Zum Inhalt der Seite

Echoes

Marco x Ace
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Prolog


 

»Dafür, dass ihr bis heute einen Kerl wie mich, in dessen Adern das Blut eines Dämons fließt, geliebt habt…dafür danke ich euch…«
 


 

"An einem Tempel ist ein Gedicht mit dem Titel 'Verlust' in Stein gemeißelt. Es hat nur drei Worte, doch der Dichter hat sie ausgekratzt. Man kann Verlust nicht lesen, nur empfinden."
 


 


 

Die Planken und Dielen des Schiffes ächzten im festen Griff des Meeres,- ein Geräusch wie das trauernde, erstickte Schluchzen einer glücklosen Witwe. Der säuselnde Wind pfiff um Bug und Heck und ließ das Wasser wispernd gegen den mächtigen Kiel schwappen, welcher unbeeindruckt durch die Wellen pflügte.
 

Dieses Schiff war eines der Schwesternschiffe der Moby Dick, nach deren Vorlage es gefertigt wurden war; es glich dem Original nicht aufs Haar und doch hätte ein flüchtiger Beobachter den Eindruck bekommen können, dass Whitebeards Flaggschiff wieder auferstanden wäre.
 

Aber dieses Schiff war nichts weiter als ein Abbild, ein weiteres Fossil aus der alten Zeit, welchem es nicht vergönnt gewesen war mit seinem Kapitän und seiner Schwester unterzugehen.

Ein Schicksal, welches ein Pirat im Inneren der beinahe baugleichen Kopie nur allzu schmerzlich teilte…
 

Eine einzelne Kerze warf ihr fadenscheinig warmes Licht in die düstere Kajüte des Phönix und zeichnete grotesk flackernde Schatten an die Wände, während Marco selbst still an seinem Schreibtisch saß und mit stumpfen, leeren Augen in die Finsternis starrte.
 

Erneut rauchte er zu viel, stützte den schweren Kopf in seine Handfläche und führte die Zigarette in einer harschen, beinahe groben Bewegung an seine spröden Lippen,- die Kajüte war inzwischen schon durchdrungen von den dichten Rauchschwaden und selbst ihm fiel auf, dass die schwere, dicke Luft unangenehm in der Lunge kratzte.

Doch was machte das schon,- das Fabelwesen in seiner Brust würde ihn nicht sterben lassen. Nicht an so etwas banalem wie einer Rauchvergiftung…
 

Du würdest es hassen.

Du würdest dich lautstark beschweren.

Du würdest mir jetzt vermutlich den Glimmstängel entreißen, ihn genüsslich zwischen deinen Fingern verbrennen und mich dabei schadenfroh angrinsen…
 

Doch der Raum blieb still und dunkel und keine Feuerfaust polterte durch die Tür, um sich Gehör zu verschaffen. Niemals wieder würde das passieren…

Die Stille kreischte beinahe misstönend in Marcos Ohren und machte das Fehlen des - für ihn unverwechselbaren - Lachens damit nur umso deutlicher.
 

Seine Hand fand automatisch die verstaubte Flasche Rum auf dem Tisch, ohne dass er aufsehen musste,- er kühlte sich die heiße Stirn an dem verhältnismäßig kaltem Glas, hoffte, dass seine Gedanken ebenso erstarren mochten wie die Eisschollen rund um eine Winterinsel.
 

Träge setzte er die Flasche an seine Lippen, die Bewegung schon eher mechanisch, als wirklich bewusst ausgeführt, bevor der brennende Alkohol seine Kehle hinabglitt und doch nichts hinfort zu spülen vermochte…
 

Die Wunden der Schlacht waren inzwischen vernarbt, der Phönix in ihm hatte ganze Arbeit geleistet. Doch die inneren, die seelischen Verletzungen würden niemals so einfach verschwinden,- sie blieben, schwärend und schmerzend.

Wenn man Glück hatte, würden sie vielleicht irgendwann zu einem dumpfen Pochen werden, was sich mit Beharrlichkeit in den Hintergrund drängen ließ, doch keineswegs gänzlich heilen würde.
 

Marco wusste, dass es für ihn eigentlich viel zu tun gab,- viel zu viel, um hier zu sitzen und sich seiner Trauer hinzugeben. Ihm oblag nun die Pflicht die Position des Kapitäns zu besetzen und das Gefüge in der Crew und die Organisation ihrer Allianzen und Gebiete wieder ins Gleichgewicht zu bringen, das nach der Schlacht am Marineford erheblich aus der Bahn geraten war.
 

Er wusste, er müsste sich darum kümmern, damit das Vermächtnis ihres Vaters nicht im Chaos versank und die Whitebeard-Piraten weiterhin bestehen konnten, so wie Pops es gewollt hätte,- damit sie seine Flagge und seine Ehre hochhalten konnten und nicht führerlos und verloren über die Meere taumeln mussten, losgelöst wie zu lockere Taue, die im Sturm peitschten.
 

Doch Marco brachte die Kraft dafür noch nicht auf. Er versuchte noch immer vor der Wahrheit zu flüchten, sich vor ihr zu verschließen, weil er einfach nicht akzeptieren konnte, wie schrecklich viel sie alle, wie viel er verloren hatte…
 

Zuerst Thatch, seinen treuen, herzlichen Freund.

Dann Whitebeard, seinen geachteten und verehrten Vater.

Und schlussendlich Ace,- Ace, seinen geliebten Bruder, dessen Verlust noch einmal um so vieles schmerzhafter in sein Herz schnitt...
 

Es gab keine Worte, die beschreiben konnten, wie er sich fühlte,- keine Heilung für diesen schrecklichen Schmerz, den weder gute Medizin noch die Flammen des Phönix würden jemals gänzlich auslöschen können. Keine Linderung für diese Pein, die nicht zu sehen war und doch wie ein tiefer, klaffender Riss durch seine Seele lief.
 

Ein Vater war dazu verdammt, vor seinen Kindern von dieser Welt zu gehen.

Whitebeard hatte das gewusst und seine Familie ebenso; es war keine Erleichterung, nichts, was seinen Verlust begreiflicher und ertragbarer machte, doch war ihnen allen immer klar gewesen, dass der Tag kommen musste, an dem sie ihn verlieren würden,- nicht umsonst hatte er Marco schon seit einer ganzen Weile als seinen Stellvertreter herangezogen.
 

Doch Ace, Ace war einfach zu jung gewesen - verdammt nochmal - viel zu jung, um zu sterben!

Niemals hätte Marco sich darauf vorbereiten können, ihn vor der Zeit zu verlieren,- den Gedanken hätte der Phönix nicht einmal in den dunkelsten Stunden der Nacht zugelassen. Für ihn war diese Möglichkeit so fern und abwegig gewesen wie die Vorstellung, dass die Sonne eines Tages vom Himmel fallen könnte.

Wie dumm er doch gewesen war,- wie selbstverständlich er jeden Moment, jeden geteilten Augenblick angenommen hatte…
 

Ich hätte es sein müssen, nicht du!

Derjenige, der stirbt, hätte ich sein sollen, um dir zu beweisen, wie ernst mir meine Zuneigung war.

Um dir zu zeigen, dass deine Existenz weder verflucht noch verschmäht war, wie du es so oft geglaubt und immer befürchtet hast.
 

Ja, ich kannte sie, deine Ängste,- ich habe sie so oft in deinen dunklen Augen gesehen oder hinter deinem kecken Lachen gehört. Ich wusste von diesem Schatten, den du dir selbst aufgebürdet hattest und dem du nie gänzlich entfliehen konntest.

Und gerade deshalb ist es nicht fair, einfach nicht fair, dass dich der Tod holte und mich verschmähte…
 

Marcos Faust donnerte auf den Tisch, der diese Behandlung unbeeindruckt über sich ergehen ließ, obwohl blaue Flammen wütend über seine Knöchel zuckten. Mit einer Mischung aus Resignation und Zorn betrachtete er das flackernde Spiel des Phönix‘ Feuer, ließ seine Finger gänzlich in dem blauen Leuchten verschwinden, bevor er die Flammen entschlossen löschte.
 

Dieses verdammte Feuer…wozu ist es gut, wenn ich nicht einmal meine Familie beschützen, weder meinen Vater, noch meinen Bruder retten konnte?

Warum - zur Hölle - bin ich nur so nutzlos, verflucht zur Untätigkeit,- zur immerwährenden Wiedergeburt aus den blauen Flammen, während um mich herum alles vergeht?
 

Er schleuderte die Rumflasche in einer für ihn selten unbeherrschten Regung an die Wand, wo sie in einem hellen Klirren zersprang,- der Rest des Alkohols färbte die Holzbretter dunkel und breitete sich wie ein unseliger Blutfleck dort aus.
 

Marco drückte die fad gewordene Zigarette achtlos auf der Tischplatte aus und schnippte sie zu ihren unzähligen, bereits gefallenen Gefährten, die auf dem Boden lagen. Wer einmal den Himmel gekostet hatte, konnte einfach nichts mehr finden, was auch nur im Entferntesten an diesen Geschmack heranreichen würde,- nichts gab es, was diese Sehnsucht stillen konnte, egal, wie viel man trank oder rauchte.
 

In welchem Moment nur bin ich so verdammt schwach geworden?

In welchem Augenblick nur hast du mein Herz so bitter-süß durchbohrt, dich mit deiner frechen, lebhaften Art dort hineingegraben, sodass dieses Loch - das du hinterlassen hast - scheinbar nichts mehr zu füllen vermag?
 

Eigentlich war es nicht nur ein Moment, das war Marco klar,- denn wie ein Wassertropfen allein nicht „Regen“ und eine Blüte allein kein „Garten“ sein kann, so kann man auch einen einzelnen Augenblick niemals „Leben“ nennen.

Leben ist das Aneinanderreihen von Augenblicken,- Momente, gespannt wie auf eine Perlenschnur, in deren Gesamtheit allein sich das Schicksal ergibt, für das wir uns entschieden haben,- es gab so unzählig viele gemeinsame Augenblicke, die ihn zu Ace getrieben hatten wie den verlorenen Seefahrer zum tröstenden Licht des Leuchtturmes.
 

Ich ertrage den Verlust nicht, Vater.

Denn ich kann ihn nicht beschreiben, ihn nicht teilen, nicht heilen.

Nur erdulden, nur fühlen.
 

Marco stand auf und trat langsam an das Bullauge seiner Kajüte heran, angelockt durch das zaghafte Flackern von Licht, welches sich von draußen im Glas spiegelte.

Der Phönix lehnte einen Arm gegen das Fenster und ließ den Kopf gegen jenen sinken, während er unter schweren Augenlidern in die Nacht blickte.
 

Ein Meer aus tausend Lichtern erhellte den bodenlos tiefen Ozean um ihr Schiff,- kleine, filigrane Blüten aus buntem Pergament gefaltet schwebten schwerelos über das Wasser, trugen tapfer brennende Kerzen auf die weite See hinaus, um an die gefallenen Brüdern zu erinnern.
 

Die Whitebeard-Piraten setzten die Lichter rund um das Schiff behutsam im Wasser aus, während ausnahmslos jedes Crewmitglied an Deck stand und schweigend unter dem Angesicht der Nacht ihren verlorenen Freunden gedachte,- allen voran Edward Newgate - ihrem Kapitän, ihrem Behüter - und natürlich Puma D. Ace, ihrem geliebten Bruder, ihr aller Licht…
 

Unzählige der sorgsam gefalteten Blüten trugen Ace‘ Farbe, waren von feuerroter Schönheit, andere der Schiffchen erinnerten in reinem Weiß an einen der einst mächtigsten und stärksten Piraten der Meere. Selbst das warme Braun - Andenken an Thatch, den ebenfalls niemand vergessen hatte - war unter den bunten Papierblumen auszumachen.
 

Mit Thatch hatte es begonnen, geendet mit dem Tod ihres Leitsterns, ihres Vaters und dem Erlöschen von Ace‘ unvergleichlichem Feuer, welches ihnen nun nie mehr würde die Herzen erwärmen können…
 

Marco sah den flackernden, davontreibenden Kerzen nach, während sich bedrückende Stille über das Schiff senkte. Er erkannte die Schemen von Haruta, Izou, Vista und Jozu, die nah beieinander an der Reling standen und trauernd die Köpfe gesenkt hielten,- er sollte eigentlich da draußen unter ihnen sein und ihren Schmerz teilen, ihn tragen und ihnen Hoffnung geben…
 

Doch er wusste, dass er es nicht konnte.

Er wusste, dass er in diesem Moment nicht einen Bruchteil der Stärke seines Vaters aufzubringen vermochte, die man eigentlich von ihm erwartete…
 

Der Phönix tätigte einen bebenden Atemzug, dann barg er das Gesicht in zitternden Fingern und ließ sich kraftlos an der Wand neben dem Fenster zu Boden sinken.
 

Wie soll ich nur weitermachen…ohne euch?
 

Wie soll ich weiterleben…ohne dich?
 

Gott verdammt, du fehlst mir so…
 

Ace…


Nachwort zu diesem Kapitel:
Wer das Zitat am Anfang erkannt hat, richtig,- es stammt aus dem Film „Die Geisha“! Ich empfand es irgendwie total passend für diese Einleitung und habe es deshalb verwendet :) Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2018-12-22T18:14:26+00:00 22.12.2018 19:14
Endlich, endlich habe ich Zeit, deine FF zu lesen, die ich nun schon eine Weile auf meiner Favoliste habe.
Ich bin sdehr schwach für das Pairing Marco/Ace und noch schwächer für den Altersunterschied und noch sehr viel schwächer dafür, dass das hier kein Alternatives Universum ist, sondern im Canon spielt. Irgendwie findet man nur AUs, soweit das Auge reicht, aber mit denen kann ich immer so wenig anfangen. Also zumindest als Leser. |D

Dieser Prolog ist so schrecklich traurig. Beinahe bin ich Oda dankbar, dass er die Zeit danach - nach der Schlacht um Marinefort - nur grob angegrissen und auf den Kampf gegen Blackbeard beschränkt hat. Ich kann mir viel zu gut vorstellen, wie sehr Marco gelitten hat. In meinem Kopf ist es canon, dass er eines der ersten Mitglieder von Whitebeards Bande gewesen ist und so am längsten Zeit mit ihm verbracht hat. Die Geschehnisse haben ihn in seinen Grundfesten erschüttert, obwohl gerade er einer der unerschütterlichsten Charaktere ist.
Und du hast seine Verzweiflung und die vielen stummen Fragen, Selbstzweifel und sogar Selbsthasstendenzen so gut eingefangen, dass ich eine richtige Gänsehaut bekommen habe. Der Schmerz war spürbar und deine Formulierungen sehr intensiv. Du hast einen sehr angenehmen, übersichtlichen Stil. Ich bin wirklich sehr gespannt, was die nächsten Kapitel so bereithalten. Geb mir all die Flashbacks! *_*

Jay
Antwort von:  Ceydrael
22.12.2018 22:07
Hallo erstmal, Jay! :D

Da schaut man nichtsahnend hier vorbei und dann so eine plötzliche Flut an Kommentaren... wow! O.O
Ich bin echt baff, positiv baff! ^-^

Da du selbst schreibst wirst du es als Autor ja kennen - es gibt nichts schöneres, als wenn sich wirklich jemand Zeit nimmt und die eigene Arbeit mit einem Kommentar wertschätzt... und dann machst du dir die Mühe auch noch bei jedem Kapitel, danke!
Das freut mich so unheimlich, wirklich! Und ist natürlich auch ein guter Ansporn für mich selbst mal wieder in die Gänge zu kommen und endlich das nächste Kapitel fertig zu kriegen... ;D
Also wirklich ein ganz großes fettes Danke! Ich werde natürlich auch versuchen deine Mühe zu honorieren und auf jeden Kommentar nochmals gesondert einzugehen :)

Und es freut mich natürlich auch unheimlich, dass ich offenbar all deine Schwächen in Bezug auf die beiden gut bedienen kann - mir geht es da sehr ähnlich wie dir ;)
Ich bin auch regelrecht vernarrt in dieses Pair, weswegen wohl auch die Story folgen musste, weil es – wie du schon sagtest – viel zu wenig von den beiden gibt, zumindest für meinen Geschmack ^^

Der Prolog war eine wirklich harte Sache – wahrscheinlich nicht nur für die Leser, auch für mich. Aber das sollte er auch sein. Ich wollte bewusst die knallharte Wahrheit an den Anfang stellen, denn irgendwie gibt es doch allem folgenden diese gewisse, bitter-süße Note, weil man um das Ende weiß. Ich mag Happy-Ends, allerdings hab ich durchaus einen Hang zur Dramatik und mag auch diese Geschichten, wo man sich am Ende fragen muss: „Oh Gott, nein, warum denn nur?!“ und mit diesem beklemmenden Gänsehautgefühl zurückbleibt.

Marco so verletzt und erschüttert darzustellen war schwer, es war intensiv und ich möchte fast sagen, dass ich ein bisschen mit ihm gelitten habe. So viel mit einem Mal zu verlieren und trotzdem irgendwie „die Stellung halten zu müssen“, ich stelle es mir echt hart vor. Und das wollte ich rüber bringen – schön, wenn es mir offensichtlich geglückt ist ;)


Zurück