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Stolperkurs ins Chaos

von

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Listen, Flashbacks und Flummis

2. Listen, Flashbacks und Flummis
 

Ich werfe mich mit einem Schnaufen auf das schmale Bett in der Kammer, in die man mich gebracht hat und greife in meine Hosentasche. Mit geübten Bewegungen pfeffere ich einen Flummi an die Wand und fange ihn auf. Immer wieder. Ich kann das stundenlang tun.

Pong. Pong. Pong. Der Flummi ist aus Hartgummi und macht nervige Geräusche, wenn er auf die Wand trifft. Ich fange ihn jedes Mal, egal, ob ich seinen Flug mit den Augen verfolge oder nicht. Regel 101 aus dem Leitfaden der Zermürbung von Feinden – gehe ihnen auf die Nerven und nutze dabei Gegenstände, die banal sind. Pong. Pong. Flummi aus Hartgummi und Wände aus Stein. Pong…

Vierzehn Pongs später verliert mein bärtiger Bewacher die Nerven und geht. Seine Anwesenheit wird durch Problem Nummer 13 ersetzt. Ein weiterer Punkt auf meiner Liste von Dingen, an die ich mich dringend halten sollte.
 

Hier die Liste, die sich ständig erweitert:

Punkt 1:

Finde dich damit ab, dass du anders bist (meist machbar, aber nicht immer vereinbar mit allen Wesen)

Punkt 2:

Schlage daraus Profit, aber lasse dich nicht dabei erwischen. Streite immer ab, dass du es warst

Punkt 3:

Sei gegen alles und für nichts, alternativ anders herum

Punkt 4:

Lasse dich niemals mit einem Lügengott ein

Punkt 5:

Falls Punkt 4 nicht machbar ist- siehe Punkt 2

Punkt 6:

Kontrolliere deine verdammten Pheromone

Punkt 7:

Trete der Gewerkschaft bei (Antrag liegt vor und muss abgeschickt werden) und schicke den Brief ans Finanzamt mit den Milzbrandviren endlich ab…

Punkt 8:

Siehe Punkt 4. Und trinke dabei niemals Met, Wein oder Whiskey

Punkt 9:

Siehe Punkt 8/6/4. Verschweige deine Schwäche für Seidentücher, Augenbinden, Federn und Fesselspielchen. Halte deine sexuellen Vorlieben bedeckt…
 

Punkt 10:

Kläre deine Herkunft und raste nicht aus

Erledigt. Trotzdem ausgerastet- zurecht
 

Punkt 11:

Halte dich an die universellen Regeln und bedenke- die Antwort ist immer 42

BULLSHIT, die Antwort ist 42,5158447 unter Berücksichtigung des aktuellen Mondstandes besteht eine Abweichung von Pi mal Daumen.

Punkt 12:

6 ist die Quersumme aus 42 und keine mystische Zahl. Ignoriere Punkt 11 unter allen Umständen, denn das ist Unsinn. Aber die Antwort ist trotzdem 42. Außer montags, da ist Ruhetag.
 

Punkt 13 (neu)

Hege keine Sympathien für Wesen, die sich deiner erbarmen. Nutze die Macht der Zermürbung und bau nicht noch mehr Scheiße. Wirf den beschissenen Flummi und bleib einfach cool.
 

Check, ist in Arbeit. Aber… ich stehe auf braune Augen und finde Flummis uninteressant, im Gegensatz zu den braunen Augen und der Tatsache, dass Punkt 6 gerade aus der Hand läuft… Ich kann diese pikante Mischung aus meinen und Problem Nummer 13´s Pheromonen riechen.

„Mein Name ist Kili“, sagt Nummer 13 und hat damit seinen Status als anonyme Nummer verloren. Ich werfe den Flummi erneut an die Wand. Plong. Fangen. Werfen. Plong. Fangen. Werfen. Augenkontakt. Plong, fangen.

In braune Augen gucken und werfen. Plong, fangen. Werfen, Plong, fangen. Werfen, gucken, Plock… Der Flummi rollt über den Boden und bleibt genau vor Kilis Füßen liegen, knallgrün wie ein Apfel. Ich denke an einen Apfel. Wie absurd.
 

Jenes schicksalhafte Kernobst wurde einst vor gut drei Jahrhunderten von geschickten, langen Fingern in die Luft geworfen und landete dann in meinem Schoß.
 

„Willst du?“, fragte mich damals eine Stimme. Gesprochen von einem Mann, den man Silberzunge nannte. Silberne Worte, Goldene Versprechen. Und eine Jägerin, die dort saß, wo sie eigentlich nicht sein sollte. In einer Dimension, weit weg von Midgard, mit dem Gott der Lügen. Fatale Kombination. Ich war hungrig und dreihundert Jahre dümmer als heute. Erpicht auf Ablenkung und erbost jammernd über das Unrecht, das mir wiederfuhr. Wie ungerecht mich doch meine Leute behandelt hatten… Und wenig später auf der Flucht, in der rechten Jackentasche hatte ich einen grünen Apfel… und zu meiner Linken einen Gott der Lügen, der mich mit leuchtenden Augen dazu angestiftet hatte, es allen heimzuzahlen.

Kili beugt sich hinunter und hebt den Flummi auf, hält ihn vor seine Nase. „Aus was ist der gemacht?“, fragt er staunend und lässt ihn fallen. Der Flummi federt vom Boden ab und landet sicher in seiner Hand. Eine kleine Hand, kaum größer als meine. Kili ist nur knapp einen Kopf größer als ich.

„Hartgummi. Erfindung aus Midgard.“ Das waren eigentlich schon zu viele Informationen. Braune Augen und ein Flummi bringen mich zum Reden.

„Midgard?“ Kili lässt den Flummi zweimal über den Boden in meine Richtung hopsen, bis ich ihn fange. Grellgrünes, verräterisches Hartgummi aus einer Welt, von der der braunäugige Zwerg bisher nicht mal wusste. Grellgrünes Hartgummi mit einem Bild von Spiderman. Und Ja, es gibt Spiderman wirklich. Wir treffen uns regelmäßig im Waschsalon. Superhelden müssen ihre Klamotten selber waschen, das ist vertraglich so vereinbart. Alles ist irgendwie irgendwo schriftlich festgehalten. Aber nur wenige wissen, wo genau.

Plong. Gucken. Werfen. Plong. The Show must go on. Plock… Verdammt… Schon wieder Punkt 6 vernachlässigt.

„Geht es dir gut?“ Ach du meine Güte, wie lange ist es her, dass mir jemand so eine Frage gestellt hat? Der Hartgummiflummi rollt in Richtung des braunäugigen Zwergs namens Kili. Ein Problem, das einen konkreten Namen hat. Regel 001 aus dem Standardwerk für Jäger – DTA… Don´t trust anybody… und niemand, der dir in schrägen Situationen freundlich entgegen kommt. Ich hätte mir diesen Satz schon 300 Jahre zuvor zu Herzen nehmen sollen.
 

„Du hast meinen Apfel in deiner Jackentasche“, sagte damals eine Stimme zu mir. Silberne Worte, untermalt von süßen Honig. „Und? Was wird jetzt passieren?“, fragte ich unschuldig zurück. Kernobst hin oder her. In jener Jackentasche waren damals noch eine Büroklammer, ein Kaugummi und ein verknüllter Einkaufszettel nebst einem Chip für einen Einkaufswagen und ein paar Handschellen. Und ein Flummi aus glitzerndem Hartgummi. Plong….

„Bist du hungrig, Lügenprinz?“, fragte ich damals arglos und ahnungslos. Zu der Zeit war ich nicht in der Lage, die Konsequenzen dieser Aussage zu verantworten. Ich verließ mich einzig und allein auf den Geruch und Geschmack der Pheromone, die unkontrolliert durch die Luft schwirrten. Ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht mal, wo ich war.

„Ich bin ausgehungert“, sagte jene Silberzunge zu mir. Ich griff naiv in meine Jackentasche und hielt dem Mann mit den unergründlichen Augen den Apfel vor die Nase. Wir bissen beide gleichzeitig hinein. Ich glaube, das war der Tag, an dem ich meine Unschuld endgültig verlor. Keine Vergleiche zu Adam, Eva und dem Apfel. Das wäre vermessen. Und nicht annähernd vergleichbar mit dem, was folgte. „Ich fordere dich zu einem Spiel heraus. Ohne Regeln und Grenzen. Wirst du annehmen?“, fragte die Silberzunge mich kauend. Meine Finger krampften sich um den Rest des Apfels. Ich hatte gerade erfahren, wer ich war. Nein, was ich war. Kreatur. Bastard….Hin und her gerissen zwischen Genen und Beherrschung, der Aufgabe nicht mal ansatzweise gewachsen.

„Gerne. Was ist der Preis?“ Loki ließ sich Zeit mit der Antwort. „Nichts von Wert- eines Tages wirst du es wissen. So einfach ist das.“ Er grinste mich siegessicher an und ich legte ihm mit einem noch breiteren Grinsen Handschellen und Knebel an. „Deal. Und noch etwas- Du bist verhaftet wegen Hochverrates gegenüber Odin, Entführung einer Agentin der Kooperation und eines illegalen Fluchtversuches inklusive Geiselnahme. In Befugnis als rechtmäßige Jägerin nehme ich dich hiermit fest. Alles, was du von dir gibst, wird vor einem Ausschuss gegen dich verwendet werden. Die Flucht in Zwischendimensionen und die Entführung eines Agenten der Kooperation zur Wahrung des allgemeinen Gleichgewichtes zwischen den Welten zieht weitere Konsequenzen nach sich. Wir haben noch dreißig Minuten, bevor ich dich abliefern werde. Gefesselt. Irgendwelche Wünsche?“, sagte ich damals. Oh, glaubt mir, Loki hatte eine Menge Wünsche. Und ich eine Menge Spaß. Ohne Knebel, aber mit Handschellen. Eine halbe Stunde kann verdammt lang und sehr verdorben sein. Im Nachhinein hat er mir den Trick mit der Zellengenossin ziemlich übel genommen. Und mich beim Wort- wir spielen noch immer dieses verfluchte Spiel, von dem keiner weiß, um was es eigentlich geht. Man hatte mich damals auf den Lügengott namens Loki angesetzt, er war mein erster, richtiger Auftrag. Trickse einen Trickster aus. Was soll ich sagen, er ist voll darauf rein gefallen. Ich aber leider auch, auch wenn ich das zu jenem Zeitpunkt noch nicht wusste.

„Mir geht es bestens“, antworte ich nach dem Flashback. Der Flummi schnellt in die Höhe, einmal, zweimal, dreimal, ruht dann in Kilis Hand, die sich gut 20 Zentimeter über einem Tablett mit Essen befindet. Nichts Spektakuläres liegt darauf, nur Brot, Käse und daneben eine Flasche Wein. Aber es ist genug, um meinen Magen sehr laut knurren zu lassen.

„Bist du hungrig?“, fragt er mich freundlich. Ich würde für einen warmen Käsetoast morden. Es gab schon Schlachten epischen Ausmaßes wegen weniger banalen Gründen. Ich weiß es, ich war bei mindestens zwei dabei. Bei einer ging es um Sauerkraut ohne Piment und bei der anderen um drei Kilo Schmalz- feinstes Gänseschmalz ohne Flomen. Es geht niemals um vegetarische Dinge. Sorry, liebe Anhänger der fleischlosen Ernährung. Niemand wird jemals einen Krieg um Tofu starten. Niemand startet einen Krieg für Sojaquark oder ähnliche Produkte. Außer vielleicht für Kartoffeln.

„Ein wenig“, sage ich und mein Magenknurren straft meine Aussage Lügen. „Es ist gegen die Anweisungen Thorins. Aber wenn mir deinen Namen sagst, dann kannst du dich bedienen.“

Oh, armer, argloser Zwerg. Meinst du das Essen oder etwas anderes? Du bist durch und durch gut, befürchte ich.
 

„Ich gebe dir den hüpfenden Ball als Tausch“, sage ich langsam und gebe mir Mühe, nicht in die braunen Augen zu starren. Denke an Loki, sage ich mir. Ich habe zwar keine Ahnung, was das bringen soll, aber die Augen des Lügengottes sind wie ein See, tief verborgen hinter Gestrüpp auf einer Lichtung. Smaragdgrün und einladend. Aber wehe, du springst hinein. Dieses Gewässer ist voller Strudel und tückischer Strömungen. Dennoch ertrinkt man gerne darin.
 

„Das erscheint mir als redliches Geschäft“, erklärt Kili mir begeistert. Mit feierlicher Miene überreiche ich Kili den Flummi. „Mein Name ist Dana McKinley“, erkläre ich noch feierlicher und packe mir eine dicke Scheibe Käse auf eine noch dickere Scheibe Brot.

Plong. Plong. Plock Plock… Plong… Der Flummi tut seinen Dienst, prallt an der Wand ab und rollt über den steinernen Boden. Mit einem fast herausfordernden Plock bleibt er an meiner noch immer vollgekotzten Stiefelspitze hängen, rollt matt ein paar Zentimeter weiter und bleibt schließlich stehen. Meine rechte Hand greift nach dem Ball, genau wie die von Kili. Fingerspitzen berühren sich. Zwei Welten, die sich nicht berühren sollten. Ich grinse innerlich.
 

Kilis Augen sind braun. Schlicht und ergreifend braun, gütig und verzeihend. Sie richten sich neugierig auf mein Gesicht. Ich sehe Schmerz und Sehnsucht. Unerfüllte Sehnsucht und ein halbwegs repariertes Herz mit einem großen Riss in der Mitte. Du kannst es flicken, aber du wirst die Stiche immer sehen. Treffende Worte einer irischen Band für all jene Herzen, die jemals liebten und enttäuscht wurden. Oh weise Worte Bonos… Gebt dem Mann endlich den Friedensnobelpreis.

Fingerkuppen berühren sich, nur für ein paar Momente. Zwei Schläge eines Schmetterlingsflügels lang. Ein wenig Magie der atemberaubenden Art an einem Ort voller Magie und Ahnungen. Willkommen in Mittelerde, Dämonenjägerin McKinley.

Kilis Finger nehmen den Flummi erneut auf, werfen ihn an die Wand. Ich fange ihn auf, ohne zu überlegen, während ich den Rest der Käsestulle runterschlucke. Mit einer routinierten Bewegung werfe ich ihn an die karge Wand. Kili fängt ihn auf, hält ihn fest. Ich picke mit dem Zeigefinger der rechten Hand die Krümel meiner Stulle auf und wünsche mir für einen sehr kurzen Moment, mit dem Hartgummiball zu tauschen.

Zwischen meinen Schulterblättern brennt es. Verdammte Zeichen und Male. Es ist nur ein kurzes Brennen, kaum der Rede wert. Aber es ist da, präsent und nicht zu ignorieren. Das Resultat eines sehr leichtfertig gegebenen Versprechens und ein Grund zum Weglaufen. Aber man kann nicht vor den Tatsachen weglaufen, die auf einem liegen. Das ist dumm. Niemand kann seine Wurzeln verleugnen. Ich am allerwenigsten.

Das, was sich oberhalb dieser Wurzeln befindet, strebt nach Licht, Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden. Aber das, was darunter wurzelt, reicht tief hinab in Dunkelheit und Zweifel. Nährt seine Wurzeln an dämonischen Feuern und anderen Bestreben, die mir selber so zuwider sind, dass ich mich beschämt abwende. Und doch kann ich sie nicht leugnen. Der klassische Kampf Gut gegen Böse, ausgetragen auf meinem Rücken, in meinem Blut, meinem Wesen und meinen Genen.

„Dana McKinley?“ Kili lässt meinen Namen fast andächtig über seine Zunge rollen, spricht ihn mit zwergischen Akzent aus, der mich an irgendeine sehr alte, urtümliche Sprache denken lässt, deren Namen ich vergessen habe.

„Du blutest“, sagt die Stimme des Zwerges ein paar Augenblicke später. Er hat Recht. Thorins Schwert hat eine Wunde an meinem Hals hinterlassen, die noch immer blutet.

„Nicht der Rede wert, es wird bald aufhören“, erkläre ich gelassen und lecke mir die Finger ab. Ich muss den Zwerg ablenken, damit ich mal eben ein wenig mogeln kann. Sprich, meine Selbstheilungskräfte aktivieren. Es wäre nicht klug, das vor seinen Augen zu tun. Es ist aber auch nicht klug, die Wunde weiter bluten zu lassen.

Der Zufall kommt mir zur Hilfe, weil Kili gerade den Blick abwendet und sich dem Käse widmet.

„Siehst du, hat schon aufgehört“, sage ich zuversichtlich. Tatsächlich ist der Schnitt mit einer fast trockenen Kruste bedeckt.

In dem Moment, als Kili mir antworten will, öffnet sich die Tür und jemand betritt den Raum. „Nun, ich befürchte, es hat gerade erst angefangen“, sagt der Mann. Er ist sehr groß, hager und trägt graue Kleidung. Ich weiß sofort, wer er ist. Gandalf der Graue.

„Gandalf! Wie schön, dass du hier bist!“ Kili begrüßt den Zauberer freudig und mit Respekt, während der mich nicht mal für den Bruchteil einer Sekunde aus den Augen lässt. Ich weiß nicht so recht, wie ich mich verhalten soll. Ich hab gerade ein wenig rumgezaubert, damit ich nicht verblute und ich bin mir sicher, dass Gandalf das spürt, riecht oder sonst irgendwie bemerkt. Magie unter Gleichgesinnten hat ihren Wiedererkennungswert, egal, wo und von wem sie betrieben wird.

„Kili, würdest uns bitte alleine lassen“, sagt Gandalf vorsichtig und blinzelt dabei nicht mal. Ich bin ehrlich gesagt schon ein wenig beeindruckt von dem großen Mann mit der grauen Kleidung und dem urtümlichen Schlapphut. Wo bekommt man solche Sachen her? Ich habe mal irgendwann gehört, dass Gandalf nur deswegen ganz lange Der Graue hieß, weil sein Waschmittel so mies war. Ist aber nur ein Gerücht. Man sollte dem Gefasel eines besoffenen Trolls so oder so keine Beachtung schenken, sondern eine Runde MauMau mit ihm spielen. Leicht verdientes Geld.

„Also, Frau. Ich erspare dir und mir die lange Vorrede. Woher kommst du und was willst du hier?“ Ich seufze. Wäre ich eine gute Mitarbeiterin der Kooperation, dann würde ich jetzt in finsteres Schweigen verfallen. Aber das bin ich nicht. Ich bin eine verdammt gute Kopfgeldjägerin, eine prima Bewahrerin des Gleichgewichts der Welten. Aber keine gute Mitarbeiterin. So einfach ist das. Außerdem ist das ein Notfall und da darf ich improvisieren.

„Mein Name ist Dana McKinley und stamme aus einem Ort namens Midgard. Ich bin eine Kopfgeldjägerin und irgendetwas ist schief gelaufen. Ich sollte nicht hier sein.“

Ich mache eine Pause und warte auf eine Antwort. Gandalf neigt den Kopf nach links und mustert mich, wägt den Wahrheitsgehalt meiner Worte ab, überlegt schweigend und stellt meine Geduld auf eine harte Probe. „Dann ist es also wahr…“ murmelt er in seinen grauen Bart.

„Es gibt also andere Welten neben der Unseren, das stand eigentlich nie außer Zweifel. Deine Magie riecht fremdartig, Weib. Was bist du?“ Gandalfs Worte sind nun bedrohlich und lassen mich seufzen. Ich lege nur gerne meine persönliche Geschichte vor Fremden offen. Aber das hier ist ein Notfall und da muss ich improvisieren, scheiß auf Klappe halten und überhaupt.

„Das Ergebnis einer unglücklichen, aber sehr leidenschaftlichen Verbindung zwischen einem Dämon und einer Göttin“, antworte ich gequält. Nun ja, einer Halbgöttin und einem Herrscher eines kleinen Dämonenreiches, nichts Großartiges. Aber - Ich bin ein Bastard mit beschissenen Genen. Der personifizierte Kampf zwischen Gut und Böse auf zwei kurzen Beinen, mit platinblonden, kurzen Haaren und grünen Augen. Dazu bin ich blass wie der Vollmond, habe Sommersprossen auf der Nase und tue immer das, was ich nicht tun sollte. Warum? Weil ich es kann, weil es einfach mehr Spaß macht und weil es in meinen Genen liegt.

„Midgard? Götter und Dämonen? Und wie bist du hierhergekommen?“ Gandalfs Blick durchbohrt mich und spüre einen starken Zauber, der sich in meinem Bewusstsein ausbreitet und mich dazu bringen soll, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen. Diese Magie brennt so sehr, dass mir die Tränen in die Augen schießen. Mist. Soll ich mich jetzt widersetzen oder es zulassen? Ich entscheide mich für Tor B und schließe die Augen. Gandalfs Magie tut weh. Mir laufen die Tränen über die Wangen und heulen geht ja mal gar nicht. Punkt 14 auf meiner Liste.

„Ich jagte einen Dämon der Klasse Vier, der sein Unwesen in Midgard trieb; bei dem Kampf wurde ich in diese Dimension geschleudert. Das war nicht geplant“, stottere ich und fasse den Entschluss, dass es jetzt gut ist. Gandalfs Magie verursacht ein Knirschen in meinem Getriebe und das geht ja mal gar nicht. Gandalf macht den Mund auf, als sein Zauber an Kraft verliert und nickt dann.

„Verstehe. Ich glaube dir, Frau aus Midgard. Dir ist die besondere Sternenkonstellation sicher nicht entgangen, oder?“ Doch. Um ehrlich zu sein, ich hab nicht wirklich auf die Sterne geachtet, während ich damit beschäftigt war, Bannzauber zu sprechen und ein Schwert zu führen. Sterne gucken ist was für Romantiker und aus dieser Zielgruppe falle ich komplett raus.

„Nein, ich habe nicht darauf geachtet. Ich war abgelenkt“, erkläre ich leise. „Diese Konstellation war einmalig und wiederholt sich nur alle 180 Jahre“, beginnt Gandalf verheißungsvoll. In meinem Hirn rattert es sehr laut. „Ist die Konstellation noch da?“, frage ich ängstlich, obwohl ich die Antwort schon kenne. Das Universum und die kosmischen Kräfte haben einen sehr fiesen Sinn für Humor und sie sind sehr vorhersehbar. „Nein, sie ist in dem Moment vergangen, als Kili dich fand. Du kannst nicht einfach zurück in deine Welt.“

Na, was für eine unerwartete Überraschung. Ich kann nicht vorbei… wie der arme Balrog auf der Brücke… Nun, ich hab zwar den Unterricht geschwänzt, aber die Filme hab ich gesehen.

Habe ich etwas anderes erwartet? Nö. Irgendwann musste mir so was passieren. Ich bin für derlei Dinge prädestiniert, sozusagen vorbelastet. Gebt mir einen Riss im Universum oder eine fatale Sternenkonstellation und ich stolpere garantiert hinein. Tolle Wurst. Jetzt muss ich sehen, wie ich damit klar komme. Entschuldigt meine Wortwahl, aber das ist echt Scheiße. Ein gigantischer Haufen Drachenscheiße. Und ich kann die jetzt mit einem winzigen Teelöffel wegschippen.



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