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Freund gesucht! MxM

von

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Nun ging es also in die Höhle des Löwen!
 

Hinter der Tür wurden sie schon ungeduldig von Nicks Schwester, Emma-Marie Harford, erwartet. Nick trat lächelnd auf sie zu und schloss sie in eine herzliche Umarmung. Er schien sie sehr gern zu haben. Emma-Marie war eine schöne Frau von noch 27 Jahren. Mit ihren High-Heels war sie um die 1,74 m und ihr blaues Etuikleid stand ihr hervorragend. Ihre langen dunklen Haare trug sie offen. Ihre Augen hatten denselben schönen Grünton wie die ihres Bruder. „Em, meine Hübsche, dieses Kleid steht dir mehr als ausgezeichnet.“ Er nahm ihre Hand, hob sie etwas hoch und begutachtete sie begeistert von allen Seiten.
 

„Danke, danke, du Charmeur.“ Sie kicherte mädchenhaft. „Mom hat ganz aufgeregt erzählt, dass du jemanden mitbringst, kleiner Bruder. Stell ihn mir vor, er ist süß!“ ‚Em‘ lächelte und mit diesen Worten trat sie auf Casey zu. Auch dieser war von ihrer Präsenz geblendet. Sie war auf den ersten Blick wirklich eine tolle, attraktive und sympathische Frau. Das musste sogar er zugeben.
 

Sicher würde Nick auch bald so eine haben. Nachdem er die Schnauze voll von der - offiziell - ab-heute-beginnenden Scharade hatte.
 

„Ich habe zwar mit einer Frau gerechnet, aber ich freue mich immer deine Leute kennenzulernen, Nick.“ Dieser hatte mit Casey vorher beschlossen, sich ganz direkt erst am Tisch zu outen. Trotzdem sagte er: „Em, das ist mein Freund Casey Summers. Casey, das ist meine ein Jahr ältere Schwester Emma-Marie.“ Die 27-jährige schüttelte Case lächelnd die Hand. Die „Anspielung“ schien auch sie nicht zu bemerken. Wunderte das irgendwen bei seinen vorherigen Frauen-Geschichten? – Wohl eher nicht.
 

„Freut mich sehr dich kennen zu lernen, Casey“, begrüßte Em ihn warm. „Mich freut es ebenfalls, Ms Harford. Aber bitte nennen Sie mich doch ‚Case‘“, kam es sehr höflich, doch mit einem aufrichtigen Lächeln von ihm. Emma-Marie musste lachen. „Oh bitte, du kannst mich ruhig duzen, Case. Ich bin gar nicht viel älter als unser Großer hier. Und ich weiß gar nicht, wieso er auf mein Alter anspielen muss, dieser Frechdachs.“ Sie lächelte erneut, hob kurz mahnend den Zeigefinger, strich ihrem Bruder aber liebevoll über den Arm. „Nick, ich wundere mich über dich. Wie kann jemand der so höflich ist wie Casey, mit dir befreundet sein?“
 

Nick grinste schelmisch, zog im nächsten Moment aber einen Schmollmund. Damit wirkte er um einiges jünger. „Wieso, ich habe dir doch eben ein Kompliment gemacht! Ich bin einfach toll, daran liegt es.“ Em antwortete nicht, schlug ihrem Bruder bloß lachend gegen die Schulter und zog dann beide Männer weiter hinein in die große, teure Villa. Im Inneren sah es genauso gewaltig aus wie draußen. Überall standen kostbar aussehende Gegenstände. Darunter viele Vasen und einige Statuen. Die dunklen Schränke schienen aus einem teuren Holz angefertigt zu sein.
 

„Endlich, da ist er ja!“ Nicks Mutter trat zu ihnen und strahlte übers ganze Gesicht. Auch sie trug ein Kleid das ähnlich geschnitten war wie das von Emma-Marie. Ihre dunklen Haare waren edel nach oben gesteckt. Casey fand sich ziemlich „underdressed“, doch Nick hatte ihm vorher versichert, dass er auch nicht im Business-Anzug zu seinen Eltern essen ging. Der 26-jährige trug ein weißes T-Shirt mit einem Aufdruck und eine blaue Jeans. Und beinahe genauso war Casey gekleidet, bloß dass er ein weiß-blaues T-Shirt und eine blaue Jeansweste darüber trug.
 

Mrs. Harford umarmte ihren Sohn und sagte im nächsten Atemzug: „Nicholas! Ich dachte du bringst mir eine Frau mit. Miranda war doch so nett.“ Ihr Blick suchte ganz offensichtlich die angekündigte junge, hübsche Begleitung. Selbstverständlich mit dem wichtigen, von Nick nicht genanntem Vermerk, „weiblich“. Case schien sie übersehen zu haben.
 

„Mom, du bist heute wohl ein wenig unhöflich. Möchtest du nicht meinen Freund begrüßen? Das ist Casey Summers.“ Nick zeigte auf diesen und war gespannt, ob seine Mutter nun umfallen würde oder nicht. Vielleicht ja auch kreischen?
 

„Oh, natürlich, entschuldige, Darling.“ Sie widmete sich ganz Case. „Ich bin Janice Harford. Nett dich kennen zu lernen, Casey.“ Sie schüttelte ihm freundlich die Hand. „In meiner Aufregung habe ich dich übersehen, tut mir leid. Oh, ich darf dich doch duzen oder?“ Sie machte eine einladende Handbewegung ins Esszimmer. „Natürlich!“, antwortete Case. „Die Blumen sind für Sie, Mrs. Harford.“ Lächelnd übergab er den Strauß mit rosafarbenen Rosen und erntete Verwunderung aber auch Freude. „Oh danke, das wäre doch nicht nötig gewesen! Wir freuen uns immer über Freunde von Nicholas. Die Rosen sind wunderschön. Und so eine tolle Farbe.“ Während Nick versucht hatte zu begreifen, ob seine Mutter den Hinweis nun verstanden hatte oder nicht, traten sie alle ins große, elegante Esszimmer. Der Tisch war gedeckt und wirkte überaus einladend. Nicks Frage wurde jedoch schnell beantwortet. Sie alle hielten Casey wohl nur für einen Freund. Nicht den Freund.
 

„John, du hast gewonnen, er hat sich wohl nicht so gut mit Miranda verstanden!“, rief Janice aus und stellte die Rosen in eine mit Wasser gefüllte Vase aus Kristall. „Habe ich dir doch gesagt, Liebling. Ich habe sowieso eher zu Cary Henderson tendiert“, antwortete John unbeeindruckt und kam nun auch auf Nick und Casey zu. „Was haben bloß alle mit dieser Cary?“, fragte sich Nick. Begleitet wurde John von seinem Bald-Schwiegersohn Jeremy Thompson, einem recht ansehnlichem Mann mit dunkelblonden Haaren, blauen Augen und modischer dunkler Brille. Glücklicherweise waren auch sie beide etwas legerer gekleidet als die Damen: Schlichte Hemden und keine Krawatten. Als John Casey erblickte, wunderte er sich. Gab Nicholas den Auszubildenden aus dem Betrieb nun auch Führungen durch sein Elternhaus, oder wie durfte er die Zwerg-Wanderung verstehen?
 

John, Nicks und Emma-Maries Stiefvater, war ein etwas distanzierter, und sehr großer Mann mittleren Alters. Er war bestimmt um die 1,95 m. Seine Haare waren schon ergraut, doch er sah noch immer sehr attraktiv aus. Genau wie Janice. Das gute Aussehen hatten Nick und Em sicherlich von ihrer Mutter geerbt.
 

Die Vorstellung von John und Casey war von Johns Seite eher wortkarg ausgefallen. Man hatte Mr. Harford ansehen können, dass er mit einer hübschen Frau, und nicht mit einem kleinen Casey Summers als Begleitung gerechnet hatte. Seine Augen hatten den 20-jährigen weiter streng gemustert. John strahlte eine gewisse Autorität aus und verscherzen wollte man es sich mit ihm nicht unbedingt. Dass er beruflich ein hohes Tier war, das sah man auf jeden Fall.
 

„Nicholas, ich denke, du möchtest uns etwas Wichtiges sagen? So hast du es zumindest am Telefon angekündigt…“ Janice Harford sah ihren Sohn mit großen Augen an. Sie hatten sich derweil alle gesetzt. Casey natürlich neben seinen Schein-Freund.
 

„Nun…“, begann Nick und räusperte sich. Sein Blick lag hilfesuchend bei Case, der ihm ein stärkendes Lächeln schenkte. Auch nickte dieser leicht. „Ihr wundert euch sicher, wieso ich Casey mitgebracht habe…“ Janice schien immer noch nicht zu verstehen und wollte sich und ihrem Mann gerade Wein einschenken. „Ich… äh…“ „Verdammt, wieso fällt mir das bloß so schwer? Es stimmt doch nicht mal das ich schwul bin!“, dachte sich Nick. All die Schadenfreude; die er die Tage zuvor gehabt hatte, war wie weggefegt.
 

„Ich bin schwul und ich bin mit Casey hier zusammen. Schon ein paar Wochen“, kam es dann langsam doch von ihm. Noch immer nach einem Halt suchend, griff er nach Caseys Hand und drückte sie. Dieser streichelte als Antwort seine Hände und schenkte ihm noch ein wärmendes Lächeln. Janice verschüttete natürlich etwas von dem teuren Wein und sah nur geschockt zu Nick.
 

Stille…
 

Keine Reaktion.
 

„DU willst schwul sein?“, kam es nach einer halben Minute unter großem, falschem Gelächter von John. Auch Jeremy hatte sich dem Lachen angeschlossen. Janice hingegen versuchte nur ihr Malheur, mittels einer Serviette, in Ordnung zu bringen. Sie schien wie in Trance.
 

„Ja, ich bin schwul. Und ich bin mit Case zusammen“, wiederholte Nick. Das Lachen verstummte nicht. Im Gegensatz - es nahm sogar noch zu. Die einzig weitere Person die nicht lachte, war Emma-Marie. Sie räusperte sich. „D-dad, ich glaube, er meint es wirklich ernst“, sagte die 27-jährige plötzlich. Emma-Marie war die einzige, die John Dad nannte, obwohl er nicht ihr Erzeuger war. Sie war immer sein Goldstück gewesen. Als einziges Mädchen wurde sie stets ein wenig bevorzugt. Nick und Casey sahen beide überrascht über die Worte zu ihr.
 

„Ich habe aus dem Fenster gesehen, als ich eben auf Nick gewartet habe. Er und Casey haben Händchen gehalten und wirkten sehr vertraut. Ich trage heute aber keine Kontaktlinsen und deswegen dachte ich, dass ich mich bloß verguckt hätte, was das mit den Händen angeht.“
 

Nick dankte seiner Schwester im Stillen, genauso wie Casey. „Man gut, dass wir das gemacht haben…“. Diese Überlegung teilte das „Pärchen“ gerade gemeinsam.
 

John sah erst erstaunt zu seiner Stieftochter, dann zu seinem Stiefsohn.
 

„Und… Mandy unsere Aushilfe für Samstags meinte, dass ein süßer, schnuckliger Typ gestern kurz mit Nick in der Firma gewesen wäre“, fuhr Em fort. „Und sie haben sich wohl sehr innig umarmt.“
 

Und wieder ruckte Johns Kopf zu Emma-Marie.
 

„Wow, ich hätte Em bezahlen sollen, sie macht das echt klasse! Und natürlich Matt, für das Weitergetratsche an Mandy…“, dachte Nick und musste ein triumphierendes Grinsen unterdrücken.
 

„Du meinst das wirklich ernst?“, fragte Mrs. Harford, legte die Serviette beiseite und sah fragend zu ihrem Sohn. „Ja, Mom.“
 

Wie um seine Aussage zu unterstreichen, beugte er sich zu Casey und wollte ihm einen Kuss auf die Wange geben. Dieser drehte just in diesem Moment aber sein Gesicht zu ihm und Nick traf so halb seine Wange und halb seinen Mund. Nick musste sich beherrschen, nicht hochrot anzulaufen. Wirklich gelingen tat es ihm allerdings nicht „Scheiße, ich habe aus Versehen seine Lippen berührt“, hämmerte es in seinem Kopf. Zusammen mit dem Gedanken: „Die sind gar nicht so anders, wie die einer Frau.“ Es war im Prinzip keine große Sache, trotzdem wollte sein Gesicht nicht mehr zum Normalstand finden.
 

Nick zwang sich irgendwie zu einem Lächeln und wandte seinen Blick wieder zu Janice. Casey wusste nicht genau, was er denken sollte. Außer vielleicht das Nick gerade wie ein Teenager, der heimlich seinen Schwarm küsste, rüberkam. Ihm tat es für Nick leid, dem die Sache mit dem verpatzten Kuss wohl sehr unangenehm war. „Schatz, dir muss das doch vor deinen Eltern nicht peinlich sein. Ich bin so froh, dass du jetzt zu uns stehst“, versuchte Case seinen Auftraggeber aus der misslichen Lage zu befreien. „Du hast vollkommen recht, entschuldige, Kleiner.“ Er bestätigte seine Aussage mit einem Nicken und streichelte dem jüngeren zart über die glatte Wange.
 

Mrs. Harford räusperte sich nach einer Weile. „Ich… ja also… dann verstehe ich natürlich, wieso du immer so genervt warst, wenn ich versucht habe, dir zu einer Beziehung mit einer Frau zu verhelfen“, sprach Mrs. Harford langsam und schluckte. „Ich bin deine Mutter, Nicholas, wieso habe ich nicht vorher etwas gemerkt?“ Ihr Satz klang beinahe wie ein Vorwurf an sich selbst. Und beinahe tat es Nick leid.
 

John schien zunächst sprachlos. Das Lachen hatte ein jähes Ende gefunden. Nach zwei Schlucken von seinem Wein sagte er: „Ob ich dir diesen kranken Scheiß glaube hin oder her - hast du eigentlich einmal an deine Firma gedacht?!“ Eigentlich wollte er ruhig bleiben, doch er kam nicht umhin sich so fest an das filigrane Glas zu klammern, dass es fast zerbrach. Wut überkam ihn. Was fiel seinem Stiefsohn bloß ein?
 

Casey sah alarmierend zu Nick, der zu grübeln schien. „Was machen wir jetzt, was machen wir jetzt?“, überlegte der 20-jährige fieberhaft. Er konnte schließlich auch nicht immer an alles denken. Normalerweise wurde er dafür bezahlt, dass er gar nicht dachte, nur gut aussah und scheinheilig lächelte.
 

„John“, sprach Nick leise. „Wie kommt es das du sie plötzlich meine Firma nennst? Es ist doch deine! Ich bin seit drei Jahren Juniorchef, mag zwar etwas chaotisch sein, habe aber der Firma zu einigem verholfen und selten ein Wort des Dankes von dir gehört. Wir haben ein modernes Unternehmen. Wieso sollten wir da Dinge, die in der heutigen Zeit völlig normal sind, nicht akzeptieren? Zudem gibt es so viel Schlimmeres: Die Frisur von dem alten Drachen Bridget zum Beispiel.“
 

„Nicht lustig, Nick“, dachte sich Casey. John überhörte Nicks „Witz“ über die schon etwas ältere Buchhalterin gekonnt.
 

„Was ist mit Krankheiten?“, fuhr Mr. Harford unbeirrt fort. Nicks Argument bezüglich der Firma hatte ihn keineswegs beruhigt, doch etwas Anderes fiel ihm gerade nicht ein. Er war auch nur ein Mensch. Und momentan sogar ein ziemlich hilfloser. Er hätte bei Nick mit vielem gerechnet, aber nicht mit einem Outing!
 

„Oh bitte, damit kommst du jetzt? Mit Krankheiten?“, Nick war sauer und auch etwas… peinlich berührt. Casey beschloss einzugreifen. Je länger sein Kunde nämlich nach einer guten Antwort suchte, desto mehr Röte nahm sein Kopf an. Er wusste genau, woran Nick gerade dachte… Der Teil, der vor den Krankheiten stattfand. „Mr. Harford, Sie wissen sicherlich selbst das jede… Art von Pärchen sich mit Krankheiten infizieren kann.“ John schenkte Casey einen Blick, der ihn hätte erdolchen können. „Es gibt genügend… Vorsichtsmaßnahmen“, versuchte der 20-jährige vernünftig und sachlich zu erklären und somit Nick weiter zu unterstützen.
 

„Ich habe nicht mit Ihnen gesprochen, Casey. Danke“, kam es gereizt von John. „Wenn mein Freund hier etwas sagen will, dann hat er jedes Recht dazu!“, donnerte Nick nun filmreif und schlug auf den Tisch.
 

„Beruhigt euch doch bitte!“, warf Emma-Marie ein. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, da sie das Gefühl hatte, Nick und seinen Freund nur mehr in Schwierigkeiten gebracht zu haben. Dabei hatte sie nichts gegen die beiden. Im Gegenteil. Nicks frühere Freundinnen hatten ihr nie sonderlich gefallen. Und von fast keiner hatte sie bei dem Kennenlernen so ein aufrichtiges Lächeln bekommen wie von Casey.
 

„Wer aus der Firma weiß alles davon?“, fragte John weiter. Er sah auch kurz zu Jeremy, der aber fragend mit den Achseln zuckte. Auch er hatte nicht die leiseste Ahnung von Nicks angeblicher Homosexualität gehabt.
 

Dieser kam sich vor wie bei einem Verhör. „Ich habe Casey nicht vor versammelter Mannschaft einen Heiratsantrag gemacht, falls du das meinst.“ „Das fehlte uns noch!“, empörte sich John.
 

„Ich denke… wenn nur die Serviceassistentin Mandy und ein Verkäufer.“ „Du denkst?! Welcher Verkäufer?!“ „Matthew Grant.“
 

„Mandy arbeitet glücklicherweise meist nur samstags und Grant werde ich mir Morgen gleich vornehmen“, sprach John und griff schon wieder zu seinem Wein. „Um was genau zu tun?“ „Nicholas, stell nicht so dumme Fragen. Ich werde mit den beiden sprechen, dass sie ihren Mund halten sollen über dich und… ihn.“ Leicht abwertend zeigte Mr. Harford kurz auf Casey.
 

„Hör auf mit dem Finger auf ihn zu zeigen, als sei er etwas Abartiges.“ Nick war sauer. Er musste zugeben, dass er gestern während der Umarmung vor Matt vielleicht nicht nachgedacht hatte, aber selbst ein homosexueller Juniorchef hatte das Recht darauf, glücklich zu sein. Zudem sagte dies nichts über seine Chefqualitäten aus.
 

- Verdammt, er war nicht mal homosexuell… Aber er hatte Dank seiner erstklassigen Idee nun dieselben Probleme.
 

„Ich habe das Gefühl, dass du das alles nicht richtig ernst nimmst, Nicholas. Du bist nicht einfach bloß ein kleiner kaufmännischer Angestellter, der sich hinter seinem Schreibtisch verstecken kann. Du bist Juniorchef und die Mitarbeiter müssen Respekt und Achtung vor dir haben. Aber wie sollen sie das, wenn du…“
 

„Schwul bist?“, beendete Nick für seinen Stiefvater den Satz. „Ich schlage dir etwas vor, ich spreche mit Grant und der Servicetante und dann sehen wir weiter. Außerdem hast du etwas vergessen… einige unserer Kunden sind auf Emmas und Jeremys Hochzeit eingeladen.“
 

„Und?“, John hob fragend eine Augenbraue.
 

„Na, für die Hochzeit gilt, ich soll mit Begleitung erscheinen. Und da Casey mein Freund ist, ist wird er genau diese sein.“
 

„Du machst mich fertig, Nicholas. Was habe ich dir getan? Du kannst das doch nicht ernst meinen mit der halben Portion!“ Casey war von Johns stetig wachsender Ablehnung gegen ihn nicht begeistert, allerdings überspielte er das gekonnt. Er war schließlich Profi.
 

„John, hör auf!“
 

Es war Janice, die nun beherzt, und schon etwas lauter, das Wort ergriffen hatte.
 

„Du tust geradezu so, als sei er Abschaum geworden. Der Junge soll sich nicht ewig verstecken. Er kann nichts dafür… und es ist auch nichts Schlimmes. Er steht zumindest dazu. Viele tun das nicht und machen sich ihr Leben lang den anderen und sich selbst etwas vor“, sagte Mrs. Harford und stand langsam von ihrem Stuhl auf. „Ich unterstütze dich, mein Sohn. Und für Enkelkinder werden einfach Em und Jeremy sorgen. Und natürlich Asher und seine Frau…“
 

Jeremy, der weiterhin kein Wort gesprochen hatte, grinste. Er sah zu seiner angehenden Braut und wackelte bedeutend mit den Augenbrauen. „Spinner!“, rief Emma-Marie und schlug leicht nach ihm. Er hatte im Grunde nichts gegen Homosexuelle. Er fand nur, genau wie John, dass es jetzt etwas schwierig werden dürfte in der Firma.
 

Janice stand es hingegen nach Umarmungen. Erst war Nick ihr Opfer und dann Casey.
 

„Und jetzt möchte ich alles über euch wissen, ihr zwei.“ Nick schenkte seinem Schein-Freund einen Blick, der so etwas bedeuten sollte wie „Wir haben wohl das Schlimmste hinter uns“.
 

Nach der Umarmungsorgie setzten sie sich wieder. John saß zwar am Tisch, hatte aber kein Wort mehr verlauten lassen. Er konzentrierte sich ganz auf seinen Wein und schien seinen leicht homophoben Gedanken nachzugehen.
 

„Essen wir jetzt endlich was? Ich habe ganz schön Hunger“, versuchte auch Emma-Marie die Stimmung weiter aufzulockern. Ihrem Stiefvater schenkte sie ein Lächeln. „Ich hole mal alles“, verkündete sie. Casey sah kurz zu Nick, gab ihm einen schnellen Kuss auf die Wange und rief: „Ich helfe dir, wenn es in Ordnung ist.“ Schon war er mit Em in der Küche verschwunden. Janice blieb sitzen. Sie hatte die ganze Zeit die kleinen Gesten beobachtet. Man sah ihr an, dass sie an der Sache doch noch etwas zu knabbern hatte, trotz ihrer vorherigen Worte. Als jedoch Casey mit Em lachend die verschiedenen Speisen hineintrug, verschwanden ihre schlechten Gedanken. Sie musste Case einfach gern haben. Während sie ihn so beobachtete, musste sie lächeln. Machte es so einen Unterschied? Ob jetzt zwei Frauen lachend ins Esszimmer getreten wären, oder eben Em und Casey. Eigentlich spielte es doch keine Rolle…
 

Nachdem durch Emma-Maries und Caseys Einsatz endlich alle etwas Köstliches vor sich auf ihrem Teller hatten, fing Nick an zu erzählen.
 

„Also das war so…“, begann der 26-jährige, als ob er Spannung verbreiten wolle. „Ich war im Phoenix, meinem Stammclub. Ich hatte bis zu diesem Moment gehofft, eine interessante Frau zu treffen. Dies war nicht der Fall, somit ging ich niedergeschlagen zur Bar. Dort stand Casey.“ Nick sah zu diesem und warf ihm gedanklich „den Ball zu“. „Ja, naja, ich hatte auch nicht gerade den tollsten Tag gehabt und war auch recht niedergeschlagen, sehr zum Leidwesen des Barkeepers." Casey lachte kurz bei seiner ausgedachten Erinnerung. „Nick“, er nahm wieder seine Hand und schenkte ihm einen gekonnten, verliebten Blick, „hat mich dann gefragt, ob es bei mir auch so schlecht läuft und dann haben wir erstmal ein bisschen was getrunken.“ Nun war der 26-jährige wieder an der Reihe. „Irgendwann haben wir getanzt - falls man das so bezeichnen kann, wir waren ziemlich schlecht - und naja. Ihr wisst schon…“
 

„Leider wissen wir das“, kam es kalt von John. Janice ließ ihr Besteck fallen und warf ihm einen erbosten Blick zu. Heute würde ihr Ehemann auf der Couch schlafen, das war sicher.
 

„Und wie lange seit ihr genau zusammen?“, fragte sie weiter und es steckte echtes Interesse dahinter. „Kennen tun wir uns seit fünf Wochen und fest zusammen sind wir seit drei“, beantwortete Casey die Frage und schenkte Janice eines seines schönsten Lächelns.
 

„Wieso hast du dich dann noch vor kurzem mit Miranda Stiles getroffen?“, kam es wieder von John. „Ich konnte… noch nicht zu mir stehen. Doch ich bekam einfach Schuldgefühle bei dem Treffen. Zudem war mein Schatz ziemlich eifersüchtig. Hinzu kam, dass ich mir eingestehen musste, dass eine Beziehung mit einer Frau wohl nicht das Richtige für mich wäre. Mit Case bin ich sehr glücklich.“
 

„Und wie alt bist du, Casey?“, fragte nun Jeremy und beugte sich ebenfalls weiter in die Richtung des „Pärchens“. „Ich bin 20“, verriet er.
 

„Ein bisschen jung! Was arbeiten Sie, wenn ich fragen darf?“, mischte sich nun John Harford wieder ein. „Ich spiele den Schein-Freund für Ihren eigentlich gar nicht homosexuellen Freund, Sir“, dachte sich Angesprochener. Natürlich antwortete er etwas anders. „Ich bin BWL-Student“, antwortete Case, so wie abgesprochen.
 

„An welcher Universität?“ „An der Highlander-University.“ Zum Glück hatte Casey schon mit dieser Frage gerechnet und zum Glück wollte er sich tatsächlich mal dort bewerben. Irgendwann wenn es mit dem Geld passte.
 

„Von dieser habe ich noch nichts gehört und eigentlich kenne ich die meisten hier…“, stellte John klar. Sein offener Satz verhieß nichts Gutes. Und John schien auch nichts Gutes über Casey oder die verdammte Universität zu denken.
 

„John“, unterbrach nun auch Nick. „Die Universität ist vollkommen in Ordnung“, antwortete Nick sauer. „Schließlich ist es die einzige Uni die ich mir leisten könnte“, dachte Casey bei sich. Um John zu entwaffnen, schenkte ihm Case ein warmes Lächeln. Der schien darüber kurzzeitig überrascht zu sein.
 

„Und was machen Sie sonst so? Haben Sie einen Nebenjob? Schließlich gehe ich davon aus, dass Sie sich die Semestergebühren selbst finanzieren oder täusche ich mich da?“ „Ab und zu gehe ich für meine Mom Treppen und alte WCs putzen“, beantwortete Casey die Frage in seinen Gedanken.
 

„Ich helfe in einem Café aus“, log er. Er hatte tatsächlich mal dort gearbeitet und falls Mr. Harford Nachforschungen anstellen würde, würde der Chef ihn decken.
 

Die Frage, in welchem Café Casey angeblich arbeitete, kam allerdings nicht.
 

Da John nichts mehr zu sagen hatte und auch der Rest erstmal still war, sagte Nick leise. „Schatz, gibst du mir mal bitte das Wasser?“ Er deutete auf die gewünschte Flasche. Casey nickte bloß lächelnd und verkniff sich das „Hase“, was er normalerweise als Antwort gebracht hätte.
 

Nick schenkte sich etwas ein. Wissend zählte er im Kopf bis zehn.
 

Eins...Zwei…
 

Drei...Vier…Fünf
 

Sechs…Sieben…
 

„Oh Casey, du hast ja ein Tattoo!“, rief Janice Harford.
 

- Treffer versenkt.
 

„Du gerissener Schweinehund!“, dachte sich Angesprochener und unterdrückte ein Grinsen. „Ja, das habe ich, Mrs. Harford“, antwortete er brav.
 

„Bitte, nenn‘ mich doch ‚Janice‘!“, verlangte sie lächelnd. „Zeigst du mir das mal?“, bat sie. „Natürlich.“ Leise stand er auf und tapste leichtfüßig zu ihr. Interessiert schaute sie es sich an. „Das ist wirklich schön. Nicholas hat ja auch so viele, aber seine gefallen mir nicht“, beschwerte Janice sich.
 

„Liebling, der gute Casey wird wohl genau wissen, dass Nicholas Tätowierungen hat. Du brauchst ihm das nicht extra zu sagen“, kam es spöttisch von John, und brachte dem armen Nick so ein ziemlich rotes Gesicht. War ja heute nicht das erste mal… Auch Case musste mit sich kämpfen, konnte seine Gesichtsfarbe aber halten.
 

- Leider wusste er es nicht genau…
 

Janice schien glücklicherweise nicht auf diese schwachsinnige, leicht abwertende Bemerkung anzuspringen. „Gefällt mir sehr gut, das Symbol…“, wiederholte sie bloß. Über den Satz überrascht, schenkte Nick seiner Mutter einen verwirrten Blick.
 

„Was geht hier vor? Wer ist diese Frau?“, dachte sich Nick, während besagte Frau Casey weiter über die Bedeutung des Tattoos ausquetschte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  BloodyAugust
2016-02-14T22:25:08+00:00 14.02.2016 23:25
Ich glaube John wird nicht nur auf der Couch schlafen, sondern auch mit der Katze fressen, auch wenn sie gar keine Katze haben *schmunzel*

Und diese Vorurteile, es is aber wirklich so. Als würden Homosexuelle mit Tütü und rosa glitzer Ponpons durch die gegend hüpfen, jeden Kerl ihren Hintern ins Gesicht drücken und "Fick mich" kreischen. Absolut albern *kopgschüttel*
Antwort von:  NicoRomeo
15.02.2016 19:57
Hey BloodyAugust! =)

Freut mich total, dass ich dich nun auch hier begrüßen darf. ^-^

Hehe, die arme, imaginäre Katze muss mit John zusammen fressen. *g*

Stimmt, da hast du recht. :D Aber so sind die Menschen leider...

Danke fürs Lesen & dein Kommi!

GLG
NicoRomeo
Von:  Yuiki
2015-07-04T00:59:57+00:00 04.07.2015 02:59
...ich hab's kommen sehen xD
Wobei ich es John nicht einmal verübeln kann. Er trägt so einige Verantwortung und dass er eine Gefahr in Nicks angeblichem Schwulsein sieht ist absolut nicht abwegig (sondern leider sogar gar nicht so unrealistisch; im ersten Kapitel hatte Nick ja selbst noch so einige Vorstellungen von Schwulen die jetzt nicht grade 'Respekt' schreien).
Ich kann immer noch nicht fassen dass Nick das alles nicht hat kommen sehen xD

Ach ja, sehr amüsant waren diesmal die inneren Dialog-Antworten von Case :)
Antwort von:  NicoRomeo
04.07.2015 09:13
Hey Yuiki (du süße Nachteule ^.^)!

Du hast recht, Nicks Plan, sich extra als "schwul" zu outen, um seine Ruhe zu haben, war in Anbetracht des beruflichen (und familiären) Aspekts ein wenig... unbedacht / naiv. Und das John jetzt nicht sofort fröhlich aufspringt und sich eine Regenbogenflagge schnappt, ist selbstverständlich, das stimmt. *g*
Nick hat angenommen, dass wenn er es sagt, alle kurz entsetzt sind und dann wieder alles gut.

Freut mich sehr, dass dir die inneren Dialog-Antworten von Case gefallen haben. xD

GLG
NicoRomeo
Von:  Amunet
2015-06-06T18:09:11+00:00 06.06.2015 20:09
Hi ^.^

Das Outing war gut umgesetzt. Die Reaktionen der einzelnen Personen war glaubhaft und trotzdem bin ich von Caseys Mum beeindruckt, da sie es nach dem ersten Schreck sehr schnell und gut aufgenommen hat, dass ihr Sohn schwul ist.

Jetzt bin ich mal gespannt wie die Beziehung zwischen Casey und Nick weitergehen wird. Deine Inhaltsangabe verspricht ja in der Hinsicht noch einiges. ^^

Liebe Grüße

Amunet
Antwort von:  NicoRomeo
06.06.2015 22:55
Hey Amunet! :)

Ich danke dir vielmals für deine lieben Kommis. Ich habe mich sehr gefreut (bin immer ganz erstaunt, wenn es ein neues Kommi gibt - und jetzt gleich drei)!
Bin erleichtert, dass es hier auf Animexx nun auch einige Leser gibt...

Du hast recht, Nicks Mom hat es doch ganz gut aufgenommen, im Gegensatz zum Stiefvater...

Du darfst auf jeden Fall weiter gespannt sein, wie es zwischen Nick & Casey weiter geht. Morgen werde ich Kapitel 4 hochladen.

Danke dir nochmals!! Hoffe wir lesen uns sehr bald wieder. ^.^

GLG
NicoRomeo
Von:  Maire
2015-06-03T18:25:47+00:00 03.06.2015 20:25
Oh man, es war ja zu befürchten.
Schade das John so reagiert -.-
Cool allerdings nun die gute Frau Mama, das sie total auf Casey´s Tattoo abfährt XD
Ich freu mich aufs nächste Kapitel^^
Antwort von:  NicoRomeo
04.06.2015 20:06
Hey Maire!

Ja, du hast recht... Johnny ist nicht so nice. *g*
Danke für dein Kommi und bis zum nächsten Kapi<3

GLG
NicoRomeo


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