair finde.

Natürlich, die Engel wurden von Gott erschaffen, aber musste er sie so verdammt perfekt machen? Aber um ehrlich zu sein, sollte ich schon froh sein, dass Gabriel dazu fähig ist seine Flügel verschwinden zu lassen, denn auf diesen vierzehn Quadratmetern, ist nicht sonderlich viel Platz für weitläufiges Federwerk.
 

„Mein Schutzengel?“

„Mich würde es nicht wundern, wenn er demnächst kündigt, weil er das nicht mehr ertragen kann. Du läufst rum wie der letzte Penner.“, stellt Gabriel so liebenswürdig wie eh und je fest, was mein Ego im Übrigen nicht wirklich aufbaut.

Ich weiß natürlich selbst, dass ich nicht gerade blendend aussehe, genauso wenig wie meine Kleidung, aber das muss man mir nicht auch noch so unverblümt ins Gesicht sagen.
 

„Derjenige, der dich als Schutzengel hat, tut mir auch leid. Der ist ja von Gott und der Welt verlassen.“, murre ich zurück, und bekomme einen belustigten Blick von meinem ungewollten Mitbewohner, der mit den Schultern zuckt, ehe er die paar Meter zu mir überwindet, und sich auf mein Bett fallen lässt.
 

„Erzengel beschützen niemanden.“, stellt er dann fest, während er sich den vierten Band von One Piece schnappt und sich an die Wand lehnt.

„Was tut ihr dann?“
 

Ich weiß, dass ich ihn eigentlich so schnell wie möglich los werden wollte, aber neugierig bin ich halt trotzdem. Wenn Erzengel niemanden beschützen, was zur Hölle tun sie denn dann? Nett aussehen vielleicht, wenn ich mir Gabriel so ansehe.

„Dies und das.“, ist die unbefriedigende Antwort, und ich beschließe ihn einfach zu ignorieren und mich stattdessen vor meine PlayStation zu setzen und ein bisschen zu spielen.
 

„Daniel! Komm sofort her!“

Ich zucke automatisch zusammen, als ich die Stimme meiner Mutter nach oben donnern höre und lege den Controller zur Seite.

Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Gabriel grinst, und wünsche ihn zur Hölle, wo er, meines Erachtens nach, hingehört.

Dieser Typ ist kein Engel in Gottes Dienst, sondern eine Ausgeburt der Hölle, so wie er sich verhält.
 

Seufzend schließe ich die Zimmertüre hinter mir und schlurfe die Treppen nach unten, an deren Absatz schon meine Mutter steht.

Mit den verschränkten Armen, dem übel gelaunten Gesichtsausdruck und den Fuß der auf den Boden klopft, macht sie keinen besonders fröhlichen Eindruck, weshalb ich ein paar Stufen vor ihr stehen bleibe.
 

„Kannst du mir sagen was das soll?“

Da ich keine Ahnung habe wovon sie eigentlich redet, gucke ich sie weiterhin fragend an und sage gar nichts. Allerdings scheint sie das nur noch mehr zu reizen, da sie noch wütender aussieht als sowieso schon.

„Willst du mir deine Neigung vielleicht beichten, oder soll ich damit zu Pastor Markus gehen?“
 

Ich habe beim besten Willen nicht die geringste Ahnung, von welcher 'Neigung' sie eigentlich redet, weshalb ich ein intelligentes „Hä?“, von mir gebe und sie einfach nur ansehe, was ihr Fass wohl zum Überlaufen bringt.
 

„Ein Transvestit in unserer Familie! Du entweihst unsere Familie und unser Ansehen mit deinem perversen Kram! Eine Schande bist du!“, brüllt sie mir entgegen, und aus der Küche kann ich Marcs gehässiges Kichern hören.

Es ist nicht so, als würde sie nicht öfter so mit mir reden, nur weil ich noch nie das Bedürfnis hatte gläubig zu werden, aber das sie mich inzwischen als einen perversen Transvestiten bezeichnet, ist dann selbst für mich zu viel.
 

„Wovon redest du überhaupt?“, brülle ich zurück, verstumme jedoch sofort, als ihr Blick nur noch wütender wird.

„Ich habe DAS hier in deiner Dreckwäsche gefunden! Widerlich!“

Damit geht sie zu dem Wäschekorb der auf der Kommode steht und zieht ein Teil heraus, das sie in die Höhe hält um es mir zu zeigen, oder mich damit anzuklagen.
 

Mir weicht jegliche Farbe aus dem Gesicht, weil ich das Teil sofort wieder erkenne. Wie könnte ich das auch nicht?

Es handelt sich hierbei um Gabriels weiße Hotpants und ich frage mich automatisch, wie die in meine Dreckwäsche kommt, ehe sich mein Blick verfinstert.

Natürlich habe ich sie nicht dort hinein geworfen, sondern hundert prozentig er selbst, denn das würde auch sein Grinsen erklären, als meine Mutter mich gerufen hatte.

Dieser miese, kleine Teufelsbraten! Das war doch pure Absicht!
 

„Das gehört mir nicht.“, widerspreche ich, auch wenn ich weiß, dass es absolut sinnlos ist, und sie mir sowieso nicht glauben wird.

„Du wagst es auch noch zu lügen? Das 8. Gebot sagt 'Du sollst nicht lügen'! Ich fasse es nicht, dass du die Gebote missachtest!“, brüllt sie mich wieder an, und ich stoße die Luft aus.

Was soll ich ihr auch sagen wem das Teil gehört? Marcs Hintern ist dafür zu fett und das meine Mutter so etwas jemals getragen hat geschweige denn tragen wird, ist mehr als unwahrscheinlich.

Ich weiß das ich nicht lüge, aber ihr die Wahrheit sagen kann ich auch nicht.
 

„Ja, es gehört mir. Ich tanze damit manchmal vor dem Spiegel zu Britney Spears, während ich mein Becken rhythmisch bewege. Es tut mir leid, Mum. Es kommt nicht wieder vor.“, leiere ich eher herunter, als dass ich es tatsächlich glaubhaft erzähle.

Im Prinzip ist es aber egal in welchem Ton ich es von mir gebe, denn sie will einfach nur hören, dass sie Recht hat.
 

Während meine Mutter sich lautstark darüber beklagt, warum ihr zweiter Sohn nur so missraten sein musste, mache ich auf dem Absatz kehrt und schlurfe die Treppe wieder nach oben, wo ich vor meiner Zimmertüre stehen bleibe.

Nach ein paar Sekunden reiße ich die Türe auf und knalle sie hinter mir wieder zu, wo ich Gabriel der grinsend auf dem Bett liegt einen scharfen Blick zuwerfe.
 

„Das hast du doch mit Absicht gemacht!“, werfe ich ihm vor.

Anstatt es abzustreiten, zuckte er lediglich mit den Schultern und sein Grinsen wird noch breiter.

„Und wenn schon? Ich langweile mich hier zu Tode, und das war doch ganz unterhaltsam.“
 

„Wenn dir so langweilig ist, dann kümmere dich um deine verdammte Mission, und verschwinde endlich!“, fahre ich ihn an, und bin mit ein paar Schritten bei meinem Bett, wo ich ihm den Manga aus der Hand reiße und mich über ihm aufbaue.

„Hau! Endlich! Ab!“
 

Ich weiche einen Schritt zurück, als Gabriels Blick sich verdunkelt und er sich aufsetzt.

Anstatt etwas zu sagen, packt er mich unglaublich schnell am Handgelenk und wirft mich aufs Bett, nur um sich dann auf meine Hüften zu setzen, und immer noch genauso finster auf mich runter zu sehen.
 

Dafür das Gabriel eine recht zierliche Erscheinung ist, hat er erstaunlich viel Kraft, weshalb ich einfach liegen bleibe und ihn mit großen Augen ansehe.

„Sei lieb, sonst steck ich deinen Eltern, das du mehr Pornos unter deinem Bett hast, als ein Beate Uhse Laden.“, sagt er dann endlich etwas, und geht zu meinem Glück von mir runter.
 

Allerdings nur, um sich einfach eine Zigarette an zu zünden.

Mal abgesehen davon, dass ich keine Ahnung habe woher er die auf einmal hat, wird meine Mutter mich umbringen, wenn sie riecht, dass in diesem Zimmer geraucht wird.

„Wieso kannst du dich nicht bei jemand anderem einquartieren?“, murre ich, während ich an die Decke starre, und mich frage, was ich eigentlich verbrochen habe um in so einen Mist zu geraten.
 

„Du hast keine Freunde, niemanden mit dem du reden kannst, bist absolut unglaubhaft, nicht gläubig und dein Leben ist erbärmlich. Du bist perfekt.“
 

Ich bin mir nicht sicher ob das ein Kompliment sein soll oder nicht. Wenn doch hat Gabriel eine seltsame Art Leuten ein Kompliment zu machen. Auf der anderen Seite bezweifle ich, dass er jemals mit Menschen zu tun hatte, und wenn doch, ist das bestimmt schon ein paar hundert Jahre her.

„Du verstehst es wirklich einen aufzubauen.“, kommentiere ich deswegen lediglich und werfe eines meiner Kissen nach ihm, dass er, wie sollte es auch anders sein, geschickt mit einer Hand auffängt.
 

„Wir haben nur ein einziges Problem.“, eröffnet er dann und ich hebe interessiert eine Augenbraue, ehe ich mich aufsetze und ihn abwartend ansehe.

Was das Problem sein soll das wir haben, darauf bin ich wirklich mal gespannt.

„Ab morgen hast du wieder Schule.“
 

Ich verziehe automatisch das Gesicht und gebe ungewollt einen Würgelaut von mir. Ich will auch nicht daran erinnert werden, dass ich ab morgen wieder in die Hölle muss.

Die richtige Hölle stelle ich mir im Gegensatz zu meiner Schule als richtig hübschen und netten Ort vor.

„Und?“, hake ich deswegen nach, weil ich das Problem nicht so wirklich verstehe.
 

„Ich kann mich nicht weiter als zwei Meilen von dir entfernen.“, murrt er zurück und wirft das Kissen zurück, bevor er es sich auf meinem Schreibtischstuhl bequem macht.

„Hä? Wieso?“

„Um sich in der Welt der Menschen aufzuhalten, brauchen wir eine Verankerung.“

„Aha.“

„Einen Menschen.“

„Mhm.“

„An den wir bis zur Beendigung der Mission gebunden sind.“

„Ah...ja. Und?“
 

Gabriel sieht mich an. Ich starre zurück. Sein Gesicht nimmt einen resignierten und leicht schuldbewussten Ausdruck an.

Und bei mir fällt der Groschen.
 

„DU BIST MIT MIR VERBUNDEN?“

Es kann nur besser werden

Schule ist so ziemlich das Einzige, das ich noch mehr hasse als meinen wertgeschätzten Bruder Marc.

Einfach, weil er es immer wieder schafft mich fertig zu machen und ich inzwischen eine Koryphäe auf dem Gebiet der Lächerlichkeit und Unbeliebtheit bei den Schülern bin.

Der einzige Grund warum sich die anderen hier Anwesenden überhaupt mit mir abgeben ist der, dass ich mich perfekt dazu eigne mir Streiche spielen zu lassen und man mich auch ganz gut mobben und verprügeln kann.

Letzteres kommt zwar nicht so häufig vor, aber es ist trotzdem erniedrigend.
 

„Mr. Daniel, ich hoffe Sie haben eine gute Entschuldigung dafür, ihre Hausarbeiten nicht dabei zu haben.“

Ja, die hätte ich wohl. Nämlich die, dass Marc und ein paar seiner 'Homies' meinen Rucksack in den Brunnen vor der Schule geworfen haben, und meine Hausarbeiten nun nicht nur klitschnass, sondern auch nicht mehr lesbar sind.

Aber ich weiß genau, dass Mr. Harrison mir nicht glauben wird, weil Marc nun mal sein Lieblingsschüler ist, weshalb ich nur mit dem Kopf schüttle, und versuche das Gekicher meiner Klassenkameraden zu ignorieren.
 

Ich schwöre mir mal wieder, so weit weg wie nur irgendwie möglich ein College zu besuchen, weil ich diesen ganzen Mist hier vermutlich nicht länger ertragen werde.

Man könnte ja meinen, dass Marc und ich uns blendend verstehen würden und uns auch irgendwie ähnlich wären, wo wir doch Zwillinge sind.

Aber Fehlanzeige. Während Marc eine Sportskanone und überaus beliebt ist, da er es irgendwie schafft absolut Jeden um den Finger zu wickeln, bin ich der traurige Rest vom Schützenfest.
 

Ich bin weder besonders sportlich, noch bin ich sonderlich beliebt, und im Umgang mit Menschen vermutlich ein hoffnungsloser Fall.

Mein soziales Umfeld besteht aus Loreen, die ich seit dem Kindergarten kenne, und die ungefähr genauso beliebt ist wie ich auch.

Das einzige Talent das ich zu haben scheine bezieht sich auf Schulfächer wie Mathematik, Biologie, Chemie, Physik und Sprachen. Mal abgesehen davon bin ich relativ gut in Sachen Technik und Videospielen, aber im Großen und Ganzen war es das auch schon gewesen.
 

„Das ist wieder so typisch. Ihr Bruder ist wirklich der Begabtere von Ihnen Beiden.“, kommentiert Mr. Harrison und wieder geht das Gekicher in der Klasse los.

Mr. Harrison ist unser Lehrer für Religion, ein Fach das ich als genauso sinnlos erachte wie Sport. Warum man in der Schule so einen Mist lernen muss, der einem im normalen Leben überhaupt nichts bringt, wird nie in meinen Kopf gehen.

Vermutlich hatte Mr. Harrison aber auch schon von Anfang an eine Abneigung gegen mich, weil ich nicht gerade oft zu den Gottesdiensten der Gemeinde auftauche, und der gute Mann ist immerhin Messdiener, was seine Abneigung gegen Ungläubige erklärt.
 

Eigentlich bin ich ja gar nicht ungläubig. Zumindest nicht mehr, seit ein Erzengel sich bei mir eingenistet hat, aber das kann ich schlecht sagen, weshalb ich einfach schweige und aus dem Fenster sehe.

Ich frage mich sowieso was Gabriel an diesem ersten Schultag macht, wenn er sich nicht mehr als zwei Meilen von mir entfernen kann.

Sitzt er bei Starbucks um die Ecke und wartet darauf, dass ich Schulschluss habe? Oder führt er Zwiegespräche mit Gott auf dem Schuldach? Zuzutrauen wäre es ihm. Allerdings glaube ich eher, dass er irgendwo an einem schattigen Plätzchen liegt und schläft.
 

Mir ist in den paar Tagen in denen ich meine vierzehn Quadratmeter mit ihm teilen musste nämlich aufgefallen, dass Gabriel enorm viel schläft.

Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob er das tut weil er einfach ein fauler Haufen ist, oder weil es anstrengend ist sich auf der Erde aufzuhalten.

Aber natürlich bin ich viel zu feige ihn zu fragen, auch wenn ich selbst nicht weiß, was an der Frage so schlimm ist.

Zwar bin ich von Natur aus ein neugieriger Mensch, aber gegenüber anderen habe ich so meine Hemmungen, und das wird auch nicht besser, wenn der Gegenüber ein Erzengel ist und kein Normalsterblicher.
 

Eigentlich sollte man meinen mir würde dieses zwei-Meilen-Problem mehr ausmachen, aber zu meiner eigenen Überraschung nehme ich das nach dem ersten Schock lockerer als erwartet. Nun ja, vermutlich ist so etwas auch leichter zu verkraften, wenn man schon verarbeiten musste mit einem Erzengel zusammen zu wohnen.

An dem Krater den er in unserem Garten verursacht hat, werde ich vermutlich den Rest meines Lebens mit zu schippen beschäftigt sein.

Ich hoffe doch stark, dass Gott ihm dafür irgendeine Strafe aufbrummt. Und wenn es wuchernder Bartwuchs ist, weil ich darauf wette, dass Gabriel das unheimlich aufregen würde.
 

„Bevor wir mit dem Unterricht beginnen, habe ich euch zuerst zwei frohe Botschaften mitzuteilen.“, erhebt Mr. Harrison das Wort, und ich frage mich unweigerlich ob er bekannt gibt den Planeten zu wechseln, denn das wäre das Einzige was für mich im Moment eine frohe Botschaft darstellen würde.
 

„Zuerst, bin ich nun nicht mehr nur euer Religionslehrer, sondern auch Klassenleiter. Ich freue mich sehr darauf, nun mehr Zeit mit euch verbringen zu können.“

Unweigerlich verziehe ich das Gesicht leicht, als mir klar wird, dass ich diesen Mann nun noch mehrere Stunden die Woche ertragen muss, und nicht wie gehabt lediglich vier. Aber sogar diese vier Stunden haben an meinen Nerven genagt. Und an meinem Selbstbewusstsein, dass sowieso nicht gerade unbedingt vorhanden ist.
 

„Und dann freut es mich, einen neuen Mitschüler in unserer Klasse begrüßen zu dürfen. Komm doch bitte herein.“

Ich höre wie sich die Türe öffnet und wieder schließt, ehe Schritte zu hören sind und der Schüler dann wohl bei unserem neuen Klassenleiter stehen bleibt um sich vorzustellen, wie alle anderen neuen Schüler die jemals gekommen sind auch.
 

„Das hier ist Gabriel Walker. Er ist gerade aus San Francisco hier her gezogen und wohnt zur Zeit bei seiner Tante. Stell dich doch bitte vor.“

Ich gähne hinter vorgehaltener Hand und sehe weiterhin aus dem Fenster, da es mich nicht sonderlich interessiert wie das nächste Mitglied von Marcs Rudel so aussieht oder sich verhält.
 

„Wie schon gesagt, ich bin Gabriel Walker. Freut mich.“

Bei der Stimme zucke ich zusammen, und mein Blick huscht nach vorne, während ich wahrscheinlich ein genauso dummes Gesicht zur Schau trage, wie an dem Tag als ein Engel in meinen Garten fiel.
 

Ich würde gern behaupten, dass ich zu viel von dem falschen Zeug geraucht habe, aber dummerweise nehme ich keine Drogen.

Deswegen kann es nur heißen, dass Gabriel, der Erzengel Gabriel, tatsächlich vor der Klasse steht und sich als neuer Schüler ausgibt, während er dieses arrogante Lächeln im Gesicht trägt, dass ich schon so oft bei ihm gesehen habe.
 

Ohne überhaupt noch abzuwarten, ob Mr. Harrison noch etwas zu sagen hat, setzt er sich in Bewegung und lässt sich geschmeidig auf den Stuhl neben mir fallen, was mich dazu bringt meine Augenbraue zu heben.

Na gut, es ist kein anderer Platz mehr frei, aber darum geht es mir auch nicht, sondern um die Klamotten die er trägt.
 

Eine schwarze Jeans, die so eng ist das sie aus der Mädchenabteilung stammen MUSS, ein schwarzes Shirt mit der Aufschrift 'Hexenverbrennungen, Kreuzzüge, Inquisitionen. Wir wissen wie man feiert! Ihre Kirche', und Stiefel bis zum Knie, natürlich ebenfalls in Schwarz.

Mal abgesehen davon, dass ich es irritierend finde, dass er nachdem er ganz in weiß hier aufgetaucht ist, nun komplett schwarz angezogen ist, beschäftigt mich viel eher eine andere Frage.
 

„Woher zum Geier, hast du die Klamotten?“, zische ich, als Mr. Harrison sich zur Tafel umdreht und bekomme einen gelangweilten Blick von meinem Banknachbarn.

„Ich hab mir Geld von dir geliehen.“

Ich weiß im ersten Moment gar nicht was ich darauf sagen soll, und starre ihn einfach nur fassungslos an, ehe ich doch ein „Du hast dich an meinem Sparbuch vergriffen?“, vor mich hin zische und er lediglich mit den Schultern zuckt.

„Ich kann schlecht wie der letzte Penner in die Schule gehen.“
 

Wie gesagt weiß ich, dass er meine Klamotten nicht sonderlich mag, um genau zu sein verabscheut er sie eher. Aber dass er mir das ständig unter die Nase reiben muss, dass ich nicht so cool angezogen bin wie alle anderen, tut trotzdem ein bisschen weh.

„Ich geb's dir ja zurück. Sobald ich den Auftrag beendet habe.“

Wo wir wieder bei der Frage wären wie lange das eigentlich dauert, denn mir ist noch nicht aufgefallen, dass er irgendetwas Großartiges getan hätte, außer zu schlafen und sich über mein Zimmer, und allem was sich darin befindet, zu beschweren.
 

„Darüber reden wir noch.“, murre ich in seine Richtung, bevor ich versuche dem Unterricht zu folgen.

Mr. Harrison spricht gerade über den Teufel und die Apokalyptischen Reiter, und das mit einer Begeisterung, die schon an Besessenheit grenzt.

Wie man sich in Religion so hinein steigern kann, überschreitet meinen Horizont bei weitem, aber bekanntlich hat ja jeder Mensch etwas Anderes das ihn begeistern kann.
 


 

Die Stunden sind so zähflüssig wie Ahornsirup dahin gekrochen, dass ich fast schon nicht mehr mit dem Pausenläuten gerechnet habe, und deswegen erst einmal verplant sitzen bleibe, anstatt wie alle anderen förmlich aus der Klasse zu rennen.

Na ja, 'alle' ist vermutlich etwas übertrieben.

Die Hälfte der Klasse hat sich um unseren Tisch gescharrt, darunter zu allem Übel auch noch Marc, und redet wie wild auf Gabriel ein.

Dabei handelt es sich um die typischen Fragen, die wohl jeder schon einmal mitgemacht hat.
 

Woher er kommt, ob er Geschwister hat, ob es nicht total cool ist alleine zu wohnen, woher er seine Klamotten hat, mit was er seine Haare färbt, was er für Hobbys hat, und so der übliche Müll eben.

Natürlich darf die Frage warum er ausgerechnet neben mir sitzt nicht fehlen, weshalb ich mich räuspere und ein Prusten damit kaschiere.

„Hast du ein Problem, Nerdi?“, knurrt mich Marc an und ich schüttle den Kopf, während ich meinen Blick auf die Tischplatte hefte.
 

„Vielleicht sitz ich hier, weil nichts anderes frei ist?“, beantwortet Gabriel das Offensichtliche mit einer Frage, und erhebt sich dann, während er sich noch in derselben Bewegung eine Zigarette zwischen die Lippen schiebt und sich an seinen neuen Klassenkameraden vorbei drängelt um nach draußen zu kommen.
 

Zu meinem Glück folgt ihm der Pulk, um ihn weiter mit Fragen löchern zu können, während ich zurück bleibe.

Im Allgemeinen verbringe ich meine Pause relativ selten draußen in freier Natur. Meistens bleibe ich im Klassenzimmer oder aber, wenn das nicht möglich ist, verbarrikadiere ich mich auf eine der unzähligen Toiletten.
 

Ich weiß, dass das total erbärmlich ist und ich damit das Klischee eines jeden Teeniefilms über unbeliebte Leute abdecke, aber das ist mir ziemlich egal.

Es ist ja nicht so, als ob ich tatsächlich allein wäre. Meistens findet mich Loreen irgendwo und wir verbringen die Pausen zusammen.
 

„Da bist du ja.“

Wenn man vom Teufel spricht, kommt er bekanntlich gelaufen.

Loreen ist meiner Meinung nach recht hübsch, aber aus irgendeinem Grund schafft sie es, dass hinter schwarzen Schlabberklamotten, einem viel zu langem Pony und ihrer riesigen Brille zu verstecken. Wüssten die anderen, wie Loreen ohne Brille, mit gebändigten Haaren und im Badeanzug aussieht, wäre sie keine Außenseiterin mehr.
 

„Euer Neuer ist vielleicht echt mal seltsam.“, kommentiert sie, während sie sich ritt links auf den Stuhl vor mir setzt und ihre Brotdose mit dem Trinkpäckchen auf meinem Tisch abstellt.

„Du hast ihn schon gesehen?“, gebe ich etwas mürrisch von mir und sie nickt, während sie vermutlich eine Augenbraue hebt. So genau kann ich das bei ihrem Pony nicht erkennen.
 

„Seltsam ist vielleicht etwas untertrieben. Der Typ ist der Teufel.“, murre ich vor mich hin, während ich eines meiner zerquetschten Salamibrote aus der Schultasche ziehe, und hinein beiße.

„Wenn er dich ärgert, knöpf ich ihn mir mal vor.“, entgegnet meine beste Freundin und ich muss unweigerlich grinsen.
 

Loreen ist einfach nicht so wie ich. Das Einzige das uns verbindet ist, dass wir Außenseiter sind. Wobei ich seit einiger Zeit das Gefühl habe, dass sie im Gegensatz zu mir, dass mit Absicht ist.

Loreen ist einfach viel direkter als ich und nicht auf den Mund gefallen. Sie sagt ständig ohne nachzudenken ihre Meinung, und hat auch kein Problem damit, dafür eins auf den Deckel zu kriegen. Im Gegensatz zu meinen Eltern, sind ihre Eltern zwar gläubig, aber stellen ihre Beziehung zu ihrem Kind dann doch an erste Stelle. Außerdem zwingen sie sie nicht in die Kirche zu gehen oder sonstigen religiösen Unfug zu betreiben.
 

Das was Loreen und mich verbindet, ist eher so der Rest. Wir mögen dieselben Dinge, dieselben Orte, lachen über dieselben Witze und beenden gegenseitig unsere Sätze, weil wir genau wissen was der Andere denkt.

Außerdem gebe ich zu, dass ich Loreen noch nie bei einem Videospiel schlagen konnte.
 

Normalerweise haben wir keine Geheimnisse voreinander, aber ich bezweifle das sie immer noch mit mir befreundet sein will, wenn ich ihr erzähle das der Neue eigentlich ein Erzengel ist, und bei mir zu Hause in meinem Zimmer lebt, wo er die meiste Zeit schläft, raucht oder sich über alles beschwert.

Vermutlich würde sogar Loreen mich für total bescheuert halten, oder noch schlimmer, meine Eltern über meinen geistig verwirrten Zustand informieren.
 

Also beschließe ich die Sache nicht zu erwähnen. Wenn Gabriel seine 'Mission' beendet hat, verschwindet er auch bestimmt wieder. Und außerdem, wie lang kann so eine Mission schon dauern? Bestimmt ist er schneller weg als ich denke, und ich kann wieder meinem geregelten Leben als Loser und Boxsack von Marc weiter führen.
 


 

Die Pause geht für meinen Geschmack viel zu schnell vorbei, weshalb Loreen wieder in ihre Klasse muss, und ich mit meinem Bruder und seinem Gefolge wieder allein bin.

Zu meinem Glück ist Gabriel aber immer noch das Gesprächsthema Nummer Eins, weshalb man mir nicht viel Beachtung schenkt.

Und so geht auch der restliche Schultag relativ zügig vorbei, ohne irgendwelche unliebsamen Zwischenfälle.

Vor allem aber auch deswegen, weil ich mich nach der vierten Stunde in anderen Kursen befinde als Marc. Es hat so seinen Vorteil, wenn man nicht ein Gehirn in der Größe einer Erbse hat und somit Leistungskurse besuchen kann.
 

Was im Übrigen nicht heißt, dass ich gerettet bin. Immerhin ist Marc mein Bruder und wir haben denselben Nachhauseweg.

Aber da ich immer damit rechne, dass er und seine Gefolgsleute aus dem nächsten Gebüsch springen, überrascht es mich nicht wirklich, als sie mich neben dem Spielplatz abpassen, mir den Weg abschneiden und mich umzingeln.
 

„Wir können doch nicht zulassen, dass unser Lieblings-Loser einen so langweiligen Tag, ohne jegliche Action verbringt.“, grinst Jamal, der neben meinem Bruder steht und diesem in Sachen mieser Charakter in nichts nachsteht.

Eigentlich sollte ich Angst haben, da sie zu fünft sind und ich allein, aber meine Angst hat sich vor Jahren auf ein Minimum reduziert.

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und dazu fähig sich an alles zu gewöhnen. Auch an Demütigungen und Schläge. Selbst dann, wenn er sich nicht damit abgefunden hat und dem Ganzen eigentlich nur entkommen will.
 

„Habt ihr nicht irgendwas Besseres vor? Eigentlich findet ihr das doch bestimmt schon langweilig.“, gebe ich von mir, auch wenn ich nicht weiß warum ich das tue.

Aus jahrelanger Erfahrung weiß ich, dass es nicht gerade vorteilhaft ist Konter zu geben, aber aus irgendeinem Grund musste ich das loswerden.

Vielleicht habe ich über die Jahre einfach schon zu viel in mich hinein gefressen was nach draußen muss, aber eine blöde Idee zu kontern war es trotzdem.
 

Das merke ich daran, dass Patrick, der hinter mir steht, mich tritt und ich nach vorne falle, wo ich den Sturz mit Händen und Knien abfange.

Ein Brennen fährt durch meine Hände und ich beiße die Zähne zusammen, während ich die Augen zusammen kneife, da ich sowieso weiß was nun folgt.
 


 

So leise wie möglich schleiche ich mich durch die Hintertür ins Haus, um nicht an der Küche vorbei zu müssen, und meiner Mutter noch in die Arme zu laufen.

Natürlich habe ich ihr des Öfteren erzählt was Marc und seine Freunde mit mir machen, aber natürlich hat sie mir nicht geglaubt.

Ihr Lieblingssohn ist wohl erzogen und religiös, und würde niemals auf die Idee kommen jemanden zusammen zu schlagen. Schon gar nicht seinen eigenen Bruder, den er so abgöttisch liebt.

Ich sollte natürlich aufhören mir solche absurden Lügen auszudenken um meinem Bruder schaden zu wollen, war das Einzige was ich von ihr gesagt bekommen habe.

Also habe ich es aufgegeben.
 

In meinem Zimmer angekommen schließe ich die Türe hinter mir und sperre ab, bevor ich meinen Rucksack fallen lasse und mich auf dem Bett zusammen kugle.

Ich bin wirklich froh allein zu sein, auch wenn ich mich frage wo sich mein Mitbewohner eigentlich herum treibt, was aber nicht wirklich ein Rätsel ist.

Vermutlich hängt er mit Irgendwem herum und hat Spaß, den man nur auf der Erde haben kann.
 

Eine Weile liege ich bewegungslos da und starre vor mich hin. Eigentlich sollte ich mich um meine Verletzungen kümmern, aber ich bin der Meinung, dass ich das auch noch später erledigen kann.

Ich bin so müde, dass ich nur ein bisschen schlafen möchte, und die Schrammen und Prellungen laufen mir schon nicht davon.

Danach werde ich etwas zu Abend essen, meine Hausaufgaben erledigen und dann ins Bett gehen, bevor morgen alles wieder von vorne losgeht.

Mit dem Gedanken, dass Gabriel schon klar kommen wird, was auch immer er gerade tut, schlafe ich dann doch schlussendlich ein.
 

Natürlich fühlt man sich erholt und nicht mehr wie erschlagen, wenn man ein paar Stunden geschlafen hat. Das weiß jeder, und deswegen wundere ich mich auch nicht sonderlich darüber, dass es mir besser geht als ich aufwache.

Mein Digitalwecker zeigt zu meinem Leidwesen allerdings bereits 22 Uhr an, was mich das Gesicht verziehen lässt.
 

So lange wollte ich gewiss nicht schlafen, und ich weiß jetzt schon genau, dass ich mir morgen von Mum wieder etwas anhören kann, wie verantwortungslos ich wäre, weil sie mit dem Essen auf mich gewartet hätten und ich nichts Besseres zu tun hätte, als zu schlafen.

Ich fauler Sack!
 

Seufzend kämpfe ich mich in eine sitzende Position, nur um irritiert die Stirn kraus zu ziehen und zu blinzeln, bevor ich meine Beine aus dem Bett schwinge und zum Lichtschalter tapse.

Kaum dass das Licht angeht, kneife ich die Augen zusammen und bleibe eine Weile ruhig stehen, bis sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt haben, und ich mich langsam zum Spiegel bewege, um mir das Ausmaß meines nachmittäglichen Vergnügen anzusehen.
 

Dort angekommen starre ich mein Spiegelbild an, und blinzle einige Male sehr langsam um mich zu vergewissern, dass ich wirklich sehe was ich sehe.

Ich meine, ich WEISS das Marc und sein Gefolge mich übel erwischt haben, und das auch ziemlich übel. Das weiß ich schon daher, weil es unglaublich wehgetan hat.

Aber ernsthaft, das was ich hier sehe, passt so überhaupt gar nicht dazu.
 

„Was zur Hölle?!“, rufe ich aus und betaste mein Gesicht, um auch wirklich ganz sicher zu gehen, dass das was ich im Spiegel sehe der Wahrheit entspricht.

Ich. Habe. Keinen. Einzigen.Verdammten.Kratzer!

Das kann nicht sein! Das kann einfach nicht sein, nachdem sie auf mich eingetreten haben und ich das Blut auf dem Gehsteig gesehen habe.

Es kann nicht sein, dass ich absolut nichts habe.

Zur Sicherheit ziehe ich mein Shirt hoch, aber auch an meinem Oberkörper ist kein einziger Kratzer oder auch nur der Hauch eines blauen Flecks.

Und blaue Flecken müsste ich definitiv haben, nämlich von den Ferien mit Marc. Heute Morgen waren sie auch noch da.
 

„Was geht hier ab?“, kreische ich wieder, während ich mein Shirt nach unten ziehe, und das Klopfen von unten ignoriere, das vermutlich von meiner Mutter kommt, die mich somit zur Ruhe rufen will.

Das macht sie ständig: Mit dem Besenstiel an die Decke klopfen.

Aber heute funktioniert es nicht, weil ich einfach zu verstört bin über das was ich sehe.

Vielleicht habe ich aber auch nur zu viele Tritte an den Kopf bekommen, und habe nun eine Wahrnehmungsstörung, und sehe eigentlich aus wie tot.
 

„Oh Gott...ich bin tot.“, kommt mir die Erkenntnis, denn anders lässt sich diese ganze unheimliche Grütze überhaupt nicht erklären.

Tote spüren doch nichts, oder? Also ich meine Schmerzen und so. Also ist die Erklärung einfach nur logisch.
 

„Alter, was machst du für ‘nen Krach?!“
 

Erschrocken drehe ich mich um, und starre Gabriel an, der auf dem Boden vor meinem Bett sitzt und sich durch die Haare fährt, wobei er ziemlich verpennt aussieht.

Vermutlich hat er auch geschlafen, warum er das allerdings vor meinem Bett getan hat, begreife ich nicht so wirklich.

Es grenzt sowieso schon an ein Wunder, dass ich nicht auf ihn drauf getreten bin.
 

„Ich bin tot!“, stelle ich fest, und merke, dass ich kurz davor stehe los zu heulen, weshalb ich mir auf die Lippe beiße.

„Hä?“, kommt der höchst intelligente und tröstliche Kommentar von meinem Gegenüber, während er sich aufrappelt und einmal herzhaft gähnt.
 

„Ich habe keinen einzigen Kratzer und keine Schmerzen! Ich bin tot! So schnell verheilt das nicht! Ich bin doch nicht Jesus!“, heule ich los, und bekomme als Antwort ein schallendes Lachen, während sich Gabriel auf mein Bett fallen lässt, und sich eine Zigarette anzündet.
 

Dass Gabriel die Personifizierung eines Arschlochs ist, habe ich irgendwann glaube ich schon einmal erwähnt, aber das hier ist mal wieder die Bestätigung für meine Theorie.

Ich meine, wenn er wirklich ein Engel, ein Erzengel um genau zu sein, ist, dann kann er doch etwas dagegen tun. Mich wieder zum Leben erwecken zum Beispiel.

Irgendwas, aber nicht einfach da sitzen, rauchen und mich auslachen.
 

Genau das scheint der Vollidiot jetzt auch zu merken, da er aufhört zu lachen, seine Zigarette ausdrückt und zu mir kommt.

Aber anstatt etwas Tröstliches zu sagen, holt er aus und klatscht mir seine Handfläche mit voller Wucht gegen die Stirn, was ich mit einem Schmerzensschrei kommentiere, bevor ich mir die Stirn halte.
 

„Fühlst du dich immer noch tot, oder soll ich nochmal nach helfen?“, stellt er die Frage so trocken, dass die Wüste Gobi ein Witz dagegen ist.
 

Das hat in der Tat wehgetan, was wohl heißt, dass ich doch nicht tot bin, worüber ich mich natürlich freue, aber was trotzdem keinen Sinn ergibt.

Während ich mich also darüber freue doch nicht tot zu sein, dreht sich Gabriel wieder um, um wieder zu meinem Bett zu gelangen und sich darauf fallen zu lassen.
 

„Ich kapier trotzdem nicht, warum ich keinen Kratzer habe.“, stelle ich fest, während ich mich umziehe, und die Hausaufgaben einfach Hausaufgaben sein lasse. Ob ich sie nun habe oder nicht macht keinen besonders großen Unterschied, da sie morgen wahrscheinlich sowieso wieder im Wasser landen werden, oder vielleicht sogar Feuer fangen.

Ich frage mich sowieso warum ich mir diese Mühe überhaupt noch mache, aber es liegt wohl an meiner Gewissenhaftigkeit als guter Schüler.

Oder Loser-Nerd, wie Marc es so schön ausdrückt.
 

Während ich meine Hose anziehe, kommt mir eine Idee, auf die ich eigentlich schon früher hätte kommen müssen.

„Du warst das!“

Es ist keine Frage, sondern eine Feststellung, während ich mich zu Gabriel umdrehe.
 

Anstatt etwas zu erwidern, wendet er den Blick ab und murrt ein „Ich weiß nicht wovon du redest.“, was ich ihm ungefähr so viel abkaufe, wie das er eigentlich ein total netter Typ ist.

„Lüg doch nicht! Das ist die einzige Erklärung die übrig bleibt. Wie sollten die Verletzungen sonst verschwinden?“

„Übernatürliches Phänomen, vielleicht.“, kontert er und ich rolle mit den Augen.

„Das zufällig gerade auf meinem Bett sitzt und eine raucht?“.
 

Da Gabriel mir nicht antwortet, gehe ich davon aus das ich Recht habe, und er mich geheilt hat. Wie auch immer er das gemacht hat weiß ich zwar nicht, aber es ist ja auch die Geste die zählt.

„Vielleicht sollte ich dich nicht mehr im Kleiderschrank halten.“, überlege ich laut, während ich mich ebenfalls zu meinem Bett begebe und mich an Gabriel vorbei drücke um mich hinzulegen.
 

„Ich bin kein Haustier das man 'halten' kann.“, knurrt er mir entgegen und ich zucke mit den Schultern.

Bei aller Liebe, ich finde Gabriel nicht sonderlich bedrohlich, auch wenn er das bestimmt sein kann. Aber im Moment erinnert er mich eher an eine mies gelaunte Katze, was ich nicht wirklich ernst nehmen kann.
 

Eine Weile herrscht Schweigen zwischen uns, während er raucht und ich an die Decke starre und mir überlege, wo ich ihn sonst schlafen lassen sollte, außer im Kleiderschrank.

Mein Bett wäre natürlich die optimale Lösung, immerhin ist das zumindest groß genug, dass zwei Leute hinein passen. Aber ob ich mit Gabriel wirklich in einem Bett schlafen will, steht wiederum auf einem anderen Blatt Papier.
 

„By the way...“, erhebt er das Wort, und ich zucke zusammen als er sich ohne Vorwarnung über mich beugt, und dabei so dreckig grinst, das sich Marc noch etwas von ihm abschauen könnte.

„Bietest du mir gerade an mit dir in einem Bett zu schlafen?“
 

Mein Mund klappt auf, während ich ihn anstarre und sein Grinsen noch breiter wird, falls das überhaupt möglich ist.

„Tz, tz, einen Engel verführen wollen. Böser Junge...dafür schmorst du in der Hölle.“

Es ist nicht der Satz an sich der mir einen Schauer über den Rücken jagt, sondern eher die Tatsache das Gabriel mir den letzten Teil schon fast entgegen geschnurrt hat.

Sorry, aber das kenn‘ ich von ihm nicht, und da darf ich schon mal paralysiert sein.
 

„Verpiss dich in deinen Kleiderschrank.“, fauche ich ihm entgegen und drehe mich schwungvoll um, so dass ich auf der Seite liege, und Gabriel von mir runter befördere.

Dummerweise hat dieser verdammte Engel so gute Reflexe, dass er nicht auf dem Arsch landet, sondern auf den Beinen landet.
 

Ich höre wie er sich kichernd durch den Raum bewegt, das Licht löscht und dann höre ich die Tür des Kleiderschranks zugehen, was mich dazu bringt erleichtert aus zu atmen.

Mein Gott, wie kam ich überhaupt auf diese bescheuerte Idee?
 

Das knarren der Schranktür lässt mich wieder die Luft anhalten und lauschen.

„Übrigens: Von dem witzigen Video das Marc von dir bei einem Masturbationsversuch gemacht hat, hättest du mir ruhig erzählen können.“
 

Und damit geht die Tür wieder zu, während mir die Röte ins Gesicht schießt, und ich einen leidenden Schrei in mein Kissen abgebe, was durch Gekicher im Schrank kommentiert wird.



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Kommentare zu dieser Fanfic (9)

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Von:  Jael-chan
2015-10-28T23:16:08+00:00 29.10.2015 00:16
Ich glaube, dies ist die erste Geschichte, die ich wegen ihrem Schnuppertext angeklickt und gelesen habe. Nun muss ich allerdings sagen, dass du mich wohl so schnell nicht wieder los wirst ^.^ ich hab wirklich viel Spaß beim Lesen und erwarte schon sehnsüchtig das nächste Kapitel.

Am Anfang musste ich mich erstmal daran gewöhnen, dass du die Geschichte komplett im Präsens geschrieben hast. Schon beeindruckend, wie sehr man sich an so was wie Zeitformen gewöhnt, wobei es eigentlich ziemlich egal sein sollte, welche man zum Schreiben nimmt.

Bei einigen Erklärungen in der Geschichte, hatte ich das Gefühl, dass sie ein wenig inkonsistent sind. So sagt Daniel zum Beispiel erst, dass seine Noten durchschnittlich sind. Dann erzählt er, dass sein einziges Talent Mathe, Bio, Chemie, Physik und Sprachen wären (was abgesehen davon ne ganze Menge Fächer sind, wodurch ich ihm sein "aber im Großen und Ganzen war es das auch schon gewesen." nicht so richtig abkaufe), bezeichnet anschließend das Hirn seines Bruders als so groß wie eine Erbse und eröffnet dem Leser, das er einige Leistungskurse besucht.
Ich gebe zu, dass es sich nicht wirklich wieder spricht, ich aber schon einen Moment so da saß: 'Hää, was den nu, ist er jetzt gut in der Schule oder schlecht?'
Am Ende ist bei mir so was raus gekommen, wie, dass Daniel zwar gut in der Schule ist, aber durch seine häufig fehlenden Hausaufgaben und extreme Abneigung überhaupt die Schule besuchen zu müssen, seine Noten dies nur bedingt widerspiegeln. (Wobei sie aber für LKs reichen.. hmm)

Ich hoffe, meine Beschreibung ist nicht zu wirr. Denn dies ist mir auch bei anderen Dingen in der Geschichte aufgefallen. (Er hat sich an Schläge gewöhnt, sich mit ihnen aber nicht abgefunden. Wo ist der Unterschied, gerade weil er nix dagegen tut, bzw. keine Aussicht auf Hilfe hat?)

Dafür gefallen mir die Figuren richtig gut. Sie sind nicht langweilig/normal, sondern haben ganz lustige Macken und Eigenarten.
Ich bin schon gespannt, was Gabriels Mission ist, doch ich schließe mich der Meinung an, dass es mehr als nur ein bisschen mit Daniel und Marc zu tun hat.

Liebe Grüße
Jael
Von: abgemeldet
2015-09-20T06:37:03+00:00 20.09.2015 08:37
Gabriel ist ja in gewissermaßen doch zu was gut. Auf das letzte Kommentar von Gabriel, hätte er auch verzichten können. Als wäre Daniels Leben nicht schon Scheiße genug. Aber ich habe den Verdacht, dass die eigentliche Mission von Gabriel auf Daniel und Marc beruht. Zwei Gegensätze von Zwillingen. Im großen und ganzen ist Marc der Böse und Daniel der Gute.
Man wird es ja sehen, ob ich richtig liege. Wird zwar noch dauern, aber immerhin werden wir es ja bald erfahren. ^^
Von: abgemeldet
2015-09-20T05:57:05+00:00 20.09.2015 07:57
Ein rauchender Erzengel. Auch das noch. Ist dir eigentlich mal aufgefallen, dass du einen Namen eines sehr bekannten Schauspielers genommen hast? Ganz sicher. :-)
Den Namen an sich mag ich. Daniel Graig. Aber ich mag den Schauspieler nicht. :-(
Der arme Daniel. Aber er ist nicht der Einzige, der mit einem Staubsauger hantiert. ^^
Damals so vor über 50 Jahren... Nein, das erzähle ich besser nicht. Aber ich denke mal, du weißt was ich damit meine.
Das wird noch Chaos geben. ^^

Antwort von: abgemeldet
20.09.2015 15:06
Es gibt nen Schauspieler der so heißt? Ernsthaft? O_____O
Holly Shit?
Dann brauch ich ne Namensänderung *murmel*
Antwort von: abgemeldet
20.09.2015 22:32
Was, das wusstest du nicht?! Ich fasse es nicht. Der Schauspieler Daniel Graig ist in Hollywood ganz bekannt. Er hat beim "goldenen Kompass" und zwei James Bond Filmen gespielt.
Antwort von: abgemeldet
21.09.2015 01:43
Ne xD Meine Kenntnis über Filme beschränkt sich auf vorbei rennen am Fernseher, während Mama guckt. The End. XDDD
Na gut...und die paar die ich mir mal angeschaut hab. Aber von dem Heinzi hab ich noch nie was gehört xDDD
Antwort von: abgemeldet
21.09.2015 04:45
Ist ja auch nicht so wichtig. Behalte ruhig den Namen. Ist schön genug. ^^
Antwort von: abgemeldet
21.09.2015 05:02
Ach ja. Bevor ich es vergesse.

Das liebe Kinder, das war der Erklärbär. Nur etwas seltsam. Wer hätte gedacht, das es auch weibliche Erklärbären gibt. Die können sich also doch fortpflanzen. Mist. Naja. Die Hauptsache ist doch, ihr habt etwas gelernt, das so nutzlos an Wissen ist, wie es nur geht. ^^
Von:  Scorbion1984
2015-08-25T09:04:44+00:00 25.08.2015 11:04
Ihm fallen doch bestimmt einige Tricks ein ,um Gabriel loszuwerden ! Der hält bestimmt dagegen ! Wird wohl noch zu einigen Auseinandersetzungen kommen!!!!
Von:  Narjana
2015-08-24T18:08:01+00:00 24.08.2015 20:08
Halleluja - und das im wahrsten Sinne des Wortes. Da weiß man nicht ob man schreien, lachen oder mit dem Kopf gegen die Wand schlagen soll. Daniel tut mir leid. Sehr... Aber er hat auch wirklich Opfer auf der Stirn stehen...
Von: haki-pata
2015-08-20T06:40:57+00:00 20.08.2015 08:40
Den Spaß beim Lesen hatte ich.
Davon will ich nichts verpassen!
Armer Daniel. Trotz Mitleid mag ich nicht nicht aufhören zu grinsen.
Kann man Engel umbringen...? Irgendwie vermute ich, im Laufe der FF wird Daniel diese Frage ebenfalls stellen.


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