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„Zocken?“, wiederholte Sasuke und zog skeptisch eine Augenbraue nach oben.
Das tat er oft und es verfehlte nie seine Wirkung. Sofort fühlte ich mich, als hätte ich ihm gerade vorgeschlagen gemeinsam ein Alienbaby vom Mars zu adoptieren. Allerdings wäre ich nicht ich, wenn ich mich davon einschüchtern lassen würde.
„Ja, zocken“, bestätigte ich. „Oder hast du eine bessere Idee?“
Sasuke verschränkte die Arme vor der Brust, wobei er endlich seine Hand von dem Stück Pizza zurückzog. Kurz überlegte ich, ob ich es mir einfach schnell schnappen sollte.
„Wie wär’s mit: Ich esse das Stück einfach“, schlug er selbstgefällig vor.
Energisch schüttelte ich den Kopf.
„Komm schon Sasuke, du bist doch ein Ehrenmann. Oder hast du etwa Angst zu verlieren?“
Sofort verengte er seine Augen zu Schlitzen, was im abgedunkelten Raum nur noch gruseliger wirkte. Natürlich hatte ich ihn mit Absicht provoziert, da ich wusste, dass er nun nicht mehr ablehnen konnte. Das würde sein Stolz unter keinen Umständen zu lassen – so gut kannte ich ihn nun schon.
„Aber wehe, du heulst nachher“, mahnte er.
Das interpretierte ich jetzt mal als Zustimmung und somit als eindeutigen Sieg für mich. Sofort sprang ich vom Sofa auf und ging hinüber zu der kleinen Wohnwand, wo ich seine Spiele vermutete. Er war ziemlich gut ausgestattet, hatte auch einige der neusten Titel, um die ich ihn sehr beneidete, da ich sie mir einfach noch nicht leisten konnte. Meistens wartete ich ein paar Wochen, bis sie gebraucht in den Handel kamen oder versuchte sie mir von einem Freund zu leihen, wenn er sie durchgespielt hatte, aber das war einfach nichts im Vergleich dazu, den Titel noch am Releasetag in den Händen zu halten.
„Du hast ja alles“, staunte ich beeindruckt.
Sasuke brummte nur ungeduldig.
„Jetzt such‘ schon was aus, ich hab Hunger.“
Mein Blick wanderte über die Rücken der Spielhüllen und blieb dann an einer bestimmten hängen. Erstaunt zog ich sie aus dem Regal und warf nochmal einen Blick auf das Cover, um sicher sein zu können.
„Du hast dieses Ninjaspiel“, stellte ich dann fest.
Nachdem ich bereits wusste, dass Sasuke und das Gesprächsthema Itachi keine allzu gute Kombination waren, wunderte es mich doch, dass er ein Spiel hatte, in dem einer der Charaktere von seinem Bruder synchronisiert wurde. Da es sich jedoch um ein Kampfspiel handelte, vermutete ich, dass er es vielleicht nutzte, um sich abzureagieren.
„Können wir das spielen?“, fragte ich und wedelte mit der Hülle in seine Richtung.
Auf der einen Seite hatte er vermutlich einen Vorteil, weil er das Spiel im Gegensatz zu mir schon öfter gespielt hatte. Auf der anderen Seite konnte ich mir vielleicht seine Abneigung gegen seinen großen Bruder zu Nutze machen. Außerdem eignete sich ein Beat’em up-Spiel hervorragend, um unseren kleinen Wettbewerb auszutragen.
„Von mir aus.“
Sasuke zuckte nur mit den Schultern und griff dann nach der Fernbedienung, um den Fernseher anzuschalten. Heute war er mal wieder besonders gesprächig, doch immerhin tolerierte er mich hier in seiner Wohnung und ich wollte mein Glück lieber nicht unnötig herausfordern. Also schaltete ich brav die Konsole an und legte die CD ein. Der vertraute Startbildschirm erschien auf dem Fernseher und Sasuke startete mit routinierten Handgriffen das Spiel. Ich setzte mich wieder neben ihn auf die lange Seite des Sofas, da er die kurze wie heute Morgen schon komplett für sich beanspruchte. Die Ecke schien so etwas wie sein Lieblingsplatz zu sein.
Bei der Charakterauswahl ließ ich mir unnötig viel Zeit, da ich mich einfach nicht entscheiden konnte. Eigentlich hatte ich ja zuerst überlegt, Itachis Charakter auszuwählen, den ich immerhin aus der kurzen Videosequenz kannte, die ich mir im Internet angesehen hatte. Darin hatte er ziemlich angsteinflößend gewirkt und so als hätte er einiges auf dem Kasten, doch irgendetwas ließ mich zögern. Die Stimmung zwischen Sasuke und mir war gerade relativ gelöst und locker für unsere Verhältnisse und das wollte ich nicht so einfach zerstören. Ich entschied mich also letztendlich für einen Typen im orangenen Trainingsanzug, der mir irgendwie auf Anhieb sympathisch war, während Sasuke eine eher dunkle Gestalt mit schwarzen Haaren und roten Augen auswählte.
Wir vereinbarten, erst mal einen Trainingskampf auszuführen und Sasuke erklärte mir in knappen und präzisen Worten die Steuerung. Nachdem er mir etwas Neues gezeigt hatte, ließ er es mich direkt an seinem Charakter ausprobieren und ich musste zugeben, dass ich irgendwie Spaß daran fand, ihn zu verprügeln. Irgendwann hatte aber auch das ein Ende und wir begannen einen neuen Kampf. Diesmal den richtigen. Wir hatten uns darauf geeinigt, dass derjenige gewann, der zuerst fünf Runden für sich entscheiden konnte.
„Ich mach dich fertig“, prophezeite ich selbstbewusst, so schwer konnte das ja nicht sein.
Eine Frauenstimme wies uns an zu beginnen und Sasuke reagierte sofort. Er sprang zur Seite und warf ein paar Kunais in meine Richtung. Während ich noch damit beschäftigt war, zu realisieren, dass es losging, hatte ich bereits die ersten Treffer kassiert. In einem irren Tempo kam er dann auf mich zu gesprintet und verpasste mir einen Schlag nach dem anderen, was nur noch davon gekrönt wurde, dass er mich mit seinem seltsamen Blitzschwert durchbohrte. Ich hatte kaum Zeit zu reagieren, geschweige denn irgendeinen Angriff zu starten, denn er war viel zu schnell und mein Charakter lag sofort wieder auf dem Boden.
Immer wieder versuchte ich seine Angriffe zu blocken, doch dann packte er mich am Kragen und schleuderte mich einmal quer durch die Luft. Von seinen stärkeren Attacken hatte er noch nicht einmal Gebrauch gemacht und doch hatte er mich nur wenige Sekunden später bereits besiegt. Sein blasses Gesicht wurde vom Licht des Fernsehers angestrahlt, sodass ich deutlich erkennen konnte, wie er triumphierend lächelte.
„Was?“, rief ich ungläubig und zog das Wort dabei übertrieben in die Länge. „Das war total unfair. Mein Controller hat überhaupt nicht reagiert. Ich hab wirklich immer Kreis gedrückt!“
Wieder wanderte Sasukes Augenbraue in die Höhe.
„Ich hab dich gewarnt. Heul jetzt nicht rum, Naruto.“
Ich schnaubte wütend und forderte ihn auf, den nächsten Kampf zu starten. Diesmal würde ich einfach versuchen, ihn nicht so nah an mich ranzulassen, damit er seine komischen Griffe und Schläge gar nicht erst ausführen konnte. Die Kunais abzuwehren sollte kein Problem darstellen. Zuversichtlich lehnte ich mich ein bisschen näher an den Bildschirm, um besser sehen zu können, was im Grunde genommen bei der Größe des Fernsehers vollkommen überflüssig war.
Zu meiner Enttäuschung verlief der zweite Kampf ähnlich wie der erste und auch wenn ich diesmal ein bisschen länger durchhielt, war ich es doch, der am Ende von Sasuke besiegt wurde. Scheinbar brauchte er gar nicht so nah an mich rankommen, um mich mit seinen Attacken angreifen zu können. Der seltsame Blitz hatte eine ziemlich große Reichweite und am Ende hatte er dann sogar einen Angriff ausgepackt, bei dem die Blitze aus dem Himmel schossen, sodass man ihnen nicht ausweichen konnte.
„Du hast betrogen!“, warf ich ihm verärgert vor. Bereits jetzt sah ich meine Chancen auf das letzte Stück Pizza schwinden. „Mein Charakter hat nur diese komische blaue Kugel und sonst überhaupt keine Fernkampfangriffe und das wusstest du genau!“
„Du hast ihn dir selbst ausgesucht“, erinnerte mich Sasuke amüsiert.
Dass er mir so haushoch überlegen war, hatte seine Laune erheblich verbessert, im Gegensatz zu meiner.
„Weil er mir sympathisch war“, schimpfte ich. „Aber du hättest mir ruhig mal sagen können, dass er gegen deinen keine Chance hat!“
Empört funkelte ich ihn an, doch er zuckte nur mit den Schultern.
„Es war deine Idee, dieses Spiel zu spielen.“
„Dann will ich jetzt einen anderen“, forderte ich.
Wir kehrten zurück ins Auswahlmenü und diesmal zögerte ich nicht lange. Meine Wahl fiel direkt auf den Charakter von Itachi – wenigstens der musste doch etwas drauf haben und in der Lage sein, Sasukes komischem Fürsten der Dunkelheit etwas entgegenzusetzen. Jedenfalls sahen sie so aus, als könnten sie sich halbwegs ebenbürtig sein.
„Bist du dir sicher?“, erkundigte sich Sasuke noch einmal.
„Hast du ein Problem mit meiner Auswahl?“, fauchte ich ihn an.
Er schmunzelte nur wieder und drückte dann auf weiter. Seinen eigenen Charakter hatte er nicht gewechselt, was für mich jedoch nur ein Vorteil sein konnte, denn ich kannte mittlerweile seinen Kampfstil und seine Attacken, auch wenn ich bisher noch keine Schwachstelle hatte feststellen können.
Wieder forderte uns die Frauenstimme auf, den Kampf zu beginnen und diesmal begann ich wie ein Wilder in die Tasten zu hauen, statt wie vorher Sasukes Angriffen einfach nur auszuweichen. Immer wieder schleuderte ich ihm Kunais entgegen, versuchte mich ihm mit Sprints zu nähern, um dann in den Angriffsmodus überzugehen. Meine Figur bewegte sich nun schneller als die letzte, doch ich hatte das Gefühl, dass seine Attacken dafür deutlich schwächer waren.
„Verdammt“, fluchte ich frustriert, als Sasuke mir mit seinem Blitzgewitter schon wieder den finalen Schlag verpasste.
„Willst du wieder wechseln?“, fragte er spöttisch.
Ich biss fest die Zähne zusammen und schüttelte den Kopf. Diesmal war ich mir absolut sicher, dass ich die richtigen Knöpfe gedrückt hatte und er mich eigentlich nicht hätte treffen dürfen. Selbst einige seiner Angriffe zuvor hatten mich völlig ungerechtfertigt erwischt, während meine eigenen aus einem mir unerfindlichen Grund danebengegangen waren. Fast hatte ich den Eindruck, dass seine Konsole speziell eine Abneigung gegen mich entwickelt hatte und mich deswegen ständig verlieren ließ.
Es war nicht weiter verwunderlich, dass ich die nächsten zwei Kämpfe ebenfalls verlor. Bedauerlicherweise konnte ich nicht einmal eine Steigerung meiner Fähigkeiten feststellen und das obwohl ich wirklich hochkonzentriert bei der Sache war. Sasuke hingegen wirkte fast schon gelangweilt, als er mich wieder und wieder mit seinen Blitzen durchbohrte, so als würde ich es ihm viel zu einfach machen. Allerdings hatte ich noch immer die Theorie, dass es an der Konsole oder zumindest an dem Controller lag, der einfach nicht reagiert hatte. Wie sollte ich so auch gegen ihn gewinnen?
Sasuke legte seinen Controller auf dem Glastisch ab und griff dann wie in Zeitlupe nach dem Stück Pizza. Fieberhaft überlegte ich, ob es noch eine Möglichkeit gab, ihn davon abzuhalten, es sich einfach in den Mund zu schieben. Obwohl ich bereits einige Stücke vertilgt hatte, machte genau dieses eine Stück einen besonders verführerischen Eindruck auf mich. Wahrscheinlich, weil es das letzte war und ich noch immer Hunger hatte.
„Stopp!“, rief ich kurzerhand.
Sasuke hielt missmutig in seiner Bewegung inne.
„Was?“, fragte er gereizt.
Mit fest entschlossenem Blick sah ich ihn an.
„Ich fordere eine Revanche! Mein Controller hat nicht richtig funktioniert und deswegen konnte ich gar nicht gewinnen. Außerdem hat deine Konsole was gegen mich, da stimmt doch was nicht.“
Eine Mischung aus Verärgerung und Belustigung spiegelte sich in Sasukes Gesicht wieder. Offenbar wusste er nicht recht, was er von meiner Aussage halten sollte, doch es war ihm deutlich anzusehen, dass er mich kein Stück weit ernst nahm.
„Wirklich“, beteuerte ich. „Ich hab davon gelesen. Bei manchen Konsolen ist das so.“
„Ach ja?“, fragte er skeptisch und legte trotz seines offensichtlichen Unglaubens das Pizzastück zurück in den Karton. „Und was bringt dir dann eine Revanche, wenn offensichtlich meine Konsole etwas gegen dich hat?“
Sogar für Sasuke-Verhältnisse triefte seine Stimme nur so vor Spott, doch ich wollte mir meine zweite Chance keinesfalls durch die Lappen gehen lassen.
„Wir tauschen einfach die Controller“, verkündete ich deswegen.
„Und was bringt es mir, wenn ich eine Revanche gegen dich spiele?“, wollte Sasuke wissen. „Immerhin ist es jetzt mein Stück Pizza.“
Seine Hand näherte sich schon wieder gefährlich dem Karton.
„Wir erhöhen den Einsatz“, sagte ich schnell. „Keiner von uns beiden hat den Wettbewerb gewonnen und deswegen brauchen wir sowieso ein Entscheidungsspiel. Der Gewinner kriegt das letzte Stück Pizza und hat einen Wunsch frei.“
In dem Moment, wo ich es ausgesprochen hatte, kam mir mein Vorschlag schon nicht mehr halb so schlau vor. Meine große Klappe war einfach mal wieder schneller gewesen als ich. Wie ich bereits festgestellt hatte, hatte Sasuke deutlich mehr Erfahrung in dem Spiel und hatte mich bisher mit Leichtigkeit in jeder Runde besiegt. Ein Stück Pizza war eine Sache, die Sache mit dem Wunsch aber wiederum eine ganz andere und trotzdem konnte ich es einfach nicht zulassen, dass er gewann. Sasuke schmunzelte selbstbewusst.
„Einverstanden.“
Ich schluckte und nahm dann seinen Controller entgegen, während er sich meinen nahm. Diesmal musste ich die Einstellungen vornehmen, was jedoch kein Problem darstellte, da ich ihn vorher dabei beobachtet hatte. Ich spürte, wie sich eine zunehmende Unruhe in mir breit machte und hoffte inständig, dass mein vorheriges Versagen wirklich mit der Technik zusammenhing. Sasuke einen Wunsch zu gewähren, konnte unter keinen Umständen gut ausgehen, abgesehen davon, dass ich dann zusätzlich auch noch auf die Pizza verzichten musste.
„Damit du mir diesmal glaubst, dass ich einfach besser bin als du, werde ich den gleichen Spieler nehmen“, kündigte Sasuke an.
Scheinbar wollte er nichts dem Zufall überlassen und mögliche Ausreden schon von vornherein kategorisch ausschließen. Der neue Einsatz führte dazu, dass er nun deutlich motivierter war als noch in der ersten Runde, wohingegen ich einfach nur wahnsinnig nervös wurde. Mich beschlich zunehmend der Gedanke, dass das keine gute Idee gewesen war, doch jetzt war es zu spät um einen Rückzieher zu machen, ganz abgesehen davon, dass das mein Stolz sowieso nicht zulassen würde.
Diesmal hatte ich wieder meinen Charakter vom Anfang gewählt. Irgendwie kam ich mit Itachis Steuerung nicht so gut klar und solange Sasuke nicht jemanden mit Fernkampfattacken aussuchte, war der Junge eine gute Wahl.
„Der passt zu dir“, kommentierte Sasuke.
„Warum?“, hakte ich misstrauisch nach.
Er lachte leise.
„Weil er genauso ein Idiot ist wie du.“
Ich überging seine Beleidigung gekonnt. Dass er sich mit den Charakteren auskannte, zeigte, dass er die Serie gesehen oder sich zumindest grob damit auseinander gesetzt hatte. Offenbar war ihm sein Bruder doch nicht so egal, wie er es nach außen hin immer vorgab, und er hatte sich sogar näher mit dessen Arbeit befasst.
„Und du bist genauso ein Miesepeter wie dein erster Charakter“, warf ich ihm vor.
Er schmunzelte und startete den Kampf. Nach der kurzen Pause, musste ich mich zuerst wieder reinfinden, was dazu führte, dass Sasuke direkt ein paar Treffer landete. Da ich seinen Kampfstil mittlerweile aber einigermaßen kannte und die Figur selber schon gespielt hatte, konnte ich mich auf seine Angriffe einstellen. Umgekehrt war ich bisher allerdings immer relativ planlos vorgegangen, sodass er meinen nächsten Schritt nicht so ohne weiteres abschätzen konnte.
Im Vergleich zu vorhin fiel es ihm schon deutlich schwerer, mich wieder auf die Bretter zu schicken und doch gelang es ihm. Wieder. Und wieder. Und wieder. Und wieder. Wie nicht anders zu erwarten war, konnte ich keine einzige Runde für mich entscheiden und wie nicht anders zu erwarten war, hatte es nicht an seinem Controller gelegen. Meine Theorie, dass einfach seine Konsole etwas gegen mich hatte, war damit aber noch lange nicht widerlegt. Allerdings befürchtete ich, dass er davon nichts hören wollte und dass ich ihn jetzt auch nicht mehr davon abhalten konnte, sich seinen wohlverdienten Preis einzuverleiben.
Grinsend legte er seinen Controller auf dem Glastisch ab und griff nach dem Stück Pizza. Dann lehnte er sich auf dem Sofa zurück und biss genüsslich die untere Ecke ab. Irgendwie hatte ich ein Déjà-Vu, mit dem Unterschied, dass ich die Situation selbst noch schlimmer gemacht hatte. Denn jetzt hatte er nicht nur die Pizza, sondern auch den Wunsch, für den wir uns die ganze Woche über den Arsch aufgerissen hatten. Und das alles nur wegen eines lächerlichen Ninjaspiels. Sasuke bemerkte natürlich meine schlechte Laune und suhlte sich in meiner Niederlage.
„Du hättest einfach auf mich hören sollen, Naruto.“
Ich warf ihm einen vor Zorn funkelnden Blick zu und verschränkte wütend die Arme vor der Brust.
„Und welchen Wunsch soll ich dir erfüllen?“, fragte ich dann genervt.
Eigentlich hatte ich es ja verdient, nachdem ich mich so einfach von ihm hatte austricksen lassen. Spätestens nach der ersten Runde hätte mir klar sein müssen, dass er dieses Spiel immer gewinnen würde und dass ich mir nur ins eigene Fleisch schnitt, wenn ich den Einsatz erhöhte. Allerdings war es gar nicht in die Tüte gekommen, ihm die Pizza einfach so zu überlassen und das war nun mal der einzige Weg gewesen, der mir spontan eingefallen war, um ihn zu einer Revanche zu kriegen.
„Alles zu seiner Zeit“, winkte er ab. „Erst mal lass ich mir die Pizza schmecken, obwohl ich mittlerweile gar keinen Hunger mehr habe.“
Wie aufs Stichwort knurrte auch schon wieder mein Magen und er grinste gehässig. Dass er eigentlich keinen Hunger mehr hatte, machte die Sache für mich nur noch schlimmer, denn ich hatte definitiv noch welchen.
„Gib mir wenigstens was ab“, grummelte ich beleidigt.
Sasuke machte einen großen Bissen und schloss dann genießerisch die Augen.
„Warum sollte ich?“
„Weil ich verdammt noch mal Hunger habe!“, schimpfte ich.
Mir reichte es. Ihm dabei zuzusehen, wie er Stück für Stück die letzte Pizza in seinem Mund verschwinden ließ, während ich vor Hunger fast verging, war pure Folter. Kurzerhand stürzte ich mich auf ihn und griff dabei nach seinem Handgelenk, um ihn davon abzuhalten, sich auch noch den letzten Bissen einzuverleiben. Schneller als er gucken konnte, hatte ich ihm das Randstück aus der Hand gerissen und mir selbst in den Mund geschoben. Sein überraschter Blick war dabei Gold wert, denn offensichtlich hatte er nicht damit gerechnet, was bei mir einen waschechten Lachanfall auslöste.
„So etwas nennt man wohl Mundraub“, bemerkte er zynisch.
Ich hielt mir mit einer Hand den vor Lachen schmerzenden Bauch, mit der anderen Hand stütze ich mich neben Sasukes Oberkörper im Sofa ab. Anscheinend nahm er mir den kleinen Überfall nicht wirklich übel, denn er wirkte noch immer ziemlich entspannt und boxte mir dann leicht in die Seite.
„Dein Blick, Sasuke“, brachte ich zwischen zwei weiteren Lachanfällen mühsam heraus. „Du sahst so geil aus!“
Ein seltsames Flackern huschte über sein Gesicht.
„Ich weiß“, sagte er dann. „Das tue ich immer.“
Am Klang seiner Stimme erkannte ich sofort, dass sich etwas verändert hatte. Mein Lachen verstummte abrupt und ich hätte mich fast verschluckt. Erst jetzt wurde mir klar, dass ich Sasuke schon wieder viel zu nahe gekommen war und mich zudem in einer ungünstigen, halb auf ihm liegenden Position befand. Auch wenn sich unsere Körper so gut wie gar nicht berührten, befanden sich nur wenige Zentimeter Abstand zwischen uns, die er locker hätte überbrücken können. Die ich locker hätte überbrücken können.
Ich wollte mich schnell aufrappeln und ein bisschen Distanz zwischen uns bringen, doch ich starrte stattdessen wie gefesselt in Sasukes Gesicht. Noch immer wurde es von der Seite leicht durch das leuchtende Standbild des Fernsehers angestrahlt, sodass die feinen Konturen noch deutlicher zur Geltung kamen als sonst. Seine blasse, makellose Haut wirkte fast durchscheinend und spannte sich fest über seine fein geschwungenen Wangenknochen. Im abgeschwächten Licht wirkten seine dunklen Augen geradezu schwarz und durchbohrten mich mit einer Intensität, die mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Ohne dass ich etwas dagegen tun konnte, tauchten vor meinem inneren Auge Bilder von seinem lustvoll verzogenen Gesicht auf. Ich schluckte.
Sasuke hatte natürlich bemerkt wie ich ihn anstarrte und lächelte süffisant. Ich keuchte, als er plötzlich sein Knie anzog, sodass es sich direkt zwischen meinen Beinen befand.
„Wird da etwa jemand hart?“