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Echsilithsage

von

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...Aufgeregtheit und Angst war zu spüren, man sah sie in allen Gesichtern. Jede Minute konnte der Hornruf von den dreifach besetzten Wachtürmen erschallen, dass die Orks angriffen. Jede Minute konnte die letzte sein. Es hieß, dass die Feinde in der Übermacht seien und das machte ihre Lage nicht besser. Hier fürchtete man nicht mehr um sein Hab und Gut, sondern um sein nacktes Überleben oder das seiner Familie. Der junge Mann sprach den Leuten Mut zu. Wo er war, da war Hoffnung. Da war noch die Aussicht auf einen Sieg. "Wir werden kämpfen und siegen oder als Helden sterben" so versuchte er, den Menschen Mut zu machen. Es half nicht viel, aber doch war ein wenig besser als gar nichts. Als die Dunkelheit herabsank, hätten die Leute ohne Damrod wohl vor lauter Angst den Verstand verloren. Einige versuchten panisch, die Stadt noch zu verlassen, aber Damrod und sein Freund, der später zu ihm stieß, brachten sie davon ab. Die Orks würden keinen entkommen lassen, sie würden früher oder später doch sterben. In der Gruppe bestand noch ein wenig Hoffnung auf überleben, so hielten alle zusammen. Aber die Angst steigerte sich mit jeder Stunde, die tatenlos verstrich. Die Nacht wurde kühler und dunkler, trotz der großen Feuer, die überall entzündet wurden. Angst. Angst, die in Panik geendet hätte, wenn nicht die beiden Reisenden gewesen wären.

Mit einem Mal wurde es laut. Hörner erschallten, die Hörner der Stadt und missklingende Orkhörner lieferten sich einen Kampf der Töne. Nun war die Stunde herangerückt. Der Feind war gekommen, in einer Übermacht, aber nicht unerwartet. Eglenn kämpfte tapfer in der vordersten Reihe mit, später kam auch sein Freund und Begleiter, ihm zu helfen. Dieser hatte große Mühen, die Leute am Aufgeben zu hindern. Stahl traf auf Stahl, Orkblut vermischte sich mit dem der Menschen. Immer wieder stießen die Feinde in das Innere der Stadt vor, immer wieder wurden sie zurückgeschlagen. Unter Damrods Schwert sanken die Orks reihenweise nieder, manche flüchteten sogar schon vor dem grimmigen Anblick, den er bot. Der Mann wusste nun, dass Krieg nicht länger ein Spiel für ihn sein würde. Bisher hatte er mit viel Lust und Elan mit dem Elben für den Ernstfall geübt, nun war der Tag gekommen. Er sah die Grausamkeit des Kämpfens, Leute starben reihenweise. Er saß hoch zu Ross. Als er gerade an einer kleinen Gasse vorbeiritt, aus der soeben die Orks zurückgeschlagen waren, sah er zwei Männer auf dem Boden. Im Schmutz der Straße saßen sie, einer hatte eine klaffende Wunde quer über die Brust. Er schien tot zu sein. Der andere klammerte sich verzweifelt an ihn, weinte, rief immer wieder seinen Namen. Er hörte ihn nicht mehr, erwachte nie wieder. So lernte Damrod den Krieg kennen, aber er wünschte sich, es nie getan zu haben. Kurz nachdem die Sonne aufgegangen war, lebte kein Ork mehr. Die verbliebenen flüchteten panisch. Die Schlacht war gewonnen. Die Frauen räumten die Stadt notdürftig auf, denn alle Männer, die noch lebten, waren zu erschöpft, um zu helfen. Eglenn hatte nur einige Kratzer mehr, Damrod eine größere Wunde an der Schulter. Tausendmal bedankten sich die Überlebenden bei ihnen. Der Biber lobte sie in höchsten Tönen, doch das alles bedeutete Damrod nichts mehr.

"Damrod?" Sein Freund sah ihn an. Der junge Mann fuhr erschrocken auf. "Entschuldigung, ich war in Gedanken" sagte er. "Du musst deine Wunde verarzten lassen, ich bringe dich zu der Heilerin" meinte Eglenn. Sie schritten die Straße entlang. "Eglenn?" Fing der Mann zaghaft an. "Ja?" Damrod sah zu Boden. Er schwieg. "Ich weiß, wie du dich fühlst. Das geht vorüber" Ungläubig sah er dem Elben in die Augen. Diese tiefe innere Wunde, wie sollte sie je vorübergehen? "Nun, du wirst es zwar nie vergessen, aber ich hoffe, du hast daraus gelernt. Nichts ist schlimmer, als andere Leute sterben zu sehen, die man einmal gesehen hat oder mit denen man befreundet war. Nichts bringt sie ins Leben zurück. Wir haben diesen Krieg nicht begonnen, Damrod, vielleicht schaffen wir es aber, ihn zu beenden. Heute mussten wir uns verteidigen" "Vielleicht hast du Recht" sagte sein Begleiter langsam. "Du hast dich verändert. Du bist erwachsen geworden!" Stellte der Elb fest. Er sah ihn freudig an und der Mann lächelte zurück. Dann fingen sie an, herzlich zu lachen.

Später ging Damrod sinnend durch den Wald. Es war schon Abend. "Ein schöner Wald, er erinnert mich an zu Hause" sagte Damrod zu sich selbst. Kleine Waldblumen wuchsen rings umher, alle hatten sie schön ihre zarten Blüten geschlossen. Die Bäume hielten ihre abendlichen Gespräche im rauschenden Wind und die ersten Nachttiere erwachten. Der junge Mann hockte sich auf den Boden, damit er sie sehen konnte. Ein Fuchs schlich witternd um die Bäume und verschwand wieder im Dunkeln. Kleinere Tiere, vorwiegend Mäuse, huschten ganz in Damrods Nähe umher, bemerkten den fremden Geruch und flüchteten, so schnell sie konnten. Damrod hörte einige Zweige knacken. "Was kann das sein?" Fragte er sich, "Es muss größer sein als ein Fuchs, vielleicht ein Reh?" Gespannt schaute der junge Mann in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Langsam näherte es sich ihm. Plötzlich, an einer Stelle, an der das Mondlicht durch die Baumkronen drang, sah er weißes Fell gleißen. Ein Pferd trat hinter dem letzten Baum hervor, fast hätte Damrod geglaubt, es wäre ein Einhorn. Ein Tier, wie er es noch nie gesehen hatte. Schön und stark, mit wunderschön glänzendem Fell. Ganz langsam stand Damrod auf. Es hatte ihn gesehen. "Ganz ruhig, ich bin friedlich" sagte er leise und ging etwas gekrümmt, um nicht so groß zu wirken, auf es zu. Wie in Zeitlupe hob er die Hand und berührte die Spitzen der langen Mähne. Wie Seide, das Haar war so fein, dass es sich eher wie sehr guter Stoff anfühlte. Das Tier hatte keine Scheu vor ihm. "Welch ein Pferd, einfach unvergleichlich..." es hörte ihm zu, seine Ohren waren auf ihn gerichtet. Auf einmal sah der Mann ein Flackern in seinen Augen. Gerade rechtzeitig konnte er zurückspringen, es verfehlte ihn um Haaresbreite mit dem großen Huf. Er war sichtlich erschrocken. Hatte er etwas falsches getan? In diesem Augenblick kam es zutraulich an ihn herangetreten. Es schmiegte den großen Kopf in seine Hand. Er fing an, es zu streicheln, aber dann schnappte es nach seinen Fingern. Er reagierte schnell genug, um auch dieses Mal mit heiler Haut und Hand davonzukommen. Aber jetzt ging das riesige Pferd auf ihn los. Damrod rannte um sein Leben, schlug Haken wie ein Hase, aber dieses Pferd war schnell und wendig und hatte eine Kraft, die sich kaum vorstellen ließ. "Ich könnte auf einen Baum klettern!" schoss es ihm plötzlich durch den Kopf. Aber dann kam ihm eine andere Idee. Er musste es einfach versuchen. Er wurde langsamer. Auch sein Verfolger verringerte die Geschwindigkeit, es funktionierte. "Hoffentlich geht jetzt nichts schief, sonst bin ich verloren. Ein Baum könnte dieser Kraft kaum standhalten, dieser Wald ist viel zu jung. So schnell würde ich auch nicht hoch genug kommen" Er hatte fast angehalten. Der Hufschlag des Schimmels hinter ihm war deutlich zu vernehmen. Auf einen Schlag steigerte der Mensch sein Tempo, sprang behände hinter einen Baum. Der Waldboden flog unter den Einschlägen der Hufe nur so fort. Damrod war nicht der Dümmste und Ungeschickteste, geschickt sprang er auf seinen Rücken. Fast wäre der Mann vornüber gefallen, da das Tier schlagartig anhielt. Es machte keine Anstalten, ihn abzuwerfen. "Warum hast du mich gerade angegriffen? Ich kenne dieses Verhalten von verletzten Tieren. Wir gehen jetzt ganz einfach in die Stadt und schauen nach, ob dir etwas fehlt. Komm" sprach Damrod dem Pferd ganz leise ins Ohr. Durch die Blätter konnten sie die Lichter sehen, die Jagt hatte sie sehr nahe ans Dorf herangebracht. Gehorsam folgte der Schimmel auf seine Befehle. Sie ritten auf einem Weg zur Hauptstraße und auf der dann durch den Ort. "Eglenn?" Rief er vor dem Fenster seines Freundes. Der Elb schaute heraus, kam dann auf die Straße und ließ sich von dem Mann erzählen, was geschehen war.

Bald wusste das gesamte Dorf von dem äußerst ungewöhnlichen Pferd. Alle hatten sich am Marktplatz versammelt. "Wer kennt sich hier mit Pferden aus?" Rief der Elb. Die Reisenden standen mit dem Schimmel auf dem Platz, es war fast das gesamte Dorf versammelt. Eine alte Frau mit einem Kopftuch und vielen Falten trat vor. Es war die Heilerin, die Damrod am Vormittag behandelt hatte. Sacht berührte sie die Flanken des Tieres, dann die Mähne, schließlich sah sie ihm in die Augen. "Hmm... hmm, ja" murmelte sie zufrieden nickend, "das Tier ist völlig gesund. Das Verhalten ist typisch. Hier steht nämlich kein Pferd, wie du annahmst, sondern ein Einhorn!" Ein Raunen ging durch die Menge und man flüsterte aufgeregt miteinander. Eglenn und sein Freund machten ähnlich ungläubige Gesichter. "Naja, es ist noch sehr jung, deshalb hat es noch kein Horn. Du bist seit mindestens einem Jahrhundert der Einzige, der hier ein Einhorn auch nur gesehen hast. Es ist sehr wertvoll" sagte die Alte und sah ihn mit strahlenden Augen an.

Man hatte das Einhorn in den Stall gebracht. Damrod saß neben ihm im Heu und dachte auf einem Halm kauend nach. Sein Freund lag neben ihm. "Soll ich es behalten?" fragte er ihn. "Das ist allein deine Entscheidung. Du solltest es nicht allein des Geldes wegen behalten, das wäre ihm gegenüber nicht rechtens" meinte dieser. "Es ist ein wunderschönes Tier, wie man es schwerlich irgendwo finden wird. Es könnte uns beide sehr leicht tragen, es wäre uns also sehr nützlich" meinte Damrod. "Und was bereitet dir solche Kopfschmerzen?" Fragte der Elb. "Ich weiß es nicht. Deshalb frage ich dich, was ich tun soll" antwortete der Mann. Er sah das Einhorn an. Dann sah er seinem Freund in die Augen. Und als hätte ihm dieser Blick endlich die Antwort gegeben, stand er auf. "Dieses Tier ist zu schön, um es gefangen zu halten oder zu verkaufen. Es wird wieder freigelassen. Aber ich möchte ein letztes Mal auf ihm reiten" sprach Damrod. Eglenn nickte lächelnd. Und so ritt der junge Mann allein die Straße entlang, die er gekommen war. In der Stadt sprach man nur noch vom Einhornreiter, der seinen großen Schatz hergab. Im Wald verabschiedete sich dieser währenddessen von seinem Reittier. "Und pass demnächst besser auf dich auf, damit du nicht gefangen wirst" sagte er und klopfte ihm auf den Hals. Dann trennten sich ihre Wege, aber dieses Erlebnis vergaß der junge Mann nimmermehr.

"Welch bemerkenswerte Herrschaften" staunte der Vorsteher der Stadt. Sein Blick flog von Damrod zu Eglenn und wieder zurück zu Damrod. "Ich weiß gar nicht, wie ich ihnen danken soll! Die Taten, die sie hier vollbracht haben, sind unbezahlbar, wie es Heldentaten an sich haben..." "Wir möchten keinen Lohn. Wir haben uns freiwillig dazu bereiterklärt" unterbrach ihn der Elb. Trotzdem dankte ihm der Mann noch mindestens tausendmal, wie es Damrod vorkam. "Die Orks, die geflüchtet sind, ziehen nach Süden, in die Ered Nimrais, sie hinterlassen eine unübersehbare Spur der Verwüstung. Dass dieses Unheil von der Stadt abgewendet wurde, grenzt an ein Wunder. Und sie scheinen gelernt zu haben und machen um jedes kleine Dorf einen großen Bogen, das alles haben wir ihnen beiden zu verdanken..." sprudelte er heraus. Aber die beiden Reisenden waren blass geworden. "In die Ered Nimrais? Seid ihr euch sicher? Aber das ist unsere Heimat!" Stoppte der junge Mann den gewaltigen Redefluss des Vorstehers.



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