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Star Trek - Icicle - 01

Das Transwarp-Netz
von

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Subraumanomalien

Logbuch der U.S.S. ICICLE

Commander Pasqualina Mancharella

Sternenzeit: 58401.7

 

Die U.S.S. ICICLE und das Flaggschiff der Fünften Taktischen Flotte, die U.S.S. ENDEAVOUR befinden sich auf dem Rückweg zum STRATEGIC STARBASE 71 Komplex im Orbit um Forlan-Prime.

Seit unserer Begegnung mit fünf schweren Kreuzern der Gorn sind fast drei Tage vergangen. Die technische Crew gibt unermüdlich ihr Bestes, um die erlittenen Gefechtsschäden zu beheben, aber noch immer herrscht im gesamten Schiff ein Durcheinander aus abmontierten Aggregatverkleidungen, herumliegendem Werkzeug, gerissener Plasmaleitungen und noch nicht eingebauter Ersatzteile. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass sich zumindest die Brücke in halbwegs einwandfreiem Zustand befindet, sobald der Captain wieder seinen Dienst aufnimmt.

Beinahe drei Tage und Nächte war er ununterbrochen auf den Beinen gewesen und hatte die Reparaturmannschaften angetrieben, wobei er immer wieder persönlich mit Hand anlegte.

Admiral Torias Tarun hat zusätzliches Personal für die Reparaturen von der ENDEAVOUR auf die ICICLE beordert, da das Flaggschiff der Fünften Taktischen Flotte weitaus weniger beschädigt worden war. Voraussichtlich in fünf Stunden wird unser Schiff wieder soweit hergestellt sein, dass wir das Personal der ENDEAVOUR wieder zurück beamen können.

Die TARNIS und die HELIOS befinden sich auf Rendezvous-Kurs und werden uns in weniger als sechs Stunden erreichen.

Der Plan des Admiral, diesmal ohne seine Geleitschiffe in Gornraum zu operieren, nur mit der ICICLE, knapp außer Sensorenreichweite des Gegners als Rückendeckung hatte funktioniert, und einen Pulk von fünf Gornkreuzern zu einem Angriff verleitet. Hätte der Feind gewusst, dass die U.S.S. ICICLE ganz in der Nähe auf der Lauer lag und bei Weitem kein gewöhnliches Schiff der Akira-Klasse war, sondern eine modifizierte Angriffsversion, und darüber hinaus seinen Captain gekannt; sie wären wohl vorsichtiger gewesen...

 
 

* * *

 

Commander Pasqualina Mancharella beendete ihren Logbucheintrag.

Die hochgewachsene Spanierin mit den langen schwarzen Haaren und fast ebenso schwarzen Augen hatte in der Stadt Salamanca, welche zur Region Kastilien-León gehörte, und die für ihre berühmte Universität bekannt war, das Licht der Welt erblickt. An dieser Universität hatte Christoph Columbus 1492, wenige Monate vor seiner Reise nach Amerika den skeptischen Professoren und Kardinälen den Umfang der Erde und den Abstand zwischen Europa und Asien erläutern musste.

Aufmerksam blickte sich die Spanierin auf der Brücke der ICICLE, einem modifizierten leichten Träger der AKIRA-KLASSE, um.

Diese Modifizierung bestand aus einem zusätzlichen Waffen-Pod, der über der hinteren Maschinensektion aufragte und die ohnehin starke Bewaffnung durch zwei starke, nach vorn gerichtete Puls-Phaser und einen Schnellfeuer-Torpedolauncher ergänzte. Dazu war ein zusätzlicher Zwillings-Puls-Phaser in jede Warpgondel integriert worden, was die ICICLE, in den Händen eines fähigen Captains, wie Tar´Kyren Dheran, zu einer tödlichen Gefahr für jeden Gegner machte.

In entspannter Haltung saß sie im hellblau bezogenen Sessel des Captains, der rechts vom Sitz des XO und links vom Sitz des Counselors eingerahmt wurde. Hinter dieser Dreieranordnung befand sich etwas erhöht, die Taktische Konsole, deren Seiten sich, wie ein Geländer halbmondförmig nach vorn schwangen und die drei Sitze einrahmte. Zwischen diesem Geländer und der Wissenschaftlichen Station zur Linken und dem Leitstand für Jagdgeschwader-Operationen zur rechten Wand, schwangen sich zwei sanft gekrümmte Rampen zu der Doppelkonsole für Steuerung und Navigation.die in einer U-förmigen Vertiefung, direkt vor dem Panoramabildschirm lag. Die Lichtleiste entlang dieser Vertiefung verbreitete ein sanftes, blaues Licht welches mit dem weiß-grauen Bodenbelag harmonierte, auf dem erst vor kurzer Zeit das Logo der 5. Taktischen Flotte eingeprägt worden war. Zwei kleinere Versionen dieses Logos hatte man auf die Schotts der Turbolifts geprägt.

Schräg links hinter der Taktischen Konsole wurde momentan fieberhaft am recht mitgenommenen Leitstand der Maschinenkontrollen gearbeitet, während die Arbeiten am Leitstand des Militärischen-Angriffs-Kommandos schräg rechts hinter der Taktik so gut wie abgeschlossen waren. Rechts und links dieser beiden Stationen lagen die beiden Turbolifts, während sich dazwischen ein kleiner Gang von fünf Metern anschloss. Dieser Gang führte geradeaus zum Briefingraum; davor lagen links das Schott zum Bereitschaftsraum des Captains und rechts das zum Bereitschaftsraumes des XO.

Rechts und links des Hauptbildschirms führten zwei Schotts auf die beiden Gänge hinaus, welche von der Brücke sowohl nach vorne, als auch zu den hinteren Bereichen des Kommandodecks führten.

Zwölf Crewmen arbeiteten mit Hochdruck daran, die gerissenen Plasmaleitungen welche zu den Kontrollkonsolen der Navigation und der Maschinenkontrollen führten, zu ersetzen. In den letzten drei Tagen hatte sich der andorianische Captain des Schiffes, zum Schrecken der Reparaturteams entwickelt. Überall und an allen Ecken wo man ihn nicht vermutete war er aufgetaucht, hatte zur Eile gemahnt und dabei immer wieder selbst mit angepackt.

Selbst jetzt, da sich der Captain endlich zur Ruhe begeben hatte, arbeitete die Crew so verbissen weiter, als würde Dheran nach wie vor hinter ihnen stehen, und ihnen auf die Finger schauen. Eine Tatsache, die ein bezeichnendes Licht auf die Disziplin an Bord warf.

Pasqualina Mancharella hatte erst vor etwas mehr als drei Monaten, wenige Tage vor der Berufung der ICICLE zur 5. Taktischen Flotte durch Admiral Tarun, den Posten des Ersten Offiziers übernommen, nachdem der vulkanische Erste Offizier der ICICLE um seine Versetzung gebeten hatte. Schon zu Zeiten des Dominion-Krieges hatte sie von diesem andorianischen Offizier und seinen herausragenden Leistungen gehört, und sie war selten so neugierig auf ein Lebewesen gewesen, wie auf Dheran. Seit es die „Vereinigte Föderation der Planeten“ gab, war er der erste Andorianer, der mit allen drei höchsten Tapferkeitsorden der Föderation geehrt worden war. Einige Offiziere der Sternenflotte, die Dheran besser kannten, verglichen ihn gerne mit James Tiberius Kirk, einem der wenigen Captain´s die bereits zu Lebzeiten zu einer Legende wurden. Einige von ihnen behaupteten sogar, er würde Kirk noch übertreffen, was seine Fähigkeiten als Captain betraf.

Sie hatte zuvor bereits zusammen mit Andorianern gedient, doch das hatte sie nicht auf einen Mann wie Tar´Kyren Dheran vorbereiten können, wie sie sehr schnell festgestellt hatte.

Fast unwillkürlich erinnerte sie sich an das berühmte Maskottchen der Universität Salamanca, einem Totenkopf auf dem ein Frosch sitzt, welches an der Fassade des historischen Gebäudes zu finden war und allzu lebenslustige Studenten vor den Ausschweifungen des Lebens warnen sollte.

Leider warnt es nicht auch vor allzu großer Neugier, dachte die Spanierin bei sich während sie an ihre erste Woche auf der ICICLE erinnerte.

Gleich am zweiten Tag hatte Dheran, direkt nach ihrem Dienstende, eine taktische Übung für die Führungsoffiziere auf dem Holodeck angesetzt. Der Captain war der Meinung, dass es nicht ausreichte nur mit den Schiffssystemen vertraut zu sein. Er vertrat vielmehr die Ansicht, dass jeder Flottenoffizier auch über gute Kommandoeinsatz-Fähigkeiten verfügen sollte. Sie hatten zwei Teams gebildet – der Captain gegen die restlichen sechs Stabsoffiziere, wobei selbst die Schiffsärztin und der Schiffscounselor mit eingespannt wurde. Als Übungsareal diente dabei ein Militärkomplex, den die Holomatrix mit Hilfe eines Zufallsgenerators für jede Übung anders erzeugte. Captain Dheran vertrat die Ansicht, dass man bei Kommandoeinsätzen nur selten das entsprechende Areal kennen würde, auf dem man gezwungen war zu kämpfen.

Als Führerin des Teams hatte sie von Dheran den Auftrag bekommen, ihm mit zwei Minuten Abstand, in den verwinkelten Militärkomplex zu folgen, ihn aufzuspüren und unschädlich zu machen; mit anderen Worten, zu betäuben, denn bei seinen Übungen wurden Treffer nicht nur simuliert. Hier wurde mit Holowaffen gearbeitet die ein Lebewesen für zehn Minuten außer Gefecht setzten und dazu einen unangenehmen Kopfschmerz verursachten. Als Anreiz sich zu bemühen, wie der Captain es genannt hatte.

Sie hatte ihr Team in drei Zweierteams aufgesplittet und ihr Bestes gegeben, den Captain aufzuspüren. Bereits nach zwölf Minuten hatte Dheran sie, als Letzte ihres Teams erwischt, nachdem dieser ihren Teamkameraden mit einem Betäubungsschuss aus dem Hinterhalt ausgeschaltet hatte. Dabei hatte sie nicht einmal erkennen können, woher der Schuss gekommen war. Vollkommen lautlos hatte er sich ihrer Position genähert, von Hinten seinen linken Arm um ihren Hals gelegt und seine Waffe schmerzhaft in ihre Rippen gedrückt.

„Im Ernstfall wären Sie nun tot, Commander. Sie melden sich in einer Viertelstunde in meinem Bereitschaftsraum“, hatte sie ihn noch heiser Flüstern gehört, bevor er seine Waffe abgefeuert hatte.

Als sie zehn Minuten später wieder zu sich kam, war ihr hitziges Temperament mit ihr durchgegangen. Dheran hätte die Waffe nicht abfeuern müssen, ihrer Meinung nach. Dass er es dennoch getan hatte, brachte ihr kastilianisches Blut zum kochen.

Wutentbrannt hatte sie sich auf den Weg zum Bereitschaftsraum des Captains gemacht. Die verwunderten Blicke der Brückencrew ignorierend war sie mit hochrotem Kopf zum Eingang des Bereitschaftsraumes gestürmt, der ihrem gegenüber lag, hatte den Türkontakt betätigt und trat ein, kaum dass der Captain sie dazu aufgefordert hatte.

Tar´Kyren Dheran hatte so aufreizend lässig hinter seinem Schreibtisch gesessen und sie mit seinen unergründlichen, blau-violetten Augen gemustert, dass sie, anstatt sich zu beruhigen, wie ihre innere Stimme sie nachhaltig aufforderte, noch wütender geworden war.

Dheran hatte sie aufgefordert Platz zu nehmen, doch sie hatte trotzig entgegnet, lieber stehen zu wollen, was ihm auch recht gewesen zu sein schien. Seelenruhig hatte er jeden ihrer Fehler, während der Übung, angesprochen und abschließend gemeint, er habe, auf Grund ihrer Dienstakte, mehr von ihr erwartet. Noch bevor sie etwas hatte erwidern können, war der Andorianer plötzlich aus seinem Sessel aufgesprungen, hatte den Schreibtisch umrundet und sie mit, auf ihr Gesicht gerichtetem Zeigefinger, angefahren, dass es falsch wäre zu glauben, sie könne auf seinem Schiff eine ruhige Kugel schieben, und dass er keine Nachlässigkeiten im Dienst duldete, wobei sich seine Antennen ebenfalls nach vorn gereckt hatten.

Das war zu viel für sie gewesen. Blind vor Zorn hatte sie ausgeholt und sich dazu hinreißen lassen ihren vorgesetzten Offizier zu ohrfeigen. Das heißt: sie hätte ihn geohrfeigt, doch mit einem so schnellen Reflex, wie sie ihn nie für möglich gehalten hätte, hatte Dheran ihre Hand, nur eine Handbreit von seiner linken Wange entfernt, am Handgelenk abgefangen, und das mit seiner rechten Hand, die einen weiteren Weg zurücklegen musste als seine Linke. Erst bei seinem festen Griff und dem warnenden Ausdruck seiner ungewöhnlichen, blau-violetten Augen war sie wieder zur Besinnung gekommen. Im Geiste hatte sie sich schon in der Arrestzelle gesehen doch Dheran hatte lediglich gefährlich leise zu ihr gesagt: Sie haben anscheinend nicht die geringste Ahnung, mit wem sie sich anlegen wollen, Commander. Aber für den Fall, dass sie so etwas nochmal versuchen möchten, sollten Sie vorher genau überlegen ob Sie auch das Echo vertragen, denn falls ich nach dem ersten Schlag nicht auf dem Boden liege bin ICH dran. Haben wir uns in dieser Hinsicht verstanden?

Vollkommen verwirrt hatte sie nur dastehen und Aye Captain sagen können.

Er hatte lediglich genickt wobei seine nach vorn gestreckten Antennen sich langsam wieder aufrichteten, ihr Handgelenk losgelassen und ruhig gemeint: Sie können wegtreten, Commander. Die Übung wiederholen wir morgen wenn Sie ihren Dienst beendet haben.

Verwirrt und mit schnell abklingendem Zorn hatte sie leise gefragt, ob er, nach der erbärmlichen Leistung zuvor, überhaupt noch Hoffnung habe, sie würde irgendwann seinen Ansprüchen genügen.

Selten hatte sie ein Wesen so launig lachen gehört. Noch heute klangen ihr seine folgenden Worte im Ohr nach: Commander, beinahe alle Flottenangehörigen und auch die meisten MACO´s stecke ich in weniger als zehn Minuten in den Sack, wie man auf ihrem Planeten sagt. SIE haben ZWÖLF Minuten überstanden. Aber ich bin sicher, dass Sie noch wesentlich mehr können, Commander Mancharella, deswegen werden wir die Übung wiederholen, bis sie ihre Grenzen erreichen und überschreiten.

Pasqualina Mancharella schmunzelte in Gedanken und kehrte geistig in die Gegenwart zurück. Der Captain der U.S.S. ICICLE war ein harter Knochen, soviel hatte sie bislang über ihn herausgefunden. Aber er war auch fair und nicht nachtragend, was sie ihm hoch anrechnete. Trotzdem waren sie immer noch wie Hund und Katze und sobald sie sich gemeinsam in einem Raum befanden begann fast spürbar die Luft zu knistern.

Sie schreckte aus ihren Gedanken auf, als der Steuermann, Senior-Lieutenant Lou-Thorben Ivarsson, ein hünenhafter Norweger mit strohblonden Haaren, sie ansprach.

„Commander, glauben Sie wir bekommen ein paar Tage Urlaub, wenn wir STRATEGIC STARBASE 71 erreicht haben?“

Der weibliche, bolianische Ensign Charall blickte kurz auf und wandte sich dann wieder ihren Navigationskontrollen zu. Offensichtlich interessierte sie dieses Thema nicht besonders, vielleicht wollte sie aber auch nur nicht neugierig erscheinen. Ihre Statur war, für bolianische Verhältnisse, ungewöhnlich schlank.

Pasqualina warf ihr langes schwarzes Haar zurück und lachte humorlos auf. „Sie wissen doch ganz genau, was unser Captain unter Urlaub versteht, Mister Ivarsson.

Ivarsson blickte Commander Mancharella mit seinen, geradezu unverschämt, blauen Augen an und seufzte entsagungsvoll: „Leider, Commander.“

Commander Mancharella spielte mit ihrer Bemerkung auf eine Begebenheit an, die erst ein paar Tage zurück lag. Nachdem die ENDEAVOUR die Schutzschilde des letzten intakten Gorn-Kreuzers unter Einsatz Ihrer Waffensysteme zum Kollabieren brachte, hatte Dheran sich, zusammen mit Ivarsson und einem Trupp MACO´s an Bord des Gornschiffes gebeamt um die Taktische Datenbank des Schiffes herunter zu laden. Verständlicherweise waren die Gorn an Bord nicht wirklich damit einverstanden gewesen und hatten erbitterten Widerstand geleistet. Während Ivarsson die Datenbank, unter schwerem Feindfeuer, von einem Sekundäranschluß aus herunter lud, hatte er gemeint, dass er momentan lieber woanders wäre.

In seiner typisch verdrießlichen Art hatte der Captain, während er dem Lieutenant den Rücken frei hielt, erwidert: Seien Sie froh, dass ich Sie mitgenommen habe. Vor zwei Wochen habe ich Admiral Tarun gebeten, so meinen Urlaub verbringen zu dürfen, aber er lässt mich nicht.

Als Lieutenant Ivarsson ihr diese Anekdote nach dem Einsatz erzählt hatte, war sie hinterher gar nicht sicher, ob diese Bemerkung tatsächlich als Scherz gemeint war. Eines war ihr jedoch dabei aufgefallen, und das war die unterschwellige Verehrung für Tar´Kyren Dheran, die in Ivarssons Worten mit geschwungen hatte. Dieser Andorianer schien trotz seiner sprunghaften Launen und seiner leichten Reizbarkeit ein außergewöhnlicher Mann zu sein, dem das Wohlergehen seiner Mannschaft sehr am Herzen lag. Vielleicht war ihr dies zuvor nur nicht aufgefallen, weil er ihr gleich am zweiten Tag einen Einlauf aus Pfefferschoten gemacht hatte.

Erst in diesem Moment hatte sie begriffen, dass die Mannschaft der ICICLE für Dheran deshalb durch´s Feuer gehen würde, weil auch er dies für seine Mannschaft tun würde.

Bei dieser Betrachtung erinnerte sich Commander Mancharella daran, wie er ihr kurz zugenickt und gesagt hatte: Gute Arbeit, Commander, als er, nach diesem Einsatz, wieder das Kommando übernommen hatte. Noch nie war ein derart knappes Lob so beflügelnd gewesen, wie dieses. Vielleicht, weil das bei Dheran so selten vor kam.

Wenn ich mich nicht in Acht nehme, werde ich noch ein Fan dieses Andorianers, dachte sie ironisch und konzentrierte sich wieder auf ihre dienstlichen Obliegenheiten. Und auch wenn die Spanierin noch nicht bereit war dies zuzugeben, wusste sie doch bereits tief in ihrem Innersten, dass sie nirgendwo lieber Dienst tun würde, als an Bord der ICICLE.

 
 

* * *

 

Die Reparaturarbeiten auf der Brücke der ICICLE waren gerade beendet, als Captain Tar´Kyren Dheran Turbolift-1 verließ, langsam die Taktische Station umrundete und zum Kommandosessel schritt.

Commander Mancharella, die durch das leise Zischen der Liftschotts aufmerksam geworden war, erhob sich geschmeidig aus dem Sitz des Captains und stellte zum wiederholten Mal fest, dass sich der Captain beim Gehen auf eine so besondere Art bewegte, dass es keine Worte gab dies zu beschreiben. Das Ganze hatte ein wenig vom Gang einer schläfrigen Raubkatze, wobei die wachen Augen des Andorianers jedoch einen ganz anderen Eindruck vermittelten. Vielleicht bestand die Besonderheit genau in diesem Gegensatz, überlegte sie, bevor er sie erreicht hatte. Er erwiderte im Vorbeigehen den Gruß vom vulkanischen Senior-Lieutenant Farok mit einer knappen Kopfbewegung und wandte sich dann an seinen XO.

„Wie ist der momentane Status der ICICLE, Commander“, fragte er mit seiner sonoren, rauen Stimme, die sie als angenehm maskulin empfand.

„Die Reparaturarbeiten gehen im gesamten Schiff gut voran, Captain. Die Zentrale ist wieder in einwandfreiem Zustand; für die restlichen Reparaturen werden wir noch eine halbe Stunde benötigen. Lediglich die Langstreckenscanner werden noch für weitere zwölf Stunden ausfallen. Ich habe Commodore Carey davon in Kenntnis gesetzt, dass wir bereit sind, in dreißig Minuten, die Reparaturteams der ENDEAVOUR zurück zu schicken.“

Captain Dheran´s Antennen spreizten sich etwas zur Seite, ein Zeichen dafür, dass er zufrieden war, wie Pasqualina mittlerweile in Erfahrung gebracht hatte. Am Anfang ihrer Sternenflottenkarriere hatte sie es als kompliziert erachtet die Gefühle von Andorianern nicht allein an ihrer Mimik erkennen zu können, sondern auch auf die jeweilige Haltung ihrer Antennen achten zu müssen; doch mit der Zeit hatte sie eine gewisse Übung darin bekommen.

„Danke, Commander“, erwiderte Dheran knapp. „Sie können nun ihren Dienst beenden. Die letzten drei Tage waren auch für Sie ziemlich kräftezehrend und ich möchte meinen Ersten Offizier so schnell wie möglich wieder in Höchstform wissen. Wer kann schon sagen, was uns auf diesem Flug noch bevorsteht?“

Pasqualina Mancharella nickte verbindlich. „Danke, Captain. Eine heiße Dusche und eine Mütze voll Schlaf werden mir sicher gut tun.“

Dheran blickte der Spanierin für einen kurzen Moment sinnend nach und fragte sich dabei, ob möglicherweise eine andorianische Seele in diesem Menschenkörper wohnte. Zumindest ihr Temperament stand dem einer Andorianerin in nichts nach. Im nächsten Moment schmunzelte er unterdrückt über diesen Gedanken und ließ sich auf der Vorderkante des Kommandosessels nieder, wobei er seine Hände auf die Lehnen legte und einen Fuß leicht nach hinten setzte, so als wolle er schon im nächsten Moment wieder aufspringen.

Nur selten hatten seine Brückenoffiziere die Gelegenheit ihn dabei zu beobachten, dass er sich ganz in den Sessel zurück lehnte, doch selbst dann wirkte er eher angespannt, als entspannt.

Lieutenant Ivarsson schien hingegen das genaue Gegenteil des Captains zu verkörpern. Wenn man ihn vor den Schiffskontrollen sitzen sah, drängte sich der Eindruck auf, ein alter Mann würde gemütlich daheim vor dem Kamin sitzen und der Dämmerung entgegen dösen. Nur wer den Norweger näher kannte wusste, dass dieser Eindruck völlig täuschte.

Dheran musterte Ivarsson, den scheinbar Nichts und Niemand aus der Ruhe bringen konnte, und dachte dabei: Ich möchte Ivarsson einmal wild erleben! Bei allen Sternenteufeln, was gäbe ich dafür ihn, nur ein einziges Mal, richtig außer sich zu sehen...

Das dachte der Andorianer bei jedem Einsatz, seit er die ICICLE kommandierte; und nach jedem Einsatz war er um eine Hoffnung ärmer. Er blickte zum Schirm, auf dem die länglichen Sternenstreifen den Warpflug anzeigten. Vor der ICICLE flog die ENDEAVOUR in nur wenigen hundert Kilometern Abstand.

Er war stolz darauf, dass der Admiral ausgerechnet ihn und seine Crew für diesen Einsatz ausgewählt hatte, auch wenn er dies nach Außen hin nicht zeigte. Für die meisten Besatzungsmitglieder der ICICLE war dies der erste Kampfeinsatz gewesen, und Dheran war zufrieden mit der Leistung seiner Mannschaft – besonders mit der Leistung seines XO. Die dreiunddreißgjährige Spanierin hatte das Schiff geschickt und fehlerlos geführt, während er den Kommandotrupp, an Bord des Gornkreuzers, befehligt hatte. Solche Vertrauensbeweise waren äußerst wichtig, denn sie gaben Selbstvertrauen. Außerdem wusste Dheran nun, dass er sich auch in heiklen Situationen auf Commander Mancharella verlassen konnte. Ihrer Dienstakte hatte Tar´Kyren Dheran entnommen, dass sie in Salamanca geboren worden war, und noch bevor sie ihren Dienst an Bord der U.S.S. ICICLE antrat, hatte er die Geschichtliche Datenbank zu ihrer Heimatstadt befragt. Dabei war er auf einige interessante Informationen gestoßen; besonders jener Christoph Columbus, der dort vor den Professoren und Kirchenoberhäuptern erscheinen musste, bevor er zu seiner Entdeckungsreise nach Amerika aufgebrochen war, hatte ihn dabei fasziniert.

Da eins seiner Hobby´s die Terranische Militärgeschichte war, kannte er natürlich jene alt-terranische Nation und ihre Bestrebung die Weltherrschaft zu erreichen. Ein Ziel an dem sich in der terranischen Geschichte immer wieder einzelne Nationen versucht, und die Köpfe eingerannt hatten. Umso erstaunlicher schien es ihm, dass es gerade dieses Volk, welches sich Jahrtausende lang bis auf´s Blut, gegenseitig bekämpft hatte, gewesen war, dass den Hauptanteil zu Gründung der Vereinigten Föderation der Planeten beigetragen hatte. In einem Anflug von Sarkasmus kam ihm der Gedanke, dass sich die verschiedenen Nationen der Erde zum Schluss vielleicht nur deshalb politisch zusammengeschlossen hatten, weil ihnen schlicht und ergreifend die Puste zum Weiterkämpfen ausgegangen war.

Das leise Zischen der Schotts von Turbolift-2 riss ihn aus seinen philosophischen Betrachtungen und ließ ihn herum fahren. Zusammen mit der Betazoidin, Imania Maray, einer sportlich durchtrainierten Frau im Rang eines Lieutenant-Commander, die an Bord dieses Schiffes die Funktion des Counselors erfüllte, betrat Commander Namoro Kunanga, der CAG der an Bord befindlichen Jagd- und Jagdbombergeschwader, die Brücke.

Während der knapp über zwei Meter lange CAG mit tiefer Bass-Stimme meldete, dass die Geschwader der ICICLE, bis auf eine verlorene und zwei beschädigte Maschinen wieder voll einsatzbereit seien, kam die Betazoidin mit federnden Schritten die gebogene Rampe hinunter, auf ihn zu.

Dheran dankte Kunanga für seine Meldung und bewunderte dabei wieder einmal die Vielfältigkeit der terranischen Hautfarben. Während es die Sternengötter, bei den meisten galaktischen Völkern, bei einer Hautfarbe belassen hatten, schien es ihnen Spaß gemacht zu haben, über den Menschen der Erde ihre Farbtöpfe in verschwenderischer Art und Weise auszuschütten. Die Haut des CAG zum Beispiel war beinahe ebenholzschwarz, während die von Ivarsson fast weiß war, und dennoch gehörten sie zu ein und demselben Volk.

Dheran schüttelte unmerklich den Kopf und wandte seine Aufmerksamkeit Imania Maray zu, die sich geschmeidig in ihren Sessel, zu seiner Linken, sinken ließ. Die Betazoidin musterte den Andorianer neugierig und fragte ihn, mit samtweicher Stimme: „Wie geht es ihnen heute, Captain?“

Dheran´s Antennen richteten sich leicht nach vorne. „Die Arbeiten an den Schiffs-...“

Die Betazoidin unterbrach ihn mit einer schnellen Handbewegung. „Ich möchte nicht wissen, wie es dem Schiff geht, Captain. Ich möchte wissen wie es ihnen geht.“

„Ich bin das Schiff“, konterte Dheran trocken. „Das sollte Ihnen langsam klar geworden sein. Aber um Ihre Frage zu beantworten, uns geht es gut. Darf ich im Gegenzug fragen, was Ihre Gedankenleserei macht?“

Imania seufzte entsagungsvoll. Sie wusste, dass dem Captain diese Frage besonders viel Vergnügen bereitete, weil sie die Gedanken des Andorianers auch dann nicht würde lesen konnte, wenn sie alle ihre Kräfte darauf konzentrierte.

Nur zwei bis drei von einer Million Andorianern waren in der Lage ihre Gedanken gegenüber telepathisch begabten Wesen abzuschirmen, eine Besonderheit dieses Volkes, von der sie erst erfahren hatte, als Dheran das Kommando über dieses Schiff übernahm. Diese Andorianer konnten zwar, selbst bei körperlichem Kontakt, keine fremden Gedanken erfassen, wohl aber Emotionen, wenn sie stark genug waren. In einem vertraulichen Gespräch, welches vor etwa einem Jahr stattfand, hatte der Captain ihr verraten, dass andorianische Männer und Frauen, die so veranlagt waren wie er, bei körperlichem Kontakt zu anderen Wesen sowohl deren Liebe und Freude, als auch deren Trauer und Hass auf diese Weise mitempfanden.

Die Betazoidin ahnte, dass man eine weitaus größere seelische Stärke brauchte, um mit solchen Gefühlsstürmen, besonders innerhalb intimer Beziehungen, fertig zu werden, als gewöhnliche humanoide Intelligenzen, auch wenn der Captain nie davon sprach. Vielleicht war das mit ein Grund, warum Tar´Kyren Dheran immer noch ledig war.

Mit leiser Stimme sagte sie: „Diese Frage bereitet Ihnen ein besonderes Vergnügen, Captain. Nicht wahr? Dabei wissen Sie doch nur zu gut, dass wir Betazoiden nicht ohne Erlaubnis in die Gedanken anderer Wesen eindringen.“

Der Andorianer konzentrierte sich auf die großen, beinahe schwarzen Augen der Betazoidin, die eine geradezu verblüffende Ähnlichkeit mit denen seines XO hatten. Und doch wirkten die Augen des Lieutenant-Commanders wesentlich sanfter. Auf Terra gab es das Sprichwort, dass die Augen die „Spiegel der Seele“ seien, und es traf vollkommen zu.

Die schmalen Lippen des Captains verzogen sich zu einem schiefen Grinsen: „Sie haben Recht; mit Beidem. Wie beurteilen Sie die allgemeine Stimmung an Bord?“

„Ich möchte behaupten, sie ist ausgezeichnet. Trotz der intensiven Reparaturarbeiten in den letzten Tagen ist die Mannschaft guter Dinge. Für die Männer und Frauen auf der ICICLE haben Sie ihren legendären Ruf bestätigt, andererseits sind sie stolz darauf, dass sie Ihnen beweisen konnten, was sie können.“ Die Betazoidin schmunzelte verhalten und fügte hinzu: „Ich wünschte, Sie könnten es mir nachempfinden.“

Der Captain ließ ihre letzte Bemerkung unkommentiert, der Blick aus seinen zusammengekniffenen Augen sagten ihr jedoch, dass diese Bemerkung an der Grenze des Erlaubten gelegen hatte, und dass es besser war auf weitere Spitzen dieser Art zu verzichten.

„Wie kommt es eigentlich, dass Sie so etwas wissen, wenn Sie doch angeblich nicht unerlaubt lauschen?“ erkundigte sich Dheran nach einer Weile fast flüsternd, so dass nur Imania Maray seine Worte mitbekam.

Die einunddreißigjährige Betazoidin lächelte amüsiert und meinte: „Netter Versuch, Captain, aber sie wissen bestimmt, dass die Vertreter meines Volkes starke Emotionen auch dann aufnehmen, wenn sie nicht auf Empfang sind.“ Sie erkannte den aufglimmenden Unwillen in den blau-violetten Augen des Kommandanten und wechselte das Thema: „Wie es scheint verstehen sie sich mit dem neuen XO mittlerweile ganz gut. Anfangs hegte ich insgeheim die Befürchtung, dass der Commander noch schneller das Handtuch werfen würde als ihr Vorgänger. Wissen Sie, Commander Mancharella und Sie sind sich ziemlich ähnlich.“

„Sind Sie, in den vergangen drei Monaten, ganz allein darauf gekommen?“ fragte Dheran ironisch. „Das finde ich geradezu verblüffend.“

Die Betazoidin verdrehte die Augen und gab ihre subtile Vorgehensweise auf. Wenn der Captain in Ironie machte, war er nur schwer zu ertragen. „Na schön, Sir, dann werde ich etwas direkter. Glauben Sie nicht, dass sie die Messlatte für ihre Führungsoffiziere im Allgemeinen, und für ihren XO im Besonderen, unverhältnismäßig hoch gelegt haben? Besteht überhaupt eine Chance, dass Jemand ihren Ansprüchen jemals genügen wird?“

Captain Tar´Kyren Dheran rutschte ein Stück im Sitz nach vorn und ein seltsames Funkeln lag in seinen Augen, als er seinen Counselor fast hypnotisierend ansah. Beinahe widerstrebend rückte er wieder ein Stück von der Betazoidin ab und erklärte gefährlich sanftmütig: „Reden sie nicht um den frisch gefallenen Pulverschnee herum. Sie glauben also, dass ich zu hart zu meinem Commander bin. Falls Sie es noch nicht mitbekommen haben; wir haben Krieg, Lieutenant-Commander Maray, und er ist einem langen und schweren Krieg zu schnell gefolgt. Viele der besten Männer und Frauen hat dieser letzte, blutige Krieg, gegen das Dominion, verschlungen und nun liegt es an den Überlebenden dieses Krieges, die jüngeren und weniger erfahrenen Crews in Rekordzeit auf ein Niveau zu bringen, die uns auch diese Prüfung bestehen lässt. Glauben Sie vielleicht ich könnte den Krieg anhalten, damit wir mehr Zeit für diese Aufgabe haben?“

Der Captain war wieder einmal in einer Stimmung in der er alles sah und hörte, und so bemerkte er aus den Augenwinkeln, dass Ivarsson und Charall sich ein Wenig zur Seite gedreht hatten und aufmerksam zuhörten. Sein Kopf ruckte herum und er fuhr die beiden überraschten Offiziere eine Spur lauter werdend an: „Und wer hat Ihnen erlaubt den Krieg anzuhalten?“

Die beiden angesprochenen Offiziere beeilten sich, sich wieder auf ihre Instrumente zu konzentrieren, während Dheran´s Aufmerksamkeit bereits wieder dem Lieutenant-Commander galt. Mit gedämpfter Stimme sagte er eindringlich: „Hören Sie, Counselor, ich habe im letzten Krieg Flottenangehörige sterben sehen, weil sie ihren Gegner unterschätzt, und ihre eigenen Fähigkeiten überschätzt haben. Andere waren auch einfach nicht genügend auf Kampfsituationen vorbereitet und so etwas möchte ich niemals wieder erleben, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt.“ Seine Stimme wurde noch eine Spur leiser als er hinzufügte: „Was Commander Mancharella angeht: Mit etwas Schliff wird sie einer der besten Sternenflottenoffiziere die es je gab, darauf verwette ich mein Leben.“

„Werden Sie ihr das auch irgendwann einmal sagen, Captain?“

Die Gesichtszüge des Andorianers entspannten sich und seine Lippen verzogen sich zu einem so gelösten Lächeln, wie man es bei ihm nur sehr selten sah. „Da ich Commander Mancharella für sehr intelligent halte, bin mir sicher, dass sie das bereits weiß. Denn wie sie ganz richtig bemerkten, Counselor: Wir sind uns ziemlich ähnlich.“

 
 

* * *

 

Als Commander Mancharella die Offiziersmesse, nach einem schnellen Imbiss verließ um sich zur Brücke zu begeben, fühlte sie sich entspannt und guter Dinge. Die sieben Stunden Tiefschlaf, nach einer heißen Dusche, hatten ihr gut getan. Sie erwiderte aufmerksam die Grüße der Besatzungsmitglieder, die ihr auf ihrem Weg zum Turbolift begegneten und spürte dabei eine gewisse Veränderung zu vorher. Zuerst war sie sich nicht bewusst, was es war, aber nachdem sie den Lift betreten hatte wurde ihr klar, dass es etwas war das in den Blicken dieser Leute gelegen hatte.

Sie vertrauten ihr, nun da sie bewiesen hatte, dass man sich auch in Kampfsituationen auf sie verlassen konnte. Wahrscheinlich hatte die Besatzung sie zuvor erst einmal abwartend beobachtet, und verwundert fragte sie sich nun, warum ihr das nicht aufgefallen war. Vielleicht hatte es daran gelegen, dass sie in den letzten drei Monaten zu sehr damit beschäftigt gewesen war dem Captain zu beweisen, dass sie seinen Ansprüchen würdig war.

Kopfschüttelnd realisierte sie wie sehr dieser charismatische Andorianer ihren Ehrgeiz gefordert hatte, dass ihr solche Feinheiten entgangen waren.

Und ich dummes Luder habe nicht mal gemerkt WIE sehr ich um seine Akzeptanz und seine Anerkennung gekämpft habe, schalt sie sich schmunzelnd. Dieser Kerl ist noch raffinierter als ich bisher dachte.

Sie konzentrierte sich wieder auf den bevorstehenden Dienst, als sich die Liftschotts vor ihr teilten, betrat die Brücke und stellte mit einem Blick auf den Panoramabildschirm fest, dass die ICICLE und die ENDEAVOUR nicht mehr mit Warpgeschwindigkeit flogen. Während sie abwesend gewesen war, hatten die beiden Schiffe den Rendezvouspunkt mit den Geleitschiffen des Flaggschiffes erreicht, was sie daran erkannte, dass die ENDEAVOUR nun von zwei Schiffen der DEFIANT-KLASSE flankiert wurde.

Beide Geleitschiffe, sowohl die U.S.S. TARNIS als auch die U.S.S. HELIOS, wurden von erfahrenen Männern kommandiert, die bereits im Krieg gegen das Dominion von sich Reden gemacht hatten. Ebenso wie Captain William Voltz von der HELIOS, haftete dem Captain der TARNIS, Claude LeGerron, ein gewisser Heldenruf an.

Pasqualina Mancharella war diesen beiden Captains nie persönlich begegnet, hatte jedoch einige tolle Geschichten über diese beiden Männer gehört. Kaum hatte sie in ihrem Sitz, neben Captain Dheran Platz genommen, als Lieutenant Farok in gewohnt sachlicher Manier meldete: „Captain, die ENDEAVOUR ruft uns.“

„Auf den Schirm“, ordnete Dheran an. Nur eine kaum messbare Zeitspanne später erschien das Bild von Captain Christina Carey und einem Teil der Brücke des Flaggschiffs überlebensgroß auf dem Hauptschirm.

Die Spanierin beobachtete ihren Captain dabei, wie er sich geschmeidig aus dem Sessel erhob, einen Schritt nach vorne machte und dabei die Hände auf den Rücken legte.

„Ich grüße Sie, Captain“, sagte er mit merkwürdig sanftem Tonfall. „Was kann ich für Sie tun?“

Commander Mancharella entging nicht das feine, beinahe unmerkliche Lächeln, welches die geschwungenen Lippen des Captains der ENDEAVOUR flüchtig umspielte. Einen Moment später war nichts mehr davon vorhanden. Was Pasqualina ebenfalls registrierte war, dass auch Christina Carey sich erhob und nun ähnlich in Position stellt, wie Dheran, bevor sie antwortete: „Unsere Tiefenscanner haben einige merkwürdige Subraumanomalien aufgefangen, Tar´Kyren. Wie ist der momentane Status Ihrer eigenen Systeme?“

„Unsere Tiefenscanner fallen noch für etwa drei bis vier Stunden aus. Danach sind wir wieder voll einsatzbereit. Darf ich fragen, welcher Art diese Anomalien sind?“

„Unbekannt. Wir haben solche Subraummuster noch nie zuvor gesehen; alles was wir feststellen konnten, war die ungefähre Richtung aus der sie kamen. Nach Meinung unseres Wissenschaftsoffiziers, Lieutenant Sovak, haben wir lediglich den äußeren Ausläufer der Anomalie angemessen. Seinen Analysen zufolge handelt es sich um ein kaskadenartiges Phänomen, dass ihren Ursprung in mehr als achtzehn Lichtjahren Entfernung hat. Nach unseren Sternenkarten gibt es dort eine Hauptreihenstern vom Typ G3. Ob der Stern Planeten besitzt ist nicht bekannt. Der Admiral möchte, dass du hin fliegst und dich dort einmal gründlich umsiehst. Wir übermitteln dir unsere Scannerprotokolle.“

Commander Mancharella wandte sich bei diesen Worten an Lieutenant Farok: „Schmeißen Sie unseren Eierkopf vom Dienst aus dem Bett, er kriegt Arbeit.“

Der Vulkanier hob leicht seine Augenbrauen, was bei ihm beinahe einem Gefühlsausbruch gleichkam, bevor er den Wissenschaftlichen Offizier auf die Brücke befahl. Zwar kannte sich der Vulkanier mit der blumigen terranischen Umgangssprache aus, aber er schätzte sie nicht besonders.

Anders als Captain Dheran, dessen Mundwinkel für einen kurzen Moment verdächtig zuckten. Dann galt die Aufmerksamkeit des Andorianers wieder dem Captain.

„Hat dein Wissenschaftsoffizier in Erfahrung bringen können, ob eine erneute Kaskade der ICICLE, beim Anflug des Sektors, gefährlich werden könnte?“

Die hochgewachsene Frau schüttelte langsam den Kopf. „Negativ. Hör zu, Tar´Kyren, du wirst dein andorianisches Abenteurerblut im Zaum halten und dich in Etappen von jeweils zwei Lichtjahren dem Gebiet vorsichtig nähern. Mit Antworten ist uns besser gedient, als mit toten Helden.“

Die Antennen des Andorianers spreizten sich kurz zur Seite und richteten sich gleich darauf wieder auf. Pasqualina Mancharella sah eine solche Bewegung zum ersten Mal darum entging ihr die Bedeutung.

„Aye, Captain. Mach dir keine Sorgen, Du kennst mich doch.“

„Genau darum sage ich es ja“, entgegnete Christina Carey gespielt finster, wobei ihre Augen einen ganz anderen Gemütsausdruck zeigten. Eine Nuance weicher fügte sie hinzu: „Pass dort draußen gut auf dich und deine Leute auf, Tar´Kyren. Wir wissen nicht, womit wir es zu tun haben.“

Dheran nickte ernsthaft. „Bestelle dem Admiral, dass er sich auf die Crew der ICICLE verlassen kann. Wir finden heraus was da vorgeht.“

„Viel Glück, Tar´Kyren.“

Gleich darauf verschwand Carey vom Hauptschirm. Dheran blieb einen Moment reglos stehen, bevor er sich zu Lieutenant Farok umwandte und ihn fragend ansah. Noch bevor er eine entsprechende Frage stellen konnte, meldete der Vulkanier: „Ich habe die Koordinaten des fraglichen Sektors ermittelt und bereits zur Navigationskonsole überspielt.“

Der Andorianer erinnerte sich flüchtig an sein Gespräch mit dem Counselor und antwortete freundlich: „Tüchtig, Mister Farok.“ Er kümmerte sich nicht weiter um das sanfte Erstaunen auf dem Gesicht des Vulkaniers sondern wandte sich an die bolianische Navigatorin und an den Steuermann.

„Ensign Charall, setzen sie einen Kurs; Mister Ivarsson: Kurs folgen, Maximum Warp. Unterbrechung des Fluges nach jeweils zwei Lichtjahren für etwa dreißig Minuten Dauer.“ Er blickte über die Schulter zu Lieutenant Farok. „Mister Farok, sobald die Tiefenscanner wieder Online sind, permanenter Scann des fraglichen Sektors. Sie werden mich über jede noch so kleine Unregelmäßigkeit in Kenntnis setzen.“

Die angesprochenen Offiziere bestätigten, und schon wenige Sekunden später scherte die ICICLE aus dem kleinen Schiffsverband aus und ging auf neuen Kurs. Mit zufriedener Miene nahm Dheran im Kommandosessel Platz, deutete mit seiner flachen Hand von unten nach vorn und gab das Kommando: „Volles Programm, Mister Ivarsson.“

Der Norweger bestätigte und schon Sekunden später ging die ICICLE auf Überlichtgeschwindigkeit, einem ungewissen Schicksal entgegen eilend.



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