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Immer der Freiheit entgegen

von

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Die Kraft des Tyrannen

Die Kraft des Tyrannen
 

Lio war inzwischen drei Monate bei den Rothaarpiraten. In der recht kurzen Zeit hatten sie sehr viel zusammen erlebt. Zum einen hatte Lio die Chance die ganze Bande kennenzulernen, außerdem hatten sie die Sommerinsel Lilsol verlassen und waren weitergezogen. Mit ihrem Vater verstand sie sich jeden Tag besser denn je, außer er ließ den Überdaddy raus hängen. Zu großen Streitereien kam es allerdings gar nicht erst, da sie sich einfach zu ähnlich waren und keinen großen Groll gegeneinander hegen wollten. Ben Beckmann musste verblüffend feststellen, dass die beiden Rotschöpfe sich geradezu vollkommen glichen.
 

Nach diesen drei Monaten hatten sie sich immer noch so viel zu sagen. Lio erfuhr von ihrem Vater immer mehr, wie seine Vergangenheit aussah, was er bisher alles erlebt hatte und natürlich auch wie die Zeit aussah, die er mit ihrer Mutter zusammen verbrachte. Ebenso hatte er ihr auf die Frage, was seinen verlorenen Arm anging, eine Antwort gegeben. Sie schätzte ihren Vater sehr dafür, dass er diesem Jungen aus dem East Blue seinen Arm aufgeopfert hatte. Eines Tages wollte sie diesen Ruffy wirklich einmal kennenlernen.
 

Natürlich erfuhr auch er, was sie alles erlebte hatte. Sie erzählte ihm von ihren ersten Tagen auf der Moby Dick, wie es war einer Division zugeteilt zu sein und auch, wie gut sie sich mit den Menschen dort verstand. Dazu kam ebenfalls noch, wie ihre ersten ernstzunehmenden Kämpfe aussahen und auch ihren Eindruck vom Piratenleben. Zwischen den Beiden kam es sogar mal vor, dass sie den kompletten Nachmittag nur geredet hatten und sie das Abendessen völlig ausließen. Bis spät in die Nächte saßen sie an Deck der Red Force und sprachen über all die Dinge, über die sie bisher nie sprechen konnten. Oft kam es vor, dass sie sich ab einem gewissen Zeitpunkt an ihn lehnte und einschlief. Jedes mal lächelte Shanks und brachte seine Tochter in ihre Kajüte. Er liebte sein Kind über alles und würde alles nur Erdenkliche tun, um diesen kostbaren Schatz zu bewahren.
 

In diesen drei Monaten feierten sie auch den Geburtstag des Mädchens, sie war nun 15 Jahre alt. Die Feier fiel mehr als nur groß aus, es wurde soviel getrunken bis kaum noch einer wusste, weshalb sie überhaupt feierten. Die einzig halbwegs Nüchternen waren der Captain der Crew, sein Vize und das Geburtstagskind. Wie sehr Shanks so große Feiern wie diese liebte, wollte er die Zeit lieber nutzen, um ein halbwegs akzeptables Vorbild für sein Kind zu sein.
 

In der verstrichenen Zeit rief sie regelmäßig ihren Kommandant an und erkundigte sich, ob es denn etwas Neues auf dem Schiff gäbe. Doch schien alles wie üblich zu sein. Das einzig Seltsame war, dass Thatch inzwischen etwas anders mit ihr sprach, wenn er überhaupt mit ihr sprach. Sie konnte nicht wirklich nicht definieren, was für ein seltsamer Unterton das war, welchen er an den Tag legte, doch irgendwas schien nicht in Ordnung zu sein. Der Versuch ihn darauf anzusprechen endete damit, dass er urplötzlich etwas zu erledigen hatte. Sie verstand nicht, weshalb er ihr so auswich. Von Marco erhielt sie diesbezüglich auch keine Antwort.
 

Früh am Morgen stand Lio an der Reling und streckte sich der Sonne entgegen. Solch ein gutes Wetter hatte sie in den letzten Tagen nicht erlebt und war froh, zumindest wenige Minuten die Wärme zu genießen. Es war noch sehr früh und sie war sich sicher, dass zu dieser Zeit auf der Red Force kaum einer wach war. Sie würde sogar ihr Schwert darauf verwetten, dass die Wachen im Krähennest schliefen. Ihr Magen meldete sich mit einem lauten Knurren, welches sicherlich über das ganze Deck zu hören war.
 

Ihr Hunger führte sie in die Kombüse, in der niemand zu sehen war. Schnell hatte sie entschlossen, dass sie sich ein kleines Frühstück machen würde und danach zu trainieren. Zum Frühstück machte sie sich Rührei. Während des Zubereitens knurrte ihr Magen immer wieder und sie verdrehte die Augen. Sie lud das Ei aus der Pfanne auf einen Teller und kramte noch Brot heraus, dazu noch ein Glas Orangensaft und ein ausreichendes Frühstück war gezaubert. Mit völlig beladenen Händen machte sie sich auf den Weg zu den Tischen, als die Tür aufging.
 

Niemand anderes kam herein als Ben. Er schien als einziger der Piraten ein Frühaufsteher zu sein, er sah nicht einmal fertig oder kaputt aus. Aber was sollte man auch erwarten, wenn er eh kaum einen Tropfen Alkohol trank. Dabei fiel ihr ein, dass sie Shanks mal fragen könnte, wie die Beiden überhaupt zueinander gefunden hatten.
 

Sie lächelte ihn an „Guten Morgen, wenn du möchtest, es ist noch etwas in der Pfanne“ und bewegte ihren Kopf in Richtung Herd. „Guten Morgen, danke“ und ein Nicken bekam sie als Antwort.
 

Vom Tisch aus sah sie ihm dabei zu, wie er sich ebenfalls etwas von dem Rührei nahm. Zufrieden lächelte sie und begann ihr Frühstück zu essen. Als er sich setzte, sah sie zu ihm, das Lächeln lag immer noch auf ihren Lippen „Guten Appetit“, er nickte wieder mal und aß in Ruhe. Sie beobachtete ihn eine kurze Zeit lang, um zu erkennen, wie es ihm denn schmecken würde, aber er verzog keine Miene. Das würde doch zumindest heißen, dass es nicht abscheulich war, oder?
 

Stumm saßen die Piraten zusammen am Tisch und aßen im Stillen. Nachdem sie beide fertig waren, erhob sich Lio und stellte die Teller zusammen. „Es hat wirklich sehr gut geschmeckt“, sagte er und zufrieden nickte das Mädchen. Sie stellte das Geschirr in die Spüle und begann zu spülen. Er saß noch immer auf seinem Platz und zündete sich eine Zigarette an.
 

Bei dem Gestank verzog Lio die Miene, der Geruch von Zigaretten und all dem Kram missfiel ihr mehr als nur ein wenig, doch sie kannte es ja schließlich nicht anders von ihren Kameraden auf der Moby. Als er ihre Miene sah, musste er schmunzeln, sogar ein einzelner Lacher war zu hören.
 

Fragend blickte sie zu ihm, „Du bist ihr wirklich sehr ähnlich“, sagte er dann und für einen kurzen Moment wusste sie nicht, wen er meinte. Doch sie verstand schnell, dass er von ihrer Mutter gesprochen hatte. „Sie mochte es genauso wenig, wenn ich immer eine geraucht habe“, erklärte er und atmete den Qualm aus. „Zurecht“, antwortete Lio und wollte gerade erklären, was es alles für Nachteile mit sich ziehen würde, wenn man denn rauchte. Doch er kam ihr zuvor: „Immer wieder hat sie versucht mich davon abzuhalten. Sie meinte, dass es ungesund wäre“ sie sah dieses Lächeln auf seinen Lippen, er schien wohl gerade in alten Erinnerungen zu schwelgen.
 

Wieder setzte sie an: „Da hat sie auch vollkommen recht“, „Das bestreite ich auch gar nicht. Aber wir sind Piraten, das Leben ist gefährlich genug, da wird das bisschen Rauchen keinen großen Unterschied machen“, sie wollte wieder etwas darauf erwidern, blieb aber stumm. Dass es nur ein 'bisschen Rauchen' war, traf ja schon mal gar nicht zu. Bisher hatte sie niemanden kennengelernt, der mehr am Tag rauchte als er, aber mal davon ab. In gewisser Weise hatte er schon recht. Sie waren Piraten, das Leben war gefährlich genug, wieso sollte man sich dann noch um diese 'kleine' Schadensquelle kümmern? Soviel würde das nun nicht mehr ausmachen. Fertig gespült, verabschiedete sie sich von ihm und verließ die Kombüse.
 

Ihr erster Weg führte sie in ihre Kajüte zurück, um ihr Schwert zu holen. Schon kurz vorher auf dem Gang spürte sie dieses ruhig gleichmäßige Pulsieren vom Tsuji. Sie hatte immer noch nicht ganz gefasst, dass dieses Schwert nun ihres war, dass es sie für die nächste Zeit begleiten würde. Diese Ehre, die sie vor diesem Schwert hatte, war wirklich riesig.
 

Die Entfernung wurde immer kleiner und sie spürte immer stärker das Verlangen, dieses Schwert in den Händen zu halten. Als sie es dann endlich an sich nahm, schien sie gleich ein wenig sicherer zu sein. Nicht nur, weil sie es zu ihrer Verteidigung nutzte, sondern auch, weil diese Aura sie beruhigte und darin bestärkte in Sicherheit zu sein.
 

Samt Schwert verließ sie ihre Kajüte und lauschte kurz an der Tür ihres Vaters. Von innen war eindeutig ein Schnarchen zu hören, sie grinste breit bei dem Gedanken, wie er wohl im Bett liegen würde. Denn einmal hatte sie ihn vorgefunden, wie er nur halb im Bett lag, den Oberkörper halb auf dem Boden. Kopfschüttelnd machte sie sich auf den Weg zu einer der Trainingsräume.
 

Den ganzen Vormittag hatte sie mit trainieren verbracht und sie entschloss, eine Pause einzulegen. In ihrer Kajüte legte sie das Schwert ab und genehmigte sich eine ausgiebige Dusche. Das angenehm warme Wasser entspannte ihre Muskeln und sie blieb für einige Sekunden völlig regungslos stehen. Nach ihrer Dusche zog sie sich frische Kleidung an, band sich das Schwert um und verließ die Kajüte. Vor der Tür zur Kajüte ihres Vater blieb sie stehen und klopfte, sie erhielt allerdings keine Antwort. Kurz lugte sie in das Zimmer hinein und erkannte, dass es leer war. Er musste also inzwischen aufgestanden sein.
 

Der Weg führte sie in die Kombüse, wo mittlerweile wohl das Mittagessen angerichtet werden sollte. Dort fand sie auch einen großen Teil der Crew wieder. Manche von ihnen schienen schon völlig wach zu sein, bei anderen tendierte man eher dazu, dass sie vor wenigen Sekunden aus dem Bett gefallen waren. Als der Rothaarige sie erblickte, winkte er sie zu sich.
 

„Guten Morgen! Wo warst du denn?“ fragte er sie und klopfte auf den Platz neben sich. Sie zog die Augenbrauen hoch „Guten Morgen? Es ist schon halb eins“, wies sie ihn darauf hin und setzte sich neben ihn. „Ja, okay. Aber sag, wo warst du?“, „Ich war trainieren“, erklärte sie ihm und er nickte. „Wie lange bist du denn schon wach?“, fragte er schließlich und Lio musste kurz zurückrechnen „Bin nicht sicher, vielleicht so vier oder fünf Stunden?“, mit großen Augen schaute er seine Tochter an. „Schon solange?“, „Von nichts kommt nichts“, ergänzte sie und er grinste breit. „Na das nenn ich mal meine Tochter! Fleißig wie eh und je“, sie lächelte zurück und lehnte sich an die Rückseite der Sitzbank.
 

Von überall war Gebrabbel zu hören, doch war es noch nicht so, dass man sagen würde, dass es nervte. Teller wurden vor ihr auf den Tisch abgestellt und sie bedankte sich mit einem Lächeln bei Sam. Gerade als sie einen Happen nehmen wollte, stürmte ein Pirat in die Kombüse. Völlig gehetzt stand er dort und blickte sich etwas panisch um „Marine. Vier Kriegsschiffe“, das bis eben noch permanente Gemurmel verstummte auf die Sekunde. Das Mädchen sah zu ihrem Vater, sein Blick war soviel ernster als sonst.
 

„Was wollen sie denn?“, der Pirat an der Tür gestand „Ich weiß es nicht, aber nach einem Pläuschen sieht es nicht aus“, Shanks nickte nur und wandte sich direkt an seine Männer. „Es sind vier Stück, teilt sie untereinander auf“, zu Lio gewandt sagte er: „Geh bitte in deine Kajüte“, sie verzog die Augenbrauen und stand ebenfalls auf. „Ich bin kein kleines Kind mehr, ich hab oft genug gekämpft“, der Piratencaptain legte seine Hand auf ihre Schulter. „Wir sind hier aber in der Neuen Welt. Ich weiß nicht, was sie in Wirklichkeit wollen. Aber ich will zu jedem Preis, dass du sicher bist“, sein Blick war voller Ernst und das Mädchen sah keine Chance darin, etwas anderes auszuhandeln, doch wie ein kleines Kind verstecken, wollte sie sicherlich auch nicht.
 

„Ich werde hier bleiben“, sagte sie und er atmete erleichtert aus, aber er verstand anscheinend falsch. „Ich werde hier auf dem Schiff bleiben, wenn sie auf das Schiff rüber kommen, will ich mitkämpfen. Ich bleibe auch in deiner Nähe“, erklärte sie und hoffte, darin einen Kompromiss zu finden. Sie musste ja nicht unbedingt mit auf eines der Kriegsschiffe und dort kämpfen, aber zumindest auf der Red Force bleiben und mitkämpfen. Er schien mit sich zu ringen, aber gab ihr dann doch sein Einverständnis „Du bleibst aber in meiner Nähe“, in seinem Gesicht war eindeutig Sorge abzulesen.
 

Die Crew hatte sich bereits auf den Weg an Deck gemacht, viele bereiteten den Angriff vor, so auch Lio. An Deck angekommen, sah sie die gewaltigen Schiffe, die die Red Force umkreisten. Die junge Piratin konnte sich gut daran erinnern, wie sie damals selbst auf eines dieser riesigen Schiffe gelandet war. Der erste Angriff kam als Yasopp eines der Fässer auf dem gegenüberliegenden Schiff zum Explodieren brachte. Als eines der Schiffe nah genug war, sprangen einige Marinesoldaten auf die Red Force und rannten auf alle möglichen Gegner zu. Lio schaute in den ersten Sekunden nur zu und begriff langsam, was sie vorhatten.
 

Der Großteil sprang auf das Kriegsschiff, um von dort auf die Weiteren zu kommen. „Lio!“, rief ihr Vater und sie wich gerade noch so dem Angriff eines Soldaten aus. Sie zog ihr Schwert und machte sich direkt daran, den noch recht jungen Soldaten anzugreifen. Der Kampf dauerte nur wenige Sekunden und er sackte vor ihren Füßen zu Boden. Als sie zu dem Piratenkaiser sah, konnte sie ganz klar erkennen, dass er nicht ernsthaft kämpfte.
 

„Mädchen, pass lieber auf“, sagte ein Mann hinter ihr und sie drehte sich zu ihrem neuen Gegner. Ähnlich wie beim Ersten verlief der Kampf ziemlich kurz und auch er ging zu Boden. Sie wusste gar nicht, was ihr Vater hatte, die Marinesoldaten waren alles andere als stark und sie durfte bisher auch schon gegen stärkere kämpfen. Immer weitere Soldaten rannten auf sie zu und erhofften sich, wenigstens ein junges Mädchen wie dieses zu erledigen, doch war selbst dieses für sie zu anspruchsvoll.
 

Eine handvoll Männer hatten sich zusammengefunden und waren auf sie zugegangen. Das erste Mal an diesem Tag war sie überfordert, ihr war es nicht möglich, sich um mehrere Gegner zu kümmern. Zwei von diesen Fünf hatte sie ausgeknockt, einen von ihnen über die Reling geschubst, doch die restlichen Beiden schienen etwas schwieriger zu werden.
 

Einer von ihnen griff sie sehr direkt an, er hatte ziemlich viel Kraft und bewies es ihr auch. Seine Schläge wollte sie lieber nicht abbekommen. Der Andere griff eher wie sie an, schnell und präzise, doch nicht so schnell, wie sie es tat. Immer wieder konnte sie Angriffe abwehren oder ausweichen, doch um selbst einen Schlag auszuteilen, blieb keine Zeit. Die zwei Marinesoldaten hatten sie in eine Ecke gedrängt, ohne dass sie es selbst mitbekommen hätte, wäre hinter ihr nicht eine Wand gewesen, hinter der sie nicht mehr flüchten konnte.
 

Sie sah, wie das Schwert auf sie zu sauste und blockte es mit ihrem Schwert ab, doch sie rechnete nicht damit, dass ihr zweiter Gegner zeitgleich angreifen würde. Sie sah das Schwert immer näher kommen und verspürte innerlich schon den Aufprall auf ihren Körper, doch blieb dies aus.
 

Man hörte ein lautes „Nein!“, welches eindeutig von ihrem Vater kam. Im nächsten Moment spürte sie, wie eine starke Welle auf sie zu kam. Sie wusste nicht was es war, auch nicht woher es kam, doch sie zerrte an ihr. Sie spürte, wie ihre Arme nachließen und bemerkte eindeutig, wie ihr die Kraft verloren ging, die sie bis eben noch hatte. Ihr Bewusstsein war kurz davor sich zu verabschieden, diese Welle der reinen Kraft zerrte an ihrem Verstand und versuchte sie in die Dunkelheit zu drücken, doch hielt sie mental mit sämtlicher Kraft diesem Druck stand. Nur ihr Körper schien wie gelähmt zu sein.
 

Als sie aufblickte, sah sie die beiden Marinesoldaten, die ihre Schwerter fallengelassen hatten und bewusstlos zu Boden sanken. Völlig benommen sah sie die Beiden an und verstand nicht, was passiert war, dass sie aus dem Nichts heraus k.o. gingen. Lio versuchte aufzustehen, doch war sie nicht in der Lage dazu. Ihr ganzer Körper schien wie betäubt zu sein, sie rührte sich kein Stück.
 

Keine fünf Meter entfernt von ihr, sah sie den Rothaarigen, wie er wütend und entsetzt zugleich in ihre Richtung schaute. Er trat schnellen Schrittes zu ihr und vergewisserte sich, dass die Zwei außer Gefecht gesetzt wurden. Seine Gesichtszüge lockerten sich, als er feststellte, dass es seiner Tochter gut ging und ihr nichts passiert war. Er reichte ihr eine Hand, doch sie war nicht dazu in der Lage, die ihre ihm entgegen zu strecken. Sie sah verzweifelt zu ihrem Vater auf, der wohl zu verstehen schien. Er beugte sich zu ihr herab, hob sie vorsichtig hoch und legte sie über seine Schulter. Kopfüber hing sie wieder mal über seine Schulter gelegt, ihr Kopf brummte und sie schien immer noch völlig entkräftet zu sein.
 

Erklären woher dieses Gefühl kam, konnte sie allerdings nicht. Dafür erkannte sie, dass der Kampf so gut wie zu Ende war. Die Kriegsschiffe waren beinahe vollständig zerstört. Unter Deck erkannte sie den Weg zu ihrer Kajüte. Dort angekommen, legte er sie in ihr Bett und schaute sie mit einem sanften Lächeln an. „Tut mir wirklich leid, aber du warst einfach zu weit weg“, müde und fragend sah sie ihn an „Was meinst du?“, er setzte sich auf die Bettkante und strich ihr das Haare hinters Ohr. „Ich bin wirklich erstaunt, dass du immer noch bei Bewusstsein bist“, sagte er und ignorierte somit ihre Frage. Sie schloss die Augen und fühlte sich tatsächlich sehr schläfrig, doch sie verstand nicht. „Was war das eben?“ fragte sie und schaute ihn wieder mit müden Augen an. Er schüttelte nur den Kopf und lächelte „Das erkläre ich dir, wenn du ein wenig geschlafen hast.“
 

Nach dem Kampf hatte er seine Tochter in ihre Kajüte gebracht und war wieder an Deck getreten. Er fragte sich, was die Marine überhaupt von ihm wollte. Sie mussten doch wissen, dass er einer der Vier Kaiser und somit auch für die Neue Welt verantwortlich war. Warum hatten sie versucht ihn anzugreifen und dann auch nur mit vier Kriegsschiffen?
 

Shanks stand an der Reling und blickte auf das Meer hinaus. Das Wetter schien sich wieder zu verschlechtern, der Himmel verdüsterte sich immer stärker und sicherlich würden sie gleich wieder in einen Sturm geraten. Sein Vize trat zu ihm „Vielleicht waren sie wegen ihr hier“, äußerte er seine Überlegung. Fragend wurde er von seinem Captain angeschaut, Shanks schien wohl nicht ganz verstanden zu haben, was Ben meinte. Dieser zündete sich eine Zigarette an und erklärte seinen Gedanken: „Vielleicht hat man ihnen einen Hinweis gegeben und sie wollten dem Gerücht nachgehen“, Shanks' Augen weiteten sich ein wenig, endlich begriff er. „Du meinst, sie waren nur wegen Lio hier?“, ein Nicken von seinem Vizen folgte „Warum sollten sie sonst nur mit vier Schiffen angreifen?“, der Rothaarige blickte in den Himmel hinauf, als ein Tropfen auf sein Gesicht fiel. Er musste dieser Sache umgehend nachgehen. „Ich werde Mihawk anrufen“ sagte der Kaiser und machte sich auf den Weg in den Besprechungsraum.
 

„Mihawk“, begann Shanks ernst und erhielt zur Antwort „Rotschopf, was verschafft mir die Ehre wieder einmal von dir belästigt zu werden?“, der Rothaarige ignorierte diesen nicht ernstzunehmenden Groll. „Weiß die Marine etwas?“, fragte er frei heraus und hoffte eine Antwort zu erhalten. „Die Marine weiß ziemlich viel, du musst schon spezifischer werden“, sagte der Samurai, obwohl er wusste worauf der Andere hinaus wollte. „Im Bezug auf Lio“, hängte Shanks dran und erläuterte: „Wir wurden eben angegriffen. Es waren vier Kriegsschiffe. Ich sehe aber keinen Sinn dahinter“, Mihawk nickte.
 

Also hatte die Marine sich vorgenommen, diesem Gerücht nachzugehen. Ob der Rothaar wohl schlau genug gewesen war, um sein Kind unter Deck zu behalten? „Haben sie sie gesehen?“, fragte Falkenauge und erhielt ein kurzes „Ja“, der Kaiser war wohl nicht schlau genug.
 

„Dann haben sie jetzt wohl die Bestätigung dafür, dass sie lebt“, stockend sagte der Rothaarige: „Das ist .. gar nicht gut“, er erhielt von dem Samurai ein gleichgültiges „War es das?“, völlig in Gedanken versunken, sagte Shanks: „Ja.. danke“ und die Verbindung zwischen beiden wurde getrennt. Wieso war er nur so unbedacht an diese Situation ran gegangen? Er hätte Lio unter Deck schicken müssen, nun wusste die Marine, dass sie am Leben und bei ihm war.
 

Es war später Abend, als Lio endlich aus ihrem Schlaf erwachte. Sie fühlte sich völlig gerädert und verstand einfach nicht, woher dies kam. Durch das Training am Morgen konnte es sicherlich nicht sein. Ganz langsam stand sie auf und blickte verschlafen in einen Spiegel. Ihr Gegenüber rieb sich müde die Augen und versuchte die Haare ein wenig zu bändigen.
 

Das Mädchen entschied sich ihren Vater aufzusuchen, sie wollte unbedingt wissen, was das vorhin war. Ein Blick zur Uhr genügte, um die Bestätigung zu bekommen, dass es bereits später Abend war. Sicherlich waren die Meisten an Deck und tranken in den Abend hinein. Sie machte sich vorerst auf den Weg in die Kombüse, eventuell würde sie dort jemanden antreffen.
 

Kaum hatte sie einen Schritt aus ihrer Kajüte getan, schaukelte das Schiff ziemlich stark zu den Seiten, sie waren also wieder in einem Sturm. Langsam ging sie zur Kombüse und trat ein, kaum einer war noch dort, sie beschloss an Deck zu gehen und dort ihren Vater zu suchen. Ihr kam ein starker Wind entgegen und sie entschloss sich, doch lieber wieder unter Deck zu suchen. Sie klapperte einige Räume ab, in denen sie dachte, ihren Vater zu finden, doch war er wie vom Erdboden verschluckt. Als sie in einem der Gemeinschaftsräume Ben sah, sprach sie ihn darauf an: „Weißt du wo Shanks ist?“, doch auch dieser wusste darauf keine Antwort. Das Mädchen nickte nur und machte sich auf den Weg in ihre Kajüte. Spätestens morgen würde sie ihn fragen, was es mit diesem Ereignis auf sich hatte.
 

Schon im Gang zu ihrer Kajüte hörte sie ein Fluchen, welches eindeutig aus dem Zimmer ihres Vaters kam. Die Tür dazu war einen winzigen Spalt geöffnet und sie lugte hinein. „Papa?“, fragte sie und der Mann drehte sich zu ihr. Er lächelte, doch sie wusste, dass er ihr irgendetwas verbergen wollte. Was war passiert?
 

„Wie geht es dir, ist alles wieder in Ordnung?“, Lio nickte nur und kam näher zu ihm. „Ist alles in Ordnung mit dir?“ fragte sie misstrauisch und sah genau, wie er versuchte, etwas herunter zu spielen. „Wirklich alles super. Setz dich doch“, sagte er und wies sie auf einen der beiden Sessel. Sie erwiderte nichts auf seine Worte, wusste doch, dass etwas nicht stimmte. Aber wenn er es nicht sagen wollte, dann war das eben so.
 

Sie setzten sich und Shanks begann wieder zu sprechen: „Du wolltest doch wissen, was das vorhin war, nicht?“, etwas neugieriger nickte sie. „Einige bezeichnen es als pure Willenskraft, wieder andere sagen dazu Mantra. Es ist die Kraft, den gegnerischen Willen zu überwältigen, man nennt es auch Haki“, er gab ihr einen Moment Zeit zu verstehen und sie zog fragend eine Augenbraue hoch, „Haki?“ wiederholte sie das Wort und bat um weitere Erklärungen.
 

Shanks lächelte und begann zu erklären: „Es gibt drei unterschiedliche Formen des Haki. Da wäre zum einen das Observationshaki Kenbunshouku, es dient dazu, Angriffe im Voraus zu erahnen und ihnen auszuweichen. Es ist wirklich sehr praktisch, denn..“, sie unterbrach ihn völlig hysterisch: „Man kann damit Angriff im Voraus sehen?!“, ihr Vater nickte nur und wollte weiter erklären, doch sprach sie weiter. „Deswegen konntest du auch in unserem Kampf immer ausweichen! Wie unfair“, schmollte sie gegen Ende hin. Es erschien ihr nicht gerade gerecht, dass er jeden ihrer Angriffe so exakt vorausplanen konnte. „Oh stimmt, das ist ein sehr gutes Beispiel“ grinste er breit, „Ach und man kann damit auch die Anwesenheit von anderen Menschen spüren“, ergänzte er.
 

„Dann gibt es noch das Rüstungshaki oder auch Busoushoku genannt.“, „Bu – was?“ fragte Lio, „Busoushoku, aber das musst du dir nicht zwingend merken. Man kann damit seinen Angriff und auch seine Verteidigung verstärken. Außerdem kann man mit dieser Kraft auch Teufelsfruchtnutzer angreifen“, sie zog die Augenbrauen hoch „Kann man doch auch so“, Shanks nickte wieder und erklärte: „Man kann ja, aber nicht allen Gegnern kann man schaden. Ein Beispiel: Ein alter Freund von mir hat eine Teufelsfrucht gegessen, mit der er sämtliche Körperteile trennen kann. Demnach könnte also ein Schwertkämpfer ihm keinen Schaden zufügen, nicht? Mit Haki würde das schon gehen“, „Er kann sämtliche Körperteile trennen..?“, ihr Vater nickte. „Egal was man versucht, ein einfacher Schnitt mit einer Klinge würde nichts anrichten, mit Haki schon. Ich werde dir morgen auch noch ein Beispiel zeigen“, lächelte er.
 

„Und was war das für ein Haki, was du vorhin angewendet hast?“, „Man nennt es das Königshaki, auch Haoushoku. Nur einer unter Millionen trägt diese Kraft in sich. Es wird eine derart intensive Aura freigesetzt, dass Gegner mit einer mentalen Schwäche dieser nicht standhalten können und bewusstlos werden“, wieder ließ er ihr etwas Zeit um zu verstehen. „Deswegen habe ich mich so schwach gefühlt“, „Ja, aber du konntest dieser Aura standhalten“, sie grübelte im Stummen und sagte eine gewisse Zeit lang nichts.
 

„Kann man Haki erlernen?“, sprudelte die Frage neugierig aus sie heraus und wartete gespannt auf die Antwort. „Die ersten Beiden kannst du lernen, das Königshaki hat man oder eben nicht“, Lio grinste „Bringst du es mir bei?“, sie strahlte ihn an. Die Vorstellung Angriffe voraussehen zu können, gefiel ihr schon ziemlich sehr. Verlegen kratzte sich Shanks am Hinterkopf „Weißt du Lio, das ist nicht so leicht“, sie sah ihn mit einem Hundeblick an. „Das hab ich mir ja schon gedacht, aber du könntest es doch probieren.. oder?“ mit ganzer Kraft versuchte sie ihn dazu zubringen, es ihr zu zeigen. Der Rothaarige gab sich geschlagen „Wir können es versuchen, aber erhoffe dir nicht zu viel. Ich weiß nicht, ob die Zeit dafür reicht“, sie grinste breit und sprang vom Sessel auf. Sie warf sich ihrem Vater auf den Schoß und umarmte ihn überschwänglich „Danke!“ rief sie froh. Auch Shanks musste lächeln und drückte sein Kind an sich. Er zweifelte nicht daran, dass sie es nicht schaffen könnte, aber in den paar Monaten? Versuchen sollten sie es aber, da hatte sie schon recht und wenn sie glücklich war, war er es auch.



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