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Liebe?

Nein, danke!
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Viel Spaß beim Lesen :) Komplett anzeigen

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1. Akt

Scharf pfiff ihr der Wind ins Gesicht, schmerzte in ihren Ohren und sorgte dafür, dass ihre Haarsträhnen nach links und rechts geweht wurden. Ihre Augen begannen zu tränen und es wäre klüger gewesen, ihren Blick einfach abzuwenden und diese so zu schützen, doch sie zwang sich, nicht klein bei zu geben. Nicht jetzt!

Ihr Gegenüber hob langsam eine Augenbraue, schwieg allerdings ebenfalls und durch das Gel in seinen Haaren veränderte sich seine Frisur kaum, nur die vorderen Strähnen wippten leicht mit dem Wind nach oben und unten.

Das alles hier war eine ziemlich seltsame Situation, wenn sie daran dachte, wie einfach ihre Beziehung vor nicht allzu langer Zeit noch gewesen war. Sie wusste nicht, was genau sie ihm sagen sollte oder wie sie es schaffte, ihre seltsamen Verhaltensweisen der letzten Tage zu erklären, doch wegschauen wollte sie nicht. Es würde einer Niederlage gleichkommen und sie war nicht der Typ Mensch, der gerne verlor.

Seine schwarzen Augen musterten sie und für einen Moment war der Drang, erneut wegzulaufen, plötzlich viel größer als ihre Sturheit. Allerdings stand er näher an dem viereckigen Kasten, in dessen Inneren sich das Treppenhaus befand, die einzige Fluchtmöglichkeit von diesem Dach – sofern man nicht geisteskrank war und runter sprang.

Und sie war vielleicht vieles, aber das dann doch nicht.

Er musste gesehen haben, wie ihr Blick kurz zur geschlossenen Tür gehuscht war und ging ein paar Schritte auf sie zu.

Eigentlich war es wirklich traurig, dass er diese ganze Geschichte klären wollte, obwohl genau diese Dinge überhaupt nicht zu seinen Stärken zählten.

Sie hingegen war lieber weggerannt und hatte auf den erstbesten Platz zu gesteuert, der ihr in den Sinn gekommen war.

Das Schuldach.

Der Ort, an dem sie sich meist zwischen den Stunden oder nach dem normalen Unterricht und vor ihren AGs – sofern sie nicht zum Zusatzunterricht musste – zurückzog, um in Ruhe zu lernen.

Wobei es in dieser Situation wohl selten dämlich gewesen war, weil er ebenfalls hier her kam und über die Dächer der Stadt, die sich rund um das Gebäude erstreckten, hinweg in die Ferne blickte, den Wolken beim Wandern zusah oder ein wenig Freiraum von seinem besten Freund brauchte, der die Personifikation einer Klette sein konnte.

Allerdings störten sie sich gegenseitig nicht, sie setzte sich zu ihm, holte ihre Sachen aus der Tasche und begann zu lernen. Normalerweise.

Heute aber standen sie aus einem anderen Grund hier oben. Und dieser gefiel ihr überhaupt nicht, dabei war es wirklich ihre komplett eigene Schuld und dieser sollte sie sich stellen. Schließlich war er ihr sogar gefolgt – zumindest nahm sie dies an, aber welche andere Erklärung gab es für sein plötzliches Auftauchen sonst?

Der Wind wurde stärker und sie glaubte, dass ihre Trommelfelle bald platzen würden, wenn das so weiterging. Also blieb ihr nichts anderes übrig als mit ihm zu reden und so schnell genug wieder vom Dach zu kommen, oder?

Doch sie wollte nicht.

Falsch!

Sie konnte es nicht.

Allein ihn hier vor sich stehen zu sehen, ließ ihr Inneres schmerzvoll zusammenziehen und bei dem Gedanken, wie diese ganze Situation enden könnte, wurde ihr einfach nur schlecht.

Wieso konnte es nicht so sein, wie noch vor ein paar Wochen? Zu zweit auf dem Dach, ohne irgendwelche komplizierten Gefühle, die nun über ihnen schwebten wie eine Guillotine, die nur darauf wartete in Höchstgeschwindigkeit hinter zu sausen.
 


 

Durch die vielen Tropfen, die draußen im Eiltempo vom wolkenverhangenen Himmel nach unten auf den Boden fielen, rannten die meisten Schüler ins Innere des Gebäudes und behinderten durch ihre noch aufgespannten Regenschirme andere, die zu ihren Spinden kommen wollten, um ihre Schuhe flott zu wechseln, bevor die Glocke schellte und ihnen damit mitteilte, dass sie zu spät zum Unterricht kamen.

Seufzend schob sich Sakura Haruno an ein paar Mädchen aus dem ersten Jahr vorbei und drückte sich dann regelrecht an die Spinde, um nicht unbeabsichtigt von einem dieser verdammten Schirme erstochen zu werden.

Sie öffnete ihren eigenen Spind und wollte ihre Schuhe herausziehen, als zwei kleine Zettel heraus fielen und langsam zu Boden segelten. Augen verdrehend bückte sie sich und hob diese auf. Sie musste nicht lesen, was darauf stand, um deren Inhalt zu kennen, weshalb sie die zwei abgerissenen Stücke Papier nur in die Rocktasche stopfte und den ursprünglich geplanten Wechsel ihres Schuhwerks vollzog.

Man sollte meinen, dass die Schüler so kurz nach den Sommerferien damit beschäftigt waren, wieder in den Schulalltag zurück zu finden oder sich aufgeregt zu erzählen, was sie so erlebt hatten und wo sie während der freien Zeit hingefahren waren, aber nein, natürlich begann gleich alles so wie es geendet hatte.

Mit dummen Briefchen an sie.

Sakura verstand einfach den Sinn dahinter nicht. Es war ja nicht so, als hätte sie sich ihn ausgesucht, weil gefühlt jedes zweite Mädchen der Schule auf ihn stand. Vor allem war das zwischen ihnen eine stinknormale Freundschaft, die absolut nicht in die Richtung ging, an die diese pubertierenden Hühner dachten.

Genervt schlurfte sie die Gänge entlang, bis sie schließlich an der Klassenzimmertür ankam. Sie schob die Tür auf, trat ein und murmelte eine Begrüßung, bevor sie sich zu ihrem Platz begab und ihre Tasche darauf legte.

»Morgen Sakura!« Naruto stand gutgelaunt und mit seinem typischen Grinsen vor ihr. Seine blonden, sonst verstrubbelten Haare klebten auf seiner Kopfhaut, doch das schien ihn nicht im Geringsten zu stören.

»Hast du keinen Schirm? Du machst den Boden ganz nass«, stellte Sakura mit einem prüfenden Blick über seine Schuluniform fest. Vor allem bei seinem Hemd blieb ihr Blick ein paar Sekunden länger hängen. Weiß war eine verdammt ungünstige Farbe, wenn es draußen regnete und man nichts hatte, um sich davor zu schützen.

Naruto zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen und sah nun ebenfalls an sich hinunter.

»Oh«, stellte er fest. Er blickte auf und ließ seine Augen ein paar Momente über die anderen Schüler gleiten, allerdings war die Person, die er suchte, noch nicht aufgetaut, weshalb er sich wieder Sakura zuwandte.

»Ich werde mir einfach ein Sportshirt anziehen oder so. Aber Hinatas Schirm ist kaputt gegangen und da hab ich ihr meinen geliehen. Allerdings hätten wir nicht beide darunter gepasst, also bin ich eben her gerannt.«

Bei diesen Worten warf Sakura dem Mädchen, das ein paar Tische schräg vor ihr saß, einen Blick zu, doch diese starrte verbissen ins Englischbuch und tat eindeutig so als würde sie das Gespräch – welches man gar nicht überhören konnte – nicht wahrnehmen. Ein paar der anderen Schüler tuschelten bereits. Die Arme.

Naruto schien wirklich absolut keine Ahnung zu haben, wie hoffnungslos sie in ihn verliebt war und Sakura verstand nicht, warum sie es überhaupt war.

Das hörte sich jetzt böser an als es gemeint war. Naruto war ihr bester Freund, er war ihr wichtig und seit sie klein waren so etwas wie ihr Bruder, aber sie verstand diese Gefühle einfach nicht, die Hinata ihm entgegenzubringen schien. Es machte für sie absolut keinen Sinn, wie man sich einem anderen Menschen so unterwerfen konnte. Allerdings war sie auch noch nie verliebt gewesen, weshalb sie nicht auf eigene Erfahrungen zurückgreifen konnte, doch da es sich dabei nur um chemische Prozesse im Körper, die dafür sorgten, dass man sich zum Deppen machte, handelte, war sie auch nicht sonderlich erpicht darauf.

Es gehörte sogar zu den Dingen im Leben, bei denen sie kein Problem hatte, dass dieser Kelch bisher an ihr vorüber gegangen war. Gleiches galt für Pickel, denn bis heute hatte sie noch keinen einzigen bekommen – weshalb Ino sie hasste.

»Du weißt schon, dass du ein Trottel bist oder?«, fragte Sakura, die zwar nicht viel davon hielt, aber Hinata so unter ihren Gefühlen leiden zu sehen, tat ihr selbst auch weh. Außerdem musste Naruto echt blind sein, wenn er es nicht verstand – und noch viel mehr, weil er nicht merkte, wie seltsam er sich Hinata gegenüber immer verhielt. Er war wirklich ein Trottel.

»Warum das schon wieder?« Naruto schob beleidigt die Unterlippe vor und drehte sich demonstrativ weg. Sakura schüttelte achselzuckend den Kopf und ließ sich auf ihren Stuhl fallen, um ihre Unterlagen aus der Tasche zu holen und alles für den Unterricht vorzubereiten.

»Was für ein Sauwetter.« Nicht einmal fünf Minuten Ruhe hatte man vor Unterrichtsbeginn. Die nächste Blondine, die Sakura manchmal in den Wahnsinn trieb, stand vor ihrem Tisch und band sich ihren Zopf neu, wobei ihre langen Haare fast Sakuras Gesicht trafen, als sie wie ein Pendel hin und her schwangen.

»Dir auch einen guten Morgen, Ino.« Die Angesprochene verengte ihre Augen ein wenig, wodurch ihr Blau noch intensiver wirkte.

»Was ist?«, fragte Sakura leicht genervt.

»Nichts.« Und damit drehte Ino sich auf dem Absatz um und ging zu ihrem eigenen Tisch, in der vordersten Reihe direkt am Fenster. Sakura seufzte.

»Sasuke, hast du noch ein Ersatzshirt eingesteckt?« Sakura hob ruckartig ihren Kopf und blickte in Richtung Klassenzimmertür, in der ein schwarzhaariger Junge stand, der Mühe hatte, Naruto auf Abstand zu halten und dabei alles andere als begeistert wirkte.

»Ein unbenutztes Sportshirt«, erklärte er mit einer Stimme, die laut hören sagen bei vielen Mädchen für Gänsehaut und andere Probleme sorgte. Erneut etwas, was Sakura nicht nachvollziehen konnte, weil sie mit dem Thema Liebe absolut nichts am Hut hatte. Was gerade an seiner Tonlage so besonders sein sollte, erschloss sich ihr einfach nicht.

Dennoch erhob sie sich und lief auf ihn zu. Sasuke setzte sich gerade, nachdem Naruto schnell an ihm vorbei geeilt war, um sich noch flott umzuziehen. Sie blieb direkt vor Sasukes Platz stehen.

»Ich hab was für dich«, erklärte sie ihm, ohne die typischen Höflichkeitsfloskeln zu beachten, aber darauf stand er sowieso nicht.

Sasuke sah sie aus seinen schwarzen Augen heraus an und hob eine Augenbraue. »Und was?«, wollte er schließlich wissen.

»Dreimal darfst du raten. Und ich würde dich darum bitten, dass sie sich einen neuen Spind aussuchen, in dem sie diese wunderschönen Zettel stopfen, meiner muss sich langsam wie ein Papiermülleimer vorkommen.« Sie zog die zwei Zettel aus ihrer Rocktasche und legte sie auf seinen Tisch. Ihr Rock verrutschte etwas, weshalb sie über den dunkelblauen Stoff strich und kurz daran zupfte, bis die gewollten Falten wieder ordentlich lagen.

»Du hättest das auch gleich wegschmeißen können«, schlug Sasuke ihr vor. Ja, das hätte sie. Wahrscheinlich war es unter Mädchen auch ein Kodex, dass man dem Jungen, um den es in solchen Briefen ging, nichts davon erzählte, aber erneut war das etwas, von dem Sakura nicht sonderlich viel hielt.

Namen standen sowieso nicht darunter und Sasuke ziemlich dumm sein müsste, um nicht zu verstehen, wie dämlich sich manche Mädchen verhielten, wenn sie verschossen waren – unweigerlich musste sie an ihre Lieblingsschuhe denken, die nicht mehr zu retten gewesen waren. Also kam es ihr sowieso sinnlos vor, es vor ihm zu verheimlichen. Gerade auch, weil sie schon seit der Grundschule miteinander zu tun und schon damals gemeinsam mit Naruto gespielt hatten.

»Ich dachte einfach, du hast ein wenig Interesse daran. Geht schließlich um dich.«

»Hast du es schon gelesen?«

»Nein. Warum auch? Steht doch sowieso immer das Gleiche drinnen«, antwortete Sakura und verschränkte die Arme vor der Brust.

Sasuke nickte, reichte ihr die Zettel aber wieder, ebenfalls ohne sie zu öffnen.

»Dann nic- Hey!«

Ino war plötzlich neben ihr aufgetaucht und entzog ihr die kleinen Briefe, um sie aufzufalten.

»Was denn? Am Ende ist das ein Liebesbrief an dich und du schmeißt ihn aufgrund falscher Vermutungen weg. Wäre doch schade.«

Ja, unglaublich schade. Gut, jemand, der in sie verliebt wäre, bräuchte sich sowieso keine großen Hoffnungen machen, weil Sakura diese Gefühle nicht erwidern würde, aber wenn diese Person nicht einmal genügend Mumm in den Knochen besaß um ihr das direkt zu sagen, war er sowieso schon von vornherein unten durch.

»Mh. Ne, ist derselbe Mist wie jedes Mal. Schade.« Ino zerknüllte sie in ihren Händen und seufzte einmal theatralisch laut auf. »Weißt du, und dann bezeichnen mich die Leute als Zicke. Ich sag dir wenigstens direkt ins Gesicht, dass ich dich scheiße finde.« Sie streckte die Zunge raus, ging dann aber zum Mülleimer und schmiss die Fetzen weg.

»Ich hab dich auch lieb!«, rief Sakura ihrer besten Freundin hinterher und lachte kurz.

»Meine Mutter fragt übrigens, ob du Samstagabend schon was vorhast«, riss Sasuke sie aus ihrem kleinen Lachanfall.

Sakura überlegte kurz, schüttelte schließlich aber den Kopf. »Meine Eltern müssten bei Freunden sein, also hab ich ganz sicher sogar Zeit. Warum?«

»Sie ist der Meinung, dass es wichtig ist, Freunde regelmäßig zum Essen einzuladen«, erklärte er kurz. Bei jedem anderen würde es belustigt oder genervt klingen, Sasukes Tonlage sorgte dafür, dass es wie ein kalter Fakt aus einem Lexikon wirkte, den man für ein Referat nachschlug. Musste man auch erst einmal schaffen.

»Allerdings wirst du dieses Mal ohne Naruto auskommen müssen, nachdem er ...«

»... beim letzten Mal das halbe Geschirrservice kaputt gemacht hat, meinst du?«

Sakura erinnerte sich mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück an diesen Abend. Das war wohl der beste Geburtstag gewesen, den Sasuke jemals hatte feiern müssen – er hielt nicht viel davon.

Auf jeden Fall war der Abend ohne Komplikationen verlaufen, bis Naruto auf die eigentlich sehr nette Idee gekommen war, beim Abwasch helfen zu müssen und na ja … nun besaßen sie eben drei Teller weniger, auf denen man essen konnte und mussten ohne die vier Gläser auskommen, die ebenfalls ihren Weg nach unten auf die harten Fließen gefunden hatten.

»Genau.«
 


 

Mit den Fingern auf das Pult trommelnd, saß Sakura da, stützte ihren Kopf in ihrer Handinnenfläche ab und seufzte ein paar Mal. Vor nicht einmal zehn Sekunden hatte der Lehrer das Klassenzimmer verlassen und sie hatten endlich Pause.

Doch der Regen wollte einfach nicht weniger werden, dabei wünschte sie sich gerade nichts sehnlicher als zu ihrem Lieblingsplatz gehen zu können. Sie brauchte ganz dringend ein bisschen Ruhe und das war in einem Klassenzimmer voller lauten Schülern ein wenig schwierig. Sie schloss ihre Augen und ließ den Kopf hängen, während sie fieberhaft überlegte, wo sie sonst hingehen konnte, um etwas Luft zum Atmen zu bekommen.

Das Treppenhaus wäre eine Option. Ganz oben, kurz bevor die Stufen endeten und man nur noch durch die Tür nach draußen gehen musste, um aufs Dach zu gelangen, konnte sie sich sicher ein paar Minuten hinsetzten und lernen oder irgendetwas anderes tun, was sie beruhigte, da es momentan nicht so viel Lernstoff gab, den sie sich einprägen musste.

Ohne sich weiter Gedanken darüber zu machen, erhob sie sich, winkte Ino und Hinata kurz zu, die sich gerade auf den Weg gemacht hatte, sich zu ihr zu setzten und verließ schnell das Klassenzimmer, bevor noch jemand auf die blöde Idee kam sie anzusprechen und damit aufzuhalten.

Sie drängte sich an den Schülern der anderen Klassen und Jahrgängen vorbei, die sich entweder mit Freunden trafen oder in die Cafeteria gingen um sich etwas zu Essen zu holen und ignorierte die bösen Blicke, der zwei, drei Mädchen, die sich einfach viel zu sehr in dieses Verknallt sein Ding hineinsteigerten.

Wie es halt wirklich verboten war, in der Schule mit einem Jungen befreundet zu sein, der gut aussah.

Vor allem war Aussehen wirklich nicht alles. Sasuke verhielt sich den meisten Menschen gegenüber wirklich unmöglich. Er konnte manchmal echt ein Arsch sein.

Wobei, das war eigentlich die falsche Bezeichnung. Er besaß nicht viel Interesse gegenüber anderen und war meistens brutal ehrlich zu ihnen, was gerade den Jungs, die gerne mal neidisch auf ihn waren, da er ein absolutes Allroundtalent war, auf die Nerven ging oder die Mädchen, die ihm gestanden, was sie für ihn empfanden, zum Weinen brachte.

Allerdings hielt sich Sakuras Mitleid wirklich in Grenzen. Vor allem diese Liebesgeständnisse waren teilweise nicht gerade ernst zu nehmen – so böse es sich auch anhören mochte – aber woher konnte man sich so sicher sein, jemanden zu lieben, wenn man zuvor noch nie ein Wort mit dieser Person gewechselt hatte?

Gut, Hinata sprach auch nicht sonderlich viel mit Naruto, aber sie kannte ihn wenigstens und sah nicht nur sein Aussehen. Sie wusste, wie er tickte, worin seine Stärken und Schwächen lagen und hatte sowohl seine guten, als auch schlechten Eigenschaften schon kennengelernt.

Darin lag einfach der größte Unterschied zwischen diesen 'Ich will den attraktivsten Jungen der Schule haben' Mädchen und jemandem, der wirklich verliebt war. Auch wenn es logischerweise eine gewisse Rolle spielte, wie jemand aussah und ob er nach außen hin anziehend wirkte.

Sie schüttelte kurz den Kopf, um endlich von diesem leidigen Thema wegzukommen und folgte den Stufen hinauf.

Ein paar weitere Schüler kamen ihr laut redend und lachend entgegen, beachteten sie kaum, was zur Abwechslung mal ganz gut tat. Dank ihrer recht ungewöhnlichen Haarfarbe – rosa – sah man sie in der Regel immer an, auch, wenn sie nicht wussten, dass sie und Sasuke Uchiha, der Sasuke Uchiha, miteinander befreundet waren, weshalb Sakura es in der Schule schwer genug hatte, einfach mal abzutauchen. Wahrscheinlich war dies ein weiterer Grund dafür, dass sie das Dach so liebte. Außer ihr und Sasuke verirrte sich dort sehr selten jemand hin – eigentlich war das Betreten auch verboten und weil man wusste, dass man Sasuke nicht stören sollte, wenn er da hoch ging. Von Sakura mal abgesehen, aber sie lernte, Sasuke dachte nach. Wodurch es auf ein ähnliches Ergebnis hinaus lief, wie wenn er alleine dort wäre.

Mit einem kleinen Sprung eilte sie um die letzte Ecke und vor ihr lagen die letzten fünfzehn Stufen, bevor es zur Tür des Daches ging. Sie wollte sich gerade überlegen, ob sie diese auch noch hinaufsteigen und dort hinsetzten sollte oder sich gleich hier an die Wand lehnte, doch dann blieb sie stehen.

»Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?«, fragte sie und verdrehte die Augen als sie Sasuke sah, der ungefähr auf der Mitte der Treppe Platz genommen hatte und sie nun mit erhobenen Augenbrauen ansah.

»Das könnte ich dich auch fragen«, erwiderte er.

Sakura schüttelte erneut den Kopf, grinste dann allerdings und ließ sich neben ihn fallen, stütze sich mit den Handflächen ab und sah nach oben auf die graue Decke.

»Naruto hat sich heute für Hinata schon wieder blamiert«, begann Sakura irgendwann ein wenig geistesabwesend und wandte ihren Blick zu Sasuke, der leicht nach vorne gebeugt die Stufen hinab sah.

»Hn.«

Sakura lachte kurz und stieß ihm mit den Ellenbogen leicht in die Rippen.

»Ich dachte, über diese Ebene der Konversation sind wir seit gut fünf Jahren schon hinaus.«

Er drehte sich zu ihr und sah sie mit seinen schwarzen Augen direkt an. Sakura schluckte kurz.

»Was willst du hören? Er ist ein Trottel«, erklärte Sasuke schlicht, schien aber genau an die gleichen Ereignisse zu denken wie Sakura.

Kurz vor den Sommerferien hatte Naruto es geschafft, eine halbe Essensschlacht in der Cafeteria zu veranstalten, nur, weil er Hinata unbedingt Shiruko mitbringen wollte, die es seit ein paar Monaten bei ihnen als Fertiggericht zu kaufen gab. Oder beim Sportunterricht vor zwei Tagen, als er ganz gentlemanlike Hinata angeboten hatte, ihr beim Transportieren der Matten zu helfen, dabei gestolpert war und ihren Lehrer mit auf den Boden gerissen hatte.

An die anderen Geschichten wollte sie sich gar nicht erinnern.

»Ja, das schon, aber trotzdem. Ich meine, sie scheinen ja wirklich schrecklich verliebt zu sein, er will das nur nicht wirklich verstehen«, fuhr sie fort und seufzte.

Sasuke nuschelte etwas unverständliches und sah wieder nach vorne.

»Wie bitte?«

»Nichts. Aber es ist seine Sache, ich werde mich da sicher nicht einmischen.« Sasuke erhob sich und reichte ihr eine Hand.

»Wieso eigentlich nicht?« Sakura nahm diese dankend an und ließ sich hochziehen.

»Wer es selbst nicht versteht, würde es auch keinem anderen glauben«, antwortete er schlicht und zuckte mit den Schultern.

Sakura öffnete ihren Mund, um etwas zu erwidern, schloss ihn dann allerdings wieder, weil sie nicht wusste, was sie darauf sagen sollte. Er hatte durchaus Recht. Wer es selbst nicht verstand, würde es sich sicher nicht von anderen sagen lassen. Und gerade bei Naruto lief es dann wahrscheinlich so ab, dass er sich verlegen am Hinterkopf kratzen und widersprechen würde. Sie seufzte. Die arme Hinata.
 


 

Sakura pustete genervt die Luft aus ihren Wangen nach außen und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie stand nun schon eine geschlagene halbe Stunde hier rum und beobachtete Hinata dabei, wie sie von einem Regal zum nächsten ging, um nach einem passenden Geschenk für Naruto zu suchen, der in einem Monat – einem Monat! – Geburtstag hatte.

Sie befanden sich in einem kleinen Krimskramsladen und Sakura fragte sich, was sie sich hier erhoffte.

»Ich will ja nicht nerven, aber du hast noch über vier Wochen Zeit, wieso suchst du jetzt schon?«, rief Sakura ihr vom Eingang aus zu, da Hinata gerade in den hinteren Teil des Ladens abgebogen war und sie nicht genau wusste, wo diese sich nun befand.

»W-weil ich nicht in Stress geraten will. Ich weiß nicht, was ich ihm schenken soll, also möchte ich mich einfach jetzt schon umschauen.« Hinata tauchte drei Gänge weiter links plötzlich wieder auf und war dunkelrot im Gesicht.

»Und ich will ihm keinen Manga oder Comic kaufen, wie du es sicher machen wirst«, fügte sie vorsichtig hinzu.

Sakura verdrehte die Augen, grinste aber. Was sollte sie dazu schon sagen? Bei Geschenken war Sakura noch nie wirklich einfallsreich gewesen, Sasuke hatte von ihr ein Englischbuch für Fortgeschrittene bekommen und Naruto schenke sie jedes Jahr eben diese Dinger, auch wenn sie selbst kaum Ahnung davon hatte, aber dank der Verkäufer vor Ort war sie bisher immer erfolgreich mit ihrer Auswahl gewesen.

»Wieso sagst du ihm nicht einfach, dass du in ihn verliebt bist? Das wäre doch ein gutes Geschenk«, fragte Sakura abwesend, die während ihres Gedankenganges zu einer Kiste gegangen war und abwesend die CDs dort durchging. Von den meisten Bands hatte sie noch nie etwas in ihrem Leben gehört, also waren sie entweder zu alt oder aber zu unbekannt.

Als Hinata nach zwei Minuten immer noch nicht geantwortet hatte, drehte Sakura sich wieder zu ihr und musterte ihre Freundin. Diese spielte nervös mit ihren Fingern und starrte stur gen Boden.

»Entschuldige«, sagte Sakura schnell und hob beschwichtigend ihre Arme. Sie verstand einfach nicht, warum Hinata sich so anstellte. Es war doch nicht so schwer, jemandem zu sagen, der allem Anschein nach ebenfalls in sie verknallt war, was man empfand.

»D-du hast schon recht«, flüsterte Hinata, konnte aber nicht aufsehen. »Ich benehm mich wirklich … lächerlich oder?«

Das Gespräch ging jetzt in eine Richtung, in der Sakura nicht wusste, was sie sagen sollte. Sie könnte ehrlich sein und Hinata noch tiefer ziehen oder ihr widersprechen und wissen, dass es genauso wenig bringen würde und gelogen wäre es zudem auch noch. Wieso hatte sie auch diese dumme Aussage gemacht? Ino hätte das sicher anders gehandhabt.

»Du … du bist halt schüchtern.«

Hinata nickte kurz und seufzte dann.

»Es ist frustrierend. Ino meint immer, wenn ich es ihm sage, dann würde es sicher besser werden, aber … aber ich kann ja jetzt schon kaum mit ihm reden. Als er mir gestern seinen Schirm geliehen hat, war das wirklich … schön, aber i-ich war auch froh, dass er nicht mit darunter gepasst hat und losgerannt ist, weil ich schreckliche Angst davor hatte, irgendwas Dummes zu sagen oder zu machen.«

Sakura wollte nicht, aber sie konnte es nicht verhindern, daraus einen weiteren Grund zu machen, wieso sie sich nicht verlieben würde. Sie klopfte Hinata auf die Schultern und lächelte aufmunternd.

»Naruto ist ein Trottel, aber irgendwann wird er es schon sehen.« Sie war nicht ganz Sasukes Meinung, weil zumindest Hinatas Liebesgeständnis die Möglichkeit mit sich brachte, dass er es endlich verstehen würde, aber es stimmte schon, sie selbst, Sasuke oder Ino brauchten damit nicht anfangen, wenn er es selbst – aus welchen Gründen auch immer – einfach nicht mitbekam. Wie konnte man bitte nicht verstehen, dass man verliebt war?
 


 

Der Wind wehte ihr ins Gesicht und sie schloss für ein paar Momente ihre Augen, um runter zu kommen. Es war manchmal wirklich anstrengend, mit Ino befreundet zu sein und wenn Sakura ehrlich war, wusste sie selbst nach all den Jahren noch nicht, wie sie sie richtig händeln sollte.

Nur eines war vollkommen klar, mit dieser Frau befreundet zu sein, kostete einfach viel zu viele Nerven. Je mehr Sasuke der Meinung war, sich aus Gefühlen rauszuhalten, desto intensiver wollte Ino sich bei diesen einmischen.

Wenn sie zumindest bei Leuten bliebe, die wirklich ein Gefühlschaos zu bewältigen hatten, dann könnte Sakura damit leben, aber wieso Ino unbedingt über Sakuras Emotionen sprechen musste, war ihr einfach ein Rätsel. Es war schon schlimm genug, dass diese Mädchen in den Fluren sie böse anschauten, aber von Ino immer und immer wieder aufs Neue hören zu müssen, sie sei in Sasuke verliebt, was einfach nicht stimmte, wurde langsam stressig.

Sakura öffnete ihre Augen, drehte sich vom Gitter weg und lehnte sich schließlich mit dem Rücken dagegen. Zumindest hier hatte sie noch ein wenig Ruhe.

Just in diesem Augenblick hörte sie, wie die Klinke der Tür nach unten gedrückt wurde und jemand ins Freie trat.

Sakura blickte auf und sah Sasuke, der direkt auf sie zukam. Er stellte sich neben sie, glitt am Gitter nach unten und starrte geradewegs über den Boden hinweg in die Ferne.

»Das war mal wieder eine klassische Ino«, flüsterte Sakura und folgte seinem Blick.

»Hn.«

Sie schüttelte nur den Kopf (irgendwie tat sie das verdammt oft), weil dieses Verhalten mal wieder typisch für ihn war. Um ehrlich zu sein, tat es ihr schon etwas weh, dass er so wenig Interesse an dieser Geschichte zeigte. Wenn er zumindest irgendetwas dazu sagen würde. Ein Satz würde schon reichen.

Sie wollte es doch nur richtig stellen. Bevor er auf die dumme Idee kam, es wäre vielleicht wirklich etwas. War das verboten?

Sie standen beziehungsweise saßen nur da und beobachteten das Gitter auf der anderen Seite, wobei Sakura hin und wieder zu ihm schielte und sich fragte, wo genau seine Gedanken gerade hingen und ob sie eine Rolle darin spielte. Es war normal, dass sie hier nicht viel sagten, was absolut nicht schlimm war, weil er wohl die einzige Person sein dürfte, deren Anwesenheit sie nicht störte, wenn sie auf dem Dach Ruhe brauchte, aber im Moment wünschte sie sich nichts sehnlicher als einfach zu reden.

Sakura wusste nicht einmal über was, aber den Mund aufmachen und mit ihm sprechen würde sich so unglaublich gut anfühlen. Schließlich waren sie Freunde.

Die Glocke läutete und Sasuke erhob sich ruckartig, sodass Sakura zusammen zuckte und ein Stück zur Seite sprang. Er sah sie ein paar Sekunden lang an und stieß sich mit dem Fuß vom Gitter ab, während seine Hände in die Hosentaschen glitten.

»Wir sollten reingehen.«

»Ach nein«, erwiderte sie sarkastisch und gemeinsam gingen sie Richtung Treppenhaus.

»Morgen Abend nicht vergessen.« Sakura schloss zu Sasuke auf und legte kurz ihre Stirn in Falten, bevor ihr klar wurde, was er gerade gesagt hatte.

»Stimmt ja. Wann? Was soll ich anziehen?«

Sasuke hielt ihr die Tür auf und folgte ihr schließlich ins Innere des Schulgebäudes. Auf dem Weg nach unten begann er wieder zu sprechen: »Halb sieben und egal.«

Sakura seufzte laut. »Nein, das ist nicht egal. Was schickeres, wie an deinem Geburtstag oder einfach ganz normale Sachen? Ich will am Ende nicht mit Jogginghose dastehen, während ihr alle Anzug, Fliege und Abendkleid anhabt. Oder noch besser Kimonos. Darum ist das nicht egal, ich will mich schließlich nicht blamieren.«

Sasuke blieb stehen und drehte sich zu ihr um. Er war bereits eine Stufe weiter gegangen als sie und stand nun unterhalb von ihr, war aber immer noch ein paar Zentimeter größer. Er musterte ihre grünen Augen eindringlich und schloss schließlich seine Lider kurz, als müsste er sich sammeln.

»Wenn du meinst, zieh eine Jogginghose an oder ein Kleid. Einfach irgendwas, du kannst dich vor meiner Familie nicht blamieren.«

Und damit drehte er sich weg und ging weiter.

Sakura sah ihm verwundert hinterher, bevor ihr klar wurde, dass, wenn sie noch länger trödelte, zu spät in die Klasse kommen würde.
 


 

Nervös biss Sakura sich auf die Unterlippe und kaute darauf herum. Sie war schon so oft bei Sasuke zuhause gewesen, in jeder möglichen Kleiderkombination, also was sollte diese neue Schüchternheit? Sie blieb stehen, sah sich um, atmete ein paar Mal tief ein und aus und nahm den angenehmen Geruch von frisch gemähtem Gras wahr, der Geruch von Regen mischte sich darunter und Sakura hoffte, dass nach dieser Sintflut von Anfang der Woche nichts mehr übrig war und der Himmel nicht noch mit einer unschönen Überraschung aufwartete.

Sie war so nervös gewesen, ob sie nun das richtige Outfit ausgewählt hatte und mit ihrem schlichten, knielangen Kleid nicht doch die falsche Entscheidung getroffen hatte, dass eine Regenjacke oder ihr Schirm noch zuhause lagen. Manchmal war sie wirklich ein Genie.

Sakura seufzte, richtete ihren Rücken gerade und lief die letzten Meter an der perfekt geschnittenen Hecke entlang und blieb schließlich vor einem silberfarbenen, hüfthohen Gartentor stehen. Sie öffnete es und ging den Kiesweg entlang zur Eingangstür, während sie sich unsicher umsah.

Der Garten erstreckte sich in einer weiten Fläche um das Haus herum und durch die grünen Hecken, die das Grundstück abgrenzten, konnte man den Gehweg und die Straße nicht erkennen. Trotz des baldigen Herbstbeginns war das Gras grün und die verschiedenen Blumen, die Sasukes Mutter im Frühjahr gepflanzt hatte, blühten nach wie vor in allen erdenklichen Farben.

Allerdings sollte Sakura nicht den Garten bewundern, sondern endlich zur Tür gehen und klingeln, schließlich wusste sie bereits ganz genau, wie es hier aussah. Von dem alten Kirschbaum auf der linken Seite, der von einem provisorischen Baumhaus geschmückt wurde, bis hin zum Springbrunnen auf der Rückseite des Hauses, war ihr jeder Winkel bestens bekannt – manche vielleicht sogar zu gut.

Sakura schüttelte sich kurz, betrachtete noch einmal von oben herab ihr roséfarbenes Kleid und die schwarzen Sandalen und ging dann mit festen Schritten die restlichen Meter bis zur Klingel.

Sie hob gerade den Arm, um auf das kalte Messing zu drücken, welches sich auf Brusthöhe neben der weißen Doppeltür befand, als diese auch schon geöffnet wurde.

Sasuke stand vor ihr, mit gehobenen Augenbrauen und schien sich ein Schmunzeln verkneifen zu müssen. Sakura wurde rot. Wahrscheinlich hatte sie total dämlich ausgesehen, wie sie so auf dem Kies gestanden war und sich dümmlich umgesehen hatte, als wäre sie heute zum ersten Mal hier.

»Hast du an der Tür gewartet, bis ich komme oder wie?«, fragte sie stattdessen, um sich nicht anmerken zu lassen, wie peinlich ihr das Ganze war.

»Itachi hat zufällig aus dem Fenster geschaut und gesagt, dass du zur Tür läufst«, antwortete Sasuke und ging einen Schritt zur Seite, um sie vorbei zu lassen. Na toll, sein Bruder hatte sie also auch noch gesehen. Das war natürlich … praktisch.

Sie nuschelte ein 'Danke' und huschte vorbei ins Innere des Gebäudes. Sakura mochte das Haus der Familie Uchiha mit all den perfekt aufeinander abgestimmten Möbeln, den hübschen Gemälden an den Wänden und den hohen Vasen mit Schnittblumen darin, die auf den kleinen Tischchen in den Ecken standen. Es war ein freundliches Haus und man sah ihm an, dass es mindestens eine Person hier gab, die sich mit Herzblut darum kümmerte und daran auch Spaß hatte.

Sakura hatte sich schon oft gefragt, wie diese Einrichtung wohl auf Gäste wirken musste, die zum ersten Mal hier waren und diese Familie kannten. Es passte nicht unbedingt zum Verhalten des Hausherrn und auch, wenn Sakura Fugaku in den letzten Jahren mögen gelernt hatte, war sein hartes und ernstes Gesicht früher sehr beängstigend für sie gewesen.

»Man könnte meinen, du wärst noch nie hier gewesen«, ertönte plötzlich Sasukes Stimme neben Sakuras Ohr und sie zuckte zusammen. Sakura drehte sich zur Seite und sah direkt in seine dunklen Augen, die in diesem Licht pechschwarz wirkten.

»Erschreck mich doch nicht so!«, rief sie und war über ihre eigene Reaktion schockiert. Sie musste sich dringend beruhigen! Sasuke trug ein graues Hemd, eine schwarze Hose und seine Hausschuhe, also war sie selbst zumindest nicht zu fein angezogen. Weshalb ihre Panik, ob sie nun das Richtige trug, eigentlich vorbei sein sollte.

»Vergiss nicht, deine Sandalen auszuziehen«, fuhr er unbeeindruckt fort und ging dann Richtung Esszimmer davon. Sakura atmete erleichtert aus und begab sich zum Schuhregal.

Sie schlüpfte gerade in die beigen Pantoffeln, als Schritte hinter ihr erklungen.

»Wusste ich es doch, dass du das warst.« Sakura konnte sich gerade noch herum drehen, bevor sie auch schon von Mikoto in eine herzliche Umarmung gezogen wurde. »Deine Stimme ist einfach einzigartig«, sprach sie darauf los und strahlte Sakura übers ganze Gesicht hinweg an. Okay … das war seltsam.

Sie wirkte wie der netteste Mensch, den es auf der Welt gab und anders als Narutos Mutter, die gerne von null auf hundert in weniger als einer Millisekunde beschleunigte, blieb sie es auch, wenn sie eigentlich hätte schreien müssen. Fraglich war nur, was gefährlicher war und Sakura hatte die Erfahrung gemacht, dass man keine laute Mikoto brauchte, um sich für seine Taten schuldig zu fühlen und sich klein zu machen.

»Ein wirklich hübsches Kleid. Wobei ich jetzt auch keine Probleme damit gehabt hätte, wenn du wirklich mit Jogginghose aufgetaucht wärst.« Sakura wollte gerade zum Gegenkompliment ansetzten, da sie ihre blaue Bluse und die weiße Hose, die Mikoto unter ihrer Schürze trug, wirklich schön fand, stockte bei dem zweiten Satz aber.

»Woher …?«, begann sie, verengte ihre Augen aber und sah in Richtung Esszimmer. Dieser Arsch.

»Er hat mich vorgewarnt. Darum weiß ich das«, erklärte Mikoto schnell und ihr Strahlen wurde noch intensiver, wenn das überhaupt möglich war.

»Na besten Dank auch. Als ob ich wirklich so hier auftauchen würde«, zischte Sakura.

»Sasuke macht so selten Scherze und redet noch weniger über seine Freunde. Also sei nicht sauer auf ihn, ich fand das wirklich schön.« Und damit war Mikoto vollkommen in ihrer Mutterrolle gefangen.

Sakura hörte ihren Erzählungen nur mit halben Ohr zu und ließ sich von ihr den Gang entlang zum Esszimmer führen, welches durch eine breite, in Holz gerahmte Glastür abgegrenzt wurde. Im Moment war diese aber komplett aufgeschoben, wodurch sie einfach direkt zu ihrem Platz gebracht werden konnte.

Sakura zog den weiß gestrichenen Stuhl heraus und setzte sich an den großen Esstisch, der mit ein paar hübschen Rosengestecken in Glasgefäßen dekoriert worden war. Sie musste bei dem Anblick des weißen Porzellans der Teller schmunzeln, während sie kurz mit ihren Fingern über eine der sonnengelben Servietten, die zusammengefaltet über die Teller gelegt worden waren, fuhr.

»Und gefällt dir die Deko?«, fragte Mikoto neugierig, stellte sich neben Sakura und richtete das Silberbesteck zurecht.

»Natürlich. Wirklich hübsch.«

Sakura ließ ihren Blick durch den Raum schweifen und ihre Augen blieben vor allem an der Fensterwand hängen, die einen wundervollen Ausblick zum Kirschbaum bot, hinter dem die Sonne langsam unterging und den Himmel in eine Mischung aus lila und orange tauchte. Schließlich sah sie zu Sasuke und Itachi, die am Kopfende des Tisches standen und sich unterhielten.

Zumindest redete Itachi während Sasuke ihm zuhörte, hin und wieder nickte oder ein 'Hn' hören ließ, ansonsten aber recht wenig zum Gespräch beisteuerte.

Als hätten sie gemerkt, dass sie beobachtet wurden, drehten sie sich synchron zu Sakura und auf Itachis Gesicht erschien ein freundliches Lächeln.

Er kam auf sie zu und reichte ihr die Hand, die Sakura natürlich annahm, auch, wenn sie den Drang unterdrücken musste, sich zu verneigen.

»Lange nicht mehr gesehen.« Itachi hatte die letzten zwei Jahre mehr oder weniger in den USA verbracht, um dort sein Studium zu beenden und war nun dabei, in der Firma seiner Familie eine höhere Position einnehmen, um seinen Vater bei der Arbeit zu entlasten.

»Wir können ja beim Essen weiter reden. Sasuke? Itachi? Würde einer von euch euren Vater holen?«
 


 

Natürlich war das Essen unglaublich köstlich gewesen. Suppe, Reis, Sushi und als Nachtisch noch einen Schokoladenpudding. Sakura hatte das Gefühl, drei Kilo zugenommen zu haben und war ein wenig wütend auf sich selbst, dass sie sich hatte dazu verleiten lassen so viel zu essen, da sich ihr Magen nun so anfühlte, als wären Steine darin eingeschlossen. Sie hatte sich eindeutig überfressen.

»Hast du noch Hunger?«, fragte Mikoto und riss Sakura so aus ihren Gedanken. Sie sah zu Sasuke, der neben ihr saß und dann weiter zu Itachi und Fugaku. Da sie von allen vier angeschaut wurde, galt diese Frage wohl ihr. Sakura räusperte sich peinlich berührt.

»Nein, danke. Es war wirklich unglaublich lecker, aber ich kann nicht mehr«, winkte sie ab und sah zu, wie Mikoto zufrieden nickte.

»Sehr gut, dann räume ich mal den Tisch ab und gebe euch wieder frei«, erklärte sie gut gelaunt und erhob sich.

»Soll ich dir helfen?«, fragte Sakura schnell, schnappte sich Sasukes Teller und stellte ihn auf ihren. Sie wollte sich gerade ein wenig über den Tisch beugen, um auch Itachis Geschirr einzusammeln, als Mikoto sie unterbrach. »Ich mach das schon. Schließlich bist du ein Gast hier. Geht lieber ein bisschen hoch oder raus.« Sakura setzte sich wieder und sah dabei zu, wie Mikoto alles zusammen stellte und nach und nach in die Küche trug.

Sakura mochte es nicht, nur unbeteiligt zuzuschauen, hatte aber das Gefühl, dass die Geschichte mit Naruto noch irgendwelche Narben hinterlassen hatte.

Sie wippte ein wenig mit ihren Füßen auf und ab, nicht sicher, was sie nun tun sollte. Ihr Blick fiel zu der Digitaluhr, die an der Wand hing und ihr anzeigte, dass es erst halb neun war. Jetzt schon heim zu gehen wäre unhöflich, aber sie wusste im Moment wirklich nicht, was sie für Alternativen hatte. Die Zeit, in der sie nach dem Essen nach draußen gerannt und im Baumhaus gespielt hatten, war schon eine ganze Weile vorbei, wenn auch nicht unbedingt so lange, wie es normalerweise hätte sein sollen, aber dafür war man eben mit Naruto befreundet.

»Willst du raus?« Sasuke erhob sich, ignorierte Itachis angedeutetes Grinsen und wartete geduldig bis Sakura ebenfalls aufstand. Sie folgte ihm aus dem Zimmer und zum Hinterausgang, durch den sie auf den Rasen gelangten.

Sie standen eine Weile lang neben dem kleinen Steinspringbrunnen und Sakura beobachtete das Wasser dabei, wie es am oberen Ende einer nicht näher definierbaren Statue herausschoss und dann mit einem großen Bogen nach unten fiel.

Eine leichte, herbstliche Brise wehte über das Gras und der Geruch von Regen hing zum Glück nicht mehr länger in der Luft.

»Danke«, sagte Sasuke plötzlich und als Sakura aufsah, stand er nur noch ein paar Zentimeter von ihr entfernt, seine Finger nah an ihren. Sie musste unweigerlich schlucken. Es wäre so einfach diese zu streifen und ihn zu berühren.

»Wofür?« Sie lächelte ihn nervös an, fragte sich gleichzeitig warum und versuchte es sich auf gar keinen Fall anmerken zu lassen. Dieses Verhalten gerade war einfach absoluter Blödsinn.

»Dass du ohne Naruto hergekommen bist.« Er trat einen Schritt zurück und zuckte mit den Schultern. Erleichtert blies Sakura die Luft zwischen ihren Zähnen aus und wünschte sich im selben Moment, dass er nicht mehr Abstand zwischen sie gebracht hätte. Sasuke musterte sie aufmerksam und sie spürte wie sie sich von Sekunde zu Sekunde immer unwohler fühlte.

»Ich sollte besser gehen«, sagte sie schnell, drehte sich auf dem Absatz um und eilte ins Innere des Hauses. Es war noch nicht einmal neun Uhr, aber ob es nun unhöflich war oder nicht, interessierte sie im Moment absolut nicht. Sie wollte hier einfach nur raus. Woher dieser Drang auch immer kommen mochte, aber Sakura hatte das Gefühl mit jeder Minute, die sie hier länger verbrachte, wurde das Unbehagen schlimmer.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Der nächste Part wird folgen :) Bald. Ist für einen Wettbewerb (Verlinkung in der Beschreibung), darum ist das bald in diesem Fall auch wirklich ein bald. *Nicht an die anderen, eigenen FFs denken will >.<)
Danke fürs Lesen. :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (11)

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Von:  Greihount
2016-09-25T16:35:23+00:00 25.09.2016 18:35
es ist noch ein haufen, was ich zu lesen habe.. meine hoffnung ist, das sakura vielleicht doch auf naruto steht =P
Antwort von:  Goetterspeise
25.09.2016 22:34
Dann wünsche ich dir viel Spaß :D und wer weiß? :P
Von:  Xiaolie
2015-08-23T10:34:49+00:00 23.08.2015 12:34
Na da muss sich Sakura erst mal wieder ordenen.
Hab zwischen durch immer wieder lachen müssen.
Hoffe es kommt bald was neues.

LG Luna
Antwort von:  Goetterspeise
23.08.2015 12:35
Danke für deinen Kommentar :) Freut mich, dass du hin und wieder lachen konntest ^^
Im Moment schreib ich am 2. Akt, also ich denke mal, dass bald das nächste kommen dürfte :)

Liebe Grüße.
Antwort von:  Xiaolie
23.08.2015 12:36
Ich freu mich drauf! :-D
Von:  XxGirlyxX
2015-08-20T21:37:53+00:00 20.08.2015 23:37
Toller Anfang :)
Deine ff lässt sich wirklich gut lesen :)
Warum sakura wegrennt, würde ich gerne wissen 😰
Bin schon gespannt wie es weiter geht :)
Freu mich schon :)
LG XxGirlyxX
Antwort von:  Goetterspeise
23.08.2015 08:03
Hey,
danke für deinen Kommentar :)

Liebe Grüße.
Von:  Kaninchensklave
2015-08-16T15:46:26+00:00 16.08.2015 17:46
ein Klasse Anfang
und die Charaktäre sind so schön IC das es ein genuss ist diese FF zu lesen ;)

nun nicht nur Hinata hat es shcwer erwishct naruto sit da nciht gerade sehr viel besser wenn man bedenkt was er alles versucht um Hinata zu beeindrucken nur um dann von einem Fettnäpfchen in das nächste zu tretten
aber so verpeilt Blid und leicht Tollpatsching kennt man Naruto nun mal xD

na Sakura scheint es langsam zu realisieren das sie doch mehr als Freundschaft für Sasuke empfindet und dieser wohl auch nur das er es noch nicht dabei ist das zu realisieren aber das wird schon noch werden

GVLG
Antwort von:  Goetterspeise
16.08.2015 18:54
Hey,
danke für deinen Kommentar und freut mich, wenn ich die Charaktere gut getroffen habe. Ich hoffe es bleibt so ^^
Und ob Sakura wirklich schon dabei ist, etwas zu realisieren wird sich noch zeigen müssen. :)

Liebe Grüße.
Antwort von:  Kaninchensklave
16.08.2015 19:10
ich bin mir sicher das Du sie auch weiterhin gut triffst immerhin ist das nicht so schwer wie viele glauben
man muss nur etwas nachlesen und fakten berücksichtigen aber vorallem sich mit den Charaktären beschäftigen
dann klappt das auch mit dem Ic sein ;)

Liebe Grüße.
Von:  Tini1996
2015-08-16T15:17:18+00:00 16.08.2015 17:17
Super Anfang,
das Kapitel hat einige fragen aufgeworfen, wieso läuft Sakura weg?
bin gepannt wie weiter geht
glg
Antwort von:  Goetterspeise
16.08.2015 18:53
Dankeschön für den lieben Kommentar :)
Ich hoffe, ich kann im nächsten Kapitel die Fragen zufriedenstellend beantworten. :)
Liebe Grüße.
Von:  Cosplay-Girl91
2015-08-16T15:06:26+00:00 16.08.2015 17:06
toller Anfang :)
Mach weiter so.
LG
Antwort von:  Goetterspeise
16.08.2015 18:52
Danke für deinen Kommentar, freut mich, dass dir der erste Teil gefällt :)
Liebe Grüße.
Von:  fragile
2015-08-14T08:20:16+00:00 14.08.2015 10:20
hallöchen liebes,

wieso sagst du mir nicht, dass du hier einen os hast :o? ich wäre wieder mal ewig im dunklen getappt und dann wäre mir das lange lange entgangen.
wie du ja weißt, bin ich ein fan von dir und deinem schreibstil. :)
und auch hier hat wieder dein talent geglänzt. ich muss schon sagen, dass ich wirklich neidisch auf diese beachtliche länge bin, die du so tippst. ich freue mich ja schon, wenn ich die 2.000 knacke :D
daumen hoch für die wortanzahl. das gefällt mir sowieso immer. du liest und liest und liest und es hat scheinbar kein ende, bis du eben am letzten satz bist und das warten auf nächste chapter beginnt. ~.~

mir gefiel alles und ich wüsste nicht, was ich zu kritisieren hätte.
ein lob an deine beta-fee ;3 alles paletti, jedenfalls hab ich nichts gefunden (nicht, dass ich überhaupt gesucht hätte :D)

ich hab jetzt leider nicht mehr so viel zeit (der see schreit nach mir :D, aber ich wollte dir nur kurz was dalassen).
ich werde das kommentieren noch ein anderes mal vertiefen :-*

deine fraggy <3

Antwort von:  Goetterspeise
14.08.2015 11:53
Aloha ~
also entweder musst du mich abonnieren oder ich schick dir ne ENS? XD

Und ich frage mich immer wieder, wie ich zu solchen Längen komme. Ist bei Paris auch schon wieder so. Keine Ahnung, ich tippe einfach und irgendwie wirds einfach nicht weniger XD Wobei ich finde, dass die Länge irrelevant ist, auf den Inhalt kommt es an ;3
Das Kompliment gebe ich gerne an meine Beta weiter und ich bedanke mich für deinen lieben Kommentar und freut mich, dass dir der erste Part gefallen hat :)

Viel Spaß am See wünsche ich <3
Von:  Kleines-Engelschen
2015-08-12T20:29:08+00:00 12.08.2015 22:29
ein tolles kapitel und ein wundervoller anfang. ich bin gespannt wie es weitergeht und was du daraus machst.

greetz
Antwort von:  Goetterspeise
13.08.2015 11:59
Danke für deinen Kommentar :3 ich hoffe, ich enttäusche nicht :O
Von:  Scorbion1984
2015-08-12T08:10:34+00:00 12.08.2015 10:10
Warum haut Sakura einfach ab ? Ich finde mit dieser Kurzgeschichte hast Du eine Menge Fragen aufgeworfen ! Vielleicht Schreiber Du sie auch weiter !
Antwort von:  Goetterspeise
12.08.2015 10:12
Wie im Nachwort steht, schreib ich auch weiter, ich hab nur vergessen es umzustellen, weil ich den eigentlichen OS in zwei Teile splitte. Entschuldige! ;_;


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