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Cinder and Smoke

The Fall of Adam
von

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Taking Steps


 

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Said the Moon to the Thief

"You know not of what you seek,

you'll doom the world to wander the night

with no light to guide the paths that men seek."

[SHAWN JAMES · THIEF & THE MOON]
 

Es gab Sachen, die lernte man nicht in der Schule - das Wissen, das man sich nur durch Erfahrung aneignen konnte, gehörte dazu. Hermine wünschte sich nichts sehnlicher, wie Harrys Erfahrungen zu besitzen: seine Werte, seine Gelassenheit, seine Vorsicht und seinen Mut. Harry wüsste, was zu tun war, ganz intuitiv. Er würde nach vorne zeigen und sie würde ihm folgen. So war der Schwarzhaarige nun mal, von seinen Gefühlen und der Liebe geleitet, manchmal naiv und blind und trotzdem überzeugt von der Richtigkeit in seinem Handeln.

Er fehlte ihr. Ebenso wie Ron.
 

Das Ende des Katastrophenalarms war schon Stunden vorüber; trotzdem wollte keiner aus der Gruppe den sicheren Unterschlupf des Jazz-Kellers verlassen. Hermine hatte inzwischen jegliches Zeitgefühl verloren, zusammen gekauert wie sie in ihrer Ecke saß, die von Collin mit Decken für sie ausgelegt worden war. Es war kalt, ungemütlich und feucht in den Räumlichkeiten. Fremde Geräusche nagten an ihrer Geduld und der Unruhe, von der sie ergriffen worden war, seit ihr Verstand den Sprung in den Wahnsinn gewagt und akzeptiert hatte, dass sie unfreiwillig in der Vergangenheit fest steckte. Ein gestrandeter Zeitreisender, quasi.

Und das allein war schon schlimm genug.

Aber natürlich war das nicht das einzige Übel – ihr Aufenthalt war nicht einmal ein Grund, sondern lediglich das Ergebnis einer Reihe von Dingen die passiert sein mussten, als sie einen Augenblick lang nicht aufgepasst hatte.

So sehr sich Hermine aber auch anstrengte auf die Lösung zu kommen, so sehr wurde sie von ihrer eigenen Brillanz enttäuscht. Da war nichts, was ins Schema gepasst hätte, nichts, was als Begründung tauglich gewesen wäre, mit Ausnahme dem hässlichen Medaillon, das sie Dolores Umbridge buchstäblich von ihrem fetten Hals gestohlen hatte. Das Medaillon gehörte Voldemort – zumindest hatte sie damit jemanden, den sie verteufeln und für ihre Lage beschuldigen konnte.
 

Hermine seufzte und rieb sich die Augen. Sie war müde und überfordert. Ihre Glieder schmerzten, ihre Schläfen pochten, die Sorge um ihre Freunde machte sie irre. Was Harry und Ron wohl gerade taten? Ob sie nach ihr suchten? Machte es für sie überhaupt einen Unterschied? Sie war nun nicht länger ein Teil ihrer Zeitlinie, oder? Allein die Vorstellung war grotesk; sie hatte keine Ahnung, was es bedeuten sollte und offen gestanden war ihr Wissensdrang gerade zu feige und blockiert, um tiefer zu graben. Viel eher wollte sie sich darauf konzentrieren, die richtige Hilfe für ihre Bredouille zu finden und allein das würde bestimmt eine Herausforderung werden.
 

Wenn sie richtig lag, und Hermine lag selten falsch, endete Dumbledores Rebellion gegen Gellert Grindelwald erst 1945. Die magische Welt in dieser Zeitlinie befand sich also ebenfalls im Krieg, was ihren Aufenthalt doppelt gefährlich machte. Zwar glaubte sie nicht, dass man sie auf den ersten Blick sofort als Muggelgeborene würde entlarven können – schließlich war ihr Blut nicht grün, blau oder in einer anderen auffällig ungewöhnlichen Farbe – hatte sie jedoch auch keine Vorstellung von Grindelwalds Anhängern und deren Methoden, wenn es darum ging, Magier davon zu überzeugen keinen Stammbaum und Reinblütigkeit aufweisen zu können.

Nein, Hermine war sich sicher: sie wollte und sie musste nach Hogwarts. Dort war Dumbledore, dort war eine der umfangreichsten Bibliotheken der magischen Welt und eine Zuflucht. Dass sie auch Tom Riddle begegnen konnte und wahrscheinlich würde, blendete sie vorerst verbissen aus.
 

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"Da drüben ist sie, wir sind da." Frank nickte in die Richtung zweier Häuserblocks, die sich an der Hauptstraße trafen an deren Bürgersteig sie standen. Ein kleiner Vorplatz mit einem Zeitungskiosk und Bänken, umringt von schmalen Birken begrüßte sie zum Morgengrauen und Hermine erwischte sich dabei, wie sie die Augen zusammen kniff und das Bild mit dem aus ihrer Erinnerung verglich, Gemeinsamkeiten feststellte und gleichzeitig erkannte, dass der Ort für sie völlig neu und fremd war.

Hermine wandte sich dem dunkelhäutigen Hünen zu, unweit hinter ihm standen der schmuddelige Collin und die Blondine. Sie wollten sie gemeinsam begleiten, wollten sich die Beine vertreten, wie sie behaupteten. Doch Hermine wurde die dumpfe Vermutung nicht los, dass sie einfach nur neugierig waren und für einen Sekundenbruchteil das Leid eines anderen interessanter fanden, wie ihr eigenes.
 

"Wenn Sie noch etwas benötigen … wenn Sie Schwierigkeiten haben sollten, Miss, dann wissen Sie, wo Sie uns finden. Die Jazz Lounge steht Ihnen offen." Hermine übte sich an einem schwachen Lächeln, ob der Fürsorglichkeit und dem Mitgefühl Franks, dem treuen Blick seiner großen, dunklen Augen und den Sorgenfalten um seine Mundwinkel. Er war nicht sonderlich alt, allerdings deutlich gezeichnet vom Krieg – wie wohl die meisten Menschen der Stadt. Seine Hilfsbereitschaft rührte sie, schließlich kannte er sie nicht, geschweige denn, dass er mehr Worte mit ihr gewechselt hatte, wie nötig.

"Vielen Dank."

Für einen Atemzug glaubte Hermine, Frank würde vor ihr salutieren. Aber der Pianist streckte lediglich den Rücken, damit er sich höflich vor ihr verbeugen konnte, bevor er auf den Fersen kehrt machte und zu seinen Freunden aufschloss. Collin winkte ihr noch, dann traten sie den Rückweg an.
 

Hermine schüttelte flüchtig den Kopf, ob dem hoch geschlossenen Verhalten der ungewöhnlichen Gruppe; entgegen kommend und übertrieben auffällig freundlich… niemand hatte sie mit Ihrem Vornamen angesprochen, sogar bedacht die Distanz gewahrt. Daran würde sie sich noch gewöhnen müssen.

Die einzigen, geläufigen Umgangsformen, die dem Lockenkopf aus dieser Epoche bekannt waren, stammten schließlich nur aus Klassikern wie "Rebecca", "Casablanca" oder "ein Amerikaner in Paris". Also nichts, worauf sie sich hätte stützen können. Einfach nicken und hübsch "Danke" sagen war vielleicht die beste Option.

Es würde immerhin auch noch ein Weilchen dauern, bis die Emanzipation Gesprächsthema war.

Bei Merlins Bart, sie konnte keine drei Tage in diesem Alptraum überleben!
 

Ein Doppeldecker kreuzte ihren Weg, Menschen waren bereits auf den Beinen, eingewickelt in graue, farblose, lange Mäntel. Die meisten von ihnen trugen Hüte und dann und wann glaubte Hermine auch Leute an sich vorbei eilen zu sehen, an deren Füße zwei unterschiedliche Paar Schuhe klebten. Sie zwinkerte, rieb sich über die Augen, klammerte sich an den Riemen ihres Beutels und atmete tief aus. Der Tropfende Kessel wartete auf sie; er bildete die feine Linie zwischen Chaos und Kontrollverlust.

Sie musste so unglaublich vorsichtig sein, wenn sie nach Hogwarts aufbrach. So präzise und penibel, um nicht nur sich selbst, sondern auch Harry und die anderen vor einem Paradoxon zu schützen – die Vorstellung allein trieb ihr den kalten Angstschweiß auf die Stirn. Sie wollte das nicht. Aber was blieb ihr schon für eine Wahl? Friss oder stirb? Es grenzte schon an Idiotie.

"Es kann nur schlimmer werden", versuchte sich die Brünette an Selbstmotivation und stakste los.
 

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Ein Teil von Hermine war unendlich dankbar für die Tatsache, dass Magier ihre ganz eigene Vorstellung von Beständigkeit hatten und davon absahen, größere Veränderungen in ihrer Umgebung vorzunehmen. Wahrscheinlich kam sie sich deshalb auch willkommen und annähernd wie zu Hause vor, als sie über die Schwelle des Tropfenden Kessels schritt. Wo man auf der einen Seite die menschliche und nichtmagische Gegenwart vor fand, wo man die Muggel durch die schmutzigen Fenster des Pubs bei ihrem täglichen Treiben beobachten konnte, öffnete sich im Inneren der Spelunke und in dessen Hinterhof das Tor zu einer versteckten Welt voller Wunder.
 

Der Tropfende Kessel war nur spärlich mit einer Handvoll Hexen und Zauberer gefüllt, die sich sporadisch auf die Tische des Schankraums verteilten. Hermines Anwesenheit wurde kaum einen Herzschlag lang bemerkt; bloß ein bärtiger Zauberer mit einer schief sitzenden Hornbrille musterte ihren Eintritt zweimal eindringlicher wie notwendig, ehe er sich wieder seinem Buch widmete.

Die Gryffindor bahnte sich daher den Weg im Spießrutenlauf zwischen den Tischen hindurch an die Theke, wo ein Kerl, der nicht älter sein konnte wie Mitte Dreißig, damit beschäftigt war einen Krug mit einem Lederlappen zu polieren. Hermine konnte ihn nicht zu ordnen – weder das nonchalante, spitzbübische Gesicht, auf dem hohe Wangenknochen thronten, noch das wilde braune Haar, das in einen schlechten Seitenscheitel getrieben worden war. Dennoch kam sie nicht umhin ihn mit einem Lächeln zu begrüßen, wie es höchstens einem alten Freund vorbehalten gewesen wäre.
 

Die Augenbrauen des Wirts rutschten über seine Stirn, er stellte den Krug beiseite, trocknete sich an einem Handtuch, das er in seinen Hosenbund gestopft hatte, die Hände und stützte sich als dann mit geballten Fäusten auf der Arbeitsplatte ab: "Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein, Miss?", fragte er sie mit offener Freundlichkeit, ein amüsiertes Zwinkern im Augenwinkel, den Kopf leicht schief geneigt, um sein Interesse zu bekunden. Hermine spielte nervös mit der Kordel ihres Beutels: "Ja, ich bräuchte ein Zimmer für eine Nacht … bitte."

"Nun, das sollte kein Problem sein", das Amüsement des Wirts wuchs. Er wandte sich um seine eigene Achse und ließ seine rauen Finger über die Schlüsselplatte wandern, die an der Wand montiert worden war. Als er eine Nummer fand, die ihm angemessen erschien, reichte er Hermine den Schlüssel über die Theke. "Sie zahlen natürlich bei Abreise. Wollen Sie morgen ein Frühstück?"

"Das wäre sehr nett, danke."
 

Wie Frank zuvor ging der Wirt in eine absonderlich steife, höfliche Verbeugung. "Ihr Wunsch, Ma'am, ist mir Befehl. Vielleicht würden Sie mir noch Ihren Namen verraten, damit ich einen Tisch für Sie reservieren kann." Oh, das war clever. Hermine hatte gehofft, der leidigen Frage ob ihrer Persönlichkeit so lange aus dem Weg gehen zu können wie möglich.

"Jah … ahm … klar, natürlich … Artimisia Spinnet", sie musste sich beherrschen, ihre Stimme im Zaum zu halten, um nicht den Anschein zu erwecken, ihren vermeidlichen Namen in Frage zu stellen.

Doch der Wirt schien unbeeindruckt, sein Lächeln wurde sogar eine Spur breiter, er verbeugte sich noch einmal und entgegnete im Plauderton: "Dann wünsche ich Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in unserer bescheidenen Unterkunft. Das Frühstück wird ab 8 Uhr serviert, die Hauselfen reinigen Ihr Zimmer gegen 10 Uhr. Sollten Sie ein Poltern in Ihrem Schrank bemerken, ignorieren Sie es bitte … wir haben derzeit ein Irrwicht-Problem. Der Krieg der Muggel soll Sie nicht belästigen, die Winkelgasse kann den ganzen Tag besucht werden – gegebenen Falls wäre es aber in Ihrem Sinne, vor Einbruch der Dunkelheit zurück im Tropfenden Kessel zu sein. Guten Tag, Miss Spinnet."
 

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Ihr Zimmer war geräumig, das Bett groß und frisch bezogen. Der Raum selbst roch alt und muffig – dennoch war Hermine froh über ihren Unterschlupf, die Möglichkeit den Kopf ein Weilchen in den Sand zu stecken, und war es nur für ein Paar Minuten. Sie konnte dieses Rätsel lösen; denn war das nicht das, was sie am Liebsten tat?

Ihr Körper fiel kraftlos auf der Matratze in sich zusammen, das Laken schmiegte sich verführerisch kühl an ihre Haut. Ein bisschen Schlaf, ein wenig Energie und ein starker Wille, dann war sie in wenigen Tagen von hier verschwunden und würde wieder gemeinsam mit Ron und Harry gegen den wahren Übeltäter dieser Schandtaten kämpfen.

Sie konnte gewinnen, was auch immer das für ein Spiel sein mochte, das sie gerade spielte. Nichts war so unlösbar und überwältigend, wie es manchmal auf den ersten Blick erschien – und alles hatte seinen Sinn. Mit etwas mehr Gelassenheit und weniger Panik konnte sie es schaffen; genauso wie Harry es immer schaffte.

Hermine gähnte, räkelte sich, kuschelte sich in die Decke und atmete tief aus.

Einen Moment später war sie eingeschlafen.



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