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Magi - The Labyrinth of MMORPG

von
Koautoren: Arcturus  _Delacroix_

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Nachhilfestunden

Seine Reifen quietschten unheilvoll als Anthony auf die Bremse trat. Laut dem Schild, das oben am Tor angebracht war, war er hier richtig, aber so ganz konnte er es nicht glauben. Er hatte ja schon länger geahnt, dass seine Nachhilfelehrerin besser wohnte als er, aber das ihr Haus sogar eine eigene Einfahrt hatte, hatte er nicht erwartet.

Ein bisschen kam er sich vor wie James Bond als er den Wagen die Auffahrt hinauf steuerte. Nur das James Bond vermutlich noch nie einen Mitsubishi Mirage gefahren war.

Eigentlich war er ja ganz stolz gewesen, als er sein eigenes kleines Auto zum Geburtstag bekommen hatte, nur das seine Mutter ausgerechnet auf Feuerwehrrot bestanden hatte, hatte immer noch einen bitteren Nachgeschmack für ihn.

Dunkle Schatten huschten über seine Windschutzscheibe und Anthony drehte aus einem Impuls heraus die Lautstärke seines Kassettendecks herunter. Hätte er es nicht besser gewusst, er hätte geglaubt in einem billigen Horrorfilm gelandet zu sein.

Bestimmt stand dort oben im dritten Stock ein Monster hinter dem Vorhang und spähte zu ihm herunter. Bestimmt hatte es Jez gefressen und ihre Eltern auch und nun wartete es auf einen großen, leckeren Happen Sharrkan.
 

Ein Schauer lief ihm über den Rücken.
 

James Bond wäre so etwas bestimmt nicht passiert, aber er war eben nicht James Bond sondern Anthony Fails und eigentlich ganz schön eingeschüchtert. Kein Wunder, dass Jez bislang immer darauf bestanden hatte die Nachhilfe bei ihm zu halten.

Wer wusste schon wie viele Schüler bereits mit quietschenden Reifen geflohen waren, nur weil ihre wütenden Eltern weniger gruselig waren als der potentielle Inhalt dieses Hauses? Anthony stellte den Motor ab. Jetzt musste er nur noch den Mut aufbringen auch wirklich auszusteigen und nicht doch noch mit quietschenden Reifen um sein Leben zu fahren.

Er atmete tief durch.
 

Das war doch alles lächerlich!
 

Es ging hier um ein Haus. Häuser fraßen keine Menschen und auch keine Autos und selbst wenn sie Autos fräßen, dann sicher keine roten Mitsubishis. Alles war in Ordnung. Er hatte einfach nur zu viel Phantasie.
 

„Verzeihung, Sir?“ Anthony zuckte zusammen, dann erst bemerkte er den Mann, der die Fahrertür geöffnet hatte. „Fühlen Sie sich unwohl?“

Anthony schüttelte den Kopf. Er wusste nicht woher der Fremde kam, aber obwohl ihm das Herz bis zum Halse schlug, wollte er es nicht zeigen. Immerhin, das war doch albern.

„I-Ich komme wegen der Nachhilfe“, erklärte er und der Mann nickte.

„Natürlich, Sir.“

Anthony öffnete den Gurt und rutschte aus dem Wagen. Sollte er ihn abschließen, den Schlüssel dem Fremden geben oder ihn einfach so stehen lassen? Er wusste es nicht, also entschied er sich für abschließen, auch wenn das bedeutete, dass der Fremde an der Eingangstür auf ihn warten musste, was seine Mutter sicher auch wieder unhöflich genannt hätte.
 

Der Flur, Jez hätte ihn eher Foyer genannt, war dunkel und menschenleer. Kein Laut war zu hören und Anthony fragte sich so langsam ob dieser Lerntag wirklich so eine gute Idee war. Vielleicht hätte er darauf verzichten sollen, hätte sagen sollen, dass es nicht so schlimm war, dass Jez‘ Wagen in die Werkstatt musste und dass er alleine zurecht kam.

Verdammt, wieso hatte er das nur nicht getan?
 

Am anderen Ende des Zimmers begann eine Standuhr zu schlagen.

Einmal, zweimal, dreimal.

Unheimlich und als er sich umdrehte, musste er auch noch feststellen, dass sein Führer nicht mit ihm ins Haus gekommen war. Shit, dabei wusste er doch gar nicht richtig wohin er jetzt musste!
 

Unschlüssig sah er sich im Obergeschoss um. Er war seiner Intuition die Treppe hinauf gefolgt, aber er hatte immer noch keine Idee welcher der vielen Räume Jez‘ Zimmer sein mochte.

Türen gab es mehr als genug, aber durfte er einfach eine öffnen? Oder sollte er besser warten? Und wenn ja, wieso hatte ihm niemand etwas gesagt?

Neugierig visierte er eine Tür an, machte ein paar Schritte darauf zu, kam aber nicht dazu die Hand nach der goldfarbenen Klinke auszustrecken, denn plötzlich senkte sie sich wie von selbst. Die Tür schwang auf und Anthony fand sich Auge in Auge mit Drakon wieder. Oder mit etwas, was zumindest die gleiche Gesichtsfarbe hatte wie sein Gildenmitglied.

Er glotzte das grüne Monster im pinken Bademantel an und das Monster glotzte zurück.
 

„Ahhhhhhhhhh!“
 

Anthony stolperte rückwärts. In seinen Ohren klingelte es. Dieses Monster hatte wirklich eine ganz schön schrille Stimme. Oder war er das gewesen? Hatte er gerade geschrien?

Ein dumpfer Knall, dann Schmerz. Anthony stolperte wieder vor. Etwas Kaltes griff nach ihm, zerrte an ihm... Das Monster? Nein, das konnte nicht das Monster sein. Es hatte sich nicht bewegt.
 

„Was machst du mit meiner Schwester?“

Ein düsteres Grollen. Anthony erlaubte es sich zu zappeln.

„Nichts“, beteuerte er, den Blick auf die schleimig grüne Fratze vor sich gerichtet, „Bitte, bitte, friss mich nicht!“
 

Für einen Moment herrschte tödliche Stille, dann begann es hinter ihm zu lachen. Anthony schnappte nach Luft und das Monster vor ihm tat es ihm gleich.

„Ihr seid so blöde!“, keifte es und machte auf dem Absatz kehrt, um mit raschelndem Alufoliehaar wieder in seiner Höhle zu verschwinden. Die Tür knallte, dann lockerte sich der Griff.
 

„Bist du nicht Sharrkan mit Doppel-R auf Level 45?“

„65!“
 

Anthony wusste nicht woher er den Mut für die Verbesserung genommen hatte, aber kaum war die Zahl heraus, da bereute er sie auch schon wieder. Woher wussten Monster auch welches Level er bei Magi hatte?
 

„Was willst du in meinem Haus?“
 

Er schluckte, bevor er sich ganz langsam umdrehte. Wenn ihn schon ein Monster fraß, dann wollte er es auch sehen und es würde ihn ganz sicher fressen. Nachhilfe war noch nie eine gute Entschuldigung gewesen, sonst würde man sie in Horrorfilmen häufiger hören.

'Verzeihung Mr. Serienkiller, ich habe hier nur Nachhilfe.' Nee, da würde er sein Schwert auch nicht runter nehmen.
 

Das Erste was ihm ins Auge fiel, waren ein paar graue Schlappen, die faszinierend normal aussahen. Eine schwarze Hose schloss sich an, auf deren Bügelfalte seine Mutter sicher neidisch gewesen wäre. Der nackte Oberkörper machte ihn neidisch, aber Anthony war viel zu glücklich, dass er nicht grün war, um sich darüber zu ärgern. Ein weiterer Blick, etwas weiter nach oben, und er hatte das 'Monster' erkannt.
 

Das war doch der Typ aus dem Einkaufscenter!
 

„Nun?“
 

In der Stimme seines Gegenübers lag keine Freundlichkeit, aber sie genügte, um seine Zunge etwas zu lockern.

„Ich komme wegen der Nachhilfe.“

„Und die bekommst du in unserem Bad?“

Anthony schüttelte hastig den Kopf. „Ich hab das Zimmer nicht gefunden“, gestand er leise.

Sein Gegenüber rollte mit den Augen. „Typisch“, knurrte er dann und machte ein paar schnelle Schritte den Flur hinunter, bevor er genervt anhielt, um sich noch einmal zu ihm umzudrehen.

„Was ist? Kommst du jetzt?“, bellte er und Anthony beeilte sich zu ihm aufzuschließen. So langsam bekam er das Gefühl, dass dieser Tonfall bei dem Anderen Standard war und wenn dem so war …

Erneut atmete er tief durch.

„Ich bin Anthony, Anthony Fails und du bist -“

„Kouen Ren.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Puppenspieler
2014-10-12T23:20:11+00:00 13.10.2014 01:20
>> dass Jez Wagen in der-> die Werkstatt musste und das->dass er alleine zurecht kam.
(Glaube ich zumindest...)

Ich finde das Kapitel großartig! Ich liebe Anthonys Gedanken, er ist unglaublich erheiternd zu lesen. Und ich versteh schon, dass seine Mum auf das Feuerwehrrot bestanden hat - so übersieht man ihn immerhin nicht! :D
Er tut mir ein wenig Leid, dass er immer so ungünstig in Kouen reinstolpert... ist bestimmt keine gute Basis für eine lebenslange Freundschaft, aber he~ lustig ist es allemal! Und es macht Anthonys Namen doch auch einfach alle Ehre. Wunderbar.
Besonders gut hat mir zugegeben das Monster gefallen - ich bin aus dem irren Kichern gar nicht mehr herausgekommen.
Ich hoffe doch, die Nachhilfe bekommt man auch zu lesen, so wie das bisher klang scheint die ziemlich unterhaltend abzulaufen.


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