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Illyria

Weg einer Kriegerin
von

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Prolog

Im Reich des Waldes ist es unruhig geworden. Eine dunkle Vorahnung- ausgesprochen von Llianne, Königin des Monelfenvolkes- wirft sich wie ein Schatten über die Welt. Ein Krieg würde entfacht und die magische Welt ihrer Völker- Zwerge, Elfen und Dryaden- gleichermaßen verschlingen, wie ein hungriges Raubtier und ohne auch nur die leiseste Spur ihrer in der Welt zu hinterlassen. Sie würden in Vergessenheit geraten und nur die unbedeutendsten aller magisch begabten Wesen würden etwas daran ändern können: die Menschen.
 

Lange hatten die Elfen jegliche Hoffnung aufgegeben und waren in großen Teilen in die unsterblichen Lande ihrer Vorväter gezogen. Einige von ihnen blieben jedoch zurück, weil eben jene Hoffnung in ihren Herzen noch einen Platz fand und von ihnen bewahrt wurde wie die schwindende Flamme einer beinahe ausgebrannten Kerze.
 

Die Zwerge, die sich über Dekaden tief in die Berge dieser Welt hineingegraben hatten, trieben weiterhin fleißig Handel mit den übrigen Völkern, als wäre nie etwas geschehen oder als würde nie etwas geschehen. Sie machten sich nie viele Gedanken über das Ende.
 

Doch, tief verborgen im Schatten des Waldes, wollten einige unter ihnen nicht tatenlos zusehen, wie ihre Welt und die Magie vom Schatten der sich ausbreitenden Gefahr verschlungen wird. Die Dryaden traten zum ersten Mal aus dem schützenden Zwielicht des Waldes in das Licht dieser Welt, auf der Suche nach Verbündeten im Kampfe gegen die Vergessenheit. Viele von ihnen fanden bereits den Tod und nur wenige sind noch übrig geblieben. Doch ruht ihre letzte Hoffnung in einer der jüngsten Seelen unter ihnen, einer jungen Kriegerin, die vor Jahren das Exil suchte…

Schatten

„Ihr werdet sie nicht retten können“, hörte er den schwarzhaarigen Ritter neben sich sagen, „gebt es auf. Macht euch nicht unglücklich Lance, alter Freund.“

Sanft strich er der jungen Frau, über der er bereits eine Weile nachdenklich kauerte und deren Verletzungen so zahlreich waren, dass er fürchten musste Sir Tristan könne Recht behalten, eine Strähne aus dem Gesicht.

„ Ich war schon an so vielen Orten auf dieser Welt, so wie ihr“, brach Lancelot endlich sein Schweigen, „doch ein Wesen wie sie hat meinen Weg nie zuvor gekreuzt.“

Einen langen Augenblick sahen sich die beiden Ritter schweigend an, als würden sie sich der zahlreichen, gemeinsam bestrittenen Schlachten der Vergangenheit erinnern.

„ Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass ihr Schicksal und das meine eng miteinander verwoben sind“, sprach Lancelot und setzte sich wieder zu Tristan und Gareth ans wärmende Feuer.

„Schon erschreckend was Belliard, diese Ratte, und seine Horde ehrloser Huren und Eunuchen mit einem anstellen, wenn man des Weges daher kommt und unglücklicherweise ihren Weg kreuzt“, murmelte Gareth, der jüngste der drei und rührte weiter in eine Kessel mit herrlich duftender Suppe, die über dem offenen Feuer vor sich hin köchelte.

„Noch grün hinter den Ohren und schon von Huren sprechen“, raunte Tristan mit einem schelmischen Grinsen auf den Lippen, „ das sieht euch ähnlich. Eines muss man euch jedoch lassen: kaum seid ihr zum Ritter geschlagen, machtet ihr euch sogleich einen Namen.“

„ Küchenritter“, knurrte Gareth leise vor sich hin und stocherte lieblos in der Suppe. Kaum ausgesprochen konnten die beiden anderen nicht mehr an sich halten und begannen lautstark zu lachen. Mit enttäuschter Mine erhob sich Gareth von dem Baumstamm am Feuer, auf dem er gesessen hatte und ging zu der jungen Frau, die Lancelot vor einigen Tagen nach einem Kampf gegen Belliards Schlächter wortwörtlich in die Arme gefallen ist. Seufzend ließ er sich neben ihr nieder und zog den Mantel zurecht, der ihr als wärmende Decke dienen sollte.

„Warum hat er euch das nur angetan!?“, fragte der Jungritter leise, „ weshalb hat er euch die Gnade des erlösenden Todes verwehrt!?“

Ihr vom eigenen Blut verkrustetes Haar ließ nur vermuten welche Farbe es tatsächlich hatte. Bis auf eine blonde, eine grüne und eine rötlich-braune Strähne waren sie alle zu einem verklumpten Wirrwarr aus Schmutz und Blut verklebt. Gareth ließ es sich nicht nehmen und berührte sanft ihre ebenmäßige Haut, die Risse und Furchen hatte, wie die Rinde eines Baumes. Aller Erwartung zum Trotz war sie unglaublich weich und glatt, nicht wie die Rinde eines Baumes hart und uneben.

Mit einem Lappen versuchte er Blut und Schmutz aus ihrem Gesicht zu waschen, doch immer wieder kamen ihm die blutgetränkten Haarsträhnen in den Weg, die in ihrem Gesicht klebten. Als er sich umdrehte und seinen Lappen in einer großen Schale klaren Wassers ausspülte, wehte ein kräftiger Windstoß den Mantel über der jungen Frau hinfort, beinahe als würde er von einem unsichtbaren und ferner dem Winde selbst hinfort geschleudert. Mit Mühe bekam er den letzten Zipfel des Saumes in die Finger und stieß dabei die Schale mit dem mittlerweile rot gefärbten Wasser um.

„ Ihr seid so tollpatschig, dass ich mich manchmal fragen muss, wie ihr es geschafft habt zum Ritter geschlagen zu werden, mein Freund“, sagte Tristan mit einem leisen Seufzen und stand von seinem Platz am Feuer auf, um Gareth zu helfen das heillose Chaos, das er binnen eines Wimpernschlages angerichtet hatte, zu beseitigen. Mit einem freundlichen Tadeln im Blick nahm er dem Jungritter den Mantel ab und ging zu der- wie er fand- doch recht knapp bekleideten Frau. „ Unter all dem Blut und Dreck verbirgt sich gewiss eine makellos schöne Frau“, meinte er mehr zu sich selbst, doch Gareth pflichtete ihm mit einem Nicken bei, „ sie hat die Ohren einer Mondelfe und die Haut einer Dryade. Bemerkenswert.“

Langsam ließ er seinen Blick über ihren Körper gleiten, voller Bewunderung, hatte er ebenfalls ein Wesen, wie sie es war, noch nie zuvor zu Gesicht bekommen. Auch Tristan kam nicht umhin ihre Haut zu berühren und war ebenso erstaunt darüber wie weich sie doch im Gegensatz zu ihrem Erscheinungsbilde war, wie Gareth zuvor. Er beugte sich über sie und bedeckte ihren reglosen Körper behutsam mit dem Mantel aus schwerer Wolle, als ihm eine schwarz schimmernde Kontur um ihre Lippen herum ins Auge fiel.

„Schattengift“, murmelte er und strich mit dem Zeigefinger sanft über ihre Unterlippe, als plötzlich aus dem Schimmern eine schwarze Flamme entstand und ihm beinahe die Hand verbrannte. Rasch legte er seine rechte Hand an ihre Seite und wandte sich mit todernster Mine an Lancelot, der noch immer am Feuer saß: „ Sie atmet nicht mehr!“

Lancelot sprang auf und war mit einem Satz bei ihm. Er schob Tristan beiseite, kniete sich auf den Boden und hob das Halbwesen in seine Arme.

„ Ihr dürft nicht sterben, hört ihr!“, sagte er mehr flehend als befehlend zu ihr.

„ Schattengift kann keiner heilen, Lance.“, sprach Tristan mit sanfter Stimme, „Nur die Götter wissen welch Leid ihr widerfahren ist. Eine Folter mit Schattengift wünsche ich nicht einmal Belliard, diesem Hund.“

Ein magisches Knistern erfüllte die Luft um sie herum, das keiner von ihnen bemerkte. Wie immer dichter werdende Nebelschwaden waberte die Magie um sie alle herum.

„ Aber, Belliard ist doch Schattenmagier, oder nicht?“, fragte Gareth mit einem Ausdruck im Gesicht, wie der eines Jungen, der die Welt erklärt bekam und es noch nicht zu begreifen vermochte.

Der magische Sturm, der sich zuvor leise angekündigt hatte, tobte los und riss den Mantel weit fort. Alles um Lancelot herum war dem heftig wütenden Sturm ausgesetzt. Das Feuer erlosch, Teller und Schüsseln wurden umhergewirbelt als wären sie leicht wie eine Feder, Lancelots Wappenrock tanzte im rhythmischen Spiel des Windes, doch ihm war es gleichgültig. Sanft, beinahe zärtlich, fuhr er mit seiner linken Hand über ihr Gesicht, ihren Hals hinab bis sie auf ihrem flachen, nackten Bauch ruhte. Alles Leben, alle Wärme schwand langsam aus ihr. Er presste seine Lippen auf die ihren und stieß seinen Atem langsam jedoch kraftvoll zwischen ihren Lippen hindurchgleiten, bis sich ihre Lungen spürbar mit seinem Atem gefüllt hatten. Augenblicklich stand die Luft still. Der tobende Sturm verharrte reglos als stünde die Zeit still und mit einem Mal entlud sich all die Magie, die er mit sich getragen hatte mit einem ohrenbetäubenden Knall, ausgehend von Lancelot, ringförmig und mit einer Druckwelle, die Tristan und Gareth von den Beinen riss und den umliegenden Wald erschütterte.

Als sich die beiden Ritter wieder aufrichteten sahen sie, wie Lancelots Lippen sich von den ihren lösten und der dunkle Schatten von ihrem Mund wie Nebelschwaden in seinen Mund waberten. Langsam öffnete sie ihre Augen und blickte dem Ritter in die Augen, als könne sie bis auf den Grund seiner Seele blicken. Mit einem erstickten Schrei voller Qualen, ließ er sie fallen, stand auf und taumelte wie von Sinnen umher, als könne er sich nicht entscheiden wohin er gehen sollte, bis er einen Herzschlag später rücklinks zu Boden fiel und sich vor Schmerzen wand.

„ Was ist mit euch, Lance?“, brach es aus Gareth voller Panik heraus.

Flink rappelte sich die Dryade wieder auf, sprang mit einem anmutigen Satz zu Lancelot hinüber, drückte ihr Knie schmerzhaft fest in seine Rippen- ihn schien es nicht zu kümmern-, beugte sich über ihn und drückte seine Schultern fest in den Boden.

„ Ihr müsst ihn festhalten“, rief sie den erschrockenen Recken zu, die wie zu Stein erstarrt da standen, „ er wird sterben, wenn ihn der Schatten übermannt, ihr Narren!“

Gareth warf sich sogleich auf Lancelots Schultern und presste sie kraftvoll zu Boden. Tristan blieb noch einen Moment reglos, bis er sich besann und sich auf seinen Beinen nieder ließ.

„Hört mir genau zu, wie auch immer euer Name ist“, sagte sie eindringlich an Lancelot gewandt, der sich unter ihr vor Schmerzen krümmte wie ein Aal, „ ich kann euch helfen, doch es muss schnell gehen. Erreicht der Fluch des Schattenmagiers- oder wie ihr es nennt: das Schattengift- euer Herz, seid ihr des Todes und nicht einmal Königin Llianne könnte euch zurückholen, klar!?“

Ein kaum vernehmbares ‚ja‘ entrann seiner Kehle und sie fuhr fort: „ Ihr müsst den Schatten, der in euch wütet beherrschen lernen und ihn an einen unbedeutenden Ort, zum Beispiel in eure Haut befördern, bevor er euer schwaches, menschliches Herz zum Stillstand bringt.“

Gareth starrte sie an. Nie hatte er eine Frau so bestimmend erlebt, nicht einmal seine eigene Königin. Er hatte schon von der Elfenkönigin Llianne gehört, sie jedoch nie zu Gesicht bekommen. Er fragte sich, ob sie genauso schön war, wie alle erzählt hatten. Jäh wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als Lancelots markerschütternder Schmerzensschrei unter der Folter des Schattens den prachtvollen Vorhang seiner malerischen Gedanken zerfetzte. Er bäumte sich unter ihnen auf und Gareth konnte erkennen wie dunkles Blut aus Lancelots Mundwinkel sickerte. Die völlig verschmutzte Frau vor ihm stieß leise Flüche aus, in einer Sprache, die er nicht verstand. Mit dem Handballen stieß sie dem unter sich liegenden Lancelot auf die Brust direkt über seinem Herzen.

„ Wagt es nicht jetzt zu sterben, hört ihr!“, schrie sie ihn an, „ selbst ich habe den Schatten soeben deutlich gespürt, eben so wie euren schwachen Herzschlag.“

Sie schlug noch einmal auf sein Herz.

„ Spürt ihr wie euer Herz wie in ein Kissen gedrückt wird? Konzentriert euch auf dieses ‚Kissen‘ und fangt endlich an es zu beherrschen!“, fuhr sie ihn an und riss seine Tunika entzwei, „ Wenn ich spüre, dass ihr ihn kontrollieren könnt, werde ich euch mit meiner Magie leiten. “

Sie legte ihre rechte Hand auf seine entblößte Brust und konnte deutlich sein vor Aufregung hämmerndes Herz spüren. Sie wandte sich an Gareth und Tristan: „ Lasst sofort ab von ihm, er stirbt! Ich werde ihn mit der mir verbliebenen Kraft am Leben halten so lange ich kann und hoffen, dass er ein lernfähiges Kerlchen ist“, wies sie die beiden mit erstickter Stimme an, „ Mögen uns die Götter gnädig sein!“

Etwas magisches geschah, als sie ihre Lippen auf seinen blutverschmierten, zitternden Mund legte. Sie küsst ihn, dachte Gareth und sogleich nahm sein Gesicht die Farbe reifer Erdbeeren im Sommer an. Sie schloss die Augen und er konnte deutlich erkennen, dass mit jeder Bewegung ihrer Lippen mehr und mehr ihrer Lebenskraft auf Lancelot überging. Dann plötzlich erbebte die Luft, als die junge Dryade ihre Kraft wie einen Blitz in Lancelots Brust entlud und den Schatten mit ihrer Hilfe packen konnte. Langsam half sie ihm den Schatten an die Oberfläche in seine Haut zu führen, wo er sich als schwarze Rune in sein Fleisch brannte. Sie löste sich aus dem Kuss und nahm ihre Hände von seiner Brust, die beide durch die Entstehung der Rune schwer verbrannt worden waren und wollte sich gerade von ihm erheben, als sie ihre letzten Kräfte verließen und sie, das Bewusstsein verlierend, in Gareths Arme fiel, der sich nach vorn warf, um ihren Sturz zu mildern.

Neugier

Blinzelnd öffnete sie die Augen auf. Es dauerte eine Weile, bis sich ihre Augen an das einfallende, warme Licht der Mittagssonne gewöhnt hatten. Sie sah sich voller Ehrfurcht um. Zu ihrer Rechten bot sich ihr ein prachtvoller Fensterbogen, der größer war als sie selbst und dessen eingefasstes, buntes Glas die Sonne bunte Bilder auf den blanken Marmorboden malen ließ. Ihr Blick schweifte über ihre Füße hinweg auf einen riesigen, mit Stuck verzierten Kamin, in dem ein wärmendes Feuer loderte. Sie wollte sich gerade zu ihrer linken wenden, als ihr bewusst wurde, dass sie in einem Himmelbett lag, das so liebevoll verziert war, dass es nur einem König gehören konnte. Erschrocken richtete sie sich auf und wollte aus dem Bett springen, als sie –noch bevor ihre Füße den Boden berührten- ins Straucheln kam und beinahe mit dem Gesicht auf dem kalten Marmorboden gelandet wäre, hätte sie sich nicht zuvor in die seidenen Laken und Decken verwickelt.

„Shhh!“, drang es von links an ihr Ohr, „ Alle ist gut.“, sprach eine ihr bekannte Stimme. Von einem Stuhl, der zur Linken des Bettes stand, erhob sich ein junger, schlanker Mann, muskulös und mit langem, lockigem blonden Haar. Er kniete sich neben ihr auf die weiche Unterlage ihrer edlen Bettstatt und half ihr behutsam aus dem Wirr aus Stoff. Sie sah im tief in die Augen als sich eine blutverkrustete Strähne löste und ihr ins Gesicht fiel. Er strich sie hinter ihr spitzes Ohr und beide sahen sich für die Dauer einer scheinbaren Ewigkeit an. Sie richtete sich auf, ließ den Blick jedoch auf seinem jungen, kantigen Gesicht ruhen. Er umfasste ihre nackte Taille, hob sie aus dem Bett und stellte sie sanft auf dem Marmorboden ab.

„Ich muss mich waschen“, sagte sie, ihrer Sinne wieder Herrin werdend.

„Ich werde euch ein Bad einlassen“, entgegnete ihr der junge Mann vor ihr mit einem charmanten Lächeln, dass seine Lippen umspielte.

„Nein!“, rief sie.

„Nein.“, diesmal nur ein Hauch ihrer Stimme, „ Ein See, oder ein Wasserfall. Die Kälte macht mir nichts aus.“

Er erhob sich mit einem Nicken von der Kante des Bettes und ging hinüber zu der großen, mit metallenen Beschlägen verzierten Holztür und nahm einen wollenen, mit Fell bezogenen Umhang vom Haken an der Wand neben ihr.

„Der Winter naht“, sprach er mit zittriger Stimme, als er ihr den wärmenden Stoff um die Schultern legte.

Gerade wollte sie einen Schritt tun, als ihre langen Beine unter ihr nachgaben und er sie mit seinen starken Armen vor einem Sturz bewahrte.

„Aber ich fürchte ihr werdet mir behilflich sein müssen“, fügte sie mit einem bitteren Seufzer hinzu und sah aus dem Augenwinkel wie der eben noch so schöne und starke Mann, in dessen Armen sie noch immer lag, eine Gesichtsfarbe gleich derer saftig reifer Tomaten annahm.

„Ich besitze nichts, was ihr nicht schon bei menschlichen Frauen gesehen habt.“, sagte sie mit einem leisen Kichern. Sie räusperte sich, als sie sah wie sich das Rot zu dem einer überreifen Tomate entwickelte und richtete sich wieder auf.

Gemeinsam gingen sie schweigen den langen, steinernen Gang hinab, der vom Schlafgemach über eine gewundene Treppe in die Haupthalle des Schlosses führte. Die Wachen öffneten die schwere, eisenbeschlagene Flügeltür mit sichtlicher Mühe, als sie die beiden auf sich zukommen sahen und wünschten ihnen einen angenehmen Tag, als Tristan ihnen von draußen entgegen kam.

„Wohin des Weges, Gareth?“, fragte er, skeptisch eine Braue hebend.

„Zum verborgenen Fall“, entgegnete ihm der blonde Mann nüchtern, doch Tristan durchschaute das Schauspiel seines Freundes sofort.

„Verirrt euch nicht“, riet er ihm knapp und setzte seinen Weg in den Palast aus rotem Teppich und kaltem, grobem Stein fort.

Gareth führte sie einen schmalen Sandweg entlang, der sich sanft durch das Gras und zwischen den Bäumen hindurch schlängelte, sah sie ab und zu an und machte Halt sobald er merkte, dass sie ihre Kräfte verließen. Stures Ding, dachte er so bei sich. Der Weg war nicht sonderlich weit, doch für jemanden, der beinahe sein Leben verloren hatte, nur um das eines anderen zu erhalten, musste er unendlich sein. Nachdem sie sich einen Moment ausgeruht hatte, klopfte sie sich den Dreck der vergangenen Wochen von der sehr knappen, ledernen Hose und ihrem Oberteil, das nur eben das nötigste bedeckte ab und erhob sich, das Zittern ihrer Beine mühevoll unterdrückend.

Rasch eilte der Jungritter herbei und legte sich ihren Arm stützend um den Hals.

„Ihr braucht den Weg nicht allein bestreiten.“, sprach er mit einem Ausdruck der Güte in den Augen, „Ich werde euch helfen.“

Sein verhaltenes Lächeln ließ Herz erweichen und zauberte ein fröhliches Lachen auf ihre Lippen.

„Illyria“, sie sah ihn einen Moment lang an, „ das ist die Antwort auf die Frage, die ihr suchtet, aber nicht getraut habt, sie auszusprechen. Mein Name ist Illyria.“

Verdutzt sah er sie an und besann sich dann, nahm ihre Hand, verneigte sich vor ihr und hauchte ihr einen Kuss auf die Hand.

„Ich bin Sir Gareth, wie ihr sicher schon wisst“ , sagte er und legte sich ihren Arm in einer eleganten Drehung, wie bei einem Tanz, wieder um seinen Hals und umfasste ihre Taille, bevor er sie auf ihre Arme hob und sie den Rest des Weges tief in den Wald, in ein kleines Tal voller Leben trug.

Ihre Augen erspähten alle Arten alter Bäume, unter ihnen einige, die sie noch nie zuvor zu Gesicht bekommen hatte. Blumen in allen Formen und Farben säumten den Weg in all ihrer Pracht und verliehen dem Ganzen Ort seine Magie. Von einer Felswand stürzte unaufhörlich kaltes Wasser aus einer Quelle tief im Inneren des Gebirges hinab und ergoss sich dampfend in die heiße Quelle an ihrem Fuße.

Behutsam setzte Gareth Illyria ab, die sich mit entzücktem Blick umsah und auf den Wasserfall zuging. Langsam folgte er ihr und ließ sich auf einem Felsen unweit des gewaltigen Vorhanges kalten Wassers nieder, als sie begann sich zu entkleiden und sich unter den eisigen, herabstürzenden Strom aus den Bergen stellte. Strähne für Strähne fuhr sie mit den Fingern durch ihr Haar und wusch all den Dreck und das Blut, das an ihm klebte fort. Unter all dem Schmutz kam ein langes, wallendes Blond zum Vorschein, das hier und dort von grünen oder rotbraunen Strähnen durchbrochen wurde. Gesäumt wurde das Ganze von vereinzelten Zweigen, Blättern und Ranken, die ihr etwas Unwirtliches und Unnahbares verliehen. Schwindel überkam sie plötzlich, im letzten Moment gelang es ihr jedoch sich an die rutschige Felswand zu klammern, die hinter dem Wasserfall im Nebel verborgen lag. Und dann glitt ihre Hand vom rettenden Vorsprung, doch sie schlug nicht wie erwartet auf dem kargen Felsen auf, sondern fand sich in den Armen Gareths wieder, der unter dem hinunter prasselnden Wasser ganz nass wurde.

„Ich danke euch“, hauchte sie benommen und klammerte sich an ihn. Er kam nicht umhin einen Blick auf ihre sonderbare und makellose, wenn auch verschmutzte Haut zu werfen. Wie die Rinde eines Baumes, dachte er erneut, und dennoch so weich wie ein Bett aus Federn. Solch eine schöne Frau hatte er noch nie zuvor gesehen.

Sein Leinenhemd klebte an seiner Haut und ließ einen muskulösen Oberkörper erahnen. Sanft strich sie über den rauen Stoff und schlang die Arme um ihn, bevor sie ihr Gewicht nach hinten verlagerte und sich mit ihm in die heiße Quelle fallen ließ. Lachend tauchte Gareth vor ihr auf und musterte sie prüfend, als sie langsam auf ihn zu schwamm. Mit ihren langen, zarten Fingern fuhr sie unter sein Hemd und berührte seinen Bauch, seine Brust, bis er die Arme hoch nahm und sie ihm das nasse Stück Stoff über Kopf und Arme streifen konnte. Lange tastete sie neugierig über seine warme Haut.

„Eure Haut ist so…anders“, lächelnd sah sie zu ihm auf, ihr Gesicht nur eine Hand breit von dem seinen entfernt. Sie konnte seinen Atem auf ihren Wangen spüren, legte ihm eine Hand in den Nacken, strich ihm mit der anderen Hand eine Strähne seines langen Haares aus dem Gesicht und kostete voller Neugier und Verlangen von seinen Lippen. Er legte einen Arm um ihre Taille und zog sie an sich. Er konnte die Muskeln ihres Bauches spüren und strich mit der Hand sanft über ihren Rücken. Beide spürten die lodernde Flamme der Leidenschaft in sich aufflackern und Gareth drückte sie an den felsigen Rand der Quelle, als beide ein amüsiertes Räuspern vernahmen.

„Ähm…“, es war Tristan, der mit schelmischem Grinsen über ihnen stand, „Ich will nicht stören, doch ist hoher Besuch von der Insel Illari eingetroffen und der König hat den Rat einberufen.“

Lächelnd löste Illyria sich von dem offensichtlich peinlich berührten Gareth und fuhr sich mit den Fingern über die Lippen. Tristan nimmt seinen Umhang von den Schultern und reicht Illyria eine Hand, um ihr aus dem Wasser zu helfen. Als sie in seine Arme stolpert, hüllt er sie sorgsam in seinen Mantel und zieht ihr die Kapuze ins Gesicht als Schutz gegen den beißenden Wind. Gareth hüpfte noch völlig berauscht von ihren zarten Lippen aus dem Wasser, nahm ihre Kleidung und schloss geschwind zu ihnen auf.

„Lasst euch von ihrer Schönheit nicht blenden, mein Freund“, flüsterte ihm Tristan leise ins Ohr, „Ob Elfe oder Dryade, für unser Auge werden sie stets das Schönste sein, was wir je sahen.“

„Das ist es nicht“, entgegnet ihm Gareth, seine Gesichtsfarbe wechselte erneut zu einem fröhlichen Purpur, „Ich war neugierig. Und ich glaube ihr ging es ebenso.“, sagte er und sah Tristan mit großen Augen an.

„Diese Wesen sind nicht für die Liebe geschaffen. Für sie hat die Liebe keinerlei Bedeutung. Ich glaube sie verstehen sie nicht einmal“, versuchte Tristan seinen jungen Freund zu überzeugen, doch es war als redete er mit einem sturen, dickköpfigen Jungen, „Fragt sie. Ich kann euch nur raten sie zu fragen, was sie für euch empfindet.“

Mittlerweile war Illyria etwas zurückgefallen und lehnte sich erschöpft gegen einen Baum. Tristan machte auf dem Absatz Kehrt und ging zu ihr hinüber als er bemerkte, dass sie ihre Kräfte erneut verließen. Vorsichtig hob er die sich sträubende Dryade auf seine Arme und trug sie ein Stück weit des Weges.

„Was ihr für Lancelot getan habt, war bemerkenswert.“, sagte er anerkennend.

„Was er für Kräfte besitzt ist bemerkenswert. Ich schuldete ihm etwas, nachdem er mein Leben rettete und seines beinahe für mich geopfert hatte.“, erwiderte sie kühl und sie traten in die prunkvolle Haupthalle des Schlosses ein, wo sie schon von einigen hektisch herumlaufenden Dienern erwartet wurden, die sie in alle Richtungen des Gemäuers verstreuten.



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