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Kettensägenmörder

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Kettensägenmörder

„... die abgetrennte, kleine Hand lag Monate später plötzlich in der Eingangshalle der Nervenheilanstalt. Eine Krankenschwester hat sie früh bei der Schichtübergabe gefunden. Sie war erst halb verwest und keiner konnte sich erklären, wie die Hand da hingekommen war.“, erzählte Mia langsam und mit gedämpfter Tonlage. Dabei klimperte er theatralisch und horrorhaft auf seiner Gitarre herum. Der Probenraum war fast völlig dunkel. Im rötlichen Licht der zwei Kerzen sah er, wie Koichi sich verkrampft eine Schüssel Knabberkram gegen die Brust drückte und mit der anderen ein Popcorn vor seinen offenen Mund hielt. Seit gefühlt einer Minute schon. Er hatte vor Spannung komplett vergessen, sich das Popcorn endlich reinzuschieben und zu kauen. Seine großen Augen starrten ihn verängstigt an. „Der Rest des Kindes ... ist nie ... gefunden worden.“, schloss Mia dramatisch und schaute zu Tsuzuku. Der verschwamm mit seinen schwarzen Klamotten und seinen schwarzen Haaren nahtlos mit der Dunkelheit, aber auf seinen Zügen schien ein dezentes Schmunzeln zu liegen. „Darum seid vorsichtig, wenn ihr in stürmischen, verregneten Nächten in einem dunklen Raum sitzt, der nicht von bösen Geistern gereinigt wurde. ... In so einer Nacht wie heute. ... In so einem Raum wie diesem!“

Die Tür flog auf und eine unkenntliche Sillhouette erschien vor der gleißenden Hintergrundbeleuchtung des Flurs.

„Der Kettensägenmörder!“, kreischte Koichi panisch auf und lies sein Popcorn fallen.

„Der Kettensägenmörder!“, quietschte auch Mia und machte samt seinem Stuhl einen Satz zur Seite, wobei er fast von diesem herunterkippte.
 

Das Licht ging an und Metos humorloser Blick streifte durch den Raum. „Habt ihr sie noch alle? Was zur Hölle tut ihr hier?“, wollte er verständnislos wissen und zog in aller Ruhe seine Jacke aus. Dann schloss er die Tür wieder.

Tsuzuku kicherte leise auf und bückte sich nach der Plastikschüssel. Mia und Koichi hyperventilierten immer noch vor sich hin, als er sie dem Bassisten wieder in die Hand drückte. „Mia, du bist ganz grün! Gruselst du dich etwa vor deinen eigenen Horrorgeschichten?“, wollte der Vocal amüsiert wissen.

„Man, hab ich die Hosen voll! Du hast uns zu Tode erschreckt, Meto!“, tadelte Mia den durchgeweichten, tropfnassen Tattoofreak. So wie der aussah, hätte man sich auch bei Licht vor ihm erschrocken. Hatte wohl keinen Schirm dabei gehabt. Draußen gewitterte es und goss in Strömen.

Koichi pappte seine Schüssel auf den Tisch, stand auf und verließ beinahe schmollend den Probenraum. Vielleicht wollte der auf Toilette und sich kaltes Wasser ins Gesicht kippen, um sich wieder zu beruhigen. Oder in die Teeküche, einen richtig starken Schnaps einnehmen. Das sollte ja auch helfen.

Mias Puls beruhigte sich langsam wieder ein wenig. Seufzend stellte er seine Gitarre weg, griff nach der Schüssel und verschwand damit unter dem Tisch, um den Süßkram wieder einzusammeln, den Koichi verschüttet hatte.
 

„Ich hab bloß mein Handy hier liegen lassen.“, gab Meto zu Protokoll, auch wenn sein analysierender Blick, mit dem er den Raum scannte, eher aussah, als versuche er abzuschätzen, was hier gerade losgewesen war.

„Das hier?“, wollte Tsuzuku wissen und zerrte vielsagend ein smartphone aus seiner Hosentasche. „Das lag unten auf dem Parkplatz. Ich hab´s beim Rauchen gefunden. Du musst besser auf dein Zeug aufpassen, hörst du?“

Meto zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts dazu. Er nahm es nur mit einem dankenden Nicken entgegen. „Soll ich euch das Licht wieder ausmachen, damit sich euer Kettensägenmörder vielleicht doch noch eingeladen fühlt?“, wollte er wissen.

„Nein, nicht nötig. Die Gruselstimmung ist jetzt eh weg. Wir packen zusammen und gehen nach Hause. Morgen wird ein anstrengender Tag.“, ächzte Mia, der mit der Popcornschüssel wieder unter dem Tisch hervorkroch. „Soll ich dich heimfahren, Meto? Bei dem Wetter musst du doch nicht die U-Bahn nehmen.“
 

Die Tür ging wieder auf und eine Ladung Reis kam hereingeflogen, bevor Koichi sich getraute einzutreten. „Ihr bösen Geister, verschwindet!“, meinte er mit lauter, fester Stimme. Dann warf er noch eine Handvoll getrockneter Reiskörner durch den Probenraum. „Ihr bösen Geister, verschwindet!“ Und noch eine Faust voll Reis.

Tsuzuku ging in Deckung, um das Zeug nicht abzukriegen, das der Bassist euphorisch durch den ganzen Probenraum pfefferte. „Ko, hast du nen Schaden?“, empörte er sich. Er hatte ja gewusst, daß der rosa Rocker ein wenig abergläubig war. Und er kannte auch das Ritual, Räume durch Reiswerfen von bösen Geistern zu reinigen. Aber das war ihm jetzt echt zu fett.

„Ihr bösen Geister, verschwindet!“ Wieder regnete eine Salve Reiskörner auf Mias Kopf und prasselte klangvoll auf die Trommeln des Schlagzeugs.

Kommentarlos fuhr sich Mia mit den Fingern durch die Haare und schüttelte sich die Körner wieder heraus.

„Koichi, wirst du das nachher auch wieder zusammenkehren?“, wollte Tsuzuku drohend wissen. „Ich will hier morgen keinen einzigen Krümel mehr liegen sehen!“

„Du böser Geist, verschwinde!“, gab der Bassist ihm nur mit gespielter Schmollschnute zur Antwort und warf seine letzte Handvoll direkt nach ihm.

„Woar! Das kriegst du wieder!“

Alle lachten. Koichis Munition war verschossen. Die Packung Reis, die er aus der Teeküche geholt hatte, war leer. Tja. Konnte er nur hoffen, daß es gereicht hatte. Jetzt fühlte er sich besser. Jetzt würde sich garantiert kein Kettensägenmörder mehr hier reingetrauen. „Okay, wir können heimfahren!“, meinte der Bassist glücklich.

Mit einem unterschwelligen Schmunzeln pflanzte sich Tsuzuku auf seinen Hosenboden, schlug die Beine übereinander und verschränkte herausfordernd die Arme. „Kehrschaufel und Besen sind da unten in der Kommode. Fang an, Koichi!“, verteilte er souverän Anweisungen. Da war er Bandleader! Das würde er so nicht durchgehen lassen. Und wenn er bis nachts um 3 hier sitzen und Koichi beim Putzen beaufsichtigen würde. Das war ihm der Spaß wert.

„Hou man ...“, stöhnte der Pinkhaarige unmotiviert und zog los.

„Vergiss nicht da unter dem Tisch die Popcorn-Krümel.“

„Tsuuuu~“, protestierte Mia. „Ich will heute noch nach Hause!“
 

Eine Viertelstunde später rutschten sie alle vier gemeinschaftlich lachend auf den Knien durch den Probenraum und kehrten Koichis Lebensmittelkonfetti in Gruppenarbeit wieder zusammen. Tsuzuku jammerte um seine schöne, schwarze Jeans, die er dabei an den Knien durchwetzte, Meto zog alle paar Sekunden seinen Hüfthose wieder hoch, die ihm bei der gebückten Haltung ständig über den Hintern rutschte, Koichi knotete seine langen Haare zu immer neuen Kunstwerken und sah trotzdem nichts, weil sie ihm immer wieder ins Gesicht fielen ... kurzum, sie hatten eine Menge Spaß. ... Bis die Tür langsam und quietschend aufging.

„Der Kettensägenmörder!“, kreischte Koichi.

Die Putzfrau glotzte ihn fassungslos an. „Schon okay ... ich ... ich leere nur den Papierkorb ...“, nuschelte sie verstört.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  JINO
2017-05-19T01:07:08+00:00 19.05.2017 03:07
XDDDDDDDDDDDDDDDDDDDD

Ich hab mich herrlich zereiert. XD

die Arme Putzfrau.. XD

lg
Antwort von: Futuhiro
19.05.2017 11:52
Danke. Ich hatte beim Schreiben auch viel Spaß. XD
Freut mich, wenn die Story gefallen hat. ^_^
Von:  Gedankenchaotin
2015-11-09T17:40:12+00:00 09.11.2015 18:40
*lach*
Der war wirklich klasse. Ich kann mri die 4 richtig vorstellen,
wie sie sich - bis auf Tsu-chan - erst zu Tode gruseln und dann doch gemeinsam über den Fussboden rutschen.
Das hat mich echt zum Grinsen gebracht, gerade.
Danke XD

Myv
Von: abgemeldet
2014-12-01T18:41:27+00:00 01.12.2014 19:41
Hi,^^
der OS war einfach nur super lustig ^^
und meine Meinung sehr gut geschrieben.^^
Hat mir sehr gut gefallen.^^

Lg^^
Antwort von: Futuhiro
02.12.2014 21:16
Vielen Dank, das freut mich riesig. ^^
Von:  Tesla
2014-11-18T15:04:19+00:00 18.11.2014 16:04
Oh wie schön. Besonders da ich grade bei dem schei.... Wetter im warmen sitze raus in die Dunkelheit gucke und mir den Herz Kasper der viere vorstelle.
Antwort von: Futuhiro
18.11.2014 19:26
Genau. Erst rumblödeln und dann <Uaaaah! Es ist wahr geworden!>
Selbsterfüllende Prophezeiung, oder so. ^^
Vielen Dank für den Kommi.


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