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Bruderliebe

von

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~°~33~°~

 

 

Eine halbe Stunde später.

 

Jadens Worte trafen Darian härter, als er sich eingestehen wollte.

„Halt einfach deine blöde Fresse, Bruder“, schrie Jaden ihn an.

Darian sah nur noch zu, wie Jaden wütend mit Carsten sprach. Wie er ihn in diesem Moment demaskierte. Es passierte genau das, wovor er sich immer gefürchtet hatte. Sein Bruder hatte Carsten die Wahrheit über die Vergewaltigung erzählt. Die Worte prallten nur so an ihm ab und dann zeigte Jaden noch auf ihn, bevor er wütend davonstapfte.

 

Sie hatten beide mit angesehen, wie Jaden wutentbrannt von der Hochzeitsparty weggegangen war. Weder Carsten noch er hatten ihn dabei aufgehalten. Die Situation war paradox genug. Fast hätte man darüber lachen können – aber nur fast!

„Wie konntest du Jaden das antun, du Scheusal?“, schrie Carsten völlig aufgebracht. In ihm tobte ein Orkan. Er war sauer auf Darian, sauer auf sich, dass er diesen Kerl auch noch therapierte und ihn nicht als seinen Halbbruder erkannt hatte. Von Anfang an hatte er ein komisches Gefühl im Bauch gehabt. Aber wie hätte er das wissen können? Jaden hatte niemals den Namen seines Bruders erwähnt. Und wenn er so recht darüber nachdachte, hatte Darian auch nicht denselben Nachnamen angegeben. Vielleicht wäre er daraufhin stutziger geworden.

„Ich hatte einen Fehler gemacht, du wirst auch nicht perfekt sein“, gab Darian schließlich äußerst trocken von sich, als ob es nicht schlimm gewesen wäre, was er damals getan hatte.

„Einen Fehler? Seinen eigenen Bruder zu vergewaltigen? Ich glaube, du tickst nicht mehr richtig.“

„Warst du nicht der Mistkerl, der mir riet, ich solle meine Gefühle für ihn unterdrücken, weil sie falsch wären?“

„Es ist falsch. Ihr seid Geschwister.“ Carsten sagte dies mit einem gewissen Nachdruck, was Darian zur Weißglut trieb.

„Halbgeschwister!“, korrigierte und verteidigte er sich sofort und wurde ebenfalls laut. „Ihr seid also tatsächlich zusammen?“ Darian lachte unnatürlich. „Du glaubst doch nicht, dass du Jaden glücklich machen kannst, du alter Sack.“

Die Worte trafen genau, wo sie treffen sollten. Carsten hatte ein gewaltiges Problem mit dem Altersunterschied, das konnte er nicht abstreiten und hatte es Jaden niemals spüren lassen, aber das hier ging für ihn entschieden zu weit.

„Ich kann es!“

„Ach ja, mit was? Mit Viagra etwa, wenn du in das Fossilalter kommst? Ach stimmt ja, du hast es ja schon erreicht.“ Die Ablehnung war aus seiner Stimme deutlich herauszuhören.

Carsten ging auf weitere Aversionen dieser Art nicht ein.

„Jaden war glücklich und er wird es auch wieder werden. Verschwinde einfach von der Bildfläche und lebe dein Leben weiter, seines war perfekt, bis du auftauchen musstest.“

„Pft, perfekt. Was ist schon perfekt? Hast du noch solche genialen therapeutischen Einfälle auf Lager?“ Darians Wut auf Carsten nahm überhand und schürte seinen Zorn erst recht, seit er wusste, dass die beiden ein Paar waren. Allein der Gedanke reichte aus, um es für ihn unerträglich werden zu lassen. Ohne darüber nachzudenken, was er tat, ließ er sich von seinem Zorn leiten und war noch näher an den älteren Mann herangetreten.

Carsten sah ihn einfach nur stumm an. Viele Worte hätte er für den jungen Mann übrig gehabt, gerade wegen seiner Unverschämtheit diesbezüglich seines Alters, aber er unterließ sie, was ein Fehler war, wie er sogleich feststellen durfte.

„Und, Herr Therapeut, wo bleiben denn deine dämlichen Ratschläge jetzt? Hat es dir die Sprache verschlagen, hä?“ Darian wollte sich nicht mehr zurückhalten, ballte seine rechte Hand zu einer Faust, und ehe der andere ausweichen konnte, hatte er ihm eine runtergehauen.

Carsten war völlig überrumpelt von der Aktion und war dem Schlag, der sein Auge traf, nicht rechtzeitig ausgewichen. Aber das war noch nicht alles, denn Darian schien jetzt in seinem Element zu sein und die Schläge prasselten wie Regen auf ihn nieder, nur dass der Regen nicht schmerzte, die Schläge aber schon.

„Du Schwein, du fickst meinen Bruder nicht mehr, hörst du.“ Darians angestaute Gefühle waren nun gänzlich aufgebrochen. Die Tatsache, dass er seinen Bruder endlich gefunden hatte, und dass Jaden mit diesem älteren Mann glücklich zu sein schien, ließen ihn weiter ausrasten. Er hatte sich kaum mehr im Griff. Carsten fing an, den Schlägen auszuweichen und sich selbst zu wehren. Doch ohne Erfolg. Einige der Hochzeitsgäste hatten die Rangelei mit gemischten Gefühlen mitbekommen, tuschelten untereinander. Aber keiner traute sich so recht, die beiden Kontrahenten voneinander zu trennen.

 

Miguel, der auf Darian sauer war, nachdem er ihn einfach hatte stehen lassen, war wütend am Strand weitergelaufen. Die Tatsache, dass Jaden und Darian Geschwister waren, hatte ihn nachdenklich werden lassen. Hatte Darian nicht von einem gewissen Jaden in seinen Träumen geflüstert?

Miguel entschloss sich, mit ihm zu reden, ihn darauf anzusprechen, daher beschloss er, zu der Party zurückzukehren. Von Weitem hörte er einen Streit, bekannte Stimmen drangen an sein Ohr. Darian und Carsten waren es, die sich stritten. Daher beschleunigte er seinen Schritt, was sich nicht einfach gestalten ließ, da er mit seinen Sandalen im weichen Sand versank. Leicht außer Atmen kam er zu den beiden und sah, wie Darian auf Carsten, der sich kaum wehren konnte, einprügelte. Er ging auf die beiden Kampfhähne zu, und sein versteinerter Gesichtsausdruck sprach Bände. Er war sauer – auf beide.

„Hört auf, seid ihr verrückt geworden?“, brüllte er sie an, aber ohne großen Erfolg. Die Zwei schienen zu sehr beschäftigt, um ihn wahrzunehmen.

„Finger weg von meinem Bruder“, schrie Darian.

„Finger weg von Jaden, er hat jetzt ein richtig gutes Leben“, kam es ebenso laut zurück. Carsten kassierte daraufhin eine schallende Ohrfeige.

„Hört endlich auf, euch wie zwei Teenager zu prügeln“, brüllte jetzt Miguel, der endlich dazwischen ging. „Darian, hör auf, willst du Carsten ernsthaft verletzen?“ Er machte sich mehr Sorgen um Carsten als um seinen Freund, der kaum was abbekam, weil er geschickt den Schlägen, die Carsten versuchte an den Mann zu bringen, auswich.

„Hey, was ist denn hier los?“ Peter, der Bräutigam, hatte sich ebenfalls mit eingemischt, nachdem er von einigen Hochzeitsgästen darauf aufmerksam gemacht wurde.

Carsten taumelte in der Zwischenzeit bedenklich, konnte kaum sein Gleichgewicht halten. Ein weiterer Schlag von Darian hatte abermals das Auge getroffen, was nun schlimm aussah. Zudem schwoll sein Gesicht an.

„Hör auf, du bringst ihn ja um“, zischte Miguel besorgt und hatte sich auf seinen Freund gestürzt, hielt ihn so von weiteren Dummheiten ab.

„Wir rufen die Polizei und einen Krankenwagen“, rief Inge bekümmert, die die Gäste in Schach halten musste, während Peter versuchte, die beiden Kontrahenten mit Worten zu schlichten.

Carsten realisierte endlich seine Umgebung, die kassierten Schläge hatten ihm deutlich zugesetzt.

Jetzt sprach Peter verstärkt auf Carsten ein, während Miguel Darian nun im Griff hatte.

„Lasst mich, ich geh jetzt nach Hause. Keine Polizei, bitte! Ich hatte diesen Mann provoziert. Meine Schuld“, sprach Carsten dann zum Bräutigam.

„Wo ist Jaden überhaupt?“, fragte Inge und sah sich um.

Carsten hustete, brauchte kurz zum Überlegen und wurde von Peter gestützt. Wo könnte Jaden hingegangen sein? Er entschied sich, dass er nach Hause gegangen war.

„Jaden ist schon zu Hause. Hatte ihn vorgeschickt“, log er. „Er hatte sich nicht wohlgefühlt. Ich werde jetzt auch gehen.“ Dann wandte er sich direkt an Inge. „Versprich mir, Jaden nichts davon zu sagen, ich möchte den Namen Darian von niemand hier hören. Jaden hat genug wegen ihm durchgemacht“, flüsterte er, er wollte nicht, dass Darian etwas davon mitbekam.

„Ich weiß zwar immer noch nicht so recht den Zusammenhang …“ Sie atmete tief durch. Ihr wurde bewusst, dass auch sie in ihrem Zustand Carsten nicht heimfahren konnte, bei Peter sah es so ähnlich aus, sie hatten zu viel Alkohol im Blut.

„Ich lass dir ein Taxi kommen“, schlug sie ihm dann vor. Sie wollte ihn in dem Zustand nicht alleine fahren lassen.

„Nein, lass gut sein, ich kann fahren“, versuchte er wieder einen auf ruhig zu machen, schien sich zu fassen. Er sah zu Darian, der ihn immer noch wütend ansah, aber Miguel hatte ihn körperlich so weit unter Kontrolle, nur das lose Mundwerk nicht.

„Was für ein langweiliges Arschloch du doch bist“, brüllte Darian, der ihn dann süffisant betrachtete. Ja, Carsten war ein viel zu ruhiger Mensch für Jaden mit dem Hang zur Langweile. Und dass der Mann schwul war, das hatte Darian niemals für möglich gehalten. Er schnaufte verächtlich. „Ich möchte eine Antwort.“

Carsten schüttelte nur den Kopf und winkte ab. Er hatte genug von Jadens Bruder.

„Es tut mir leid für die Unannehmlichkeit“, entschuldigte er sich bei dem Brautpaar und ignorierte Darian komplett. Danach entfernte er sich wortlos vom nun leicht irritiert aussehenden und frisch angetrauten Paar und ging zu seinem Auto.

„Jaden?“, rief er von Weitem, doch als er an seinem Wagen ankam, sah er, dass er leer war. Kein Jaden saß drin. Wo war Jaden? Hoffentlich traf er seinen Freund zu Hause an und er hatte keine Dummheiten angestellt. Sollte er vielleicht vorher den Strand absuchen?

Nein, da war er sicherlich nicht. Carsten hatte gesehen, dass er in Richtung Kapelle gelaufen war. Er schaute kurz in die Kapelle, aber dort war niemand, dann ging er wieder zu dem Wagen.

Da Carsten wirklich nicht viel getrunken hatte, beschloss er, so wie er es vor wenigen Minuten auch Inge versichert hatte, selbst zu fahren. Eigentlich waren seine Absichten noch vor wenigen Stunden ganz anderer Natur gewesen. Er wollte mit Jaden hier die Nacht am Strand verbringen, ihn mit romantischem Strandambiente imponieren und umgarnen, ihn auf einer Decke lieben.

Sei bitte zu Hause, betete er still, während er sich unter Schmerzen in das Auto setzte, den Motor startete, und sich mühevoll aus der engen Parklücke herauswand. Das Verdeck hatte er geschlossen, er wollte nicht den Fahrtwind auf seinem malträtierten Gesicht spüren. Dann nahm er zügig den Weg heimwärts. Dabei strömten viele Gedanken auf ihn ein.

Dieser Darian war sehr in seinen Jaden verliebt, und er bekam es mit der Angst, Jaden könnte doch wieder zu seinem Bruder zurückkehren. Vielleicht sollte er Jaden offen sagen, dass Darian ihn liebte. Er wollte mit keiner Lüge leben müssen.

„Verdammt und ich Idiot, therapiere den Kerl auch noch. In was für einen Scheiß bin ich da reingeraten? Das kann doch kein Zufall sein! Jaden, warum hast du mir niemals den Namen gesagt und warum habe ich niemals ein Foto gesehen? Ich weiß, du hast eines versteckt.“ Er fluchte noch eine ganze Weile.

 

In der Zwischenzeit hatten sich die Hochzeitsgäste beruhigt und Darian und Miguel hatten sich beim Brautpaar entschuldigt, was aber Inge missbilligend zur Kenntnis nahm. Sie war sauer.

Schweigend gingen sie zu Miguels Wagen. Die ganze Zeit über war der Südländer zu ihm sehr schweigsam, bis sie ankamen und er das Schweigen brach.

„Kannst du mir mal verraten, was los ist, und warum Jaden so sauer reagiert hat? Und warum bist du auf Carsten losgegangen und hast ihn übel zugerichtet? Muss ich jetzt Angst vor dir haben?“  Darian schwieg, in ihm tobte immer noch alles. „Im Übrigen hat mir Carsten die Freundschaft gekündigt, einfach so. Ich soll mich niemals mehr bei ihm blicken lassen.“

„Jaden ist mein Bruder.“ Endlich fand Darian seine Stimme wieder.

„Das habe ich mitbekommen, stell dir mal vor, hat ja jeder hier. Ihr wart laut und deutlich zu hören gewesen.“ Der Südländer ließ sich seine Unruhe nicht anmerken. „Du hast mir sowieso nie etwas von deiner Familie erzählt, geschweige denn von einem Bruder. Nur, dass du einmal verheiratet warst. Oder bist du es noch und hast mir da ebenfalls etwas verschwiegen?“

Darian verneinte, in dem er mit dem Kopf leicht schüttelte. Was die Sache mit Jaden anging, so würde er es Miguel nicht sagen können. Er hatte sich zwar geschworen, keine Lügen mehr, aber er war auch zu aufgewühlt. Die Tatsache, dass er heute Jaden gesehen hatte und das vertraut mit Carsten, hatte in ihm eine tiefe Wunde hineingerissen.

Jaden war also nicht nur abgehauen, nein, er hatte sich ein neues Leben aufgebaut. Und doch, er musste mit ihm reden. Er wollte ihm sagen, wie leid es ihm tat. Das erste Aufeinandertreffen war total schief gelaufen und die nagende Eifersucht hatte um ihn gegriffen. Er wollte Jaden. Und wie er ihn wollte.

Schon fast mitleidig sah er zu seinem Freund, der wirklich für gar nichts konnte.

„Es tut mir leid, ich hätte es dir sagen sollen, aber als ich Jaden mit ihm sah, einem wesentlich älteren Kerl dazu, da bin ich ausgerastet.“

Miguel schüttelte trotzdem den Kopf, er verstand den Zusammenhang nicht.

„Nun ja, ich kann nur hoffen, dass Carsten dich nicht anzeigen wird. Ich denke, du wirst wohl nicht mehr zu ihm in die Praxis gehen.“

„Nein, das wäre keine gute Idee. Es tut mir leid.“

„Ja, mir auch.“ Miguel schien besänftigter und wollte darum Darian küssen, ihm zeigen, dass er für ihn da ist. Doch wich der Münchner einen Schritt zurück, erneut an diesem Abend.

Darian bemerkte die Enttäuschung, versuchte sich zu entschuldigen, in dem er den Kopf schüttelte. Nach Liebkosen war ihm bestimmt nicht zumute, auch wenn der Sex mit Miguel toll war, verliebt war er nicht in ihn. Auch ein Problem, was auf ihn zukommen würde, wenn Miguel wirklich mit nach München kommen wollte.

 

 

©Randy D. Avies 2012



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Veri
2015-08-29T21:29:17+00:00 29.08.2015 23:29
Harter Tobak 😫😫😫😫


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