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Babylon-6 - 01

Geheimnisse
von

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Erkenntnisse und Aussichten

Als die drei Jäger endlich die innere Schleusenkammer erreicht hatten und landeten, schlug Nurcan Yldirim, die mit einem medizinischen Notfallteam auf ihre Patientin wartete, erschrocken die Hände vor den Mund. Natürlich wusste sie längst, wer sich an Bord des Wracks befand. Sie überwand ihren Schrecken, während die technische Crew das Cockpit öffnete und eine leblos wirkende Gestalt in Flugmontur vorsichtig aus dem Pilotensitz barg.

General Hayes, der seinen Helm abgenommen und seiner Flügelpilotin gereicht hatte, half höchstpersönlich dabei, sie auf die herangefahrene Bahre zu legen. Dabei wandte er sich an Nurcan Yldirim und sagte: „Beeilen Sie sich bitte, ich fürchte, es geht um Minuten.“

„Selbstverständlich, Sir.“

Der General selbst begab mit einem der Assistenzärzte voraus und sorgte dafür, dass ihnen Niemand in die Quere kam, während sie zum Med-Lab eilten.

Dort angekommen blieb der Generalmajor im Beobachtungsraum, wobei ihn zuvor mehrere Assistenzärzte daran hindern mussten einfach mit in den Behandlungsraum zu stürmen. Hayes wurde schnell klar, dass er dort nur im Weg gestanden hätte, und so gab er seinen Widerstand rasch auf, um dafür zur großen Kunststoffscheibe zu marschieren, wo er Doktor Yldirim und ihr Team bei der Arbeit beobachten konnte.

Während man drinnen Zaizewa rasch aus ihrem Fluganzug schälte und sich gleichzeitig um ihre Kopfverletzungen kümmerte, legte der General seine Hände auf den Rücken und begann nervös vor der Scheibe auf und ab zu laufen.

Instrumente wurden an die Behandlungsliege herangefahren und zwei OP-Schwestern traten näher an die Liege, so dass der General kaum noch etwas sehen konnte. Er versuchte, seine Sorge um Irina Zaizewa einzudämmen, doch was er durch die Scheibe erkennen konnte ermutigte ihn nicht wirklich.

Als einer der Ärzte nach einer halben Stunde, durch die Decon-Schleuse zu ihm heraus kam, schritt er eilig auf den Mann zu und fragte ungeduldig: „Wie sieht es aus, Doktor?“

„Noch kann ich nichts sagen, Sir“, antwortete der blonde Arzt mit ernster Miene. „Die Lage ist weiterhin ernst. Commander Zaizewa ist hart mit dem Kopf angeschlagen und sie hat auch innere Verletzungen davon getragen. Dabei hat sie eine Menge Blut verloren. Es ist ein Kampf auf Leben und Tod, fürchte ich.“

Der General schluckte. Sein Hals fühlte sich seltsam trocken an.

„Es tut mir leid, Sir“, sagte der Arzt schließlich. „Sie sollten sich etwas ausruhen, General. Die Notoperation wird sicherlich noch einige Zeit dauern und falls wir Erfolg haben, was nicht sicher ist, wird es sicherlich noch Stunden Dauern, bis Commander Zaizewa aus der Narkose erwachen wird. Wir werden Sie informieren, wenn es etwas Neues gibt.“

„Nein, ich...“ Fast hätte Hayes gesagt: Ich will bei ihr sein. Im letzten Moment beendete er den Satz mit: „Ich werde hier warten.“

„Dann begeben Sie sich wenigsten nach nebenan in den Warteraum, Sir. Dort befindet sich eine bequeme Couch.“

Der Generalmajor nickte einlenkend. Erst jetzt spürte er seine eigene Müdigkeit. Er ließ sich von dem Assistenzarzt zum Schott bringen, dankte und trat in den Warteraum ein, dessen Wände in beruhigenden Grüntönen gehalten waren. Er warf einen Blick hinüber zum Getränkeautomaten, beschloss jedoch, keinen Kaffee zu trinken, der ihn noch rappeliger machen würde. Stattdessen nahm er auf der schwarzen Ledercouch platz, lehnte sich zurück und schloss seine Augen. Einen Moment später war er bereits eingeschlafen.

 
 

* * *

 

Lynden B. Hayes schreckte aus seinem unruhigen Schlaf hoch, als etwas seine Schulter berührte. Als er seine Augen öffnete blickte er in das Gesicht von Nurcan Yldirim, deren Augen gerötet waren. Innerlich wappnete sich Hayes gegen das Schlimmste.

Eine Weile blickte ihn die Doktorin nur an, bevor sie sagte: „Commander Zaizewa hat es überstanden, Sir.“

Eine eisige Hand schien nach dem Herzen des Generals zu greifen. Er schluckte erschrocken und fragte: „Oh Gott, Sie meinen, sie ist...“

Die Ärztin lächelte schwach. „Nein, General, ich meinte damit, dass Irina die Operation sehr gut überstanden hat, und jetzt in einem künstlichen Tiefschlaf liegt.“

Die Erleichterung des Generals war beinahe greifbar, und am liebsten hätte er die Ärztin umarmt und im Kreis herumgewirbelt. Natürlich konnte er sich so etwas nicht leisten, darum beließ er es bei einem freudigen: „Wann kann ich zu ihr?“

„Nicht vor morgen Früh“, beschied ihm Nurcan Yldirim und setzte sich erschöpft neben Hayes auf die Couch. Sie blickte ihn von der Seite an und fragte: „Sind Sie um jeden ihrer Leute so besorgt, General?“

Hayes erwiderte den fragenden Blick der Ärztin und sagte dann: „Wenn Sie Leute verlieren, die unter ihrem Kommando stehen, dann ist das immer tragisch. Beim Ersten hatte ich das Gefühl, dass ein Teil von mir selbst stirbt, Lieutenant-Commander. Seien Sie froh, wenn sie niemals in eine solche Situation kommen. Ich vertraue Ihnen etwas unter dem Siegel der Verschwiegenheit an, Doktor: In manchen Nächten sehe ich die Gesichter all Derer, die unter meinem Kommando starben und gelegentlich schrecke ich dann schreiend aus dem Schlaf auf. Wissen Sie: Wenn Sie jemanden auf dem Operationstisch verlieren, dann ist das unabwendbares Schicksal, aber wenn ich jemanden im Einsatz verliere, dann stelle ich mir die Frage, ob er oder sie noch leben könnte, wenn ich besser oder umsichtiger kommandiert hätte.“

Die Ärztin nickte und in ihren dunklen Augen spiegelte sich Erkenntnis. „Sie machen sich Vorwürfe, weil Sie es waren, der Commander Zaizewa ihres Kommandos als Erster Offizier dieser Station enthoben hat, Sir.“

Hayes nickte bedrückt.

Nurcan Yldirim schüttelte langsam den Kopf. „General, genauso gut hätte eines der Feindschiffe unsere Abwehr durchbrechen, und die Kommandozentrale vernichten können. Letztlich geschieht alles so, wie es geschehen soll, denke ich. Dagegen sind selbst Generale machtlos, fürchte ich.“

Lynden B. Hayes blickte wenig überzeugt. Dann meinte er: „Vielleicht haben Sie Recht, Miss Yldirim.“ Er erhob sich abrupt von der Couch. „Wenn Sie erlauben, dann werde ich morgen nach Commander Zaizewa sehen. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen.“

Nurcan Yldirim nickte. „Sicher, Sir.“

Während der Generalmajor den Warteraum verließ blickte ihm die Türkin sinnend hinterher. Dabei dachte sie: Sie sind nicht der Einzige der sich Vorwürfe macht, General, denn im Grunde waren nicht Sie es, sondern eine dämliche Wette zwischen zwei Frauen, die das alles bewirkt hat. Nicht Sie müssen damit leben, sondern ich...

 
 

* * *

 

Als Lynden B. Hayes am nächsten Morgen erwachte galt sein erster Gedanke Irina Zaizewa. Am Vortag hatte er noch bis spät in die Nacht den ersten Verhören der Gefangenen beigewohnt. Im Laufe des Tages würde er sie mit dem NOVA-Zerstörer EAS HERAKLES zur Erde bringen lassen. Dort sollte sich das Oberkommando weiter mit ihnen befassen.

Desweiteren hatte er eine erste Bestandsaufnahme gemacht, nachdem auch Esposito mit seinen drei Kriegsschiffen zurückgekehrt war. Insgesamt waren fünf Starfurys seines Verbandes zerstört worden, drei weitere stark beschädigt. Dazu hatte die EIRENE einige Schäden davon getragen, deren Reparatur einige Tage in Anspruch nehmen würde. Die DIONE hingegen würde mehrere Monate ausfallen, denn sie hatte umfassende Beschädigungen und mehrere Hüllenbrüche davongetragen. Schlimm hatte es die Jagd und Jagdbombergeschwader der Station erwischt – hier waren die Hälfte der 32 Thunderbolt-Jagdbomber und 19 von 56 Starfury-Jägern zerstört oder schwer beschädigt worden. Hayes hatte dem Kommandanten der HERAKLES eine entsprechende Nachschubanforderung, mit dem Vermerk Dringend mitgegeben, um dafür Sorge zu tragen, die Verluste an Mensch und Material umgehend zu ersetzen.

Der Generalmajor frühstückte eilig, nachdem er sich geduscht und angekleidet hatte und auch heute achtete er darauf, sich nicht zu reichhaltig und dafür ausgewogen zu ernähren. Er schalt sich einen alten Narren, als ihm diese Tatsache bewusst wurde, und ihm der Grund klar wurde warum er darauf achtete.

Nach dem Frühstück nahm er ein kleines Päckchen von der Ablage, das er am Abend zuvor liebevoll vorbereitet hatte, suchte sein Büro auf, nahm den Versetzungsantrag von Commander Zaizewa vom Schreibtisch und verstaute ihn unter der Uniformjacke.

Als der Generalmajor die Krankenstation erreichte war er bester Stimmung.

Nurcan Yldirim nickte Hayes zu, als er von einer Schwester hereingeführt wurde und begab sich zum Schott, wobei sie der Schwester einen Wink gab, mit hinaus zu kommen.

Der Generalmajor lächelte ihr dankbar zu und schritt dann zum Krankenbett des Commanders hinüber.

Irina Zaizewa war wach und sie blickte dem General fragend entgegen, als sie ihn erkannte. Einerseits freute sie sich, dass er sie besuchte – sie hatte nicht ernsthaft damit gerechnet. Andererseits war da noch immer der vorherige Disput, der zwischen ihnen beiden stand. Sie wäre sicherlich erstaunt gewesen, wenn sie gewusst hätte, dass es dem General ähnlich erging.

Auch Hayes fühlte ein seltsames Kribbeln im Magen, als er einen Stuhl heranzog und umständlich neben dem Bett platz nahm.

Eine Weile blickten sich beide stumm an, bevor Hayes ungewohnt sanft sagte: „Guten Morgen, Commander. Ich freue mich sehr, dass es Ihnen wieder besser geht. Gestern Abend haben Sie uns ziemliche Sorgen bereitet.“

Die Frau blickte den General fragend an, bevor sie meinte: „Danke, General. Mir wurde gesagt, dass sie es waren, der mich dort draußen gefunden hat.“

„Eigentlich war es meine Flügelpilotin, Lieutenant Isani Mbane“, wehrte der Mann verlegen ab. Er drehte das Päckchen in seinen Händen etwas nervös hin und her, bevor er es ihr reichte und erklärte: „Ich habe Ihnen etwas mitgebracht, Commander.“

„Danke, Sir. Legen Sie es bitte auf den Nachttisch, momentan fühle ich mich noch recht schwach.“ Sie lächelte zum ersten mal an diesem Morgen zaghaft.

„Natürlich, wie gedankenlos von mir.“ Der General legte das Päckchen zur Seite und sagte, als er den leicht fragenden Blick der Telepathin bemerkte: „Es ist ein Buch, das meine verstorbene Frau gerne gelesen hat. Die Erstausgabe einer Gedichtsammlung von Alexander Pope.“

Ihre Blicke kreuzten sich, und die Russin sagte schließlich überwältigt: „Sir, das kann ich nicht annehmen.“

Sie wollte sich aufrichten, doch Hayes legte spontan seine Hand auf ihre Schulter und drückte sie mit sanfter Gewalt auf das Lager zurück. „Sie dürfen sich nicht überanstrengen, Commander.“ Seine Hand verblieb eine Weile auf ihrer Schulter, bis er in den goldenen Augen der Frau einen seltsamen Ausdruck bemerkte. Schnell zog er seine Hand zurück und wollte zu einer Entschuldigung ansetzen, doch Irina Zaizewa kam ihm zuvor, indem sie ihre geöffnete Hand auf die Bettdecke legte und gleichzeitig sagte: „Ihre Emotionen strahlen eine positive Komponente aus, General Hayes. Ich habe einmal davon gehört, dass solche positiven Emotionen bei Heilungsprozessen sehr hilfreich sein können.“

Hayes war sich nicht sicher, ob sich die Russin einen Scherz mit ihm erlaubte, oder ob an dieser Behauptung etwas dran war. Dennoch nahm er mit undurchdringlicher Miene ihre Hand in seine und drückte sie sanft. Das Lächeln, welches dabei auf dem Gesicht der Frau erschien erzeugte ein warmes Gefühl in ihm.

Für eine geraume Weile verblieben sie so und keiner sprach ein Wort. Dann fragte Irina Zaizewa schließlich vorsichtig: „Darf ich fragen, wie ihre Frau gestorben ist, Sir? Als Sie sie erwähnten, da lag ein sehr düsterer Zug auf ihrem Gesicht.“

Im ersten Moment wollte Hayes erwidern, dass er nicht über seine verstorbene Frau reden wollte, doch er spürte, dass dies eine Lüge gewesen wäre. Er wollte darüber reden, und vielleicht musste er sogar mit dieser Frau, die er erst seit zwei Tagen kannte, darüber reden, um das, was sich zwischen ihnen aufgebaut hatte, nicht zu einem unüberwindlichen Problem wurde. Er räusperte sich bevor er endlich entschlossen zu erzählen begann.

„Ich lernte meine Frau kurz nach meine Akademiezeit gegen Ende 2258 kennen. Wir waren von Anfang an von einander fasziniert, da jeder von uns so ganz anders war, als der Andere. Vier Jahre später haben wir dann geheiratet. Wir wussten zu diesem Zeitpunkt, dass wir zu einander gehören, obwohl wir uns nicht sehr oft sahen, da auch sie zu den Erdstreitkräften gehörte. Während des Telepathenkrieges war Moana, als Shuttlepilotin, auf der Erde stationiert, während ich selbst an Bord der EAS GANYMED im Weltall unterwegs war. Am 13. September 2265 – zum Ende des Telepathenkrieges hin, versuchte ein gesuchter Verbrecher des PSI-Corps von der Erde zu fliehen. Er kaperte ein Shuttle, tötete die Pilotin und floh zum Mars, wo man ihn stellte und erschoss. Es war das Shuttle meiner Frau. Als man Moanas Leiche obduzierte, stellten die Ärzte fest, dass sie im zweiten Monat schwanger gewesen war. Wir hatten bereits ein Jahr zuvor beschlossen, dass wir ein Kind haben wollten. Ein verbrecherischer Telepath hat diesen Traum grausam vernichtet.“

Irina Zaizewa spürte den ungeheuren Schmerz des Generals, und sie sah die Bilder seiner Erinnerungen, ohne es verhindern zu können. Sie schluckte mehrmals, bevor sie mit brüchiger Stimme sanft flüsterte: „Das tut mir sehr leid, Sir. Aber bitte beurteilen Sie mich nicht anhand dieses Mörders, nur weil ich ebenfalls Telepathin bin. Meine Loyalität gilt einzig und allein der Erd-Allianz, Sir.“

General Hayes blickte tief in die Augen der Russin, und er spürte, dass sie jedes ihrer Worte so meinte, wie sie es gesagt hatte. Seit langer Zeit wurde ihm in diesem Moment zum ersten mal bewusst, wie absurd sein Hass auf alle Telepathen war. Hier lag eine von ihnen vor ihm und er hielt ihre zarte Hand. Und nichts in der Welt hätte ihn in diesem Moment dazu bewegen können, sie zu hassen, das wurde ihm schlagartig klar. Gleichzeitig wurde er sich der Ungerechtigkeit seines ablehnenden Verhaltens ihr gegenüber bewusst, und er schämte sich dafür. Endlich antwortete er verlegen: „Sie haben Recht, Commander. All die Jahre habe ich geglaubt jeden Telepathen hassen zu müssen, nur des Umstandes wegen, weil er Telepath ist. Ich habe meinen Schmerz all die Jahre mit mir herumgetragen und in mich hineingefressen und diese Entwicklung zugelassen, obwohl ich es besser hätte wissen müssen. Was für ein Narr bin ich gewesen.“

„Kreuzigen Sie sich nicht selbst, General“, bat Irina Zaizewa leise. „Es war vielleicht dumm, aber eine nur zu menschliche Reaktion. Sie waren noch sehr jung, als es passierte. Sie hatten nicht die Erfahrung, die sie heute haben, sonst wären Sie sicherlich anders mit der Situation und ihren Folgen umgegangen.“

Hayes blickte die Frau dankbar an, und er spürte mit einem Mal eine Verbundenheit zu ihr, die ihn verwirrte. Vielleicht war sie von Anfang an da gewesen, und er hatte sie nur nicht gemerkt, wegen seiner Verblendung.

Noch während er versuchte sich über diesen Punkt klar zu werden, veränderte sich der Ausdruck in den Augen der Telepathin und etwas verlegen meinte sie: „Auch ich habe Ihnen etwas zu beichten, General.“ Sie druckste etwas herum, als sie in seine fragenden, braunen Augen sah und gab sich dann einen Ruck. „Bevor Sie auf die Station kamen, da habe ich mit meiner Freundin, Nurcan eine Wette abgeschlossen. Eine Wette, die Sie betrifft.“

Während die Russin nun zögernd erzählte, worum sie und Nurcan Yldirim gewettet hatten, hörte Hayes mit steigendem Unglauben zu und bedachte die Frau schließlich mit seinem Sind-Sie-noch-zu-retten-Blick. Dabei verzogen sich seine Mundwinkel zu einem jungenhaften Grinsen, ohne dass er es hätte verhindern können. Schließlich erklärte er, mit gespielt strenger Miene: „Allein dafür müsste man Ihnen die Schulterklappen abreißen, Commander.“

Wieder sahen sie sich eine lange Zeit stumm an, bevor Irina Zaizewa etwas ernster sagte: „Sir, was nun meinen Versetzungsantrag betrifft: Ich möchte Sie bitten ihn nicht zu bearbeiten.“

Die Miene des Generals verschloss sich augenblicklich und er ließ die Hand der Telepathin los, um den Antrag unter seiner Jacke hervor zu holen. Ernst erklärte er: „Ich fürchte, das kann ich nicht tun, Commander. Der Antrag wurde offiziell bei mir eingereicht, das darf ich nicht ignorieren. Ich habe die Verpflichtung ihn nun zu bearbeiten.“

„Aber General, ich...“

Hayes hielt ihr den Antrag hin. „Ist das Ihre Unterschrift, Commander?“

„Ja, aber... Hey, Moment mal, Sir.“

Es gab einen hellen, zischenden Ton, als der General den Antrag vor ihren Augen zerriss. Dann legte er die beiden Hälften auf das Nachttischchen und meinte süffisant: „Der Antrag beinhaltet gleich drei Formfehler, Commander. Ich fürchte, Sie werden ihn nochmal ausfüllen und einreichen müssen, wenn sie weiterhin auf eine Versetzung bestehen.“

So erleichtert Irina Zaizewa im Moment war – der Vorwurf des dreifachen Formfehlers ärgerte sie dennoch, und so fragte sie mit angehobenen Augenbrauen: „Welche Formfehler, Sir?“

Hayes grinste amüsiert: „Nun, Commander: Erstens waren Sie, zum Zeitpunkt, als Sie den Antrag ausfüllten nicht Erster Offizier der Station sondern lediglich Kommandantin der Jagd-Geschwader. Zweitens gibt es einen Vermerk auf dem Formular, dass es leserlich ausgefüllt werden muss, und bei allem Respekt, Commander, Ihre Klaue kann kein Mensch lesen.“

„Und was wäre Drittens?“

Der General rückte etwas näher und nahm wieder ihre Hand in seine. „Drittens brauche ich einen fähigen Commander auf dieser Station, und ich denke, wer die Station über eine halbe Stunde lang gegen eine solche Übermacht, wie jener, der Sie sich gegenüber sahen, verteidigen kann, der ist fähig. Sehr fähig sogar.“ Er grinste nun wieder und zwinkerte ihr belustigt zu, als er hinzufügte: „Mal ganz abgesehen davon, dass ihre Versetzung mich, allein schon wegen der Geheimhaltung, vor große Probleme stellen würde.“

Die Russin nickte gespielt zerknirscht, wobei sie das Zwinkern des Generals erwiderte. „Verstehe Sir. Da kann man wohl nichts machen, schätze ich.“

„Richtig, Commander. Sie werden wohl oder übel auf der Station bleiben müssen. Natürlich in ihrer ursprünglichen Funktion als Erster Offizier der Station, sobald Sie wieder fit sind.“

Sie lächelten sich verstehend an und sie genossen schweigend die Nähe des Anderen. Als sich schließlich das Schott zischend öffnete, zog Hayes widerstrebend seine Hand zurück und blickte in Nurcan Yldirims Gesicht. Die Türkin blickte ihn mahnend an und sagte: „Noch fünf Minuten General, dann müssen Sie gehen. Sie sind nun fast eine Stunde hier und Commander Zaizewa bedarf noch der Schonung.“

Der Generalmajor nickte, und die Türkin zog sich lächelnd zurück.

Nachdem sie gegangen war blickte Hayes wieder zu Irina Zaizewa, doch der magische Moment war dahin. Er raffte den zerrissenen Antrag zusammen und steckte ihn ein, bevor er sich erhob und meinte: „Ich werde Sie morgen wieder besuchen, wenn sie nichts dagegen haben, Commander.“

„Ich wäre traurig, wenn Sie es vergessen würden, General.“ Sie lächelte ihn an und fügte mit verschwörerischen Miene hinzu: „Wenn Sie hinausgehen, Sir, könnten Sie bitte meiner Freundin Nurcan sagen, dass ich sehr gut war. Wissen Sie, meine Freundin schaut mich immer ungläubig an, wenn ich ihr von meinen Leistungen als Pilotin erzähle.“

Hayes hob leicht seine Augenbrauen, und mit einem feinen Schmunzeln gab er der Russin zu verstehen, dass er ihr kleines Manöver durchschaut hatte. Dennoch antwortete er: „Ich werde daran denken, Commander.“ Zögernd schritt er zum Schott. Als er es fast erreicht hatte, drehte er sich nochmal zu Irina Zaizewa um und meinte offen: „Schade, dass sie nicht um meinetwillen mit mir geflirtet haben, Commander.“

Ein warmes Lächeln lag auf ihrem Gesicht, als sie leise erwiderte: „Schade, dass Sie davon so absolut überzeugt sind, General.“

„Bis morgen, Commander.“ Höchst zufrieden wandte sich Hayes ab und verließ des Krankenzimmer. Als ihm Nurcan Yldirim mit strenger Miene entgegen kam, sprach er sie an: „Doktor, Ihre Freundin ist wirklich sehr gut. So etwas habe ich in der letzten Zeit wirklich selten erlebt, muss ich gestehen.“

Ungläubig blickte die Ärztin den Generalmajor an und eilte schnell in das Krankenzimmer ihrer Freundin, die ihr triumphierend entgegen blickte, als sie eintrat. Verdattert, bei diesem Grinsen, blickte sie von Irina zum Schott und wieder zurück. Dann sagte sie nur: „Nein...!“

Währenddessen schritt der Generalmajor durch die Gänge der Station, wobei er sich das Grinsen nicht verbeißen konnte. Er hoffte nur, dass die Ärztin nicht irgendwelche Gerüchte streuen würde, auch wenn er selbst daran seinen Anteil hätte. Dann dachte er wieder an die letzten Worte des Commanders, und das Grinsen wurde zu einem zufriedenen Lächeln. Um das plötzlich unbändige Verlangen, mit den Fingern zu schnippen in den Griff zu bekommen legte er seine Hände auf den Rücken. Dabei horchte er in sich hinein und war plötzlich fest davon überzeugt, dass er ganz sicher noch lange nicht zu alt für solche Abenteuer war.

 

 
 

ENDE
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
BABYLON-6 wird demnächst fortgesetzt mit der Episode 02: GEGNER IM DUNKEL Komplett anzeigen

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