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PJO/HoO Kurzgeschichten

von

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Verliebte Spionin

Silena spürte wie die Nervosität in ihr ausbrach, von dem einen auf den anderen Moment, ähnlich wie Wasser das nichts mehr zurückhalten konnte wenn der Staudamm erst einmal gebrochen war.

So fühlte sie sich jedes Mal, ohne Ausnahme, wenn sie ihren Verrat beging.
 

Sie wusste, dass sie Chiron, Mr. D. und allen Halbgöttern Unrecht tat.

Das Camp Half-Blood war ihre Heimat. Sie war dort aufgenommen worden, nachdem ihr Vater gestorben war und sie niemanden mehr hatte.

Sie hatte in diesem Camp gute Freunde und war angesehen als die Hüttenälteste der Aphrodite-Hütte.

Es war ihr in diesem Zuhause immer gut ergangen…
 

Sie biss sich auf die Unterlippe und wandte sich ab.

Es war vielleicht noch nicht  zu spät aus dieser Nummer auszusteigen. Kronos war noch nicht zurückgekehrt und sowohl Thalia wie auch Percy würden alles dafür geben um das zu verhindern.
 

Silena hatte sich noch nicht einmal vom Fleck bewegen können, als ihr Handgelenk gefasst wurde.

Der Griff war fest, aber nicht unangenehm.

Diese Geste drückte keinen Zwang aus, sondern eine dringliche Bitte nicht zu gehen.

Sie empfand sich nicht dazu genötigt zu bleiben, sondern hatte das angenehme Gefühl, dass ihre Anwesenheit gewollt und gewünscht war.

 

Sie drehte sich herum und ihr Herz schien ihr bis in den Hals zu klopfen.

Die unangenehme Nervosität schwand und wich für jene, die sich mit einer ausgeprägten Verlegenheit vergleichen ließ.

„Luke“, lächelte sie.

Er war der Grund, weshalb sie es in Kauf nahm alle zu hintergehen. Obwohl sie wusste, dass sie so vielen Leuten Unrecht tat, gab seine Anwesenheit ihr jedes Mal aufs Neue das Gefühl, dass es das richtige war.
 

Silena konnte sich nicht über zu wenig Verehrer beschweren. Sie war sehr hübsch, angesehen und die Leute redeten und unternahmen gerne etwas mit ihr. Die beste Freundin dieses Mädchens war keine andere als die Ares-Tochter Clarisse. Die beiden verstanden sich sehr gut und konnten sich ausgesprochen gut leiden. Eine Freundschaft mit Clarisse funktionierte hervorragend obwohl sie doch so grundverschieden waren. Silena war mit Clarisse befreundet, weil es eine gute Freundschaft war. Für die anderen galt sie dadurch als eine Aphrodite-Tochter die, im Gegensatz zu anderen, nicht oberflächlich war.
 

Obwohl sie jedoch so beliebt und angesehen hatte und sich vor Verehrern nicht retten konnte, war bislang nie der Richtige dabei gewesen.

Silena war nie gemein oder abweisend zu all den Jungen, aber sie konnte mit keinem von ihnen etwas anfangen und dann hatte sich Luke an sie gewandt.
 

Er war anders als die anderen Jungen.

Vielleicht lag es daran, dass er älter war als die anderen und mehr Erfahrung mit sich brachte?

Luke war sehr charmant, zuvorkommend und er wusste, was sie hören wollte und begehrte ohne dass sie etwas zu sagen brauchte.

 

„Wolltest du gehen?“, fragte Luke und zog die Augenbrauen bedauernd nach oben.
 

Er sah sehr mitgenommen aus.

Lukes weiße Narbe war gerötet, als wäre sie nach all den Jahren wieder offen gewesen. Seine Haare waren auf seltsame Art und Weise ergraut.

Seine blauen Augen wirkten wässrig und geprägt von Schmerzen.
 

Besorgt legte Silena ihm die freie Hand an die Wange.

„Luke… was ist passiert?“
 

Er lehnte ihr Gesicht an ihre Hand und schloss einen Moment die Augen.
 

Silena biss sich auf die Unterlippe.

Wie hatte sie überhaupt darüber nachdenken können zu gehen?

„… sprich mit mir“, bat sie ihn und strich mit dem Daumen über seine Lippen.
 

Diese Geste verleitete den Hermes-Sohn dazu den Mund etwas zu öffnen und ein dezentes Lächeln legte sich auf seine Lippen.

Scheinbar schien ihr Tun ihm gut zu tun.

„Ich brauche dich, Silena“, murmelte er.
 

Sie glaubte ihm das. Er brauchte sie.

„Ich bin doch bei dir.“
 

Sie überbrückte die letzte Distanz zwischen ihnen, trat direkt vor ihn und legte ihre Lippen auf die seinen für einen Kuss.
 

Luke zögerte nicht, darauf einzugehen.

Er begegnete ihrer Zunge mit der eigenen, küsste sie innig und löste den Griff um ihr Handgelenk, um damit durch ihr Haar zu streichen und schließlich mit den Fingerspitzen ihren Nacken zu liebkosen.
 

„Es tut gut dich zu sehen“, flüsterte er schließlich. „Wie geht es dir?“
 

Silena öffnete die Augen nach dem Kuss und betrachtete Lukes Gesicht.

Er war 21 Jahre alt, wirkte momentan aber einige Jahre älter. Was war bloß mit ihm geschehen?

Sie wollte es wissen, aber dass er ihr auf diese Frage nicht geantwortet hatte genügte, um nicht weiter nachzuhaken.

 

„Nimm mich mit, Luke“, bat sie ihn.

„Lass mich nicht hier im Camp zurück. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch kann, ich-„
 

Er schüttelte den Kopf.

Sie konnte ihm jedoch nicht böse sein.

Sein Blick war entschuldigend und mitfühlend. Silena glaubte, dass er sie am liebsten wirklich mitnehmen würde, aber er konnte nicht…
 

„Ich brauche dich hier“, flüsterte er.

„Du bist meine Rückendeckung, meine Stütze… ohne dich schaffe ich das alles nicht.“

Er küsste sie noch einmal und fasste dieses Mal mit beiden Händen ihr Gesicht.
 

Silena glaubte ihm jedes Wort.

Jede einzelne gesprochene Silbe klang ehrlich und sie vertraute ihm.
 

Als sie den Kuss dieses Mal lösten, blieben sich ihre Gesichter nahe.

Die Nasenspitzen der beiden berührten sich und Silena spürte Lukes warmen Atem auf ihren Lippen.

Es war ein sehr angenehmer Moment und sie hätte nichts dagegen einzuwenden gehabt, wenn er niemals geendet hätte.
 

„Thalia“, flüstert Silena.

„Sie ist gemeinsam mit zwei Jägerinnen und Grover aufgebrochen um Artemis zu finden…“
 

„Thalia ist also unterwegs?“
 

Ihrer Meinung nach klang Luke etwas zu interessiert und ein kleiner Stachel der Eifersucht bohrte sich in ihre Brust.

Sie zog die Augenbrauen unwillkürlich zusammen.

Die Geschichte, dass Thalia und Luke früher gemeinsam unterwegs und sich sehr vertraut waren, kannte jeder im Camp.
 

Luke streichelte ihre Wange.

„Du weißt, dass wir sie brauchen. Sie ist ein Kind der großen Drei. Das hat nichts mit ihr persönlich zu tun.“
 

Silena schluckte und senkte beschämt den Blick.

Es war ihr prompt unangenehm, dass Luke ihre Eifersucht erkannt hatte.

Das war albern gewesen, immerhin wusste sie, dass Luke Thalia für seine Pläne brauchte.

Er empfand nichts für sie.

Als Silena ihn einmal nach diesem Mädchen gefragt hatte, war ihr versichert worden, dass die beiden bloß gute Freunde gewesen waren.

Freunde und nicht mehr.

 

„Was ist mit Percy?“

 

Percy Jackson hatte Luke und seinen Plänen bereits einigen Ärger bereitet.

Daher war es Silenas Aufgabe, besonders auf ihn ein Auge zu haben.

Auf ihn und auf Charles Beckendorf, da dieser sehr engagiert in der gründlichen Verteidigung und Aufrüstung des Camps war.
 

„Percy hat das Camp verlassen. Es heißt, er sei zurück zu seiner Mutter nach Hause gegangen“, berichtete sie ihm.

„Er war sehr unzufrieden, weil er nicht auf diesen Einsatz geschickt wurde.“

Sie hob die Augenbrauen an. „Er sollte dieses Mal keine Gefahr darstellen.“

 

Luke schmunzelte und schüttelte dezent den Kopf.

„Er wird nicht nach Hause zurückgekehrt sein. Er hat sich aus La Rues Auftrag nicht rausgehalten, er wird auch dieses Mal nicht untätig bleiben.“
 

Silena runzelte die Stirn.

Luke hatte eine gute Menschenkenntnis. Das und die Tatsache, dass sie ihre gemeinsame Zeit nicht damit vergeuden wollte nun über Percy zu reden, animierte sie, sich nicht weiter zu diesem Thema zu äußern.

 

Sie schlang die Arme um seinen Hals und ihr Blick fing den seinen auf.

„Du wirst erfolgreich sein“, hauchte sie gegen seine Lippen und küsste ihn erneut.
 

Lukes Sieg würde bedeuten, dass der Olymp stürzt und Kronos an die Macht kommt.

Alles würde sich ändern. Es wurde ihnen eine bessere Zukunft versprochen.

Silena war sich bezüglich dieses Versprechens nicht sicher immerhin kannte sie die Mythen um den Herren der Titanen, aber sie wollte Luke folgen.

Das alles war sein Plan, sein Wille und deshalb wollte sie daran teilhaben.

 

Luke fasste Silenas Hüften und streichelte mit flachen Händen hinunter bis zu ihren Oberschenkeln.

Seine Berührungen fühlten sich sehr gut an und sie spürte, dass sie diese Zärtlichkeiten vermisst hatte.

 

Sie wurde von ihrem Liebhaber am Hals geküsst.

Seine Lippen ließen ein angenehmes, prickelndes Gefühl auf ihrer Haut zurück und sie keuchte leise auf.

Genießend schloss sie die Augen und schob ihre schlanken Finger unter das Shirt des Kommandanten der Titanen-Armee.

 

Er fühlte sich mager an.

Luke war stets ein muskulöser, aber dennoch schlanker, Mann gewesen. Nun fühlte er sich an wie Haut und Knochen.

Die Sorge wuchs in ihr erneut heran.

Was war ihm zugestoßen, dass er sich in solch einem Zustand befand?

 

„Ich muss zurück“, hauchte Luke und fasste ihre Arme, um sich von ihren Händen loszusagen.
 

„Jetzt schon?“, Silena biss sich auf die Unterlippe.
 

Sie wollte nicht, dass Luke sie bereits wieder verließ.

Das Mädchen wollte mehr gemeinsame Zeit mit ihrem Liebhaber verbringen. Der Moment schien ihr viel zu kurz gewesen zu sein und sie verzehrte sich nach mehr.

Sie wollte ihn berühren. Sie wollte für ihn da sein, vor allem jetzt, da es ihm offenkundig nicht gut ging.

Silena wollte seine Zärtlichkeiten und seine Nähe genießen dürfen.

 

„Wir sehen uns bald wieder und wenn alles vorbei ist, dann können wir zusammen sein.“

 

„Richtig zusammen sein?“, fragte sie hoffnungsvoll und Luke nickte.

 

Er streichelte über ihre Wange und küsste sie wieder.

Sie hielten diesen Moment einige Augenblicke an und Silena genoss diese liebevolle Geste in vollen Zügen.
 

Als sie sich schließlich wieder voneinander lösten, schien ihr der Kuss wieder eine Ewigkeit her zu sein.

„Ich werde hier die Stellung halten“, versprach sie.

 

„Das weiß ich. Ich weiß, dass ich mich auf dich verlassen kann.“

Mit diesen Worten wandte sich Luke ab und verschwand.

 

 

Silena verweilte noch einige Zeit an Ort und Stelle, bevor sie sich wieder auf den Weg zurück ins Camp machte.

Wiedersehen

Leo saß unter einem der großen Bäume im Wald. Er schob seine Finger unter das Laub, drehte die Handfläche nach oben und entzündete eine Flamme, welche die veralteten Blätter in Brand setzten. Den Blick behielt er gesenkt, sein Ausdruck war nicht zu deuten.

Festus schob seinen Kopf näher zu ihm und strich mit der Schnauze über seine Wange. Er knurrte leise. Es war diese Art von Knurren, mit der er sein Mitgefühl zum Ausdruck brachte.

Leo zuckte kurz mit den Mundwinkeln. Er streckte die Hand nach seinem metallischen Freund aus und strich ihm über die Schnauze.

„Ich weiß ja“, murmelte er. „Den Kopf nicht hängen lassen.“

Ein zustimmendes Surren war von dem Drachen zu vernehmen, als er sich erhob.

 

Leo ließ die Asche in seiner Hand zu Boden fallen und rappelte sich auf.

Er hatte nun bereits genug Trübsal geblasen.

Das Leben ging weiter, ironischerweise. Er hätte tot sein müssen. Er dachte, er wäre tot gewesen.

Und dann hatte er vielleicht eine falsche Entscheidung getroffen?

Leo hatte sich jedoch mit einem Versprechen verpflichtet und obwohl er jetzt ohne sie war, bereute er es nicht.

Er hatte sein Wort gehalten. Er hatte kein leeres Versprechen gegeben.
 

Und er nahm ihr ihre Entscheidung nicht übel.
 

„Es wird Zeit, die anderen wieder zu treffen“, er hob den Blick und schaute seinem treuen Begleiter in die roten Augen.

„Was sagst du?“
 

Festus reckte den Hals und spie brüllend einen Feuerstrahl in die Luft.

Das war als eindeutige Zustimmung zu verstehen.

 

„Ruhig Blut, mein Großer!“, bat Leo ihn und legte ihm die Hände an den Bauch. Er schmunzelte.

„Nicht, dass du mir hier noch den Wald anzündest und man uns noch für den Feind hält.“

Er klopfte freundschaftlich auf die harte Oberfläche des Drachen, begab sich auf dessen linke Seite und stieg auf seinen Rücken.
 

Leo hielt sich an seinem übergroßen Freund fest und gab ihm die Starterlaubnis.

Mit kräftigen Flügelschlägen erhob sich der Drache in die Luft. Ein paar einzelne Bäume nahmen dabei einen kleinen Kollateralschaden. Dafür entschuldigte sich der Sohn des Hephaistos still bei den Naturgeistern in der nahen Umgebung.

 

Der Drache ließ die Bäume weit unter sich und folgte Leos Anweisungen, der ihn geradewegs inmitten des Amphitheaters.

Kaum war der Junge an der Seite des Drachen zu Boden gerutscht, wurde sein großer Freund von Percys Höllenhund freudig begrüßt.

Leo ließ den beiden übergroßen Tiergefährten die Freude des Wiedersehens.

„Bis später, mein Freund. Reißt hier bitte nicht das Gemäuer ein.“

Mit einem kurzen Schmunzeln wandte er sich ab und verließ das Theater.
 

Eine unglaubliche Nervosität fraß sich durch seine Magengegend.

Seit er wieder unter den Lebenden weilte hatte er sich nicht bei seinen Freunden gemeldet. Er bereute es.

Calypso hin oder her, es hätte eigentlich eine Selbstverständlichkeit für ihn sein müssen, sich bei ihnen zu melden.

 

Seine Schritte waren schwer und seine Beine fühlten sich bleiern an.

Wie würden sie reagieren?

Vor Piper fürchtete er sich mehr als vor Jason. Es war allgemein leichter Piper zu verärgern, diese Angelegenheit würden ihm jedoch wohl beide übel nehmen.

Leo konnte es ihnen nicht einmal verdenken.

 

Bis zum nächsten Morgen würde er sich vielleicht einen guten Einstieg für das Wiedersehen eingefallen lassen haben.
 

Es gelang ihm, unbemerkt bis zur Hütte 9 vorzudringen und er öffnete vorsichtig die Tür.

Seine Halbgeschwister schliefen. Die Anwesenden zumindest. Der Rest war höchstwahrscheinlich arbeiten, auch zu dieser Zeit.

Leo kam nicht drum herum, ein Gefühl des Stolzes in sich aufsteigen zu spüren.

Die Arbeit ruhte nie.

 

Vorsichtig und leise zog er sich um und kroch unter die Bettdecke seines Bettes.

Er war den anderen sehr dankbar, dass sie dieses Bett bisweilen nicht neu vergeben hatte.

Vor ihm hatte hier Charles Beckendorf gelegen, ehemaliger Hüttenältester, und ihm war die Ehre zuteil geworden diese Schlafstätte in Anspruch nehmen zu dürfen.

 

Mit Sicherheit hatte die Hephaistos-Hütte mittlerweile einen neuen Ältesten, denn sie konnte nicht ohne einen bleiben. Wahrscheinlich hatte Jake Mason diese Rolle wieder angenommen. Jake war immerhin derjenige, der vor Leo diese Position inne hatte.

Aber man hatte Leo den Respekt erwiesen und sein Bett nicht anderweitig zugeteilt.

 

Er drehte sich auf die Seite und zog sich die Bettdecke hoch, bis zu den Ohren.

Nachdem er die Augen geschlossen hatte, fiel es ihm nicht schwer schlussendlich auch einzuschlafen obwohl ihm so viele Gedanken im Kopf herumspukten.

 

 

-          - 

 

 

Als Leo am nächsten Morgen verschlafen die Augen öffnete, blieb ihm keinerlei Zeit um erst einmal in Ruhe wach zu werden.

Er riss die Augen auf, schreckte nach oben und saß kerzengerade im Bett.
 

Um ihm herum standen Jake, einige seiner anderen Halbgeschwister, Jason, Piper und Chiron.

Sie alle starrten ihn mehr oder minder fassungslos an.
 

Verdammt!

Er hatte sich ein wenig mehr Diskretion seitens seiner Geschwister erhofft. Doch scheinbar hatten sie nicht so recht damit umgehen können, plötzlich ihren totgeglaubten Halbbruder in ihrer Mitte zu haben.

Im Nachhinein betrachtet war er wohl selbst Schuld, dass seine Rückkehr nun auf diese Art und Weise bekannt geworden war.
 

Leo kratzte sich am Hinterkopf und grinste schief.

„Guten Morgen“, er lachte kurz. „Ist das Frühstück schon angerichtet?“
 

Niemand schien das lustig zu finden.

Die Gesichter der Anwesenden hatten verschiedene Ausdrücke.

Das ging von Verwunderung über Ernsthaftigkeit bis zu einem nahen Nervenzusammenbruch.
 

Sie alle mochten vertraut sein mit Mythen, Übernatürlichem und Monstern.

Aber auch in ihrer Welt war es nicht üblich, dass Tote plötzlich wieder lebten.

Das letzte Mal, als dies der Fall war, hatte man den Tod an Ketten gefesselt und Gaia hatte vor die Macht auf dieser Welt zu übernehmen.

Tote, die wieder Lebten, bedeuteten prinzipiell also nichts Gutes.

 

„Leo Valdez!“

Chiron klang sehr streng. Er hatte das Gefühl, wenn dieser nicht zufrieden mit seiner Antwort war, dann würde er ihn persönlich in den Hades bringen.
 

Leo grinste schief.

„Ich freue mich auch euch alle wieder zu sehen.“ Er schluckte einmal.

„Wie lange ist das nun schon her? Ein Jahr?“ Er lachte kurz auf und versuchte damit die Situation ein wenig zu lockern.

„Ich glaube, ich habe mich ein wenig verlaufen. Der Weg hierher hat länger gedauert als ich dachte.“

Er schnalzte mit der Zunge.

 

Chiron blieb ernst.

„Wo kommst du her? Was machst du hier?“

 

„Wir dachten, dass du tot bist!“, warf Piper ein.

Leo glaubte einen Moment sich versehen zu haben. Er blinzelte, doch seine Augen hatten ihn nicht getäuscht… Sie hatte tatsächlich Tränen in den Augen.

Er biss sich auf die Unterlippe.

 

„Ich war nicht tot. Nicht wirklich… oder nicht lange“, er senkte den Blick.

Er spürte die Schuld deutlich auf seinen Schultern.

„Ich war auf Ogygia. Ich war bei Calypso. Ich habe mein Versprechen gehalten. Ich bin zu ihr zurückgekehrt und gemeinsam haben wir die Insel verlassen.“

 

Chiron zog die Augenbrauen zusammen.

 

Jason trat näher an das Bett und sein Blick richtete sich auf den Zentaur.

„Dürfen Piper und ich mit ihm reden?“

Der ‚Prinz des Himmels‘ schien sehr gefasst zu sein. Offenkundig fiel es ihm am einfachsten diese Situation zu akzeptieren. Entweder das oder er wahrte ein geniales Pokerface.

 

Chiron nickte langsam.

„Ich werde auf den Olymp gehen. Solange wird Valdez keinen Fuß aus dem Camp setzen.“
 

Vertrauen war gut, aber Kontrolle war wohl stets besser.

Leo verübelte es ihm nicht und nickte. „Ich bleibe brav hier. Ich war in letzter Zeit ohnehin genug unterwegs.“ Er zuckte möglichst lässig mit den Schultern.

 

Der Zentaur wandte sich ab, sein Schweif peitschte in der Luft und er verließ die Hütte.
 

Jason wandte sich an Jake und atmete einmal tief durch.

„Ich will euch nicht aus eurer Hütte vertreiben, aber…“
 

Der amtierende Hüttenälteste nickte ihm zu.

„Ich verstehe schon, keine Sorge.“ Er winkte seinen Halbgeschwistern zu und bedeutete ihnen, ihm aus dem Gebäude zu folgen.

Einige von ihnen zögerten kurz, aber schlussendlich wurden Jason, Piper und Leo unter sich gelassen.

 

Die Tür fiel ins Schloss und du kurzweilig anhaltende Stille war sehr erdrückend.

Als Jason jedoch das Wort ergriff, wünschte Leo sich das Schweigen zurück.

 

„Wo bist du gewesen?“

Die eisblauen Augen seines besten Freundes zwangen ihn regelrecht dazu, den Blickkontakt aufrecht zu erhalten.

Es gab für Leo keine Chance, den Blickkontakt abzubrechen. Wohlmöglich wäre sein Gegenüber ihm dann an die Kehle gegangen.

 

„Ich war unterwegs, mit Calypso und Festus“, seine Stimme klang für seine Verhältnisse sehr kleinlaut.

 

Piper stellte sich neben ihren festen Freund.

Sie weinte leise und das brach Leo das Herz. Er war ein Idiot gewesen.

„Wieso hast du dich nicht bei uns gemeldet?“, fragte sie leise. „Wir sind deine Freunde und du lässt uns in dem Glauben tot zu sein und plötzlich tauchst du einfach wieder auf und liegst seelenruhig in deinem Bett?“

Ihre Stimme klang schwerer und hektischer, je mehr sie sprach.
 

Leo stand aus dem Bett auf.

„Es tut mir Leid“, das meinte er ernst. Er bezweifelte jedoch, dass es das besser machte. Zumindest nicht in diesem Augenblick.

„Ich war ein Idiot, das weiß ich nun. Ich war ein riesiger Idiot.“
 

„Ja“, stimmte Piper ihm ohne zu zögern zu.

„Du bist der allergrößte Idiot!“

Sie ballte ihre Hände zu Fäusten.
 

Leo wurde das Gefühl nicht los, dass Piper ihm eine reinhauen wollte.

Scheinbar teilte Jason diese Wahrnehmung mit ihm, denn er legte einen Arm um seine Freundin und drückte sie etwas an sich, um sie zurückzuhalten.

Er war sich nicht sicher, ob er ‚Superman‘ dankbar dafür sein sollte. Vielleicht hätte er es einfach verdient gehabt, einen ordentlichen Schlag ins Gesicht zu bekommen.

 

„Ich war so vernarrt in sie“, Leo senkte nun den Blick. Er schämte sich.

„Calypso und ich, ich dachte wir wären füreinander bestimmt… Ich dachte, sie wäre meine einzig wahre Liebe.“
 

Piper schnaubte abfällig.

Obwohl sie eine Tochter der Aphrodite war, schien sie diese Erklärung nicht zufriedenstellen zu können. Das genügte ihr nicht.

Sie war seine beste Freundin und Jason sein bester Freund. Welcher Idiot stellte eine solche Beziehung zurück?

 

„Und wieso bist du jetzt hier?“

Jason klang sehr streng. Aber er weckte nicht den Eindruck, als würde es keine Hoffnung mehr für diese Freundschaft geben.

 

Leo senkte beschämt den Blick.

„Weil ich jetzt wieder klar im Kopf bin.“
 

„Hat sie dich verlassen?“, fragte Piper und ihre Stimme klang sehr hart.

 

Jason bemühte sich seine Freundin zu beschwichtigen, Leo hielt ihn jedoch zurück.

„Nein, lass sie“, er runzelte die Stirn und betrachtete die beiden. „Sie hat ja Recht…“ Er atmete schwer durch.

„Es macht wohl einen großen Unterschied, wenn man auf einer Insel eingesperrt ist und die Auswahl an Männern sehr begrenzt ist oder wenn man in Freiheit lebt und die Wahl hat eine freie Entscheidung zu treffen.“

Er zuckte mit den Schultern. „Ich habe sie befreit, aber ich bin nicht der Richtige für sie.“

 

Leo nahm es Calypso nicht übel, dass ihre Entscheidung auf einen anderen gefallen war.

Sie hatte sich in Odysseus, in Percy und letztendlich auch in ihn verliebt.

Aber sie hatte nie die große Auswahl. Welches Mädchen sehnte sich nicht nach Liebe? Und welches Mädchen, das einsam auf einer Insel verbannt worden war, würde sich nicht früher oder später in denjenigen verlieben, mit dem sie ihre Welt als einzigen teilte?

Nun war sie jedoch frei. Frei von ihrer Insel und frei in ihrer Auswahl.

Es war doch bloß natürlich, dass sie sich an jemanden wandte, der besser zu ihr passte als Leo.

Er war anfangs sehr traurig gewesen und es hatte ihm das Herz gebrochen. Doch er hasste sie nicht dafür. Er hatte sogar Verständnis für sie und hoffte, dass sie ihr Glück fand.

 

„Und jetzt, nachdem sie weg ist, kehrst du hierher zurück?“

Piper ging sehr hart mit ihm ins Gericht.

„Jetzt sind wir dir wieder gut genug?“
 

„Piper…“, sprach Jason ruhig zu ihr, doch sie schüttelte den Kopf.

„Nein!“, widersprach sie ihrem Partner. „Er soll antworten! Wir haben um ihn getrauert, wir haben ihn vermisst! Wir hätten es verdient gehabt zu erfahren, ihn wieder zu sehen!“
 

Jason widersprach ihr nicht mehr.

Leo war also an der Reihe.

 

„Ihr seid nicht jetzt wieder gut genug…“, murmelte er.

Leo fühlte sich erdrückt und niedergeschlagen. Das hatte er jedoch verdient. Er konnte sehr gut verstehen, weshalb Piper wütend auf ihn war.

„Ich habe einen großen Fehler gemacht. Ich hätte mich sofort bei euch melden sollen, ihr hättet es verdient gehabt. Ich war blind und das tut mir Leid.“

Er presste die Lippen aufeinander.

„Ich habe jedoch die Hoffnung, dass ich hier noch ein zuhause habe. Dass ihr noch meine Freunde seid und mir verzeihen könnt oder… dass ihr mir zumindest die Chance gebt, wieder euer Freund sein zu dürfen und ich das alles wieder gut machen darf.“

 

In der Hütte herrschte wieder Stille.

Als Leo schluckte hatte er das Gefühl, dass dieses Geräusch laut durch den ganzen Raum hallte.
 

Jason atmete schwer durch. Er klopfte Leo auf die Schulter und sah ihm in die dunklen Augen.

Der Hephaistos-Sohn war noch immer unglaublich angespannt und zwar so sehr, dass es schmerzte.

Plötzlich zog der blonde Junge ihn in seine Arme und die absolute Erlösung kam, als Piper ebenfalls die Arme um ihn schlang.
 

Er hörte sie weinen.

Er spürte ihre nassen Tränen an seiner Wange und jedes schwere Gefühl löste sich von ihm.

Er legte die Arme um seine beiden besten Freunde und behielt sie dicht bei sich.
 

Leo war sich darüber bewusst, dass die Angelegenheit damit noch nicht komplett abgeschlossen war.

Er hatte nun eine Menge Arbeit vor sich um diese Freundschaft wieder zu ihrer alten Stärke zu verhelfen, ein ganzes Jahr war ihnen gemeinsam verloren gegangen.

Jason und Piper wollten ihn jedoch beide zurück haben und das war etwas, wofür es sich zu arbeiten lohnte.

„Danke…“, flüsterte er. „Hier bei euch bin ich zuhause. Hier gehöre ich her.“



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