Die Neuigkeit verbreitet sich
Aiko
Wie ein quirliges Huhn lief ich auf dem Spielplatz auf und ab.
<Es gibt keinen Grund nervös zu sein. Du musst nur zuhören…>
Noch immer wusste ich nicht was mich bei unserem Treffen wohl erwarten würde.
Auch wenn ich bereits ein gewisser Einblick in Shoutas Sicht der Dinge erhalten hatte, war so vieles noch offen.
Unser Treffen war ja kein Date.
Aber allein die Tatsache dass ich mich zum ersten Mal seit längerem mit Shouta alleine traf, war Grund genug.
Ich war so nervös, das ich ewig gebraucht habe die richtigen Kleider auszusuchen.
Praktisch im Sekundentakt warf ich immer wieder ein Blick auf die Uhr.
Seufzend ließ ich mich auf einer der Schaukel nieder
-"Da gibt er mir eine Uhrzeit an aber er selber hält sich nicht dran…“
Nachdenklich saß ich da, begann mich langsam zu schaukeln.
Seit dem ich mein Haus verlassen hatte, ließ mich dieses komische Gefühl nicht los.
Eine Art Vorahnung, dass etwas Schlimmes passieren würde. Doch bestimmt war es bloß meine Nervosität.
Mit geschlossenen Augen legte ich mein Kopf in den Nacken so dass ich die leichte Nachtbrise auf meinem Gesicht spürte.
Bilder aus der Zeit in der Shouta noch nicht nach Kyoto gezogen war sah ich wieder vor mir.
Erinnerungen die ich immer in meinem Herzen tragen würde.
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-"Wer zuletzt beim Laden ankommt schuldet den anderen ein Eisbecher!"
Mit lautem Gelächter lieferten Shouta, Yamato und ich uns ein Wettrennen zum Laden von Shoutas Mutter.
Es war noch nicht lange her das ich begonnen hatte mich auch außerhalb der Schule mit den beiden Jungs zu treffen.
Anfangs war ich skeptisch darüber, wie ich mich wohl mit dem blonden besten Freund des beliebtesten Schülers in unserer Schule verstehen würde.
Doch es stellte sich heraus dass beide eine ähnliche Art und Weise hatten.
Somit war es kein Wunder das unser Trio gut miteinander auskam.
Völlig erschöpft, außer Atem kamen wir nach einer Weile beim Laden endlich an.
-"Gewonnen!", rief Shouta freudig.
Yamato und ich warfen ihm böse Blicke zu aus unseren zu Schlitz geformten Augen.
-"Ha! Blass dich nicht so auf mein Freund du hast bloß um Nasenlänge gewonnen", grummelte Yamato beleidigt vor sich hin.
Shouta lachte laut und winkte Kopfschüttelnd ab:
-"Du kannst einfach echt keine Niederlage einstecken oder?"
Ich hingegen betrachtete die beiden schweigend, mit einem Lächeln auf dem Gesicht.
Mein Leben war deutlich besser seit die beiden in dieses hinein getreten waren. Ob es ihnen wohl klar war?
Dank meinen Jungs, so wie ich sie manchmal liebevoll nannte, war ich nicht mehr ständig allein.
Sogar einige andere Freunde hatte ich dazu gewonnen, auch wenn mir klar war das sie es bloß zum Schein taten, um bei Shouta einen guten Ruf zu haben.
Ganz besonders die Mädchen.
-"Hey Aiko grins doch nicht so doof und hilf mir bitte!", Yamatos Stimme holte mich aus meiner Tagträumerei.
Kurz blinzelte ich verdutzt, ließ mein Blick zwischen beiden wandern.
-"Was soll ich denn sagen? Er hat nun Mal recht wir haben verloren", meinte ich Ausdruckslos.
Plötzlich begannen beide Jungs zu lachen, mit Tränen in den Augen sahen sie mich belustigt an:
-"So direkt wie immer"
Ja ich war wohl nicht immer einfach, besonders weil ich für ein Mädchen manchmal viel zu Jungenhaft handelte.
Doch trotzdem waren sie mit mir befreundet und das ungezwungen.
-"Ihr kennt mich ja", entgegnete ich bloß mit einem schwachen Lächeln auf dem Gesicht.
Shouta und Yamato grinsten und nickten gleichzeitig, dabei legte der dunkelhaarige seinem Freund eine Hand auf die Schulter.
-"Na los kommt rein ich spendiere euch ein Eisbecher eurer Wahl"
Überrascht hob Yamato eine Augenbraue und warf mir einen fragenden Blick zu
-"Sollte nicht der Verlierer den anderen eins spendieren?"
Mit einem sanften Lächeln, die Achselzuckend, drehte sich Shouta elegant auf den Fersen um
-"Es gab keinen wirklichen Verlierer ihr beide seid praktisch gleichzeitig angekommen. Also keine Widerrede"
Unsicher ob es wirklich sein ernst war, oder er uns bloß wieder ein Streich spielen wollte folgten wir unserem Freund in den Laden.
Die Anfänglichen Zweifel verflogen sobald wir Frau Kyoya am Tresen stehen sahen, auf welchem schon drei Eisbecher bereit standen.
Sie begrüßte uns wie immer freundlich mit einem herzlichen Lächeln.
Ihr Sohn hingegen drehte sich zu uns verblüfften Dummköpfe, grinste frech und zog sein unteres Augenlid runter:
-"Das Wettrennen war bloß eine Ausrede um euch Lahmärsche schneller hierher zu bekommen, ich wusste schon das die Eisbecher auf uns warten"
Falls wir vorhin schon wie die größten Idioten aussahen, waren wir bereits eine Stufe höher.
Mit hochroten Wangen, irritiert, warf ich mir Shouta an den Hals um ihn wiederholt einen Schlag auf den Kopf zu geben
-"BAKA! BAKA! BAKA!"
Laut vor Schmerz auf keuchend zuckte er immer wieder in sich zusammen:
-"Aua! Hör auf! Yamato schaff sie mir vom Hals!"
-"Auf keinen Fall, das hast du dir jetzt verdient", sagte der blond Schopf lachend.
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Langsam öffnete ich meine Augen wieder.
Einige Tage später veränderte sich alles auf einen Schlag.
Zwar war er heute nicht der alte Shouta von damals, aber diesem immer ähnlicher.
Eine Sache hatte sich aber nie geändert.
<Trotz allem liebe ich diesen Idioten nach wie vor…>
Niedergeschlagen ließ ich mein Kopf hängen.
Ich musste jetzt nicht daran denken, erst war noch die Sache mit Kyoto zu klären.
Ich ließ mein Blick durch den Spielplatz wandern, doch noch immer war keine Spur von Shouta zu sehen.
Ungeduldig holte ich mein Handy hervor, wählte seine Nummer und wartete darauf dass er meinen Anruf entgegen nahm:
-"Oi du Idiot wo st...."
-"A-Aiko-chan?"
Die Mädchenstimme am anderen Ende ließ mich kurz erstarren.
Auch wenn ich sie nur selten gehört habe, wusste ich wem sie gehörte.
Weshalb hatte Mayumi sein Handy?!
-"Eh…ja ich bin es, Mayumi bitte hol Shouta ans Telefon es ist wichtig"
Kurze Stille breitete sich aus. Erst jetzt bemerkte ich das Schluchzen:
-"Aiko…hilf mir…komm schnell zu seinem Haus…Shouta er….ich…bitte beeile dich"
-"Mayumi was ist denn los? Was ist passiert? Hey Mayumi bist du noch da? Mayumi?!"
Erst bittet sie um Hilfe, doch dann legt sie einfach auf ohne mir genaueres zu erklären.
Wieso war Mayumi bei Shouta? Und was zum Teufel war zwischen ihnen vorgefallen?
Dieses komische Gefühl das mich seit einer Weile verfolgte wurde plötzlich stärker.
So schnell ich konnte begab ich mich auf den Weg zu Shoutas Haus.
Mayumis verzweifelte Stimme kriegte ich nicht mehr aus meinem Kopf, sie beunruhigte mich.
Es war kein weiter Weg vom Spielplatz zu seinem Haus doch im Moment zog sich alles irgendwie in die Länge.
Je näher ich an sein Haus kam desto stärker leuchteten die Blaulichter auf.
Ein Krankenwagen und zwei Polizeiwagen standen mitten auf der Straße.
<Was ist denn hier los?>
Mit flauem Gefühl trat ich schließlich näher an die Stelle, da sah ich Mayumi am Straßenrand sitzen.
Sie weinte, zitterte am ganzen Körper.
Ein Kloss bildete sich langsam in meinem Hals, das alles konnte ja nur eines bedeuten…
Ich blieb dann vor dem schwarzhaarigen Mädchen stehen, ohne auf das um mich herum zu achten
-"Mayumi…was ist passiert? Wo ist Shouta?", meine Stimme war kaum noch hörbar.
Ich spürte diesen beunruhigenden Druck in meiner Brust, welches mich kaum Atmen ließ.
Ohne mich überhaupt nur anzusehen, hob sie ihre zittrige Hand und deutete auf eine Stelle.
Mit weit aufgerissenen Augen drehte ich mich um, dabei nahm ich erst jetzt das ganze wahr.
Auf der Straße war eine kleine Blutlache zu erkennen, ein unbekannter Personenwagen stand davor.
Langsam wanderten meine Augen zum Krankenwagen, in welches sie jemanden reinschoben.
-“Nein…“, flüsterte ich erschrocken.
Panisch rannte ich zu den Notärzten hin um mir den Verletzten besser anschauen zu können.
-“Junge Dame bitte halten sie sich fern, sie stören uns bei der Arbeit“
Die warnende Bitte eines der Anwesenden ignorierte ich komplett.
-“Shouta! Shouta wach auf bitte…Shouta!”
Zögerlich versuchte ich mich näher zu ihm durchzudrängen, doch einer der Polizisten hielt mich fest.
-“Bitte junge Dame sie können da jetzt nicht mit. Beruhigen sie sich bitte“
Ein Teufel würde ich tun!
Mein bester Freund…war angefahren worden und offensichtlich schwer Verletzt und ich sollte mich beruhigen?!
-“Nein lasst mich zu ihm. Ich will mitfahren, lassen sie mich gehen“
Völlig aufgelöst kämpfte ich gegen den starken Griff des Polizisten an.
Es fiel ihm so schwer mich festzuhalten dass er mich praktisch von hinten umarmen musste.
-“Jetzt beruhige dich Mädchen! Siehst du nicht dass sie schon weg fahren?!“
Hilflos musste ich zusehen wie der Krankenwagen tatsächlich mit Sirene und Blaulicht weg fuhr.
Unaufhörlich rannen mir Tränen über die Wangen, das alles konnte doch nur ein schlechter Scherz sein!
Langsam sackte ich in den Armen des Polizisten zusammen.
Die Polizisten wussten in dem Moment nicht richtig was sie mit mir anfangen sollten.
Zumindest reichte mir einer von ihnen ein Taschentuch.
-“Was sollen wir bloss mit den beiden Mädchen machen?“
-“Vielleicht sollten wir sie wenigstens ins Krankenhaus bringen, das könnte sie beruhigen“
Schweigend hörte ich dem Gespräch zwischen den beiden zu.
Für einen Moment hatte ich ja komplett vergessen das Mayumi auch noch hier war.
Leise raffte ich mich zusammen um mich anschliessend neben ihr hinzusetzen.
-“Wie konnte das passieren?“, fragte ich sie bedrückt.
Bereits wie am Telefon schluchzte Mayumi laut auf und vergrub ihr Gesicht zwischen ihren Händen
-“Es ist meine Schuld…wir…wir haben diskutiert und ich habe ihn aus Wut geschubst. Ich ahnte doch nicht das…“
Sichtlich geschockt musterte ich das Mädchen neben mir, die wie ein Häufchen Elend da sass.
-“Du hast was?!“
-“Ich wollte das doch nicht! Ich wollte nur das er mich endlich beachtet und …“
Mein ganzer Körper spannte sich an, Zorn stieg in mir auf.
Wütend packte ich sie am Arm und verpasste ihr eine Ohrfeige
-“Hast du sie noch alle?!! Was zum Kuckuck hast du dir dabei gedacht ihn vor ein Auto zu werfen!“
Ich fasste es nicht.
Mit einem Unfall, ein Versehen hätte ich gerechnet aber das Mayumi ihn praktisch vors Auto geschubst hatte…
Gerade wollte ich meine Predigt fortsetzen da kamen die Polizisten auf uns zu
-“Wenn ihr eure Sache geklärt habt, würden wir euch gerne zum Krankenhaus fahren“
Fürs erste schluckte ich den ganzen Zorn gegenüber Mayumi herunter.
Schweigend stand ich auf und folgte den beiden Männern zum Wagen.
Dieses Mädchen konnte sich auf etwas gefasst machen, sollte Shouta grösseren Schaden davon getragen haben.