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Neo Regnum

von

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Kapitel 1

Das Leben eines Ausgestoßenen
 

04. September 2087

Sektor 3, New Liverpool
 

Ein schrilles Piepen ertönte, welches sich zunächst noch wie ein Traum anfühlte. Einen jedoch Moment später riss es Aran Ciel aus seinem Schlaf. Wie der 18 jährige Junge das Gefühl hasste, so plötzlich aufzuwachen. Das auch noch zu so einer frühen Stunde. Der Wecker rechts neben seinem Bett piepte weiter. Während Aran sich noch keinen Millimeter bewegt hatte, starrte er verschlafen vor sich hin und überlegte, wie er sich an die Person, die seinen Wecker gebaut hatte, rächen konnte. Doch irgendwann wurde das nervende Geräusch noch lauter, was Aran veranlasste sich nun doch zu bewegen und es auszustellen. Die Uhr zeigte 6:32 Uhr an. Es war ein gewöhnlicher Donnerstag und er musste nun aufstehen und sich für die Schule fertigmachen. Ein weiterer Tag, den er hassen würde. Einige Minuten und Kämpfe gegen das erneute Einschlafen vergingen, ehe Aran es doch schaffte auszustehen. Er tippte auf einem Display, das sich neben seinem Bett über den verhassten Wecker stand und die Rollläden der Fenster öffneten sich. So drang nun das frühmorgendliche Sonnenlicht in sein Zimmer. Auch wenn nicht wirklich von Sonnenlicht geredet werden konnte. Aran erinnerte sich nicht daran, dass der Himmel jemals klar war und die Sonne schien. Jeden einzelnen Tag war der Himmel von grauen Wolken verhängt. Wohl eines der Überbleibsel des Krieges. Aran ging durch sein Zimmer, spürte unter seinen Füßen den Weichen, dunkelblauen Teppich und ging zum Kleiderschrank. Er zog für ihn typische Klamotten an. Eine dunkle, enge Jeans, ein schwarzes T-Shirt und darüber einen grauen Kapuzenpullover. Er schlüpfte in seine schwarzen Turnschuhe, ging zum Spiegel und blickte in seine eigenen, hellblauen Augen, die gerade allerdings nur Schlafmangel ausdrückten. Dann schaute er auf seine etwas längeren, verwuschelten, schneeweißen Haare. Die natürliche, weiße Haarfarbe, der Grund, warum man ihn wie einen Außenseiter behandelte. Er atmete tief durch und ging ans andere Ende seines Raumes, wo er sich an einen Schreibtisch setze. Dort drückte er auf einen schwarzen Kasten, woraufhin ein hologrammischer Bildschirm aus einen dünnen Metallständer heraus projiziert wurde. Er tippte auf ein Globussymbol, worauf sich das Internet öffnete. Sofort sprangen ihm zahlreiche Nachrichten aus ganz New Liverpool entgegen.

Was interessiert mich der Mist, der dort draußen abgeht?, fragte er sich selbst und ging in seinen E-Mail Posteingang. Wie erwartet, bis auf News von diversen Videospielseiten, keinerlei Nachrichten. In die sozialen Netzwerke wollte er so erst gar nicht schauen. Hätte ihm ja sowieso niemand geschrieben. Es schrieb ihm nie jemand, weshalb er sich immer öfter fragte, warum er überhaupt noch auf diesen Seiten angemeldet war. Als er auf die Uhrzeit, die der Bildschirm rechts unten anzeigte, schaute, bemerkte er, dass er ohnehin nun keine Zeit mehr hatte. So stand Aran nun auf und verließ sein Zimmer, um sich im Flur wiederzufinden. Er ging die Treppe, bestehend aus weiß lackierten Holzstufen nach unten und kam in einem großen Raum an, der Wohnzimmer, Küche und Esszimmer vereinte. Eine der vier Wände bestand komplett aus Glas und präsentierte die Aussicht des 150. Stockwerkes. Auch wenn nur Hochhäuser zu sehen waren, soweit das Auge reichte. Er ging am Fernsehbereich, in dem ein großes, weißes Ledersofa, das vor einem riesigen, an der Wand hängenden Fernsehers, stand, vorbei zum Esstisch. Dort saß sein Vater Cormack Ciel, der zu einer Tasse Kaffee die Nachrichten auf seinem Tablet las. Aran seufzte, als kein Frühstück auf dem Tisch stand und ging in die Küche. Dort tippte er auf einem identischen Display wie in seinem Zimmer an der Wand herum. Kurz darauf öffnete sich eine Luke aus Edelstahl und ein Teller mit frischen, warmen Rühreiern kam heraus. Diesen nahm sich Aran und er setzte sich zurück an den Tisch. Während er zu essen begann, fragte er sich, wie wohl echte Rühreier schmecken würden.

„Dad, hast du schon einmal echte Eier gegessen?“, fragte Aran.

„Nein. Ist doch wie mit allem. Entweder sind die entsprechenden Tiere oder Pflanzen ausgestorben oder man kann sie wegen der Gefahr auf radioaktiver Strahlung nicht essen“, antwortete ihm sein Vater, der weiter durch seine Brille auf das Tablet schaute und sich mit der anderen Hand am Bart kratzte. Aran aß sein Rührei weiter, welches eigentlich kaum einen Eigengeschmack hatte. Wie alles aus dem Food Maker. Von der Treppe waren Schritte zu hören, die näher kamen. Es war Rory, Arans älterer Bruder. Das war auch sofort an den fein zurechtgekämmten, langen schwarzen Haaren und den modischen, angesagten Klamotten. Ihm war es deutlich anzusehen, dass er der Sohn eines hochrangigen Wissenschaftlers war, der nicht schlecht Geld verdiente. So war es auch selbstverständlich, dass Rory im Gegensatz zu Aran ziemlich beliebt war. Einer der Gründe, warum Aran seinen Bruder hasste.

„Und, wie geht’s deinem Freund?“, fragte Aran, als er sein Frühstück fertig gegessen hatte.

„Welcher Freund?“, entgegnete Rory, der sich nun ebenfalls Essen machte.

„Na der Kerl, mit dem du zusammen bist. Bert.“

„Aran, hör endlich auf Bettina so zu nennen.“

„Warum sieht sie dann wie ein Kerl aus?“

„Tut sie doch kein bisschen. Sag nicht nur ich, dass sie echt hübsch ist.“

„Daher ist sie auch so groß, hat breite Schultern, solche markanten Gesichtszüge und so eine tiefe Stimme.“

„Dann ist sie halt etwas größer. Wegen der tiefen Stimme, wird davon kommen, dass sie raucht.“

„Das ist ja interessant. Sie wird doch erst nächstes Jahr 21, also darf sie das noch gar nicht und begeht somit eine Straftat.“

„Ach Aran, jetzt mach nicht einen auf Gesetzeshüter. Du rauchst doch selber manchmal und bist noch jünger.“

„Wechsel nicht das Thema. Gib doch zu, dass du auf Kerle stehst.“

„Sie ist eine Frau, das kann ich aus erster Hand bestätigen.“

„Oh, ich verstehe. Dad, was sagst du denn dazu, dass dein erstgeborener Sohn Sex hat?“

„Er ist 24, also alt genug. Und jetzt lass ihn in Ruhe und geh in die Schule“, sagte nun Cormack. Aran stand auf.

„Du hast gewonnen – fürs Erste“, sagte er gereizt und verließ das Zimmer. In der Eingangshalle nahm er seine Schultasche und ging nach draußen. Im Aufzug nach unten setzte er die Kapuze seines Pullovers auf. So erkannte man seine weißen Haare nicht sofort. Unten angekommen ging er durch die Eingangstür und stand nun auf einer Straße von Sektor 3 in New Liverpool. Der Abschnitt der Stadt, in dem die Leute mit Geld lebten. Es waren nicht gerade viele Menschen unterwegs. Trotzdem standen entlang der Straße viele Autos und auf dieser fuhren auch nicht gerade wenig. Über der Fahrbahn befand sich noch eine Straße. Noch eine Ebene darüber verliefen die Gleise der Straßenbahn. Mit dieser musste Aran fahren, um in die Schule zu kommen. Also machte er sich auf dem Weg zur nächsten Haltestelle. Wenn er sich beeilte, würde er an diesem Tag ausnahmsweise sogar rechtzeitig zum Unterricht erscheinen.
 

Die Straßenbahn war überfüllt wie immer. Es dauerte etwa eine Stunde, bis sie Sektor 2 erreichte. Dort, wo sich Arans Schule befand. Mit dem Auto hätte es je nach Verkehr mindestens doppelt so lange gedauert. Wohl gemerkt bei geringem Verkehr, was ein relativ seltenes Phänomen war. Hätte er in der Bahn zur Abwechslung mal einen Sitzplatz gehabt, wäre er sicher eingeschlafen. Aber so hatte er wenigstens seinen Ausstieg nicht verpasst und musste jetzt nur noch zügig zum Schulgebäude gehen. Dann hatte er es sogar pünktlich geschafft. Sektor 2 war wohl der einzige Bereich von New Liverpool, der sogar nach Etwas aussah. Immerhin hatte man sich hier die Mühe gegeben hier und da kleine Parks einzurichten. Auch sonst war nicht alles mit Hochhäusern und Straßen zu gebaut. Allerdings wusste Aran ja nicht, wie Sektor 1 aussah. Gut möglich, dass es dort noch schöner war. Aber man würde ihn in diesem Bereich vermutlich sogar noch mehr verstoßen als hier. Ein Junge mit weißen Haaren konnte ja nur einen Gendefekt wegen der Strahlung haben. Zumindest dachte das der Großteil der Leute. Sahen ihn als minderwertig an. Mittlerweile prallten all die dummen Sprüche und das Gerede an Aran ab. Das ging eh schon so lange so, wie er nur zurückdenken konnte. In der Schule machte man ihm das Leben ebenfalls so schlimm wie nur möglich. Nicht nur, dass niemand etwas mit ihm zu tun haben wollte, man mobbte ihn tagtäglich und auch Prügel war keine Seltenheit. Irgendwann begann er sich zumindest mit den Fäusten zu wehren. Nun war er nicht nur der Mutant mit den weißen Haaren, sondern auch noch ein Schläger. Die Mitschüler hatten nun zwei Gründe ihn zu meiden.

Aran kam nach einem etwa zehnminütigen Fußmarsch an der Schule an. Ein riesiges, weißes Gebäude, das nur danach aussah, dass sich der Großteil deren Besucher sich für etwas Besseres hielten. Er hasste diesen Anblick. Zumindest gab es eine gute Sache, die auf den Treppen am Eingang stand. Sherry Tamika, ein gleichaltriges Mädchen, welches ebenfalls in seine Klasse ging. Und wohl der einzige Mensch, der zu ihm hielt. Sie stand einfach da und tippte auf ihrem Tablet herum und schien gar nicht bemerkt zu haben, dass Aran nun hier war.

„Was macht du da?“, fragte er. Erst jetzt blickte sie auf und schenkte ihm Beachtung.

„Aran, du bist es. Naja, nur Zeug für den Schülerrat. Ist noch in Planung, also darf ich noch nicht darüber reden“, antwortete Sherry.

„Also…?“, sagte Aran.

„Erste Planungen für das Herbstfest. Kannst mir ja in der Pause helfen, wenn du willst.“

„Nicht dass das deinem Ruf schadet, wenn man dich mit mir sieht.“

„Ach, ist mir doch egal, was die anderen denken. Du weißt doch, ich hab dich gern und so kann ich zumindest auf dich aufpassen. Ist ja besser so, als wenn du irgendwo rumhängst und dich rum prügelst, rauchst oder gar wieder allein dumme Sprüche anhören lassen.“

„Ah ja, na dann.“

„Und jetzt komm, wenn du schon einmal pünktlich hier bist“, sagte Sherry und zerrte Aran regelrecht ins Schulgebäude. Auch wenn er selber lieber das Bedürfnis hatte weit weg zu rennen. Im Klassenzimmer setzte er sich in die Ecke der letzten Reihe, wo sein Platz stand. Keiner bis auf Sherry schien ihm auch nur die kleinste Beachtung zu schenken. Der Vorteil, dass er in der letzten Ecke saß, war zumindest, dass er den Großteil des Unterrichts schlafen konnte. Was er auch wie an diesem Tag machte.



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