Kapitel 08: Ich verlasse die Bande!
„Nami-swan! Robin-chwan! Euer Essen ist fertig!“, ertönte Sanjis hohe Stimme aus der Küche. „Ihr anderen Idioten könnt auch kommen!“
Erschöpft öffnete Nami ihre Augen und wollte sich aufrichten, aber sie fühlte sich irgendwie ausgelaugt. Als sie versuchte sich daran zu erinnern, wie sie gestern ins Bett gegangen ist, schossen ihr wieder die Ereignisse der letzten Nacht in den Kopf. Sie biss sich auf die Lippe und entschied sich dazu liegen zu bleiben.
„Nami, willst du nicht aufstehen und zum Essen kommen?“, fragte Robin, die ihre Freundin besorgt musterte.
„Sag Sanji-kun, dass ich keinen Hunger hab und, dass ich nicht gestört werden will.“, antwortete die Orangehaarige, während sie weiterhin im Bett liegen blieb. Sie vermied absichtlich den Augenkontakt mit der Archäologin.
„Möchtest du mir sagen, was los ist?“, versuchte es die Schwarzhaarige.
„Nein, möchte ich nicht. Und jetzt lass mich in Ruhe.“, entgegnete die Navigatorin und zog sich ihre Bettdecke über den Kopf.
Robin schloss kurz die Augen, um zu überlegen, was sie tun sollte, kam aber zu dem Schluss, dass es keinen Sinn machte Nami zum Reden zu zwingen. Deswegen machte sie sich alleine auf den Weg zur Küche.
Dort angekommen wurde sie auch gleich von einem liebestollen Koch begrüßt.
„Robin-chwan! Ich hoffe du hast gut geschlafen?“
„Ja, hab ich.“
„Das freut mich!“, sagte der Blonde fröhlich, bevor seine Miene ernst wurde. „Was ist mit Nami-san?“
„Sie hat keinen Hunger.“
„Soll ich ihr später etwas vorbeibringen?“
„Nein, sie will nicht gestört werden.“
Während der Großteil der Bande das Gespräch zwischen Sanji und Robin verfolgte, schaute Zorro zu Ruffy, dessen Augen gerade durch seinen Strohhut verdeckt wurden. Der Schwertkämpfer hatte bereits ein ungutes Gefühl, als sein Kapitän am Morgen nicht sofort lautstark nach Fleisch rief. Und auch die Tatsache, dass er nicht einmal versuchte das Essen der anderen zu klauen, war sehr untypisch für ihn. Jedoch entschied sich der Grünhaarige dazu erst einmal die Situation zu beobachten. Immerhin wusste er nicht, was vor sich ging.
Das Frühstück verlief ruhig, auch wenn sich die meisten Strohhüte fragten, was mit Nami los war. Dennoch traute sich niemand das Thema anzusprechen.
Nach dem Essen gingen alle aufs Deck und gingen ihren üblichen alltäglichen Beschäftigungen nach. Nur Ruffy setzte sich auf den Löwenkopf der Thousand Sunny und schaute gedankenverloren aufs Meer hinaus. Auch das kam den anderen Bandenmitgliedern komisch vor, aber erneut versuchte niemand die Sache aufzuklären. Es herrschte eine komische Stimmung an Deck, immerhin war Ruffy noch nie so nachdenklich und ruhig und Nami hatte sich noch nie vor den anderen verschlossen.
So verging der Großteil des Tages bis sich Nami am Nachmittag dazu entschied aufzustehen und frische Luft zu schnappen. Sie lag den ganzen Tag im Bett und spürte, wie ihr Körper langsam nach Bewegung schrie. Außerdem musste sie sich versichern, ob das Wetter möglicherweise umschlagen könnte. Auch wenn sie immer noch verletzt war, weil Ruffy in der letzten Nacht ihren Kuss nicht erwiderte und sie immer noch das Gefühl hatte, dass sie ihm nie wieder in die Augen schauen konnte, durfte sie ihre Pflicht als Navigatorin nicht vernachlässigen. Das Wetter in der Neuen Welt ist unberechenbar und sie würde auf keinen Fall das Leben ihrer Freunde aufs Spiel setzen.
Sie zog sich eine weiße Hose, sowie ein schlichtes hellblaues Bikini-Oberteil an und ging nach draußen. Ein kurzer Blick in den Himmel verriet ihr, dass das Wetter weiterhin so stabil bleiben würde. Sie hatten mit dem Klima der Insel wirklich Glück. Es war eine Sommer-Insel und deswegen herrschte immer eine angenehme Wärme.
Während der warme Wind mit ihren Haaren spielte, vergaß Nami für einen Moment die Ereignisse der letzten Nacht und entspannte sich kurz. Das hielt jedoch nicht lange an, denn im nächsten Augenblick griff eine Hand nach dem Geländer, das sich vor der Orangehaarigen befand und Ruffy schleuderte sich vom Löwenkopf in ihre Richtung. Der Strohhut-Kapitän stand kurz darauf auf der anderen Seite des Geländers und erneut trennten nur wenige Millimeter die Gesichter der beiden.
„Nami, ist alles in Ordnung?“, fragte der Schwarzhaarige besorgt.
Die plötzliche Nähe erinnerte sie wieder an die Situation von gestern und im Zusammenspiel mit Ruffys Frage, die eindeutig verriet, dass dieser keine Ahnung hatte, was gestern passiert war, ließ eine unglaubliche Wut in der Navigatorin aufsteigen und sie schlug ihrem Kapitän mit voller Wucht ins Gesicht, sodass dieser aufs Grasdeck flog. Die restlichen Bandenmitglieder schauten sich die Szene geschockt an. Da bis auf Robin niemand von der gestrigen Nacht wusste, dachten sie einfach, dass der Schwarzhaarige sich Sorgen um Nami machte und verstanden deswegen nicht, weshalb sie so aggressiv reagierte. Besonders Zorro musterte sie sehr genau, hielt sich aber dennoch wie die anderen zurück.
„Ruffy, alles in Ordnung?!“, fragte Chopper, der zu seinem Kapitän gerannt kam, um ihn zu untersuchen.
Gleichzeitig ging die Orangehaarige die Treppe runter und auf Ruffy zu. Sie griff ihn am Kragen und zog ihn hoch, sodass das Rentier mit seiner Untersuchung aufhören musste.
„Ich weiß, dass du schwer von Begriff bist, deswegen sag ich es dir so deutlich wie möglich: Lass. Mich. In. Ruhe!“
Beim letzten Wort schleuderte Nami den Strohhut-Kapitän wieder auf den Boden. Allerdings richtete sich dieser gleich wieder auf. Er verstand seine Navigatorin zwar, jedoch spürte er, dass etwas mit ihr nicht stimmte und das gefiel ihm nicht. Ob sie wollte oder nicht, er war fest entschlossen herauszufinden, was mit ihr los war.
„Nami, wir sind doch Freunde! Du kannst mit uns über alles reden!“
Der Schwarzhaarige wusste nicht, was für einen Schmerz er damit bei der jungen Frau verursachte. Sie wollte unbedingt mehr sein, als nur seine Freundin, aber Ruffy sagte ihr mit diesem Satz, dass das niemals passieren würde. Verletzt entfernte sie sich einfach von ihrem Kapitän ohne sich umzudrehen, woraufhin dieser nach ihrem Handgelenk griff.
„Nami…“, versuchte er es erneut.
„Fass mich nicht an!“, rief Nami und befreite ihr Handgelenk aus seinem Griff.
Selbst seine Berührungen konnte die Navigatorin nicht mehr ertragen. Ihre beiden Pläne sollten ihn dazu bringen sie zu berühren und seine Gefühle zu wecken. Aber jetzt, wo die Orangehaarige wusste, dass ihr Kapitän keine Gefühle für sie hat, wollte sie auch seine Berührungen nicht mehr spüren.
Die junge Frau bemerkte nun außerdem, dass die restliche Bande sie anstarrte. Sie wollte ihnen nichts von ihren Plänen und den Kuss erzählen, also überlegte sie, wie sie Ruffy dazu bringen könnte sie endlich in Ruhe zu lassen. Nami wollte diese unangenehme Situation beenden. Ihr fiel auch nach kurzer Überlegung ein Satz ein, der genau das erzielen würde. Allerdings wusste sie, dass sie mit diesem Satz nicht nur ihre Freundschaft mit ihrem Kapitän, sondern auch mit allen anderen Bandenmitgliedern riskierte, weswegen sich die Navigatorin zurückhielt. Darüber hinaus wusste sie, dass sie diesen Satz bereuen würde, sobald sie ihn ausgesprochen hat.
Jedoch legte Ruffy seine rechte Hand auf ihre linke Schulter, was den Geduldsfaden der jungen Frau endgültig reißen ließ.
„Nami, irg-...“, fing der Strohhut-Kapitän an, wurde aber umgehend von der Orangehaarigen unterbrochen.
„Wenn du mich nochmal anfasst, verlass ich die Bande!“, brüllte Nami, bevor sie überhaupt darüber nachdenken konnte, was dieser Satz für Konsequenzen hatte.
Als Ruffy diese Worte hörte, nahm er gedankenverloren seine Hand von ihrer Schulter und wich einige Schritte zurück. Beim Zurückgehen verlor er das Gleichgewicht, was vermutlich an seinem Schockzustand lag, und landete auf seinem Hintern. Der Gummimensch konnte sie nur noch schockiert ansehen und brachte keinen einzigen Ton mehr hervor. Der Rest der Bande tat es ihm gleich. Lysop, Sanji, Robin, Franky und Brook starrten Nami schockiert an und Chopper hatte bereits Tränen in den Augen.
Lediglich Zorro, der den Streit bisher nur als stummer Zuschauer verfolgt hatte, guckte sie böse an. Er ging auf die Navigatorin zu, griff ihr Handgelenk und zog sie hinter sich her.
„Mitkommen!“, war das Einzige, was der Schwertkämpfer von sich gab.
„Hey, lass mich gefälligst los!“, protestierte Nami und wehrte sich mit aller Kraft gegen Zorro und verlagerte ihr gesamtes Gewicht nach hinten, um ihn zum Anhalten zu zwingen, musste aber schnell einsehen, dass sie dafür sowohl zu schwach, als auch zu leicht war. Er schien durch ihre Anstrengungen nicht einmal langsamer geworden zu sein.
„Hey Marimo! Lass Nami-san in Ruhe!“, versuchte nun auch Sanji einzugreifen und ging in Richtung der beiden, stoppte aber unverzüglich, als Zorro sich umdrehte und ihm einen finsteren Blick zuwarf.
„Du bist ihr gegenüber nicht neutral. Und deswegen hältst du dich da raus! Das gilt für euch alle!“, stellte Zorro klar und zog Nami weiterhin hinter sich her.
Niemand traute sich auch nur einen einzigen Muskel zu bewegen. Die einzige Ausnahme war Ruffy, der seine Arme auf seine Knie legte und seinen Kopf darauf stützte.
Der Schwertkämpfer zog die junge Frau die Treppe am Mast hoch und öffnete auf dem zweiten Stock dir Tür zum Frauenquartier. Er betrat den Raum und sorgte mit einem kräftigen Ruck dafür, dass die Orangehaarige in den Raum stolperte. Nami verlor beinahe das Gleichgewicht und wäre fast auf den Boden gefallen, konnte sich allerdings noch fangen und stand nun mit dem Rücken zu Zorro.
„Lass mich raus!“, befahl die junge Frau und drehte sich zu dem Piratenjäger um und warf ihm einen bösen Blick zu, um ihrer Aussage Nachdruck zu verleihen.
„Du bleibst hier drin, sonst…“, fing der Angesprochene an und zog eins seiner Schwerter leicht aus dessen Schwertscheide.
„Sonst was? Tötest du mich?“, lachte die Navigatorin mit einem Grinsen und guckte nach rechts in den Raum. Als sie sich aber wieder Zorro zuwandte und ihre braunen Augen seinen bösen Blick trafen, verschwand ihr Grinsen sofort wieder.
„Wenn ich es für nötig halte, werde ich das tun.“
Nami wich instinktiv zurück. Sie hatte in diesem Moment Angst vor dem Schwertkämpfer, der gerade ihr Feind zu sein schien.
„Was willst du jetzt von mir hören?“, fragte die Navigatorin. Man konnte ihrer Stimme entnehmen, dass sie so schnell wie möglich aus dieser unangenehmen Situation fliehen wollte.
„Ist dir eigentlich klar, was du da gerade gesagt hast? Ich habe es euch schon einmal erklärt, wir spielen hier nicht Piraten! Wir setzen jeden Tag unser Leben aufs Spiel! Man verlässt nicht einfach so eine Piratenbande, um dann später zurückzukommen. Bei Lysop habe ich damals eine Ausnahme gemacht, weil er sich entschuldigt hat, aber das war meine einzige. Wenn du jetzt das Schiff verlässt, werde ich dich nicht mehr als eine von uns akzeptieren!“
Nami schluckte. Ihr Gehirn arbeitete auf Hochtouren, damit die Orangehaarige ihr Gegenüber kontern konnte. Aber ihr Gehirn kam immer wieder auf den selben Gedanken: 'Er hat Recht…'.
„Ich wollte…“, fing die Navigatorin an sich zu verteidigen, wurde aber umgehend von Zorro unterbrochen.
„Ist mir egal, was du wolltest! Falls du die Bande verlassen willst, mach es jetzt! Wir befinden uns erst am Anfang der Neuen Welt, das heißt es wird von hier aus nur noch gefährlicher. Später können wir deinen Verrat noch weniger gebrauchen.“
„Nein!“, schrie die junge Frau und brach in Tränen aus. „Es tut mir Leid! I-Ich hätte… das nicht sagen… dürfen. Ich w-war… nur…“, sprach Nami zwischen einigen Schluchzern, bis ihre Stimme endgültig versagte.
Sie setzte sich auf ihr Bett und brach endgültig zusammen. Es liefen ihr immer mehr Tränen die Wangen runter und sie fing an unkontrolliert zu schluchzen und zu zittern.
„Eine Bande, die keinen Respekt vor ihrem Kapitän hat, wird auseinanderbrechen. Dass du dich hin und wieder mit Ruffy streitest, darüber kann ich hinwegsehen. Wir sind alle schon einmal mit ihm in Meinungsverschiedenheiten geraten. Aber das von eben war keine Meinungsverschiedenheit, sondern du hast ihn aus purem Hass angeschrien. Der letzte Streit, bei dem jemand Ruffy so angeschrien hat, ist in einem Kampf geendet. Erwartest du von mir, dass ich einfach daneben stehe und zuschaue, wie diese Bande zerfällt?!“, rief der Schwertkämpfer.
„Nein!“, rief Nami erneut und krallte sich mit ihren Fingern in ihre Schultern, um sich ein wenig zu beruhigen. „Ich weiß, dass ich das nicht hätte sagen dürfen…“
„Warum hast du es dann getan?!“
„Weil ich eine Idiotin bin!“, brüllte die Navigatorin und die Antwort schien Zorro zu verwirren, da er sie verwundert anschaute und einen Schritt zurück wich. „Ich hätte mir eigentlich denken können, dass Ruffy so reagieren würde, aber es hat mich trotzdem verletzt. Ihn trifft keine Schuld. Ich weiß nicht warum ich ihm damit gedroht hab! Bitte lass es mich wieder gut machen…“
„Was ist überhaupt zwischen euch vorgefallen?”, wollte der Schwertkämpfer nun wissen, weswegen Nami ihn entgeistert ansah.
„Das kann ich dir nicht erzählen.“, murmelte die Orangehaarige.
„Vertraust du nicht einmal mehr deiner eigenen Bande?!“
„Doch, aber....!“
„Aber was?!“
„Ich glaube ihr solltet euch kurz beruhigen, bevor ihr etwas sagt, was ihr später bereuen werdet.“
Nami schaute erschrocken zu der dritten Stimme, die neben Zorro ertönte und starrte die Person, die ruhig auf einem Sessel saß, verwirrt an. Zorro hingegen erschrak nicht und ließ seinen Blick einfach zu der dritten Partei wandern. Der Ausdruck in seinem Auge verriet aber, dass er ebenfalls verwundert war.