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Warum erwachsen werden

von

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Kapitel 28

Peter fluchte, den ganzen Weg zurück zu ihrem erwählten Lager. Wie hatte er so dumm sein können? Wie hatte er, das kleine Genie, sich vor lauter James oder Hook oder wie der Pirat sich gerade nannte so töricht verhalten können! Er hätte es wissen müssen. Er hatte es gewusst! Nur… Er hatte nicht daran denken mögen. Doch es war von Anfang an klar gewesen, dass die Feen, mit denen er gespielt hatte, seine verlorenen Jungen aufsuchten. Der Ruf, der nach einer Eule geklungen hatte, war von ihnen gekommen. Es gab verschiedenste Tierlaute für unterschiedlichste Botschaften. Die Eule fragte, warum er nicht nach Hause kam. Ihm wurde ganz unangenehm bei dem puren Gedanken daran, dass sie ihn mit Hook gesehen hatten. Wie sollte er den Jungen erklären, weshalb er mit einem nackten Hook im Bach gelegen hatte? Wie ihnen sagen, weshalb sie sich berührten? Peter war bewusst, dass er sich bei ihnen blicken lassen musste, um sie zu beruhigen und von ihm fernzuhalten. Noch wollte er den Piratenkapitän nicht mit ihnen teilen. Sie würden es kein Stück verstehen, weshalb Peter ihn im Moment oder gar generell, am Leben lassen wollte. Das einzig Gute an der Sache war, dass die Feen seine Kleidung mit Feenstaub bestäubt hatten. Er konnte wieder fliegen. Etwas, das er mit grimmiger Entschlossenheit registrierte.
 

„Was soll das?“, fauchte Hook ihn am Lager an, griff nach seinem Arm und drehte ihn grob um. „Was zur Hölle ist los mit dir?“

„Wir können hier nicht bleiben. Wir sollten die Nacht durchmarschieren“, sagte Peter und riss sich los.

„Wer war das da draußen? Die Piraten?“

„Nein. Das waren die verlorenen Jungs.“

„Kinder? Weshalb rennen wir vor Kindern weg?“ James lachte auf.

„Es sind nicht nur Kinder. Sie sind Kämpfer. Sie kämpfen gegen deinesgleichen.“

„Meinesgleichen?“, hakte James leicht spöttisch nach.

„Piraten.“

„Ich bin kein Pirat.“

„Ach nein?“, höhnte Peter zurück. „Was hast du dann auf Blackbeards Schiff getan? Was wurde aus dir, nachdem Blackbeard dich gerettet hat?“
 

James‘ Miene wurde starr. Wut stand in seinen blauen Augen geschrieben und Peter erkannte das Bedürfnis darin, ihn zu schlagen. Offenbar war dies ein Wunsch, den sowohl der alte, als auch der neue Hook ihm gegenüber verspürte. Aber James konnte sich beherrschen.
 

„Was Blackbeard und mich angeht, hat dich nicht zu interessieren.“

„Das spielt für mich auch keine Rolle, denn ich weiß, was du bist, seit du hier angekommen bist.“

„Und was bin ich?“, brüllte Hook. Seine Hände krallten sich in Peters Schultern und schüttelten ihn kurz, aber heftig. „Sag es! Gib mir meine Erinnerungen wieder!“Abrupt ließ er Peter los, dessen Knie wegsackten und der zu Boden fiel.

„Nein“, meinte Peter lediglich. „Ich werde dir gar nichts sagen. Nicht heute.“

„Weshalb? Du hast mir zugesichert, die Lücken in meinem Kopf zu füllen.“

„Mag sein, doch ich sagte dir nicht, wann.“

„Du betrügst!“

„Nicht mehr und nicht weniger, als du es tust.“
 

Hook schrie kurz wutentbrannt auf. „Du machst mich wahnsinnig, Peter!“

„Das sagst du mir öfters“, antworte selbiger locker und streute damit noch Salz in James‘ Wunde.

„Was genau ist passiert? Weshalb habe ich meine Erinnerungen verloren? Bin ich gestürzt? Habe ich mir den Schädel zu heftig gestoßen?“

„Nein, das war Magie.“

„Magie? Wir sind doch nicht in einem Märchen. Lass diese Kindereien.“

„In Nimmerland ist nichts unmöglich, wenn du nur daran glaubst“, antworte Peter stur. Den skeptischen Blick James‘ ignorierte er. „Wir sollten wirklich gehen, bevor wir Besuch bekommen.“

„Ich renne doch nicht vor Kindern weg.“

„Glaub mir, das würdest du bereuen.“

„Weshalb? Gleich was ich in meinem vorherigen Zustand getan habe, mit Vernunft müssten sie doch akzeptieren, dass man mich nicht für Dinge verurteilen kann, an die ich keinerlei Erinnerung habe.“

„Vernunft ist keine ihrer Stärken.“

„Woher weißt du das?“

„Ich kenne ihren Anführer. Ziemlich gut sogar.“
 

Frustriert wandte sich der Kapitän ab. Peter ließ ihn. Er verstand, dass dies für James nicht so einfach war, aber er wollte ihn nicht mit Informationen überschütten, schließlich konnte er keineswegs abschätzen, wie dieser reagieren würde, sollte er alles über seine Vergangenheit wissen. Je weniger er im Moment wusste, umso sicherer war Peter. Ein erneuter Ruf einer Eule brachte Peter zum zusammenzucken. Seine Jungs kamen immer näher. Er musste dringend zu ihnen fliegen.
 

„Du hast Recht“, sagte James unvermittelt. „Ich bin ein Pirat.“ Er setzte sich auf den Boden und zupfte am Gras. Fast glaubte Peter, dass er sich genieren würde, ihn anzusehen, doch dann hob James seinen Kopf und blickte Peter intensiv in die Augen. Feuer loderte unter der Vergissmeinnicht blauen Oberfläche. „Blackbeard hat mir damals die Wahl gelassen. Ein Leben als Pirat oder sterben als Lord.“ James lachte rau auf. „Ich habe Samantha so gehasst, ich wollte leben, nur um sie zerstören zu können! Ich wollte zusehen, wie ihr alles genommen wird, das ihr so wichtig war, dass sie mich verraten hat. Mein Herz wollte Rache.“

„Und hast du sie bekommen?“, fragte Peter, welcher sich wider besseren Wissens neben James setze und angesichts einer neuen Geschichte seine verlorenen Jungs vergaß.

„Ja, habe ich. Genau vier Jahre, drei Monate und fünf Tage, nachdem sie versucht hat, mich zu ermorden.“

„Was ist passiert?“

„Nachdem Blackbeard und seine Männer mich in der Gasse gefunden hatten, haben sie mich an Bord der Little Revenge gebracht. Blackbeards Zweitschiff. Nur damit war es ihm überhaupt möglich, in England anzulegen. Auf die La Concorde kam ich erst viel später. Blackbeards Koch Barbeque, auch Long John Silver genannt, hat sich um meine Wunden gekümmert. Vier Tage soll ich zwischen Leben und Tod gelegen haben, ehe ich mich dem Leben wieder näherte. Zwei weitere Wochen brauchte ich, um erstmals aufstehen zu können. Man brachte mich direkt zu Blackbeard, diesem zotteligen Ungeheuer, der mich vor die Wahl stellte.“ James lachte bitter auf. „Er hat nicht einmal nach Lösegeld gefragt. Viel später erst habe ich erfahren, dass er das schon getan hatte, als ich noch im Fieberwahn mit dem Leben kämpfte. Mein Vater, meine Brüder, keiner wollte eine Ablösesumme zahlen. Es war ihnen egal, was aus mir wurde. Aber es war kein Mitleid, das Blackbeard für mich empfand, als er mir die Wahl gab. Er wollte lediglich wissen, ob ich für die Unkosten, die ich ihm verursacht hatte, arbeiten würde. Nun, du siehst“, sagte er zu Peter, „ich lebe. Wie ich mich entschieden habe, ist offensichtlich. Ich wurde Blackbeards Bootsmann.“

„Wie bist du ihm entkommen?“, fragte Peter, auf ein Neues von Hooks Lebensgeschichte fasziniert.

„Entkommen? Nein, entkommen bin ich ihm nie.“ James‘ Augen wurden dunkel, das Gesicht blass, als eine weitere düstere Erinnerung in ihm wach wurde. „Peter, das mit uns?“, wechselte er das Thema. „Habe ich das körperliche je von dir erzwungen?“
 

Überrumpelt wusste Peter nicht, was er darauf antworten sollte. Sicher, oft waren Hooks Küsse im Streit erfolgt, aber Peter hatte seinen Gefallen daran gefunden. Nur dieses eine Mal, im Badezuber, war die Situation eskaliert. Auf diese Erfahrung hätte Peter gerne verzichtet, doch er dachte nicht mehr daran. Er war ein Mensch, der stets in die Zukunft blickte und die Vergangenheit hinter sich ließ. Mit Sicherheit war dies ein Grund, weshalb er Dinge so schnell vergaß. Und angesichts der jüngsten Entwicklungen zwischen ihm und James, fand er selbst die Geschichte im Zuber nicht mehr ganz so schlimm. Im Gegenteil, wenn er daran dachte, was er noch vor wenigen Minuten mit James hatte machen wollen, wurde ihm ganz warm und er hatte erneut das Bedürfnis, James‘ Hände auf seinem Körper zu spüren.
 

„Ist schon in Ordnung, wenn du es mir nicht sagen magst“, meinte James mit merkwürdigem Tonfall.

„Nein“, antworte Peter endlich, der seine Stimme wieder gefunden hatte. „Das Körperliche ist gut bei uns.“

„Wirklich?“, fragte James nun schmunzelnd. „Und weshalb hast du es dann unterbrochen?“
 

Schlagartig fiel Peter wieder ein, weshalb er vom Bach geflüchtet war. Hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, James weiterhin zuzuhören und für dessen Sicherheit zu sorgen, stand er auf. „Es tut mir leid, James, aber ich muss kurz weg. Warte hier auf mich.“

„Du gehst zu den verlorenen Jungen.“

„Ja.“

„Weshalb? Ich dachte, sie sind eine Gefahr für uns?“

„Nur für dich“, murmelte Peter laut genug, dass James ihn verstand.

„Wieso?“

„Du bist ein Pirat. Ich sagte dir, dass sie Piraten jagen und töten.“

„Und wenn ich ein Pirat bin, was bist dann du?“

„Ich bin Peter. Peter Pan.“

„Aber-“

„-Bitte“, unterbrach Peter ihn. „Ich muss wirklich mit ihnen reden. Später erkläre ich dir alles.“

„In Ordnung“, sagte James, der plötzlich ein Knacken im Gehölz hörte und sich kurz umdrehte. Nachdem er aber nichts entdecken konnte, wandte er sich Peter wieder zu, doch dieser war plötzlich verschwunden.
 

Fortsetzung folgt…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sky-
2015-05-11T09:01:59+00:00 11.05.2015 11:01
Mensch, da hat Hook ja ziemlich viel erlebt. Irgendwie tut er mir schon leid. Aber ich merke so langsam, dass die beiden auf einem guten Weg sind. Wahrscheinlich ist dieser Gedächtnisverlust ja genau das, was erforderlich war, damit sie endlich mal offener miteinander reden können, ohne gleich wieder in ihr altes Muster zurückzufallen.
Antwort von:  Amunet
11.05.2015 16:45
Hey ^^ Danke für dein liebes Kommi. ^____^

Ja, so ein Gedächtnisverlust kann auch seine Vorteile haben. Ich bin schon sehr, sehr gespannt was du zum nächsten und übernächsten Kapitel sagen wirst. *gg*

Liebe Grüße

Amunet


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