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As you wish!

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Wundbrand - Wundinfektion
Sepsis - Blutvergiftung, Folge von Wundbrand, Sterberate liegt selbst heutzutage bei 30-50%
Haori - Bis auf Hüft- oder Schenkelhöhe gehende Kimonobedeckung in der Art eines Jacketts, sorgt für mehr Förmlichkeit. Komplett anzeigen

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One-Shot

Der Sonnenaufgang über dem Kou-Reich verzögerte sich an diesem Morgen um ein paar Stunden. Der Grund dafür war ein starker Regenfall, der den Himmel verdunkelt hatte.

Nun schien die Sonne so hell am Himmel, dass man sogar dann noch geblendet wurde, wenn man sie sich in einer der Pfützen ansah.

Der Mann, der schnellen Schrittes durch die Gänge eilte, hatte für diesen eigentlich schönen Anblick keine Augen. Er war auf dem Weg zu seinem Herrn. Trotz der fortgeschrittenen Vormittagsstunde lag dieser noch tief und fest schlafend in seinem Bett.

Seinem älteren Bruder, dem Kaiser von Kou, würde dies sicher bald auffallen und dann würde er wie immer wütend werden.

Besser also, wenn er seinen Herrn schnell aufweckte.

Der Mann mit den langen braunen Haaren baute sich vor der Zimmertür seines Herrn auf und klopfte an. Dann rief er: „Prinz Koumei, seid Ihr wach?“

Diese Frage diente allein dazu, auf sich aufmerksam zu machen. Er wusste, dass der Prinz definitiv nicht wach war. In all den Jahren, die er ihm diente, war er dies nicht gewesen.

Ohne eine Antwort abzuwarten, trat er ein.

Die Vorhänge waren zugezogen und sperrten die Sonne aus.

Zielstrebig steuerte der Mann darauf zu und zog sie mit einem kräftigen Ruck auf.

Ein Murren aus dem großen Bett war zu hören.

Der Mann wandte sich dem Bett zu. „Prinz Koumei, es ist Zeit, aufzustehen.“

„… Lass mich in Ruhe, Chuu’un…“, brummte der Prinz verschlafen zurück.

Chuu’un seufzte, stellte das Tablett, dass er bei sich trug auf der Kommode ab, trat an das Bett heran und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. „Hoheit, es ist schon spät. Wenn Ihr nicht aufsteht, wird es dem Kaiser auffallen und Ihr wisst doch, was dann passiert“, ermahnte er ihn ruhig.

Schlagartig setzte der Prinz sich auf. Die Aussicht auf ein paar schmerzhafte Kopfnüsse seines herrischen Bruders war nicht sehr rosig, daher zog er es vor, sein kuscheliges Bett zu verlassen, wenn auch widerwilig.

„Ihr habt gestern Nacht wieder zu lange gearbeitet“, stellte Chuu’un tadelnd fest, als er seinem Herrn aus dem Bett half.

Der kratzte sich verschlafen am Hinterkopf. „Ich kann nichts dafür. Der Kriegsrat dauerte mal wieder so lange…“

„Ich habe dennoch beobachtet, wie Ihr danach noch am Schreibtisch gesessen habt.“

„Das musste sein. Es ging doch um Leben und Tod!“

Wieder seufzte Chuu’un schwer. Warum musste sein Herr nur immer lügen? Zumal es nicht sonderlich schwer war, sie zu durchschauen – Koumei’s Lügen waren meist theatralisch und völlig übertrieben. Natürlich ging es nicht um Leben und Tod. Der Prinz war lediglich ein Workaholic.

Der Prinz ließ sich müde auf einen Stuhl sinken.

Chuu’un fischte sich die Bürste von der Kommode und begann damit, das strubbelige, rote Haar seines Herrn zu bändigen – ein Kampf, der jeden Tag aufs Neue ausgefochten werden musste.

Koumei hatte dabei stets die Augen geschlossen und lächelte selig. Mit einer Hand griff er sich die Teekanne, die Chuu’un zusammen mit einer Teetasse auf einem Tablett neben seinem Herrn abgestellt hatte, und goss sich etwas ein. Dabei ging ein Schwupps neben die Tasse und hinterließ eine dunkle Pfütze auf dem Tablett.

Chuu’un sah dies und verzog missbilligend die Mundwinkel. Der Prinz war wirklich eine Kleckerliese! Wenn der Brünette nicht aufpasste, kleckerte der Prinz sich auch schon mal auf die Gewänder. Das Schlimmste daran war, dass es diesen überhaupt nicht zu kümmern schien, wenn er Flecken auf der Kleidung hatte.

Auch jetzt ignorierte er die Pfütze großzügig, schnappte sich stattdessen die Tasse und trank seelenruhig den Tee, als wäre nichts passiert.

Am Hofe des Kaisers wurde Koumei nicht selten schief angesehen. Sein schludriges Aussehen war da nur einer der vielen Gründe. Die Meisten störten sich vor allem an den Aknenarben in seinem Gesicht.

Sogar von seinen Brüdern wurde er wegen seines Auftretens getadelt oder aufgezogen.

Doch obwohl er sich ebenfalls an manchen Dingen störte, würde es Chuu’un im Traum nicht einfallen, sich von ihm abzuwenden. Tatsächlich gab es Niemanden, dem er lieber dienen würde – so verrückt sich dies für manche auch anhören mochte.

Denn Prinz Koumei war vor allem ein sehr warmherziger und fürsorglicher Mensch.

Chuu’un wusste das nur allzu gut…

 

Rückblick

Chuu’un erinnerte sich an diesen Tag, als wäre es erst gestern gewesen. Auch an diesem Tag hatte es sehr viel geregnet und die Sonne schien erst gegen Nachmittag.

Der Prinz gönnte sich gerade eine kleine Pause, saß im Garten auf einer Bank und fütterte die Tauben, als er plötzlich seltenen Besuch bekam.

„Äh… ähm… Koumei-Onii-sama? D-dürfte ich… dich kurz sprechen?“

Koumei sah auf und betrachtete das schüchterne Mädchen schweigend, als müsse er überlegen, wer sie denn war. Rasch erkannte er sie und ein schwaches Lächeln erhellte sein müdes Gesicht. „Ah, Kougyoku. Sicher können wir uns unterhalten. Was gibt es denn?“

„Äh… es ist so… äh… ich möchte dich darum bitten… ich möchte gerne reiten lernen.“

Koumei blinzelte ein paar Mal, dann legte er fragend den Kopf schief. „Ja, und weiter? Wieso kommst du damit zu mir?“

Kougyoku druckste etwas herum, dann nahm sie all ihren Mut zusammen und sagte: „Also… Vater hat es mir erlaubt… aber nur unter der Bedingung, dass jemand meinen Reitunterricht beaufsichtigt…“

Koumei nickte verstehend. Seine kleine Schwester war das Ergebnis einer Nacht zwischen seinem Vater und einer Prostituierten und wurde am Hof wie eine Aussätzige behandelt. Es gab daher nur eine handvoll Menschen, die ihr einen solchen Gefallen erweisen würden.

„Prinzessin, ich kann nur noch einmal wiederholen, dass es sich für eine Lady nicht gehört, auf einem Pferd zu reiten, wie ein Mann“, zischte ihr Diener, Koubun Ka.

Kougyoku senkte den Kopf. „Aber… ich habe es Kouen-Onii-sama zu verdanken, dass ich zur Generälin ernannt wurde… und… und… da möchte ich eben…“

Hilflos brach das junge Mädchen ab, die Tränen stiegen in ihren Augen auf.

Koumei erhob sich, trat an seine Schwester heran und strich ihr beruhigend über den Kopf. „Ich beaufsichtige deinen Unterricht“, sagte er sanft.

„H-hoheit, seid Ihr sicher?“, hakte Koubun Ka geschockt nach.

„Natürlich. Außerdem reitet Lady Hakuei doch auch.“

 

Trotz heftiger Proteste seitens Koubun Ka, saß Kougyoku wenig später zum ersten Mal in ihrem Leben auf einem Pferd. Sichtlich ängstlich befolgte die kleine Prinzessin die Anweisungen ihres Bruders. Koumei saß ebenfalls auf einem Pferd und ritt die ganze Zeit neben ihr her, erklärte ihr ruhig, was sie zu tun hatte.

„So, und jetzt werden wir das Tempo ein wenig erhöhen. Du reitest jetzt im Galopp bis zur Mauer, wendest und kommst wieder hierher zurück.“

Kougyoku zuckte ängstlich zusammen. „Wie? G-ganz allein?“

„Ja. Das schaffst du schon. Nur Mut.“

Kougyoku schluckte schwer, nickte aber tapfer. Dann ritt sie los.

Anfangs schien es so, als würde die Prinzessin die Aufgabe tatsächlich bewältigen können. Doch dann geschah es: der Sattelgurt riss und die Prinzessin drohte, mitsamt dem Sattel vom Pferd zu stürzen. Kougyoku stieß einen lauten Schrei aus und versuchte, sich oben zu halten. Dabei stieß sie reflexartig ihre Hacken in die Weichteile des Pferdes.

Von dieser groben Behandlung aufgeschreckt, drehte das Pferd durch und ritt in einem irren Tempo quer über den Hof.

Die Dienerschaft schrie geschockt auf. Wenn die Prinzessin in diesem Tempo vom Pferd stürzte, könnte sie sich ernsthaft verletzen, wenn nicht sogar sich das Genick brechen.

Koubun Ka stürzte wild mit den Armen wedelnd hinter seiner Herrin hinterher. „Prinzessin, Ihr müsst Euch festhalten!!“, rief er ihr verzweifelt zu.

„Ich kann nicht!!“, weinte sie. Mit aller Kraft hielt sie sich an der Mähne des Pferdes fest, doch lange würde das nicht gut gehen.

Gerade, als Kougyoku spürte, wie ihre Kräfte sie verließen, und sie sich schon verloren glaubte, riss sie plötzlich Jemand vom Pferd.

Chuu’un, Koubun Ka und die anderen Diener eilten zu ihnen und sahen gerade noch, wie Koumei mit seiner Schwester im Arm im Gras aufschlug und dort liegen blieben.

Sofort stürzte Chuu’un zu ihnen. „Prinz Koumei! Seid Ihr verletzt?!“

Keuchend rappelte sich Koumei auf, hievte seine Schwester hoch und rief den Dienern zu: „Holt sofort einen Arzt!“ Ohne eine Reaktion seines Vertrauten abzuwarten, trug der Prinz seine Schwester zum Palast.

 

Wenig später waren alle in Kougyoku’s Zimmer.

Der Arzt hatte sie gerade untersucht. „Die Prinzessin ist zum Glück unverletzt. Sie ist nur ohnmächtig. Sie müsste bald wieder zu sich kommen.“

Koubun Ka sank erleichtert zu Boden.

Auch Koumei lächelte erleichtert, dann wandte er sich dem Arzt zu. „Hören Sie, ich möchte Sie noch um etwas bitten. Ich…“

Das plötzliche Aufreißen der Tür unterbrach den Prinzen.

„Was ist das für ein Benehmen?!“, herrschte der Arzt den hereinstürmenden Soldaten an. „Die Prinzessin brauch Ruhe!“

Der Soldat ging vor dem Prinzen in die Knie und senkte respektvoll sein Haupt. „Vergebt mir, aber dies ist ein Notfall! Prinz Koumei, Ihr müsst sofort mitkommen! Chuu’un ist in Schwierigkeiten!“

„Was ist denn los?“, wunderte sich Koumei.

„Es hat sich herausgestellt, dass der Sattelgurt der Prinzessin angeschnitten wurde, sodass er irgendwann reißen musste. Da es Chuu’un war, der der Prinzessin in den Sattel half und damit der Letzte war, der den Sattel berührt hatte, beschuldigt man nun ihn, für den Unfall verantwortlich gewesen zu sein. Der Kaiser will ihn jetzt bestrafen!“

Koumei riss geschockt die Augen auf und lief sofort hinaus, gefolgt von dem Soldaten.

Der Arzt wollte sich wieder der Prinzessin zuwenden, als ihm dort, wo der Prinz gerade gestanden hatte, ein seltsamer Fleck auffiel. Das war doch nicht etwa…?

 

„Eure kaiserliche Hoheit, dass muss ein Irrtum sein! Welchen Grund sollte ich haben, die Prinzessin solch einer Gefahr auszusetzen?“

Chuu’un kniete vor seinem Kaiser, umringt von Soldaten, und versuchte verzweifelt, diesen von seiner Unschuld zu überzeugen.

Der kränkliche Kaiser massierte sich müde den Nasenflügel. „Meine Tochter ist aufgrund ihrer Herkunft vielen Menschen hier ein Dorn im Auge“, sagte er mit rauer Stimme. „Welchen Grund sollte ich also haben, zu glauben, dass du nicht ebenso dazuzählst?“

Chuu’un öffnete den Mund, um zu protestieren, tat es jedoch nicht, da er letztlich nicht beweisen konnte, dass nicht er den Sattelgurt angeschnitten hatte. Insgeheim fühlte er sich auch schuldig, dass er nicht überprüft hatte, ob mit dem Sattel alles in Ordnung war.

Die Tür zum Thronsaal ging auf und Koumei stürmte hinein, kniete sich vor seinen Vater.

„Vater, Ihr dürft Chuu’un nicht bestrafen! Ich versichere Euch, dass er Kougyoku niemals Schaden zufügen würde! Wenn Ihr jemanden bestrafen wollt, dann mich! Es war meine Aufgabe gewesen, ihren Unterricht zu überwachen! Wenn ihr dabei etwas zustößt, muss ich auch die Verantwortung dafür übernehmen!“

„Aber Prinz Koumei!“, rief Chuu’un geschockt.

„Wenn dem so ist, bin auch ich schuldig“, sagte plötzlich jemand neben Koumei. Der wandte den Kopf und sah seinen Bruder neben sich knien.

„Kouen, was…“

„Ich war Derjenige, der sich dafür aussprach, dass Kougyoku Reitunterricht nehmen darf. Hätte ich Euch nicht davon überzeugt, dem zuzustimmen, wäre das alles nicht geschehen“, fuhr Kouen unbeirrt fort.

Chuu’un war fassungslos. Dass sogar Prinz Kouen seinen Kopf für ihn hinhalten würde, war einfach unglaublich. Und er sollte nicht der Einzige sein.

„Vater, bitte tut das nicht!“

Prinzessin Kougyoku hastete in den Thronsaal, gefolgt von einem panischen Koubun Ka, dem es so gar nicht gefiel, dass die Prinzessin schon so schnell wieder aufgestanden war.

„Vater, Chuu’un ist unschuldig! Ich kann bezeugen, dass er den Gurt nicht einmal berührt hatte, als er mir in den Sattel half! Das wäre mir aufgefallen! Bitte bestraft ihn nicht!“

Wieder rieb sich der Kaiser die Nasenflügel. Dass sich drei seiner Kinder schützend vor Chuu’un stellten, schien ihn nachdenklich zu stimmen. Schließlich nickte er.

„Nun gut. Scheinbar gab es hier ein Missverständnis. Wir werden den Vorfall weiterhin untersuchen. Chuu’un, du darfst gehen.“

Chuu’un senkte sein Haupt. „Ich danke Euch.“ Dann wandte er sich den Prinzen und der Prinzessin zu. „Und Euch danke ich ebenso. Mir fehlen die Worte.“

„Du musst nichts sagen, Chuu’un“, lächelte Koumei schwach und wollte aufstehen, als er plötzlich stark schwankte und zum Entsetzen aller zu Boden fiel.

Sofort drehte Kouen ihn um. „Er hat hohes Fieber“, stellte er durch eine Berührung an der Wange fest. Dann suchte er prüfend den Körper seines Bruders ab und stutzte an dessen rechter Seite. Vorsichtig öffnete er den lilanen Haori und schob ihn beiseite – dann sah er die Ursache für das Fieber. An der rechten Seite Koumei’s klaffte eine stark blutende Wunde. Ein spitzer Zweig hatte sich dort hineingebohrt.

Kougyoku japste geschockt auf. Ihr Bruder hatte sich offenbar verletzt, als er mit ihr im Gras gelandet war. Er hatte sie während des Aufpralls noch schützend abgeschirmt.

Chuu’un kniete neben seinen Herrn und zitterte. Wie konnte das nur geschehen?

 

Koumei wurde sofort in sein Zimmer gebracht, wo der Arzt und seine Helfer ihn sofort behandelten.

Kouen und Chuu’un standen mit Abstand daneben und warteten ab, bis die Behandlung abgeschlossen war. Kougyoku wurde auf ihr Zimmer geschickt, sie sollte dies nicht sehen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit deckte der Arzt Koumei zu und wandte sich den beiden Männern zu. „Die Wunde an sich war nicht lebensgefährlich“, erklärte er mit besorgtem Tonfall und wischte sich dabei die Hände sauber. „Das Problem ist allerdings, dass Bakterien in die Wunde geraten sind. Dadurch besteht die Gefahr auf Wundbrand und einer möglichen Sepsis.“

Kouen schüttelte den Kopf. „Was für ein Irrsinn, die ganze Zeit mit einer solchen Wunde herumzulaufen. Warum hat er nicht gesagt, dass er sich verletzt hat?“

Dem Arzt fiel plötzlich etwas ein. „Er wollte mich um etwas bitten, nachdem ich die Prinzessin untersucht hatte. Dann berichtete ihm jedoch der Soldat, dass Chuu’un bestraft werden sollte.“

Chuu’un schluckte schwer. Das bedeutete, dass sein Herr sich nur deshalb nicht sofort behandeln ließ, um ihn vor dem Henker zu bewahren. Und nun schwebte er selbst in Lebensgefahr.

„Ich habe ihn behandelt, so gut ich konnte“, fuhr der Arzt leise fort, „mehr kann ich leider nicht für ihn tun. Jetzt können wir nur noch abwarten und hoffen. Wenn er diese Nacht übersteht, wird er wieder genesen.“

Mit zitternden Beinen trat Chuu’un an das Bett seines Herrn, sank ganz langsam daneben zu Boden und starrte wie hypnotisiert auf den rothaarigen Mann darin, dessen blasses Gesicht ganz schmerzverzerrt verzogen war.

Kouen warf noch einen letzten, sorgenvollen Blick auf seinen kleinen Bruder, dann verließ er zusammen mit dem Arzt das Zimmer. Er konnte nicht die ganze Nacht bei seinem Bruder verweilen und abwarten, ob er überleben würde – er konnte nicht zugeben, dass er diesen Anblick nicht ertrug. Daher wollte er alles daran setzen, den wahren Schuldigen dieses Anschlags zu finden. Wenigstens das wollte er für Koumei tun…

 

Die schreckliche Nacht des Bangens und Hoffens ging schließlich zu Ende.

Chuu’un hatte die ganze Zeit an der Seite des Prinzen verbracht und über ihn gewacht. Hatte die feuchten Stofftücher, die das Fieber senken sollten, stetig gewechselt; ihm den Schweiß vom Gesicht gewischt und die mit kaltem Schweiß überzogene Hand gehalten.

Irgendwann in tiefster Nacht hatte sich Koumei dann tatsächlich beruhigt und von da an tief und friedlich geschlafen.

Sein Vertrauter wich dennoch nicht von seiner Seite, um sicherzustellen, dass dieser tatsächlich außer Gefahr war. Er entspannte sich erst, als der Himmel sich langsam erhellte.

Erleichtert, dass sein Prinz nicht sterben würde, strich Chuu’un ihm liebevoll durch die rote Mähne. Es dauerte eine Weile, bis ihm auffiel, was er tat. Peinlich berührt zog der Bogenschütze sich zurück.

Und das keine Sekunde zu spät. Kaum, dass sich Chuu’un zum Fenster geflüchtet hatte, öffnete sich die Tür und Kouen gefolgt vom Arzt betrat das Zimmer.

„Wie geht es ihm?“, fragte der Kronprinz, den Blick starr auf seinen schlafenden Bruder gerichtet.

„Das Fieber ist gesunken, Hoheit. Die Schmerzen scheinen auch verschwunden zu sein. Er hat die letzten Stunden sehr friedlich geschlafen“, erklärte Chuu’un.

„Das hört sich doch sehr gut an“, meinte der Arzt, trat ans Bett und nahm die Hand des Prinzen, um seinen Puls zu fühlen.

Koumei wachte durch diese Berührung auf. Schwach sah er sich im Raum um. Als er seinen Bruder sah, lächelte er müde. „Kouen, du bist ja hier…“

„Wie fühlst du dich?“, fragte dieser ungewohnt sanft.

„…Es tut noch weh… aber ich fühle mich dennoch besser“, murmelte Koumei. Dann fiel ihm schlagartig etwas ein. „Wo ist Chuu’un? Geht es ihm gut?“, fragte er etwas ängstlich und versuchte, sich aufzurichten.

„Ich bin hier, Hoheit“, sagte Chuu’un leise.

Mit sanfter Gewalt drückte Kouen seinen kleinen Bruder zurück ins Kissen. „Vater hat die Anschuldigungen gegen ihn zurückgezogen. Erinnerst du dich nicht mehr daran?“

„…Nicht wirklich. Irgendwie ist alles verschwommen…“

Chuu’un biss sich auf die Unterlippe und wandte sich von den Prinzen ab.

Koumei entging dies nicht. „Würdet ihr beide uns vielleicht alleine lassen? Nur für einen Augenblick.“

Der Arzt wollte protestieren, musste er Koumei doch erst noch gründlich untersuchen.

Doch Kouen erwiderte sofort: „Sicher. Aber bleib im Bett liegen, du bist noch nicht gesund genug, um aufzustehen.“

Koumei wartete ab, bis sein Bruder und der Arzt draußen waren, dann begann er vorsichtig: „Chuu’un, ist alles in Ordnung? Du verhältst dich seltsam.“

Doch der Bogenschütze starrte weiterhin stur aus dem Fenster und schwieg.

Koumei überlegte kurz, dann versuchte er, mit einem Witz die bedrückende Stimmung aufzulockern. „Ach, ich weiß! Du hast wohl gehofft, dass du mich loswirst, damit du dich nicht mehr mit mir herumplagen musst!“, scherzte er.

Dieser Versuch misslang jedoch.

„Wie könnt Ihr nur so etwas von mir denken?! Die vergangenen Stunden waren die Hölle für mich! Ich könnte es niemals ertragen, wenn ich Euch verlieren würde…“, rief Chuu’un wütend, die Hände zitterten heftig.

Koumei senkte den Blick. „Verzeih. Ich wollte dich nicht ängstigen.“

„Warum habt Ihr das getan? Ihr hättet sterben können…“, fragte Chuu’un kaum hörbar.

Der Prinz überlegte kurz, dann richtete er sich unter Schmerzen auf. „Ich habe es getan, weil du bestraft werden solltest. Den Sattelgurt anschneiden, sodass die Prinzessin vom Pferd stürzt… das ist ein versuchter Mordanschlag, auf den nicht weniger als die Todesstrafe steht. Als ich erfuhr, dass du dafür bestraft werden solltest, konnte ich nur noch daran denken, dich zu retten. Ich konnte doch auf keinen Fall zulassen, dass dir das zustößt, Chuu’un. Ich liebe dich…“

Chuu’un stockte der Atem. Sein Herz schien für einen Schlag auszusetzen. Schnell versuchte er, sich zu beruhigen und sich in Erinnerung zu rufen, dass sein Prinz dieses Geständnis nicht so gemeint hatte.

„Ohne dich wäre ich völlig verloren“, fuhr Koumei unbeirrt fort. „Niemand hier versteht mich so gut wie du… Niemand hat soviel Verständnis für mich und meine… Eigenarten. Du bist viel mehr für mich, als nur ein Leibwächter und Diener. Du bist mein engster Vertrauter. Mein bester und einziger Freund. Ich glaube nicht, dass ich es ohne dich auch nur einen Tag hier ertragen würde. Meine Gesundheit aufs Spiel zu setzen, ist da nur ein geringer Preis für mich, wenn ich damit dafür sorgen kann, dass du bei mir bleibst.“

Endlich wandte sich Chuu’un ihm zu. „Ihr seid verrückt.“

Koumei lächelte schelmisch. „Wohl eher egoistisch. Ich möchte… nein, ich kann nicht mehr auf dich verzichten. Ich brauche dich.“

Chuu’un schluckte schwer. Er unterdrückte den Wunsch, den Prinzen zu küssen und fiel neben seinem Bett auf die Knie. „Ihr müsst auch nicht auf mich verzichten, Hoheit! Und ich versichere Euch, dass Ihr keine Bürde für mich seid! Bitte versprecht mir, dass Ihr so etwas nie wieder tun werdet!“

Koumei lächelte sanft und nickte.

Rückblick Ende

 

Chuu’un Herz schlug schneller, als er an diese intime Unterhaltung zwischen ihnen zurückdachte.

Völlig in Gedanken versunken kämmte der Brünette weiter die Haare, bis sich der Prinz zaghaft räusperte.

„Chuu’un? Wie lange möchtest du denn noch meine Haare kämmen?“

Der Bogenschütze stutzte und trat einen Schritt zurück. „Verzeiht… Ich war ein wenig in Gedanken.“

„Es sieht dir gar nicht ähnlich, am helllichten Tag zu träumen. Woran hast du gedacht?“

Chuu’un überlegte kurz, dann sagte er entschieden: „Daran, dass ich Euch niemals verlassen werde. Ihr seid der Einzige, dem ich dienen möchte. Es mag sein, dass ihr anstrengend seid, aber ich genieße jeden Tag mit Euch…“

Koumei drehte sich zu ihm um und lächelte sanft. „Du bist so süß.“

Rasch wirbelte Chuu’un herum, um sein rotes Gesicht zu verbergen. „Ihr… Ihr müsst Euch jetzt anziehen…“

 

~ Owari ~


Nachwort zu diesem Kapitel:
Der Verursacher des Unfalls war übrigens der Stallbursche selbst. Er wurde von einem der Diener der anderen Prinzessinnen dazu angestiftet.
Bestraft wurden aber nur der Stallbursche und der Diener. Der Prinzessin konnte nicht nachgewiesen werden, dass sie ihre jüngere Schwester auf diese Art loswerden wollte. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Rajani
2015-08-04T19:56:24+00:00 04.08.2015 21:56
*.* oooooooooohhhh wie süß, ich weiß zwar immer noch nich, wie die Charas tatsächlich aussehen und welche Rolle sie spielen, aber es ist ZUCKER!!!!


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