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Urlaub mit Unfällen

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Eine kleine kurze FF. Weil ich die Idee schon am Ende der ersten Staffel hatte und jetzt durch die zweite Staffel ist sie wieder voll aufgelebt :D
Hoffe sie gefällt euch. Komplett anzeigen

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Prolog

„Tom, kann ich mir zwei Wochen Urlaub nehmen?“ genervtes Warten auf die Antwort.

„Kein Problem, aber wieso?“ rauschte es durch das Handy.

„Ich muss den ganzen Mist, den dieser elende Floh fabriziert hat, erst einmal verdauen.“ Angespannt presste Shizuo den Rauch seiner Zigarette durch die Lippen. Dieser elende Floh…

„Wirst du wieder das Strandhaus deines Bruders nutzen?“ Ein halbherziges Lachen von der anderen Seite der Leitung war zu hören.

„Ja, wie immer.“ Damit war das Gespräch beendet.

Seinen Bruder brauchte er nicht um Erlaubnis fragen, das kleine Ferienhaus am Strand stand ihm zur Benutzung immer frei. Seine einzige Art Urlaub, die er sich ohnehin einmal im Jahr gönnte. Nur dieses Jahr eben…eher. Nach dem ganzen Trubel und das auf den Kopfstellen von Ikebukuro durch Izaya hatte er es sich aber auch verdient. Zwei Wochen Abgeschiedenheit von Menschen. Zwei Wochen ohne Izaya. So musste sich definitiv das Paradies anfühlen. Unabhängig davon, dass der Floh angekündigt hatte, wieder einmal für ein halbes Jahr zu verschwinden und selber „Urlaub“ zu machen. Mal wieder angeblich. Was sehr unwahrscheinlich war. Er und ein halbes Jahr nicht seine kleinen flinken Finger in die Geschehnisse seiner so „geliebten“ Menschen stecken? Eigentlich nicht möglich. Also zog es Shizuo vor, auf ganz sicher zu gehen und selber Urlaub zu machen.

Gesagt, getan. Innerhalb weniger Minuten hatte er seine wenigen Sachen gepackt und war auf dem Weg zum Bahnhof. Er setzte sich in den Zug und bereitete sich auf eine Stunde stumm und unbeweglich aus dem Fenster gucken vor.

Er merkte nicht, dass ihn seit seinem Einstieg in den Zug in Tokyo zwei mokkafarbene Augen interessiert und verwundert zugleich beobachteten.

Frust

Kapitel 1: Frust
 

Tür auf, zielstrebig ins Schlafzimmer. Kurz sich in sein übliches Urlaubsoutfit geworfen, die unterwegs eingekauften Lebensmittel in den Kühlschrank und dann durch die Verandatür raus an den Strand.

Man, die meisten Leute die ihn kannten würden sich verwundert die Augen reiben, wenn sie ihn so sehen würden: wie üblich hatte er Sonnenbrille auf der Nase und eine Kippe im Mund, doch er trug jetzt ein schlichtes weißes, luftiges Shirt und dazu eine hellblaue knielange Hose. Einfach, bequem und für den ganzen Tag am Strand verbringen sehr angenehm.

Das erste, was er am Strand machte war: Luft ablassen. Ein Jahr Izaya ertragen und irgendwie versuchen, dabei nicht selber komplett durchzudrehen, war eine ganz schön anstrengende Sache und dabei baute sich Frust an. Sehr viel Frust.

Mitleidig blickte er die kleine Felswand an, die sich unweit neben dem Haus erhob: er hatte hier schon einige Jahre lang seinen Frust abgebaut. Was man deutlich an den Rissen und dem herumliegenden Felsbruch erkannte.
 

Er hatte sich sicher schon weit über drei Stunden an der armen Wand ausgelassen. Die Sonne senkte sich bereits, als er seine blutigen, zerschundenen Hände sinken lies und einfach rückwärts in den Sand fiel. Er hatte es dieses Mal etwas übertrieben. Und das in der unbarmherzigen Hitze der Sommersonne. In seinem Kopf drehte sich alles, seine Lippen waren aufgesprungen und sein Hals war trocken und kratze fürchterlich bei jedem Atemzug. Sein ganzer Körper schmerzte einfach nur noch und wollte ihm nicht mehr gehorchen.

Er war kein Genie was Medizin anging, dafür hatte er Shinra, doch er vermutete stark einen Sonnenstich. Er versuchte wieder auf die Beine zu kommen, doch alles in ihm weigerte sich. Gut, würde er die Nacht eben am Strand verbringen, auch nicht so schlimm. Bis zum nächsten Morgen hätte sich sein Körper schon genügend erholt, um dass er sich dann ins Haus schleppen konnte.

Eine Zigarette wäre jetzt eigentlich nicht schlecht. Doch angesichts seiner wunden, angeschwollenen Hände würde er ohnehin das Feuerzeug nicht mehr bedienen können. Also Augen zu und dann: Schwärze.
 

Als er erwachte, dröhnte sein Schädel. Ihm tat immer noch alles weh. Ihm war heiß und als er versuchte, die Augen zu öffnen, wurde ihm schwindlig.

„Ah ich sehe, du bist wach.“

Eine ihm sehr bekannte Stimme klang an sein Ohr. Aber im ersten Moment konnte er sie nicht zuordnen, sein Kopf weigerte sich einfach zu arbeiten. Doch dann bildete sich langsam zu der Stimme ein Name in seinem Kopf.

„IZAYA?!“ Wut brodelte in ihm hoch, unkontrollierbar und schrecklich. Er fuhr hoch und starrte ihn mit seinem üblichen Mörderblick an. Der Kerl saß seelenruhig grinsend auf dem Sofa des Strandhauses, in der einen Hand die Fernbedienung, in der anderen sein Handy.

Warte….Ferienhaus? Warum war er nicht mehr am Strand? Und was war das Nasse auf seinem Bein?

Irritiert blickte er sich um, seine Wut komplett durch seine Verwunderung verpufft. Auf seinem Schoß lag ein nasser Lappen, der ihm von der Stirn gerutscht war, als er sich erhoben hatte. Doch warum? Seine Sonnenbrille lag auf dem kleinen Wohnzimmertisch, eine Schüssel und eine Karaffe mit Wasser daneben

Dann wurde ihm schlagartig wieder schwindlig und er ließ sich entkräftet zurück auf den Boden sinken. War das ein Kissen unter seinem Kopf? Doch er hatte jetzt eher mit der wieder heraneilenden Bewusstlosigkeit zu kämpfen.

„Bleib liegen und erhol dich. Sei froh dass ich dich zufällig gefunden habe, ansonsten wärst du jetzt vermutlich tot, Shizu-Chan.“ Flötete die unerträgliche Stimme des Flohs quietschend schrill in sein Ohr.

„Wieso?“ war das einzige, was er antworten konnte. Danach brach seine Stimme ab und sein Hals beschwerte sich trocken über seinen kaputten Zustand.

„Wieso du halbtot warst? Wieso ich hier bin? Wieso ich dich gerettet habe?“ Doch Izaya erhielt keine Antwort auf seine Fragen, nur ein kurzes, trockenes Grunzen.

„Also ich fange mal ganz vorne an: Ich wollte eigentlich tatsächlich in den Urlaub fahren. Ein paar Tage entspannen klang super! Und da habe ich dich zufällig am Bahnhof gesehen und war etwas irritiert darüber, was du da machst. Also bin ich dir kurzerhand gefolgt. Könnte ja interessant sein. Schlussendlich hast du mich geradewegs zum Ferienhaus deines Bruders geführt. Sehr interessant, muss ich schon sagen. Und von da an hab ich dich beobachtet. Wie du dich bei der Hitze halb tot geschindert hast an der armen Felswand. Und dann lagst du einfach so da. Ohne jegliche Bewegung. Nach einer halben Stunde habe ich mich dann herausgewagt um mal nachzugucken, ob du noch lebst. Was du noch getan hast. SO halbwegs. Aber du hattest ziemlich hohes Fieber und warst dehydriert. Also habe ich beschlossen, dich ins Haus zu zerren und dich wieder auf die Beine zu bringen. Ich kann doch nicht zulassen, dass mein aller liebstes Spielzeug sich selber zerstört.“

Nur so halb anwesend mit den Gedanken hatte Shizuo der Erklärung des Flohs zugehört. Mühsam versuchte er alles zu verarbeiten. Zumindest klang alles logisch und passte in das übliche Bild des Idioten. Bis auf das Gesundpflegen: er hätte ihn genau in das nächste Krankenhaus fahren können oder zumindest einen Notarzt anrufen können. Dass er ihn nicht sterben lassen würde, das war dem Blonden klar. Lieblingsspielzeug trifft es ja auf den Nagel.

Aber sich selber heranlassen und ihn pflegen?

Shizuo versuchte seiner Verwirrung mit seinem Blick Ausdruck zu verleihen.

„Hey, ich wollte Urlaub machen und mich mal mit anderen Sachen befassen. Das Häuschen hier ist echt nett und erst der Ausblick! Warum nicht hierbleiben für ein paar Tage? Du kannst in deinem Zustand ohnehin nur am Boden liegen und vor dich hin vegetieren. Passt also alles zusammen.“ Izayas Erklärung war zwar nicht sehr logisch, aber was war an dem Kerl überhaupt zu begreifen? Er war die Verwirrung selbst.

Resignierend akzeptierte Shizuo sein Schicksal erst einmal. Was anderes konnte er in seinem Zustand ohnehin nicht, da hatte Izaya zu seinem Leidwesen Recht.
 

Erstaunlicher Weise benahm sich Izaya relativ löblich. Abgesehen von seiner übertriebenen Art, Fernsehen zu gucken, tat er tatsächlich, was ein „Krankenpfleger“ tun sollte: er wechselte regelmäßig den Lappen auf Shizuos Stirn, denn er litt immer noch unter furchtbarem Fieber. Er gab ihm regelmäßig was zu Trinken um den Wasserhaushalt wieder in Ordnung zu bringen. Er verband die wunden Hände sorgfältig einmal am Tag. Selbst füttern tat er ihn! Mit angeliefertem Essen natürlich. Scheinbar konnte Izaya nicht einmal ansatzweise kochen.

Nach dem Ausdruck auf Izayas Gesicht zu urteilen war das Füttern auch seine liebste Beschäftigung. Das war vermutlich auch der Grund, warum er die Pflege überhaupt selber machte: sich den ganzen Tag Shizuo in diesem erniedrigenden Zustand ansehen um sich darüber zu amüsieren. Das passte ausgezeichnet zu ihm.

Doch Shizuo ertrug es schweigend. Immerhin hatte er ihm das Leben gerettet, so sehr er ihm das auch missfiel. Und seine Schuld beglich er immer.
 

Drei Tage nach dem er aufgewacht war, wobei er ganze zwei Tage geschlafen hatte bzw. bewusstlos gewesen war, fühlte er sich zum ersten Mal wieder einigermaßen fit. Izaya war gerade in der Küche und packte das Essen aus, das gerade geliefert worden war.

Der Blonde hatte endlich kein Fieber mehr und damit waren auch seine üblichen Lebensgeister und vor allem Selbstheilungsfähigkeiten wieder richtig angelaufen. Dezent wackelig stand er auf und streckte sich erst einmal. Ja, langsam aber sicher war wieder alles in Ordnung. Auch seine Hände sahen schon wieder viel besser aus und waren wieder zu was zu gebrauchen. Genüsslich steckte er sich eine Zigarette an und zog tief und intensiv daran. Das hatte er die letzten Tage sehr vermisst. Denn der Floh hatte sich geweigert, ihm eine zu gönnen. Elender Mistkerl. Doch in seinem Zustand war das vielleicht die beste Entscheidung gewesen.

Langsam ging er auf die Küche zu und lehnte sich dann in den Türrahmen. Stumm beobachtete er den Floh dabei, wie er munter und fröhlich vor sich hinsummend das Essen auspackte. Irgendwie war das schräg. Es passte wirklich nicht zu dem Kerl, auch wenn Shizuo genau wusste, dass er sich nur an seinem Leid gelabt und ihn nur für weitere seiner „Spiele“ gepflegt hat. Und doch hat er es gemacht.

„Hey Izaya…“ begann er also zögerlich. Eigentlich wollte er das gar nicht, aber er hatte ihm das Leben gerettet und damit hatte er es leider verdient. Irgendwie.

Erschrocken fuhr der Angesprochene um. Scheinbar hatte er ihn tatsächlich nicht bemerkt, obwohl die ganze Küche mittlerweile nach Zigarettenrauch riechen musste.

„Wow, du bist ja wieder auf den Beinen! Was ist denn Shizu-Chan?“ Fehler Nummer eins: dieser schrecklich nervige Spitzname. Die Wut kam wieder in ihm hoch, doch er schluckte sie runter. Langsam streckte er die Hand Izaya entgegen.

„Was soll das werden Shizu-Chan?“ Fehler zwei: erneut dieser Name. Und dann Izayas Gesicht: er schien offensichtlich beunruhigt zu sein. Minimal panisch blickte er sich so unauffällig um wie nur möglich. Scheinbar auf einer Suche nach einem Ausgang, doch das Küchenfenster war lang und schmal: schnell kam er da nicht durch. Und in der Tür stand sein Erzfeind, der scheinbar wieder bei guten Kräften war. Von denen er mehr als genug hatte.

Hatte Izaya tatsächlich Angst? Ist er tatsächlich überrascht worden durch die extrem schnellen Heilungskräfte des Blonden? Und war er sich jetzt der möglichen Gefahr bewusst geworden, die es bedeutete, mit Shizuo in einem Raum auf Armeslänge Abstand zu stehen?

„Ich wollte mich bei dir bedanken. Du hast mir das Leben gerettet.“ So aufrichtig wie möglich versuchte der Blonde die Sache über die Bühne zu bringen. Ein bisschen Talent für das Schauspielern hatte er ja, also setzte er sein charmantes Lächeln auf und hob noch einmal die Hand ein Stück, um seinem Gegenüber zu zeigen, dass er es ernst meinte. Izaya schien das komplett falsch zu verstehen.

„HAHAHAHAHAHA! Du dich bei mir entschuldigen? Das ist ja fast noch besser als alles andere, wofür ich mir hier den Arsch aufgerissen habe um dich wieder fit zu bekommen! Hahahah.“ Offensichtlich zu Tränen gerührt vor Lachen hielt sich der elende Floh den Magen. Natürlich hatte er es gemacht, um ihn auszunutzen. Um ihn zu blamieren. Um sich sein Spielzeug zu sichern. Wie hatte er auch nur einen winzigen Moment daran glauben können, dass Izaya Orihara auch nur einen Funken von Menschlichkeit besitzen könnte. Das waren jetzt Fehler drei bis 99 oder so.

Er hatte es versucht. Er hatte es wirklich versucht und es tat ihm Leid um die Ferienwohnung seines Bruders aber…

„IIIIIIIIIIII-ZAAAAAAAAAAAAA-YAAAAAAAAAAA!“ Wut. Wut war das einzige, was er gerade spürte. Wut und Mordlust.

Der Floh war schneller an ihm vorbei durch die Tür als er erwartet hatte oder er war immer noch nicht wieder so fit, dass seine Reflexe richtig mitmachten, aber die Konsequenz: Izaya war aus dem Haus raus. Gut für das Haus. Noch mal Glück gehabt. Aber jetzt musste Shizuo laufen. Und das in seinem Zustand. Doch irgendwie schaffte er es mit dem Floh mitzuhalten. Dieser lief glücklicherweise Richtung Klippe. Sein Glück, denn das war eine Sackgasse. Dahinter war nur ein felsiger Küstenstreifen mit starker Brandung: da reinspringen war Selbstmord.

Izaya bemerkte das erst, als er die Mitte der Klippe erreichte. Mist, das hier war nicht Ikebukuro wo er jeden einzelnen Zentimeter kannte. Das hier was Shizuos Revier. Der Blonde kannte sich hier aus, er nicht. Schlecht. Wie konnte ihm das passieren? Normal passierten ihm nie Fehler. Er brauchte wirklich dringend mal selber Urlaub.

Der einzige Weg wieder runter von der Klippe war über den steilen Hang, an dem sich Shizuo Tage zuvor ausgelassen hatte. Besser als nichts. Izaya setzte also zum Sprung an: nur ein letzter Schritt auf die Kante und dann runter in den weichen Sand und weg. Der Blonde würde nie in seinem Zustand hinterherkommen.

Doch eine unkalkulierbare Stelle hatte Izaya vergessen: Wind, Wetter und Shizuos jahrelange Behandlung hatten die Klippe mürbe und nachgiebig gemacht. In dem Moment, in dem Izaya seinen Fuß auf den Rand setzte, gab unter ihm der halbe Hang nach. Er konnte noch abspringen, kam aber ungünstig und viel zu nah an der Wand auf. Und war dadurch schlicht zu langsam.

Frust²

Kapitel 2: Frust²

Da waren sie wieder, selbe Situation, nur umgedreht: Izaya hatte es ganz schön erwischt. Shizuo hatte sogar vorsorglich den örtlichen Arzt angerufen, der sich um die Wunden von dem Floh kümmern musste.

Nun saß Shizuo auf dem Sofa und blickte auf Izaya hinab. Genau wie er selber lag dieser auf dem Ersatzfuton auf dem Boden im Wohnzimmer. Wer weiß was passieren könnte und das teure Designerbett wollte er nicht verschmutzen. Blutflecken bekam man nur schwer wieder raus.

Izaya war nichts Drastisches passiert: keine Brüche, vermutlich auch keine Gehirnerschütterung oder ähnliches. Einfach nur Prellungen, tiefe Schnittwunden und Schürfungen am halben Körper. Und eine kleine Platzwunde am Kopf. Mehr nicht.

Doch es reichte völlig aus, dass Izaya vorerst nicht mehr laufen konnte, da die herabfallenden Steine besonders seine Beine erwischt hatten. Das sie überhaupt noch funktionierten war eigentlich ein Wunder. Genauso Shizuos Gelegenheit, sich für die Pflege zu revanchieren.

„Ich glaube es nicht, jetzt muss ich hier unten liegen und mich von dir umsorgen lassen! Das ist doch ein Witz.“ Leider hatte Izayas lautes und nerviges Mundwerk nicht gelitten und so zeterte er schon eine halbe Stunde vor sich her, wie bescheiden seine Situation doch war.

„Reg dich ab. Ich werde dir schon nichts antun, wäre ja zu schade um mein „Spielzeug“.“ Zugegeben, diese Machtposition hatte schon seinen Reiz, aber trotzdem mochte er so etwas überhaupt nicht. Doch ausnahmsweise würde er die Fassade für diesen Tag aufrechterhalten. Wäre ja auch zu Schade sich diese Chance entgehen zu lassen und nicht den Meister der Spiele einmal mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen.

„Hahaha, sehr witzig. Du bist ein Monster, kein Mensch. Wenn hier jemand ein Spielzeug ist, dann du meines. Das Spielzeug eines Gottes. Das solltest du wissen, Shizu-Chan.“

„Und du solltest wissen, dass du in einer sehr ungünstigen Situation bist und dir lieber jedes Wort dreimal zu überlegen hast.“ Die kleine böse Wutader an seiner Schläfe pochte schon wieder freudig auf bei solchen Sätzen und leider musste die gerade angefangene Zigarette in seiner Hand darunter leiden. Aber er behielt die Kontrolle. Noch. Doch wenn dieser Floh nicht bald Ruhe gab, dann…

Apropos Ruhe. Es war tatsächlich Ruhe. Scheinbar hatte die Drohung gewirkt, denn Izaya hatte den Kopf zur Seite gedreht und schien zu versuchen, etwas erholsamen Schlaf zu bekommen. Es war ohnehin schon recht spät und es war besser als alles andere.
 

Der nächsten zwei Tage entpuppten sich als erstaunlich schön. In einer merkwürdigen Weise.

Shizuo kochte für sie beide. Erstaunlicherweise war es sogar essbar und gar nicht mal so schlecht, auch wenn es nur sehr einfache Gerichte waren.

Sie redeten nur das nötigste: Izaya vermied es lieber etwas zu sagen, um Shizuo nicht zu reizen. Und der Blonde selber war meist ohnehin nicht sehr gesprächig. Aber man merkte, dass beide die Ruhe und den Frieden genossen, die zwischen ihnen herrschte.

Sehr angenehm war auch die gute Stunde, die er ganz allein für sich im Haus hatte, während Shizuo im benachbarten Dorf einkaufen gegangen war.

Und auch der Pflegedienst, den Shizuo ihm darbot, war…etwas, was er sich niemals hätte träumen lassen, dass er so etwas genießen könnte. Nett, freundlich, hilfsbereit. Izaya musste nicht gefüttert werden, zu Shizuos Glück, dafür durfte er den Informanten aber durch das Haus tragen, damit er jedenfalls teilweise am Tag draußen auf der Veranda sitzen konnte. Dadurch hatte es doch etwas von Urlaub. Das Meer genießen, alle gewünschten Getränke geliefert bekommen, das Essen wurde extra für ihn gekocht. War doch wirklich schön. Was konnte man sich mehr erhoffen? Dass das Monster zu so etwas in der Lage war. Sehr praktisch. Das musste sich Izaya dringend merken.

Doch am nächsten Tag sollte seine ganz persönliche Hölle ausbrechen.

Denn der erste Verbandswechsel entpuppte sich als eine unerwartete Problematik. Auf dem linken Oberschenkel hatte Izaya eine ziemlich unschöne Wunde davongetragen; sehr nah an der Tabuzone. Dass es nicht sein bestes Stück erwischt hatte, war vermutlich reiner Zufall. Doch Shizuo dort unten rumwerkeln zu haben, sorgte bei dem Informanten für reges Unbehagen.

Der Blonde gab sich alle Mühe der Professionalität und störte sich zumindest äußerlich nicht einmal ansatzweise an der Stelle, um die er routiniert eine Lage Bandage nach der anderem rumwickelte. Die zahlreichen Krankenhausbesuche in seiner Kindheit mussten ihm einiges an Erfahrung diesbezüglich eingeflößt haben.

Nichtsdestotrotz berührte seine Hand dabei immer wieder gelegentlich das gute Stück, was Izaya die Schamesröte auf die Wangen trieb. Dort von einem Mann angefasst zu werden, in welcher Form auch immer, war bestimmt nicht das was er sich wünschte. Trotz allem ertrug Izaya alles. Zum seinem Glück schmerzte die Wunde ziemlich wodurch er sich keine Sorgen machte, dass ihm ein Missgeschick passieren könnte.

Und doch…Shizuo war erstaunlich sanft und vorsichtig unterwegs. Jede Bewegung war behutsam und genau abgewogen, als hätte er Angst noch mehr Schaden anzurichten. Was bei seinen Kräften vermutlich durchaus drin war. Aber seine Hände waren warm und erstaunlich geschickt bei seiner Tätigkeit. Und das war für Izaya sehr irritierend. Das sich sein Monster bemühte, menschlich zu sein und nicht die Kontrolle zu verlieren, war ihm schon immer bewusst gewesen. Bis jetzt hatte er es als lästige Schwäche von Shizuo abgestempelt.

Doch dass er tatsächlich sanft und fürsorglich sein konnte? Nein, Quatsch, er interpretierte da zu viel rein. Musste an dem Stein liegen, dem er die Platzwunde verdankte. Musste seinen Kopf wohl doch etwas stärker durchgeschüttelt haben.

Das redete sich Izaya auch ein, als sich Shizuo einer weiteren Wunde zuwandte: der Dunkelhaarige hatte neben ein paar Schrammen und blauen Flecken am Bauch noch eine lange tiefe Schnittwunde einmal quer über die rechte Brustseite. Neben der Wunde am Bein die einzige andere ernsthaftere Verletzung.

Shizuo half Izaya hoch, um dass er besser die Wunde versorgen konnte. Sie war genäht worden und verlief genau einmal die Quere lang von der Seite direkt unter der Brustwarze entlang bis zum Brustbein. Wie auch immer das passiert war.

Der Blonde nahm stoisch seine Aufgabe in Angriff, den alten Verband zu lösen. Immer und immer wieder mit den Händen um seinen Oberkörper herum. Immer und immer wieder mit seinen Händen über die Brustwarzen. Super, na danke. Das konnte Izaya richtig gebrauchen. Besonders Weil die Wunde nicht so sehr schmerzte wie die am Bein. Musste das denn sein? Und sobald der alte Verband runter war, kam ja der neue drauf! Das würde er nie durchstehen, egal ob der Auslöser jetzt ein Mann oder eine Frau war. Das war doch nicht möglich! Gut, die Decke lag über seinem Schoß, Shizuo würde nichts sehen, aber helfen konnte er sich auch nicht solang der Blonde in der Nähe war. Mal abgesehen dass er die steifen Nippel irgendwann mal bemerken müsste.

Zähne zusammenbeißen und hoffen, dass das Ganze nicht in die Hose ging. Wortwörtlich. Izaya saß ja schon nur in Short hier logischerweise. Was schon unangenehm genug war, sich vor dem Monster so zu entblößen. Doch das? Er wollte verdammt noch mal keine Erektion durch diesen Idioten bekommen! Warum konnte er seinen Körper nicht mit seinem Willen bis ins letzte Detail kontrollieren? So ein Mist auch.

„Alles in Ordnung bei dir?“ Shizuo hatte mitten in seiner Tätigkeit innergehalten und blickte ihn irritiert an.

„Was? Nein! Eh, ich meine ja. Natürlich ist alles okay.“ zischte Izaya noch mehr frustriert und beschämt zugleich und ballte die Hände.

Kurz herrschte Stille und ein stummer Blickwechsel zwischen ihnen.

„Brauchst du Hilfe?“ Die Frage verwirrte Izaya.

„Was?“

„Ob ich dir damit helfen soll.“ Dabei fuhr der Blonde mit der Hand unter die Decke in Izayas Schoß und ließ seine Finger einmal über die Erektion des Dunkelhaarigen gleiten.

Verdammt noch mal, wann hatte er die eigentlich bekommen? Und wie um Himmels Willen wusste der Idiot davon?

„Izaya, ich bin kein Genie wie du, aber ich bin auch nicht komplett dumm. Mir ist nicht entgangen, dass du die ganze Zeit über unter meinen Händen zuckst oder dass du ein knallrotes Gesicht hast oder das du dir auf der Lippe rumbeißt.“ Erneut ein Blickaustausch. Wie hatte Izaya es geschafft, das alles nicht mitzubekommen? War er in seine frustrierten Gedanken so vertieft gewesen, dass er seinen eigenen Körper nicht mehr gespürt hatte?

Shizuo nickte nur kurz, wie um ihm zuzustimmen, tätigte dann noch zwei Handgriffe und befestigte damit den frischen Verband. Dann rückte er ein Stück hinter Izaya. Dieser konnte gar nicht so schnell reagieren, wie die Hand des Blonden in seinen Shorts waren und sich um sein Glied schlossen. Das ohnehin verblüffte Gesicht des Dunkelhaarigen verzog sich noch mehr und instinktiv ließ er sich nach hinten sinken. Genau gegen Shizuos breite Brust.

„Was zur Hölle! Lass da-a-„ weiter kam Izaya nicht, denn ein ersticktes Stöhnen suchte sich seinen Weg in die Freiheit.

Das war nicht das erste Mal in seinem Leben, dass er einen Handjob bekam. Mal ganz zu schweigen von anderen „Diensten“. Aber das hier war was ganz anderes. Das war der feste und geübte Griff eines Mannes. Es war Shizuo der das tat. Es fühlte sich so gut an und gleichzeitig trieb es ihn in den Wahnsinn, dass er sich gerade von seinem Erzfeind einen runterholen ließ. Wie war das denn passiert? Wann hatten sie beschlossen, dass es keinen Sicherheitsabstand mehr gab? Und warum hatte Shizuo diesbezüglich eigentlich überhaupt keine Hemmungen?

„Hhnng.“ Die Zähne zusammenbeißend hämmerte er seinen Kopf gegen Shizuos Brust, verzweifelt versuchend, das nahende Ende zu unterdrücken. Doch der Blonde schien andere Pläne zu haben: einer inneren Eingebung folgend ließ er seine Lippen auf den ihm entblößten Hals sinken. Sachte und langsam begann er an der dünnen hellen Haut zu lecken und zu saugen, was Schauder durch den Körper vor sich jagte. Als er dann auch noch mit der freien Hand sich an der gesunden Brustwarze zu schaffen machte, war die Sache verloren. Izaya drückte den Rücken durch und ergoss sich in Shizuos Hand.

Das war schnell. Das war gut. Und das war ENORM PEINLICH! Verzweifelt verbarg Izaya sein Gesicht in seinen Händen.

Shizuo stand wortlos auf und verschwand im Bad. Als er wiederkam, hielt er eine Packung Taschentücher in der Hand, die er neben Izaya ablegte, bevor er ihn für ein paar Stunden einfach alleine im Haus ließ. Was der Dunkelhaarige willkommen hieß. Somit hatte er etwas Zeit, seinen Kopf zu sortieren.

Okay, er hasste dieses Monster jetzt noch mehr als vorher. Wie konnte er nur? Und vor allem: warum hatte Izaya selber sich nicht gewehrt? Hatte er ihn so sehr unterschätzt? Wie sehr konnte er sich in einer Peron geirrt haben? Oder hat er es schon immer gewusst und es einfach ignoriert, um ihn zu dem Monster zu idealisieren, dass er in Shizuo sehen wollte all die Zeit.
 

Als Shizuo wieder zurück ins Haus kam, war es bereits Abend. Erneut kehrte Stille ein zwischen ihnen. Izaya ignorierte die Tatsache, dass in spätestens zwei Tagen wieder die Verbände gewechselt werden mussten. Wortlos aßen beide das einfache Mal, dass der Blonde wieder gekocht hatte.

„Warum?“ Izaya hielt die Stille nicht mehr aus. Und die Ungewissheit.

„Ich weiß es nicht. Mir war nur einfach danach.“ Unwissend zuckte Shizuo mit den Schultern. Er wusste es wirklich nicht. Er hatte einfach gehandelt, seiner Eingebung gefolgt.

Es irritierte ihn ja selber. Er hatte bis jetzt keinerlei sexuelle Erfahren, da Izaya immer dafür gesorgt hatte, dass jede auch nur ansatzweise Annäherung an ein weibliches Wesen zunichte gemacht wurde.

Aber jetzt. Diese Situation. Jede erträgliche oder gar angenehme Minute mit dem Floh sorgte dafür, dass er stetig Sympathie für ihn aufbaute. Obwohl sie nicht einmal groß miteinander redeten oder interagierten. Die bloße Tatsache, dass der Floh auch einmal normal sein konnte, reichte völlig aus.

Was wäre aus ihnen geworden, wenn Izaya einfach kein durchgedrehtes, Menschen manipulierendes, größenwahnsinniges Genie gewesen ist, sondern ein ganz normaler Kerl, als sie sich damals in ihrer Schulzeit kennen gelernt hatten?

„Wie dir war einfach nur danach? Wie kann einem danach sein, einem anderen Kerl einen runter zu holen? Bist du schwul oder was?“ Okay, die letzte Frage war einfach so aus ihm rausgebrochen, aber angesichts dieser Aktion heute hatte es ihm einfach auf der Zunge gelegen.

Wieder zuckte der Blonde nur mit den Schultern.

„Woher soll ich das denn bitte wissen?“

„Ehm, keine Ahnung. Weil es hier um dich geht? Wie kann man nicht wissen, wie man gepolt ist?“ Um Himmels Willen, das war zum Ausrasten mit diesem Idioten!

„Ich habs noch nie versucht. Außerdem gibt es genug Leute, die irgendwann merken, dass sie doch anders ticken. Woher soll man das dann genau sagen?“ Shizuo hatte mit dem Thema kein Problem: sollte man doch daten, wen man wollte. Egal ob gleiches Geschlecht oder nicht. Man tat damit ja keinem anderen weh. Ist doch die eigene Angelegenheit. So lange man ihn nicht damit belästigte, war alles gut.

„Und dann musst du das ausgerechnet mit mir ausprobieren? Wir sind Erzfeinde! Schon vergessen?“

„Wenn du nicht gerade ständig versuchen würdest, mich umzubringen und Ikebukuro in den Untergang zu trieben, wäre das vielleicht ja nicht der Fall.“ Wow, so viel hatten sie noch nie ernsthaft miteinander geredet. Das war ungewohnt. Darauf musste er sich erst einmal eine Zigarette anzünden. Zur Beruhigung der Nerven. Erstaunlicherweise hatte er aber die ganzen Tage Ruhe vor seiner sonst so unkontrollierbaren Wut gehabt. Trotz direkter Anwesenheit von Izaya.

Er lehnte sich entspannt zurück und nahm einen tiefen Zug. Das könnte die nächsten Tage noch interessant werden.

Frust³

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Lust

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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  KillerKraehe
2015-03-12T19:24:49+00:00 12.03.2015 20:24
ahja ... shizuo und izaya xDD" *kopf schüttel und lachen muss*
also ich muss schon sagen ich finde du hast sie echt super getroffen ^^
und es ist auch wirklich spannend geschrieben ^^
bin schon auf die weiteren kapis gespannt ^^
Antwort von:  Waliro
12.03.2015 20:30
Freut mich dass es dir gefällt :D
Ich hab die FF zur Hälfte mitten in der Nacht geschrieben, total durch mit dem Kopf. Das das gut gegangen ist, hat mich gewundert. Als ich es am nächsten Tag noch einmal durchgelesen habe,war ich verwirrt, dass es tatsächlich lesbar war XD
Und erstaunlicherweise habe ich hier einen komplett anderen Schreibstil wie sonst aber irgendwie passt es auf die beiden Dumpfbacken :DDDD


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