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Immer der Freiheit entgegen

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Piraten?! Verdammt, was ist hier los?

Piraten, verdammt, was ist hier los?!
 

Seitdem er erfahren hatte, dass Lina bereits tot war, waren zwei Wochen vergangen und in der nächsten Zeit würde er die Insel erreichen auf der sich der Rote befand. Er hatte sich die Fahrt über einige Gedanken gemacht, hauptsächlich über seine Anna. Er vermisste sie und der Schmerz bei jeder Erinnerung an sie war noch immer unerträglich. Sie war so eine wundervolle zarte Person, hatte in allen Dingen nur das Positive gesehen und nie daran gezweifelt. Man könnte schon fast meinen, dass ihre Art naiv war, doch so war es nicht. Sie wusste immer, was für einen Menschen sie vor sich hatte und doch war sie zu jedem freundlich und aufrichtig. Sie war die Einzige, die es schaffte den sonst so gefühlsscheuen Schwertkämpfer aufzutauen. Egal wie abweisend er zu ihr war, sie bemühte sich stets dazu ihm ein Lächeln zu entlocken und irgendwann hatte sie es tatsächlich geschafft und freute sich darüber wie ein Kleinkind, die Szene war so unglaubwürdig, dass Falkenauge sogar lachen musste.
 

Es war das Übliche. Mihawk hatte sich mit Shanks auf einer Insel getroffen, um miteinander zu kämpfen, sie waren einfach ebenbürtige Gegner und es machte Spaß, wenn man sich nicht zurückhalten musste. Wie immer stand die Crew etwas abseits und beobachtete den Kampf aus der Ferne. Dem Schwertkämpfer war direkt aufgefallen, dass dort eine Person dabei war, die vorher nicht dazu gehörte. Wer sie wohl war?
 

Sie stand direkt neben Lina, sie sahen sich ziemlich ähnlich, es mussten wohl Schwestern sein. Der Kampf zog sich in die Länge und irgendwann beendeten sie ihn, wie nicht anders zu erwarten war, war es völlig ausgeglichen. Shanks kam näher und klopfte dem Schwarzhaarigen auf die Schulter, er grinste ihn breit an „Wie immer ein unglaublicher Kampf und jetzt wird gefeiert!“, genervt seufzte Mihawk leise. Es war wirklich immer das Gleiche mit dem Rothaarigen, er suchte nach Gründen, um zu feiern. Wenn es keine gab, wurde trotzdem gefeiert.
 

Die Crew ging an Deck und bereitete die Feier vor. Die Frau neben Lina sprach leise mit ihr, Mihawk konnte ihre ruhige weiche Stimme hören. Wer war diese Frau? Shanks hatte seinen Blick bemerkt und grinste, wenn möglich, noch breiter „Wie ich sehe, hast du Anna bemerkt! Sie ist Linas ältere Schwester, eine absolut Liebe“, Mihawk nickte nur verstehend. Das würde zumindest erklären, weshalb sich die Frauen so ähnlich sahen, doch schien die Ältere ruhiger zu sein als Lina. Diese hatte er schon toben sehen und er war verblüfft davon, wie aufbrausend sie sein konnte. Ihre Schwester wirkte dagegen etwas zurückhaltender und vor allem ruhiger, nicht so angriffslustig.
 

An Deck waren schon Bänke aufgestellt, einige Fässer standen schon bereit und die Letzten wurden gerade heraufgeschleppt. Der Rothaarige zog den anderen Schwertkämpfer mit sich und drückte ihn auf eine Bank, kaum saßen sie, wurde ihm ein Krug in die Hand gedrückt. So sehr er die Kämpfe mit Shanks schätzte, dieses ständige Feiern störte ihn gewaltig, vor allem war es nicht mal ein guter Rotwein, sondern einfacher Sake. Ihnen gegenüber saßen die beiden Frauen, sie unterhielten sich gerade noch über alte Bücher bis der Rote ihnen auch einen Krug in die Hand drückte.
 

Zum Dank lächelten sie ihn an und Lina stieß mit Shanks an, Anna dagegen nippte etwas zaghaft an dem Krug und verzog ihre Miene. Sie sah doch etwas niedlich aus, wie sie so vorsichtig am Sake nippte und dann den Mund verzog, weil es ihr nicht schmeckte. Mihawk blieb die ganze Zeit über stumm und hörte dem Geplapper von Shanks zu, er wollte sich gar nicht an den Gesprächen beteiligen. Irgendwann trank der Rothaarige mit Lina um die Wette und sie konnten sich kaum noch auf den Bänken halten, Shanks war kurz davor sich an den Schwarzhaarigen neben ihn zu kuscheln, als dieser wegrutschte und genervt auf den Betrunkenen blickte „Och Mihawk, das war nisch nett“, Shanks und Lina sahen ihn beide etwas enttäuscht über diese Aktion an.
 

Anna dagegen kicherte, sie war noch immer bei dem ersten Krug und hatte nur ganz selten davon getrunken. Sie lächelte ihn an, doch er erwiderte es nicht, zu gereizt war er von den beiden Betrunkenen am Tisch. Ihr Lächeln verging nicht, als sie merkte, dass er nicht zurück lächelte, sie konnte ihm ansehen, dass seine Laune angekratzt war und es amüsierte sie, ihn so zu sehen. Irgendwann sagte sie dann: „Du solltest mal lächeln, immer so grimmig zu gucken, muss doch auf Dauer anstrengend sein“, etwas überrascht von ihrer Aussage, sah er sie an. Sie hatte immer noch dieses warme Lächeln auf den Lippen, er versuchte aus ihr schlau zu werden.
 

Auch sie hatte kein Wort gesagt, während Shanks und Lina gesprochen hatten. Sie hatte nur zugehört und immer wieder gelächelt. Dieses Lächeln.. Er trank den Rest aus seinem Krug aus und versuchte seine Miene etwas zu lockern, doch es erschien schwieriger als erwartet. Die Brünette kicherte, als sie sah, wie der Schwarzhaarige versuchte seine Gesichtszüge zu entspannen. Wie konnte ein Mensch sich darüber Gedanken machen und dann so daran scheitern?
 

Mihawk fühlte sich ausgelacht, verzog seinen Mund und schaute wieder grimmig, Anna konnte nicht anders und kicherte wieder leise. Sie stand auf und stellte sich neben ihn, sie beugte sich etwas vor „Na komm schon, so schwer ist es nicht“ und sie hatte mittlerweile ein Grinsen im Gesicht, nicht so übertrieben wie Shanks, aber ansatzweise. Mihawk machte allerdings keine Anstalten zu lächeln und guckte sie miesepetrig an, sie beugte sich noch ein Stück weiter vor, mit ihren Zeigefingern versuchte sie die Mundwinkel des Schwertkämpfers hochzuziehen. Es sah absolut witzig aus, sie wollte nur, dass er lächelt und jetzt zog er mit ihrer Hilfe eine Grimasse.
 

Der Schwarzhaarige sah sie ungläubig an, hatte sie ihn gerade tatsächlich berührt, um ihm ein Lächeln zu entlocken? Neben ihm regte sich etwas und dann hörte er das Lachen von Shanks „Ach Anna, versuchs doch garnisch ers', siehst doch, klappt nisch.“, von Lina hörte man nur ein leises „Tihihihi“ und Annas Blick wechselte von einem Lächeln zu einem Schmollen. Sie sah richtig süß aus, so wie sie gerade schaute, die Unterlippe leicht vorgeschoben und die Augenbrauen etwas zusammengezogen. Mihawk musste über diesen Anblick schmunzeln, als die Brünette das sah, weiteten sich ihre Augen kurzzeitig und sie blinzelte mehrere Male, um zu realisieren, dass der Schwertkämpfer ein leichtes Lächeln auf den Lippen hatte.
 

Sie sah von ihm zu Lina und Shanks „Ha! Seht ihr, ich hab's geschafft!“, die Beiden verstanden zu langsam und blickten Mihawk an, der wieder grimmig guckte. Anna sah ihn wieder mit zusammengezogenen Augenbrauen an und wollte gerade wieder schmollen, der Schwarzhaarige konnte nicht anders und lachte. Die Situation war so absurd, dass er sich nicht zurückhalten konnte und einfach lachte. Jetzt wurde er von drei Augenpaaren verblüfft angeschaut. Niemand hatte damit gerechnet, dass er lächelt und dann noch lacht! Anna grinste jetzt freudig, sie hatte es geschafft ihn zum Lachen zu bringen. Noch immer perplex wurde er von Lina und Shanks angestarrt, doch irgendwann grinsten sie ihn einfach an. Sie hatten eindeutig zu viel getrunken. Anna dagegen lächelte ihn freudig an und er lächelte mit einem leichten Lächeln zurück.
 

Mihawk musste über diesen Gedanken lächeln und flüsterte leise: „Anna..“, er vermisste sie und er hoffte, dass, wo auch immer sie war, es ihr gut ging. Er war mittlerweile fast da und band das kleine Boot am Steg fest. Die Red Force befand sich genau daneben und sah im Gegensatz dazu gewaltig aus. Der Schwertkämpfer rückte seinen Mantel zurecht und zog den Hut tiefer ins Gesicht. Aus der Ferne konnte er den Rauch von einem Lagerfeuer sehen, das Grölen war ebenfalls zu vernehmen. Hier war er also eindeutig richtig. Mit großen Schritten ging er näher zu der Stelle und sah schon die ersten Männer am Boden liegen. Diese Piratenbande würde sich niemals ändern.
 

Er sah den Rothaarigen mit seinem Vizen reden, er schien noch bei vollem Bewusstsein zu sein. Gut, das wäre für das Kommende notwendig. Der Piratencaptain hatte ihn gesehen und grinste nun „Mihawk, altes Haus! Wie wäre mit einem Kampf?“ „Ich kämpfe nicht mit einarmigen Krüppeln“, der Schwarzhaarige blieb vor ihm stehen. „Na dann setz dich doch und feiere etwas mit uns!“, Shanks grinste ihn an und schon reichte er ihm einen Krug. Widerwillig nahm er ihn an und trank einen Schluck.
 

Er wusste immer noch nicht, wie er es ansprechen sollte. Nach einer kurzen Zeit des Schweigens sprach Shanks wieder „Was verschafft mir die Ehre?“, knapp antwortete Mihawk ihm: „Neuigkeiten“, augenblicklich war der Rothaarige ruhiger und sein Grinsen erstarb. Irgendwas war passiert, das merkte Shanks schnell. Jetzt war nur noch die Frage, was. Hatte die Marine etwas herausgefunden und sich in Bewegung gesetzt? War etwas mit Lina oder Lio passiert? Was wusste der Samurai, was er nicht wusste? Der Kaiser sah abwartend den Neuankömmling an, doch dieser blieb stumm, versuchte Worte zu finden. Langsam wurde der Rothaarige ungeduldig „Jetzt sag schon“, Mihawk sah ihm direkt in seine schwarzen Augen und sagte knapp: „Lina ist tot.“
 

Sofort zogen sich die Augenbrauen von Shanks zusammen und er versuchte diese Information zu verarbeiten. Sein Blick wurde todernst und er versuchte aus der Miene des Samurais abzulesen, dass es ein Witz war, doch nichts. Er blickte genauso ernst zurück. Shanks nahm sich seinen gefüllten Krug und trank ihn in einem Zug aus, diese Information war eindeutig zu viel. Er blieb stumm sitzen und ging einige Vermutungen durch. Hatte die Marine sie gefunden undLina hatte sich in den Weg gestellt und war dabei gestorben? Nein, Mihawk hätte Bescheid gesagt, wenn die Marine sich auf den Weg gemacht hätte und Lina wäre durch einfache Marinesoldaten niemals gestorben. Hatte sie einen Unfall? Das würde nicht zu ihr passen, sie gehörte nicht zu den tollpatschigen Menschen. War nach all den Jahren jemand hinter ihrem Kopfgeld her? Selbst das konnte nicht sein, sie wusste sich zu verteidigen. Nach vielen Vermutungen drifteten seine Gedanken zu Lio. Was war mit ihr? Lebte sie noch? Was um alles in der Welt war passiert, dass Lina sterben musste? Er sah den Samurai neben sich an, auch er hatte seinen Krug ausgetrunken, die Sache ging ihm wohl näher, als ihm lieb war.
 

Irgendwann fragte Shanks ganz ruhig: „Wie?“, Mihawk richtete seinen Blick zu dem Rothaarigen „Du erinnerst dich an Annas Krankheit?“, er bekam ein Nicken als Antwort „Lina war auch krank“, mehr konnte der Schwarzhaarige nicht sagen. Er wollte nicht über ihren Tod und vor allem nicht über den von Anna sprechen. Shanks verarbeitete das Gesagte „Du wusstest es. Seit wann?“ „Ich war vor über zwei Jahren da, sie sah krank aus. Der Arzt meinte sie hat mit Tabletten und allem drum und dran noch zwei Jahre. Als ich vor zwei Wochen da war, war sie nirgends zu finden. Die einzige Erklärung dafür ist, dass sie tot ist.“
 

Der Piratencaptain dachte über diese Worte nach, Lina wusste also, dass sie sterben, aber wollte ihm nicht Bescheid sagen. Warum? Warum tat sie ihm das an? Sie hätte nur Mihawk etwas sagen müssen und er wäre sofort in den West Blue gefahren, doch sie sagte nichts. Wieso? Der Schwarzhaarige beantwortete die unausgesprochene Frage: „Sie wollte keine neuen Wunden einreißen, sie hätte es nicht ertragen dich verletzt zu sehen. Sie wollte es nicht“, das war so unglaublich typisch für sie. Aber hatte sie an ihn gedacht? Er wollte sie noch ein letztes Mal sehen, egal wie krank sie auch gewesen sein mag, ein letztes Mal in den Armen halten und ihre Wärme spüren. Warum hatte sie es ihm vorenthalten?
 

Und plötzlich musste er an seine Tochter denken. Sie dürfte jetzt zwölf Jahre alt sein, was war mit ihr? „Was ist mit Lio?“ „Als ich nach Lina sehen wollte, hab ich sie gesehen, sie trainiert viel und nach Außen hin scheint es ihr gut zu gehen, sie kommt zurecht“, Shanks nickte nur. Seine kleine süße Tochter war allein und hatte dort niemanden, sie müsste sich doch schrecklich fühlen, ganz allein und einsam.
 

„Was Lio angeht..“ fing der Samurai an und Shanks wurde wieder hellhörig „Die Marine hat einige Untersuchungen in die Wege geleitet, sie haben die Vermutung, dass du Frau und Kind auf deiner Heimatinsel versteckst, sie wollen noch einige Beweise sammeln und sich auf den Weg machen“, auch diese Information nickte der Rothaarige einfach ab. Sie würden sich morgen auf den Weg machen, zurück in den West Blue und seine Tochter holen. Er hatte Lina verloren, jetzt durfte er nicht auch noch seine Tochter verlieren, er würde alles tun, damit es ihr gut ging, er hatte es ihr damals, als er sie das erste Mal in den Armen hielt, versprochen.
 

„Wir werden morgen aufbrechen und sie holen“, Mihawk nickte nur. „Und.. Danke., sie waren nach all den Jahren wirklich Freunde geworden, auch wenn sich der Schwarzhaarige immer etwas zurückhielt. Gerade war Shanks ihm einfach dankbar Bescheid gesagt zu haben. „Ich werde morgen früh losfahren“ sagte Falkenauge und erhielt wieder nur ein Nicken. Man spürte den gewaltigen Stimmungsunterschied, sonst redete der Rothaarige viel zu viel unnützes Zeug und nun, antwortete er mit einem stummen Nicken. Die Informationen mussten ihn wohl ziemlich getroffen haben. Den restlichen Abend verbrachten sie im Schweigen.
 

~*~
 

Das Kriegsschiff war nun seit drei Wochen unterwegs und bald würden sie die Strömung erreichen, die sie direkt zum Marinehauptquartier brachte. Die Gefangene verhielt sich ruhig, sie hatte ohnehin keine Chance von hier zu verschwinden. Sie saß in einer der Zellen unter Deck, sie bekam regelmäßig Nahrung und man erkundete sich immer, ob sie noch am Leben war. Nach einem weiteren Gespräch mit dem Käpt'n zur See war sie völlig außer sich.
 

Er hatte ihr erzählt, dass er immer hinter ihrer Mutter her war und ihr Kopfgeld kassieren wollte. Sie wäre eine schwache Piratin gewesen und hätte solch ein hohes Kopfgeld gar nicht verdient. Er machte sich über ihre Mutter lustig, verspottete sie und Lio konnte nichts dagegen tun. Als er sagte, dass er sie Mal gefangen genommen und gefoltert hatte, hatte er damit das junge Mädchen völlig zerrissen. Sie wusste nicht, ob er die Wahrheit sagte. Er versuchte sie mit psychischen Spielchen fertig zu machen und er schaffte es.
 

Er war in die Zelle gekommen und hatte sie auf die Beine geholt, wacklig stand sie und sah an ihm vorbei auf den Boden. Er hatte ihr Kinn gehoben und ihr in die Augen geschaut. Sie wollte diesem Blick und vor allem diesem Griff entfliehen, hatte aber überhaupt keine Kraft dafür. Der Käpt'n hatte ihr Gesicht in seinen Händen hin und her gedreht und sie genaustens begutachtet. Er beugte sich zu ihr herab und flüsterte in ihr Ohr: „Du bist ihr wirklich unglaublich ähnlich“, ein Schauer lief ihren Rücken hinunter und sie versuchte erneut sich aus diesem Griff zu befreien, doch keine Chance. Er ließ sie wieder allein in der Zelle und verschwand, er hatte ihr Gedanken in den Kopf gepflanzt und damit sollte die Kleine versuchen umzugehen. Lio hatte dieses Gespräch nicht sonderlich gut verkraftet und weigerte sich zu essen, sie konnte einfach nicht. Immer wieder spukten ihr Gedanken über ihre Mutter durch den Kopf.
 

Gerade saß sie auf dem Boden, die Knie angezogen und die Hände darauf abgelegt. An die Fesseln hatte sie sich inzwischen gewöhnt, sie saß völlig im Dunklen, durch das Bullauge schien kein Licht, also musste es Nacht sein. Lio war verzweifelt. Was würde man mit ihr machen, wenn sie das Marinehauptquartier erst erreicht hatten? Würde man sie körperlich foltern? Zu Anfang hatte sie noch alles positiv gesehen, doch in ihrer jetzigen Situation konnte sie nichts Positives erkennen. Es ging ihr einfach nur schlecht und sie wollte, dass es aufhört.
 

Sie wollte zurück nach Hause, sie wollte mit ihrer Mutter im Garten sitzen und die Sterne beobachten, sie wollte wieder in den Arm genommen werden. Das hier war einfach alles viel zu viel für sie. Sie spürte, wie ihr Tränen das Gesicht herunterliefen. In diesem Moment hatte sie nichts dagegen, wenn sie irgendjemand vor dem Kommenden retten könnte. Stumm weinte sie und irgendwann versiegten ihre Tränen. Sie war physisch am Ende ihrer Kräfte. Sie brauchte die Bewegung, sie vermisste ihr Training. Sie konnte kaum schlafen auf diesem kalten Holzboden mit gefesselten Händen, sie wollte nicht mehr. Es sollte aufhören. Sie konnte die ganze Nacht nicht schlafen, dachte ständig an ihre Mutter und weinte, irgendwann als es hell wurde, dämmerte sie etwas weg. Sie hatte einfach keine Kraft mehr zum Weinen und Wachbleiben.
 

Lautes Knallen, Klirren von Schwertern, die aufeinander prallten und Geschreie von Soldaten ließen Lio schnell wach werden. Desorientiert blickte sie sich um und konnte durch das Bullauge erkennen, dass es Tag war. Die Information brachte ihr leider nichts über die momentane Lage an Deck. Sie konnte hören, wie gekämpft wurde, aber wer kämpfte da gegen wen und vor allem für was? Sie hörte wieder ein lautes Knallen einer Kanone und schreckte zusammen, als sie das Krachen und Splittern von Holz hörte. Nicht weit von ihr entfernt war eine Kugel eingeschlagen.
 

Völlig aus ihrer Trance der letzten Tage gelöst, fluchte sie. Sie geriet von einer Scheiße in die Nächste. Wahrscheinlich kämpften gerade Piraten gegen die Marine, das wäre doch nur logisch. Aber was für Piraten waren das? Ihre Mutter hatte erzählt, es gäbe gute und böse. Welche kämpften an Deck gegen die Marine? Was würden sie machen, wenn sie gewannen und sie hier unten fanden? Würden sie überhaupt suchen? Ohje, was würde mit ihr passieren, wenn sämtliche Marinesoldaten tot waren und sie hier allein gefangen saß? Sie würde zwar nicht mehr ins Hauptquartier kommen, aber sie würde hier vor Hunger sterben. Das konnte doch alles nicht wahr sein!
 

Sie hörte wie wieder eine Kugel einschlug und diesmal war es sehr knapp für sie gewesen, sie war direkt in diesem Raum eingeschlagen, das Holz zerbarst und flog in Splittern durch den ganzen Raum. Die Rothaarige konnte sich gerade noch so schützen in dem sie ihren Kopf an den Beinen vergrub. Sie spürte wie mehrere Holzteile auf sie zu flogen, doch der Schmerz war gering. Sie blickte auf und sah seit langem wieder den Himmel. Das Sonnenlicht war grell und blendete ihre Augen, wie lange war sie jetzt schon hier und hatte in vollkommener Dunkelheit gesessen? Eine Woche, vielleicht auch zwei oder sogar mehr? Noch immer konnte sie die Kampfgeräusche hören und fragte sich, was mit ihr passieren würde.
 

Völlig in Gedanken versunken, merkte sie nicht, wie jemand den halbzerstörten Raum betrat. Der Mann hatte das Mädchen sofort gesehen und fragte sich, was sie getan hatte, dass sie hier unter Deck gefangen gehalten wurde. Er betrachtete sie, er sah ihre blasse Haut, die Augenringe unter ihren schwarzen Augen, ihre roten Haare, die kreuz und quer abstanden. Ihre Hände waren gefesselt und sie sah schrecklich schwach aus, als ob sie im nächsten Moment zusammenbrechen würde. Vom Alter her schätzte er sie höchstens auf zehn, also was machte sie hier? Was wollte die Marine von ihr? Ihr Blick lag auf dem Loch in der Wand, sie starrte aufs Meer hinaus, wie lange sie hier unten wohl festgehalten wurde? Der Mann ging noch einen Schritt auf sie zu, er trat auf einige Holzsplitter und weckte damit die Aufmerksamkeit des jungen Mädchens.
 

Ihre Augen waren geweitet und sie sah den Mann mit Angst an. Die Rothaarige erkannte, dass er nicht zu der Marine gehörte, er trug keine Uniform und seine Frisur sah ziemlich fragwürdig aus, aber was waren seine Absichten? Was hatte er mit ihr vor? Der Mann kam näher an die Zelle und Lio versuchte unweigerlich weiter nach hinten zu rücken, doch die Wand war im Weg. „Du brauchst keine Angst haben“, sagte er mit ruhiger Stimme, es klang nicht nach einer Lüge, doch wie sollte sie diesem Fremden vertrauen können? Er kam näher und trat mit einer solchen Wucht gegen das Schloss, sodass sich die Tür öffnete.
 

Nun überkam Lio Panik, er war in der Zelle, konnte an sie heran, leise wimmerte sie, als er immer näher kam und vor ihn in die Hocke ging. Er streckte seine Hand nach ihr aus, doch sie zuckte zusammen, er zog seine Hand zurück und sah das kleine weinende Mädchen vor sich an. Sie sah völlig fertig aus, so zerbrechlich und schwach. Was hatten diese Marinesoldaten mit so einem kleinen Mädchen angestellt? Er wollte sie nur in die Arme nehmen und ihr sagen, dass alles wieder gut werden würde, doch sie hatte zu große Angst vor einer Berührung.
 

Er wollte sie gerade fragen, ob sie allein gehen könnte, doch da hörte er, wie jemand den Raum betrat „Thatch, was machst du solange hier unten?“ Angesprochener drehte sich um und blickte den Blonden an, dieser sah nun das weinende Mädchen vor den Füßen seines Nakamas. Seine Augen verengten sich, als er sie betrachtete. Sie sah nicht gesund aus, voller Schmerz und Angst. Was wohl mit ihr passiert war?
 

Thatch wollte gerade etwas sagen, als Marco ihn wieder unterbrach: „Nimm sie mit, wir bringen sie zu Vater“, der Brünette nickte nur und sah die Rothaarige an. Noch immer hatte sie den Kopf auf ihren Knien liegen und sie weinte ununterbrochen, freiwillig würde sie niemals mitkommen. Er stand auf und hob das Mädchen in seine Arme, plötzlich fing sie an sich zu wehren und strampelte mit den Beinen, er drückte sie etwas fester an sich und ließ ihr keinen Spielraum für weitere Bewegungen.
 

Sie spürte, dass sie keine Kraft hatte sich zu wehren und beendete ihre kleinen Angriffe. Sie sank völlig in sich zusammen und weinte ungehemmt weiter, sie hatte die Augen geschlossen, sie wollte nicht wissen, wohin man sie brachte und was mit ihr passieren sollte. Lio wollte einfach nur weg. Ganz leise mit zittriger Stimme flehte sie: „Bitte tut mir nichts“, Thatch sah das Mädchen in seinen Armen an. Sie hatte voller Angst und Flehen gesprochen, er wollte sich nicht ausmalen, was mit ihr passiert war. Kurze Zeit später war sie voller Erschöpfung in seinen Armen ohnmächtig geworden, er bemerkte es, als ihr Arm von seiner Schulter fiel und leblos mit seinen Bewegungen hin und her wippte.
 

An Marco gewannt sagte er: „Ich bringe sie gleich auf die Krankenstation“, der Blonde sah das Mädchen an und nickte, er würde Vater berichten, was passiert war. An Deck der Moby Dick verschwand Thatch schnell und brachte das Mädchen zum Schiffsarzt. Dieser stellte schnell fest, dass sie unterernährt war, viel zu wenig geschlafen hatte und damit einfach nur erschöpft war. Um die Handschellen würde sich Jozu später kümmern. Thatch betrachtete die Rothaarige und fragte sich immer noch, aus welchen Gründen die Marine sie gefangen hielt.
 

Marco ging schnellen Schrittes zu seinem Captain und berichtete, alles hatte geklappt und die Vorräte wurden dank des Kriegsschiffes aufgestockt, es gab keine Verluste nur einige kleine Verletzungen. Zu Letzt erzählte er von einem jungen Mädchen, welches in einer Zelle eingesperrt war. Der Hüne saß auf seinem Thron und lauschte den Worten seines Sohnes, zum Ende hin wurde es sogar interessant. Sie hatten ein Mädchen gefunden und mit auf das Schiff gebracht. Er willigte ein, sie vor erst auf der Moby zu lassen. Es würde bestimmt noch interessant werden zu erfahren, was sie als Gefangene auf einem Kriegsschiff der Marine zu suchen hatte.
 

Thatch kam an Deck und erblickte auch schon seine gesuchten Personen. Vor den Beiden blieb er stehen, er berichtete aus der Krankenstation: „Ihr geht es gut, sie sollte in nächster Zeit ausreichend essen und viel schlafen. Momentan befindet sie sich nicht bei Bewusstsein, Doc. meinte, es könnte ein oder zwei Tage dauern bis ihr Körper sich von den Strapazen erholt“, sein Vater nickte. „Was schätzt ihr wie alt sie ist?“ „Höchstens zehn“ sagte Thatch und Marco nickte „Vielleicht auch ein oder zwei Jahre älter, schwer zu sagen“, der Hüne verstand, also wirklich ein junges Mädchen. Was hatte sie verbrochen?
 

Er trank einen großen Schluck aus seiner Flasche und verkündete den Beiden: „Heute Abend wird gefeiert, unsere Vorräte sollten dafür jetzt ausreichend gefüllt sein“, sein Vize Marco nickte und trat zurück. Thatch blieb noch vor seinem Captain stehen „Was hast du mein Sohn?“, Gefragter versuchte sich die Worte zurecht zu legen, doch er fragte frei heraus: „Was hast du mit ihr vor?“, sein Gegenüber trank erneut und dachte kurz nach. „Zu erst soll sie gesund werden, dann soll sie uns erzählen, warum ein ganzes Kriegsschiff auf sie angeordnet war und dann mal schauen“, der Brünette nickte nur trat wieder zurück. Irgendetwas löste dieses Mädchen in ihm aus, dabei kannten sie sich gar nicht, hatte er auf einmal Vatergefühle oder derartiges? Er schüttelte den Kopf und verscheuchte diese Gedanken, es war an der Zeit das Abendessen vorzubereiten, der Kampf hatte länger gedauert als erwartet.
 

~*~
 

Mitten im West Blue schipperte ein riesiges Schiff auf eine Insel zu, es war bereits Abend und man konnte die Lichter des Dorfes sehen, dazu leuchteten die Sterne in voller Pracht. Der Rothaarige stand an der Reling und wartete ungeduldig darauf, endlich anzukommen, doch der Anblick der Sterne ließ ihn in Erinnerung schwelgen. Vor acht Jahren stand er mit Lina und seiner Tochter im Krähennest und hatte die Sternen mit ihnen beobachtet, heute sah der Himmel genauso klar und wunderschön aus, wie in der Nacht vor acht Jahren.
 

Er hörte die Rufe seiner Männer und bemerkte, wie sie alle dabei waren, die Segel einzuholen und im Hafen vor Anker zu gehen. Kaum befand sich das Schiff in Ruhe sprang der Rothaarige auf den Steg und ging mit schnellen großen Schritten zu dem Haus außerhalb des Dorfes. Es war bereits dunkel, doch es brannte kein Licht im Haus, irgendetwas stimmte nicht, das spürte er. Er ging durch den Garten, öffnete die Tür und stand in einer dunklen Küche.
 

Er knipste das Licht an und sah sich um, es hatte sich nach all den Jahren nichts geändert. Das Obst in der Schale begann allerdings zu schimmeln und er wurde das Gefühl nicht los, dass etwas passiert war. Er ging geradewegs durch das Haus und blieb im Schlafzimmer stehen. Niemand war hier, das Bett war ungemacht und unordentlich lagen einige Sachen auf dem Boden. Diese mussten eindeutig seiner Tochter gehören, wo war sie? Er wollte gerade das Haus verlassen, als ihm in der Küche das Schwert auffiel. Sie hatte damals wirklich weitergemacht mit ihrem Training und hatte inzwischen sogar ein echtes Schwert. Er nahm es in die Hand und betrachtete es. Es war nicht sonderlich gut, er würde ihr ein besseres organisieren. Er ließ es auf dem Küchentisch zurück und verließ das Haus, als er beinahe in seinen Vizen gerannt wäre.
 

Ben war ihm mit ruhigen Schritten gefolgt und sah ihn nun mit hochgezogenen Augenbrauen an „Wohin willst du?“, fragte er mit seiner ruhigen Stimme „Ins Dorf, Lio ist nicht hier“, der inzwischen Grauhaarige nickte und zündete sich eine Zigarette an. Shanks ging vor, Ben könnte ihn eh nicht bremsen und ließ sich Zeit, folgte ihm nur mit langsamen Schritten. Der Rothaarige betrat die kleine Bar und suchte nach dem Chef, der sich hinter der Theke befand. Wie hieß er gleich nochmal? Mike? Marco? Michael? Irgendwie so was war es doch. Er ging auf ihn zu und fragte ihn ohne große Umschweife: „Weißt du, wo Lio ist?“, er konnte die Unsicherheit seines Gegenübers sehen, welcher versuchte es mit einem Lächeln zu überspielen.
 

„Nein, keine Ahnung“, Shanks hatte keinen Nerv dazu irgendwelche Spielchen zu spielen und wurde etwas deutlicher: „Es wäre ratsam, wenn du mir verrätst, was du weißt“, John schluckte schwer (da hat Shanks wohl einen völlig falschen Namen in Erinnerung). Wie sollte er dem Kaiser erklären, dass seine Tochter vor drei Wochen von der Marine mitgenommen wurde? „Na ja, weißt du..“, der Rothaarige war kurz davor seine Nerven zu verlieren, er sollte endlich den Mund aufmachen! „Die Marine war vor einigen Wochen hier..“, Shanks verstand sofort, was es bedeutete. Er war zu spät – wieder einmal!
 

Mit sämtlicher Kraft versuchte er, seine gesamte Wut und Verzweiflung im Zaum zu halten und fragte mit bedrohlich ruhiger Stimme: „Haben sie irgendetwas gesagt?“, John schüttelte nur den Kopf „Sie waren an einem Tag da, holten sie früh morgens aus dem Haus und brachten sie geradeheraus auf das Schiff“, der Rothaarige nickte nur und verließ die Bar. Ihm entgegen kam sein Vize, der ihn völlig gelassen und ruhig anschaute. Doch er spürte wie sein Captain kochte und wollte gerade nachfragen, als der Rothaarige von allein sprach: „Wir sind zu spät! Die Marine war schon vor Wochen hier!“, Shanks' Wut wuchs ins Unermessliche. Ben merkte schnell, dass sein Captain sich nicht lange unter Kontrolle halten konnte, bald würde jedes Haus in nächster Umgebung zersplittern, das konnte er nicht zulassen.
 

Er zog den letzten Zug an seiner Zigarette und griff nach dem Arm des Roten. Er schleifte ihn zum Meer und drückte den Rothaarigen zu Boden. Als Shanks saß, raufte er sich die Haare und fluchte laut „Das kann doch alles nicht wahr sein!“, Ben spürte, wie ihm eine Welle entgegen kam. Sie zerrte an seinem Bewusstsein und versuchte ihn in die Dunkelheit zu ziehen, doch er wehrte sich in Gedanken völlig dagegen und konzentrierte sich auf seinen Captain. Schnell ließ das Gefühl nach. Noch immer fluchte Shanks, er war wieder aufgestanden und lief wahllos durch den Sand, immer wieder schimpfte er und irgendwann sank er verzweifelt zu Boden. Er murmelte leise: „Erst Lina und jetzt auch noch Lio..“, die Phase der vorzeitigen Wut wäre damit erst einmal abgeklungen.
 

Der Grauhaarige legte seinem Captain behutsam eine Hand auf die Schulter und drückte leicht. „Ben, was haben sie mit Lio vor? Was wollen sie von ihr? Was soll ich nur machen?“, angesprochener überlegte kurz „Vielleicht wollen sie Lio nur als Köder, dann würden sie ihr nicht schaden. Wir sollten bald wieder in Kontakt mit Falkenauge treten, er kann uns genaueres dazu sagen“, das was sein Vize von sich gab, klang logisch. Mihawk würde eine gute Hilfe bei der Aktion sein. Sie müssten Geduld haben, aber war das überhaupt möglich? Was wenn sie ihr doch schadeten?
 

Irgendwann sagte der Vize „Lass uns zurück zum Schiff, morgen fragen wir ein paar andere Dorfbewohner“, Shanks nickte nur und stand auf. Langsam gingen sie zur Red Force zurück, Ben betrat das Schiff zu erst und hob die Hand, damit niemand etwas sagte. Es war ein deutliches Zeichen.
 

Der Piratencaptain ging mit gesenktem Blick unter Deck und betrat seine Kajüte. Er setzte sich an seinen Schreibtisch und zog ein altes Bild aus einer der Schubladen. Darauf konnte er Lina, Lio und sich selbst sehen. Seine Tochter war zu dem Zeitpunkt vier Jahre alt und sie grinste, genauso breit, wie er es tat. Das Bild hatte er jeden Tag in den letzten acht Jahren betrachtet. Er wollte sie wiedersehen, alle beide und jetzt hatte er keine von ihnen schützen können. Er seufzte und legte den Mantel ab. Er legte sich auf das Bett und seine Gedanken drifteten von Lio zu Lina und wieder zurück. „Egal wo du bist Lio, ich finde dich, versprochen“ sagte er leise und schloss die Augen.



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