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With a little help

[Nami & Sanji]
von

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With a little help


 

With a little help
 

Mit verdrießlicher Miene betrachtete ich den Mullverband, der um mein Handgelenk geschlungen wurde. Ich konnte mich kaum mehr entsinnen, was mich in diese äußerst missliche Lage gebracht hatte, doch ich wusste, wer dafür verantwortlich war:
 

Als wir mit der Flying Lamb an dieser Insel angelegten, hatte mich bereits so ein seltsames Gefühl erfasst. Und jene Empfindung sollte mich nicht trügen. Schon oft, wenn es mir etwas mulmig der Magengegend wurde, schien dies einer Prophezeiung gleich, denn auf meinen Bauch konnte ich mich verlassen. Während Ruffy am späten Vormittag darauf bestand, das Eiland zu betreten, sah sich das Gros unserer Crew gezwungen, ihm, zur Sicherheit (nicht nur zu seiner, oder unserer, sondern auch zur Sicherheit der Inselbewohner), zu folgen. Zorro blieb, wie so oft, auf dem Schiff zurück. Auch Chopper schien nicht viel daran gelegen, mit uns zukommen. Also machten wir übrigen uns daran, die Insel und das kleine Städtchen etwas näher zu erkunden.

Skeptisch blickte ich um mich. Noch immer traute ich der Gänsehaut auf meinen Armen mehr, als die Insel Anlass bot. Offenbar schien hier nichts Gefährliches zu lauern, doch noch hatten wir die Stadt, den inneren Kern, nicht erreicht. Laut juchzend und mit gen Himmel gereckten Armen, trat Ruffy aus dem Gebüsch, das wir durchquert hatten, und für dessen Abkürzung ganz allein unser Kapitän verantwortlich war, und konnte seiner Begeisterung kaum Einhalt gebieten. Was diesen Grünschnabel so faszinierte, zeigte sich uns, als auch wir uns dem Gestrüpp entwanden und auf einen mit Steinen gepflasterten Weg trafen.

Verblüffung zierte unsere Mienen, da wir nie und nimmer mit einer solchen Pracht, einem solchen Gewirr und einem solchen Tumult gerechnet hatten. Bunte Lichter blendeten uns, Girlanden spannten sich von Haus zu Haus. Lautes Klingeln erfasste unsere Ohren und überall herrschte ausgelassene Heiterkeit. Leute torkelten auf dem großen Platz umher, und allem Anschein nach waren wir in ein Dorffest gestolpert und befanden uns nun in Mitten der Festlichkeiten.

»Am frühen Morgen Alkohol?«, murmelte Lysop neben mir und auch ich ertappte mich dabei, nach einer Art Uhr Ausschau zu halten. Sanji musste meinem Blick gefolgt sein, denn er deutete plötzlich auf ein Gebäude, das alle anderen in den Schatten zustellen vermochte.

»Ah, das Rathaus«, entfloh es mir und ich suchte die Front des Hauses nach einem Zeitmesser ab. Ein lauter Gong, der wohl die ganze Stadt erschüttert hätte, doch allem Anschein nach waren die Leute hier daran gewöhnt, und sich zehn mal wiederholte, ließ die Vermutung zu, dass es gerade elf Uhr mittags war.

»Wahnsinn«, frohlockte Ruffy keine zwei Schritte vor uns und sich die Hände reibend. »Mittag, da kommen wir ja gerade richtig!«

»Äh, Ruffy«, wandte sich Lysop an unseren Kapitän und streckte seine Finger nach dessen Schulter aus. »Vielleicht sollten wir Chopper und Zorro holen?«

»Ach Unsinn«, hörte ich Sanji neben mir sagen, ehe dieser in die Brusttasche seines Hemds griff und die Schachtel Zigaretten aus dieser herausfischte. »Wir gehen einmal über den Platz, schauen uns alles an, und dann wieder zurück.«

Seiner Anweisung stimmte ich mit einem Nicken zu. Ich wollte nicht den ganzen Tag hier verplempern, nur weil hier ein Fest stattfand. Doch Ruffy teilte den Vorschlag des Smutjes nicht. Schneller noch, als wir gucken konnten, hatte sich dieser aus dem Staub gemacht. Dass es gefährlich war, ihn allein hier herum spazieren zulassen, war uns bewusst. Noch gefährlicher war es allerdings, hier als Piraten entlarvt zu werden, denn nicht jede Stadt nahm solche wie uns mit offenen Armen auf. Doch je näher ich mir die Leute besah, die hier grölten, tanzen, lachten und den Tag genossen, desto mehr verdrängte ich die Angst, die sich mit unserem Betreten der Insel in mir breitgemacht hatte.
 

»Habt ihr hier Marinesoldaten gesehen?«, fragte ich an Lysop und Sanji gewandt, ehe ich mich ebenso auf der Bank niederließ und die Bewohner meinen neugierigen Blicken unterzog.

»Nein«, sagte Sanji und die Zigarette in seinem Mundwinkel hüpfte dabei auf und ab.

»Ich auch nicht«, bestätigte Lysop und zuckte mit den schmächtigen Schultern. »Vielleicht ist diese Insel zu klein für einen Stützpunkt.«

»Ja, schon«, riet ich, kam jedoch nicht umhin, jenes Gefühl erneut zu bemerken, das die kleinen Alarmglöckchen in meinem Inneren zum Schwingen brachte. »Aber eigentlich war doch bis jetzt auf jeder Insel eine Basis, wenn auch nur eine Kleine. Ich traue dem Braten nicht.«

»Ach Nami«, meinte der Smutje neben mir und erhob sich plötzlich, »sei doch nicht immer so misstrauisch.«

Seine Worte quittierte ich mit einem Brummen, ehe auch ich die Schultern hob, und jene wieder hinabsinken ließ. Gerade, als ich von meinem merkwürdigen Gefühl berichten wollte, war auch unser Koch verschwunden und in dem bunten Gewirr untergetaucht.

»Du, Lysop«, begann ich und wollte wenigstens einem meiner Kameraden davon erzählen, als dieser aufsprang, beinahe so, als habe er sich auf einen Kaktus gesetzt und die vielen, kleinen und fiesen Stacheln in seinem Gesäß gespürt.

»Da gibt es Schießpulver!« Ähnlich wie Ruffy nur wenige Augenblicke zuvor, sah ich auch bei unserem Kanonier nun jenes Glitzern, das Faszination preisgab. Lysops Wuschelkopf vermischte sich mit den Farben der Besucher, deren Kleidung, Gesang und Gelächter. Manchmal, so wünschte ich, würde auch ich mich gern an den einfachsten Dingen erfreuen. Dinge, die einmal nichts mit Berry oder Orangen zutun hatten. Seufzend lehnte ich mich zurück, bis mein Rücken die Holzlatten der Bank berührten und beobachtete das Treiben, das an mir vorüber zog.

»Wo ist Lysop?« Sanji trat auf mich zu, in den Händen drei Krüge balancierend. Er stellte die Gefäße neben mir ab und ich griff eiligst nach einem Krug, um diesen sogleich an meine Lippen zusetzen. Einen Dank in Sanjis Richtung murmelnd, schmeckte ich den ersten, süßlichen Tropfen, doch jenem folgte ein brennender, bitterer Nachgeschmack. Was auch immer der Inhalt dessen sein mochte, es schmeckte, löschte den Durst und löste die Anspannung.

»Was ist das?«, verlangte ich zu wissen, und Sanji, noch immer stehend, hielt sich an einem Becher fest.

»Keine Ahnung«, sagte er und zuckte mit den Schultern.

»Lysop hat etwas von Schießpulver gemurmelt und ist dann ebenfalls abgehauen«, erklärte ich und schloss somit zu seiner, in der heißen Mittagsluft umher schwirrenden, Frage auf. Allmählich versuchte ich, die einzelnen Komponenten des Gebräus zu bestimmen. Honig und Alkohol, soviel vermochte ich bereits zu schmecken. Vielleicht auch etwas Beeriges, Fruchtiges? Holunder? Doch je heißer nun die Sonne brannte, desto schummeriger wurde es mir. Die Wärme in der Luft, die Hitze von dem Getränk. Nur mit Mühe konnte ich ein Gähnen unterdrücken.

»Wir sollten Ruffy und Lysop suchen gehen«, schlug ich vor und besah mir den dritten Becher, der noch immer auf der Bank verweilte. »Willst du?«

Mein Deuten von dem Becher auf Sanjis Person verneinte dieser mit einem Schütteln des flachsblonden Schopfes. Ich schluckte, wohl wissend, dass, wenn Lysop nicht zurückkäme, mir das Leeren des Kruges zustand. Hastig griff ich nach dem Henkel, setzte den schweren Humpen abermals an meine Lippen und ließ den brennenden Inhalt meine Kehle hinab fließen. Die Gänsehaut auf meinen Armen schwand, stattdessen breitete sich eine wohlige Wärme in mir aus, die selbst die klingenden Glöckchen zum Verstummen brachte.
 

Das erneute Schlagen der Glocke, hoch oben im Rathausturm, ließ mich zusammenzucken. Mir war kaum bewusst, dass ich meinen Kopf an jemandes Schulter gelegt und eingedöst war. Benommen von der Hitze und dem leckeren Getränk, rieb ich mir die Augen. In meinem Kopf drehte sich alles, sodass ich kaum bestimmen konnte, wo ich mich befand.

»Ist alles in Ordnung, Nami?«

Ich blickte neben mich und erstarrte für die Dauer einer Sekunde. Selten hatte ich den Smutje so nah an mich heran gelassen, und noch seltener waren mir die leuchtend blauen Augen des Jungen aufgefallen. Doch nun, in diesem Augenblick, hatten jene freudig schimmernden Seelenspiegel eine dunkle, faszinierende Nuance angenommen. Hastig wich ich vor ihm zurück. Brachte Abstand zwischen uns, wenn auch nicht genug. Mein Gesicht, ob nun von Schock gezeichnet, oder Scham erfasst, verbarg ich vor ihm. Meine Handflächen, kalt und schwitzig zugleich, kühlten meine erhitzen Wangen, ehe ich mich von Sanji abwandte und in die andere Richtung drehte. Noch immer schwirrte alles in meinem Kopf und auch, als ich dem Versuch erlag, mich zu erheben, erfasste mich ein Schwindelgefühl, sodass ich plumpsend wieder auf der Sitzfläche der Bank aufkam.

»Ah, hier steckt ihr.«

Ich wandte mich zu der Stimme um. Vor uns ragte Lysop auf, der aber eher einen enttäuschten Eindruck machte.

»Wir haben uns nicht von der Stelle bewegt«, erklärte Sanji ruhig und zog an dem Glimmstängel.

Ich schirmte meinen Blick ab, um Lysop anzusehen, auch wenn er vor meinen Augen leicht verschwamm. »Hast du Ruffy gefunden?«, fragte ich und bemühte mich, die vielen Lysops, die plötzlich vor mir auftauchten, als eine Person in Einklang zubringen.

»Ruffy? Nein«, sagte der Kanonier freiheraus. »Sollte ich denn?!«

»Wir sollten ihn suchen und wieder zurück zur Flying Lamb«, meinte der Smutje und erhob sich abermals.

»Gute Idee«, pflichtete ich bei, kam jedoch nicht umhin, einen scharfen Seitenblick auf Lysop abzufeuern, der nur seiner Leidenschaft für alles was rauchte und qualmte den Vorzug gab.
 

Musikanten spielten an jeder Ecke, das Lachen der Kinder und die Lieder, die gesungen wurden, sollten die Gemüter erheitern, doch mir war der Lärm zu viel. Nur langsam schafften wir es, uns durch die Menge zu bewegen, bis wir es aufgaben und uns einfach treiben ließen. Im Fokus hatte ich stets Lysops schwarze Lockenmähne, oder Sanjis goldblonden Haarschopf. Beinahe wäre ich in dem Gewühl untergegangen, hätte ich nicht jene Finger um mein Handgelenk ausgemacht, die mich energisch und bestimmend mit sich zogen.

»Eigentlich brauchen wir nur die Futterstände abzuklappern«, hörte ich Lysop sagen und bemerkte, wie Sanji die Meute nach einem Fleisch brüllenden Jungen absuchte. Nur langsam löste sich der Strom der Gäste auf, sodass wir nach wenigen Schritten wieder etwas mehr Bewegungsfreiheit hatten. Allmählich löste sich auch der Dunst in meinem Kopf.

»Vielleicht im Wirtshaus?«, schlug ich vor und erntete nur Schulternzucken. »Immerhin haben wir ihn weder gesehen, noch gehört.«

»Und wenn er das Fest verlassen hat?«, wandte Lysop ein, doch sowohl Sanji, als auch ich, schüttelten die Köpfe. »Gut, wenn ihr meint.«

Wieder stürzten wir uns in das Getümmel, nun jedoch darauf bedacht, uns an den Hauswänden entlang zu bewegen. Als wir im dritten Gasthaus noch immer keinen Ruffy erspähen konnten, beklagte sich Lysop.

»Wie viele von diesen Gaststätten gibt es denn hier?«, verlangte dieser zu wissen, ehe Sanji inne hielt und ich ebenso einen kleinen Stopp einlegen musste. »Das sind ja die reinsten Fresstempel.«

»Vielleicht hat Ruffy schon alles abgegrast«, erwiderte Sanji ungerührt und lotste uns zum nächsten Haus.

»Wie will er das denn bezahlen?«, fragte ich eher an mich selbst gewandt.

»Vermutlich wird er so lange futtern, bis wir ihn gefunden haben und uns dann die Rechnungen unter die Nase halten.« Offenbar hatte der Smutje meine gemurmelten Worte gehört.

»Na super«, seufzte ich und schüttelte, so gut es mir möglich war, den Kopf. »Was ist das für eine Stadt, wo an jeder Ecke ein Wirtshaus steht?!«

»Das Paradies auf Erden, zumindest für unseren Kapitän«, meinte der Blondschopf und betrat das Lokal, das uns am nächsten war. Laut und schallend drang das uns mittlerweile bestens bekannt und vertraut gewordene Lachen Ruffys an unsere Ohren.

»Oh, da seid ihr ja«, meinte Ruffy breit grinsend und drehte sich auf dem Barhocker sitzend zu uns um. »Das sind meine Freunde, Sanji, Nami und Lysop.«

Der Betreiber, so meine Vermutung, musterte uns freundlich, dennoch bemerkte ich einen Ausdruck auf seinem Gesicht, der wachsam und misstrauisch wirkte. Er nickte uns zu, ehe sich Sanji an die Theke lehnte und mit dem Daumen auf Ruffy verwies.

»Wie viel schulden wir dir?«, fragte er und der Mund des Wirts verzog sich zu einem breiten Grinsen.

»Ihr übernehmt also seine Rechnung?«, lachte der Wirt und polierte das Glas in seiner Hand mit einem Tuch, bis ein quietschender Laut zu vernehmen war.

»Müssen wir wohl, oder?«, hakte Sanji nach und blickte mit mitleidigem Lächeln neben sich.

»Pssst, hey, Nami«, meinte Lysop flüsternd und rückte näher zu mir auf. »Wie viel Berry hast du bei dir?«

Doch ich gab ihm keine Antwort. Viel mehr war ich auf den Preis gespannt, den der Herr dieses Lokals für die Futterorgie unseres Anführers im Sinn hatte.

»Du hast doch nicht nur hier gegessen, oder Ruffy?«, fauchte Sanji in Ruffys Richtung.

»Nö«, gab dieser abermals breitgrinsend zurück und begann, sich auf dem Hocker um seine eigene Achse zu drehen.

»Ruffy!«, zischte Lysop und griff nach den Schultern des jungen Kapitäns. Abrupt geriet auch der Kopf Ruffys ins Schlingern, sodass dieser mit einem Male auf dem Tresen aufkam und der Hals gut sichtbar in die Länge gezogen wurde.

»Was seid ihr denn für Typen?«, verlangte der Wirt zu wissen und wieder trat ein misstrauischer Ausdruck in sein Gesicht, gepaart mit Furcht.

»Wir sind Pi ...«, wollte Ruffy vorpreschen, doch Lysop und ich hechteten nach vorn, um seinem Plappermaul Einhalt zu gebieten.

»Wir sind Touristen«, sagte ich hastig und trat zwischen Ruffy, der von Lysop noch immer zum Schweigen verdammt wurde, und Sanji an die Theke. »Also, wie viel macht das?«

Wie Sanji deutete auch ich auf »das Fass ohne Boden« neben mir und bedeutete Lysop, er möge unseren Kapitän aus dem Laden schaffen.

»Touristen, ja?«, hakte der Betreiber nach und musterte uns nun skeptischer. »Dreißigtausend Berry.«

Mir blieb beinahe die Spucke weg. Entweder hatte Ruffy wirklich so viel verputzt, oder aber der Wirt zog uns über den Tisch. Oder schlimmer: Durch das vorlaute Mundwerk dieses Gummischädels wusste dieser nun, welche Leute seine Lokalität betreten hatten. Ich tippte eher auf die letzten beiden Möglichkeiten, oder aber es kam alles zusammen.

Angespannt nagte ich auf meiner Unterlippe. Dreißigtausend Berry. So viel hatte ich nicht bei mir. Mit zorngeschwängertem Blick starrte ich zu Lysop und Ruffy, die sich nur wenige Schritte hinter Sanji und mir befanden.

»Könnten wir etwas als Pfand hierlassen?«, bot ich an und versuchte so lieb und nett wie mir in diesem Augenblick möglich an das Verständnis des Wirts zu appellieren. »Ich hole nur schnell mein Portemonnaie und dann ...«

Schneller, als ich erfassen konnte, hatte der Wirt über die Theke nach meiner Hand gegriffen, sie gepackt und mit Wucht auf das polierte Holz sausen lassen. Ein Schmerz, sengend heiß und stechend, fuhr mir durch den Körper, ehe ich nur eine Nasenspitze von dem üblen Atem des Lokalbetreibers entfernt war. Sanji war sofort in Alarmbereitschaft. Doch auch Ruffy und Lysop verrieten sich, indem sie mir zu Hilfe kommen wollten.

»Wusste ich doch, dass ihr Piraten seid. Ihr wollt einen Pfand dalassen?«, fragte der Wirt höhnisch und grinste wissend. »Ich traue keinen Piraten. Du, Püppchen, bleibst hier. Als Pfand.«

»Du wagst es!«, fauchte Sanji und die Wut in seinem Blick war beinahe greifbar.

»Sanji«, warnte ich den Smutje, ehe ein Unglück geschah. »Ruffy, Lysop, in meiner Kajüte, in der Truhe, ist ein Beutel. Bringt ihn einfach her, dann bezahlen wir den Mann und Ruffys Zeche und verschwinden wieder.«

»Gut«, meinte Lysop und zerrte an unserem Kapitän herum. »Sanji?«

Doch dieser Schüttelte den Kopf und machte keinerlei Anstalten, sich von der Stelle zu rühren.

»Ich bleibe. Beeilt euch! Je schneller ihr hier seid, desto schneller sind wir wieder weg«, sagte der Smutje und entwandt mein Handgelenk den Pranken des Wirts. »Wird's bald!«

Eiligst setzte sich Lysop, mit Ruffy im Schlepptau, in Bewegung.

»Und Du. Lass sie los!«, forderte Sanji mit vor Wut schäumenden Blick in Richtung des Wirts, ehe ich, ungewollt, einen wimmernden Laut ausstieß. »Wir bleiben hier, also, lass sie los!«

Der stechende Schmerz fand für den Hauch einer Sekunde Linderung, als sich Sanjis kühle Finger um meine heiße Haut schmiegten. »Wenn ihr Handgelenk gebrochen ist, dann schwöre ich dir, dass du deine Mahlzeiten nur noch mit dem Strohhalm schlürfen kannst!«, drohte der Smutje, doch auf dem Gesicht seines Gegenübers zeigte sich nur ein provozierendes Grinsen.

»Piraten«, spie der Wirt verächtlich aus, »mit solchem Gesindel wie euch, wird hier kurzen Prozess gemacht.«

»Ach ja?«, hakte Sanji herausfordernd nach. »Wie denn, ohne Marine? Oder seid ihr etwa Kopfgeldjäger?«

»Weder noch«, gab der Wirt offenbar höchst amüsiert zurück. »Wir sind weder das eine, noch das andere.«

»Dann seid ihr Piraten«, würgte ich hervor, doch der Wirt schenkte meiner Vermutung keinerlei Beachtung.

»Die nächste Marinebasis ist drei Inseln weit entfernt. Um Kopfgeldjäger zu sein, fehlen uns die Waffen und fähigen Männer und Piraten verachten wir.« Verdutzt blickten Sanji und ich zu dem Wirt, der damit begonnen hatte, die sauberen Gläser unter dem Tresen zu verstauen. »Wir sind nur Bürger, die auf ihr eigenes Wohl bedacht sind und jeden Feind als Parasiten entlarven und ausmerzen.«

»Dann tötet ihr also jeden, der eure Insel betritt?«, stellte Sanji nüchtern fest.

»So in der Art, ja«, lachte der Mann auf. »Und jeden, der seine Schulden nicht zahlt. Deine Freundin kann von Glück reden, dass es nur ihr Handgelenk ist. Wir dulden niemanden, der uns schaden will.«

Auf den Spott des Wirts reagierte ich mit brennenden Wangen. Mir war nicht wohl. Weder in dieser Taverne, noch an diesem Ort. Und schon gar nicht auf dieser Insel.

»Das klingt, als hätten wir ein empfindliches Ökosystem gestört«, überlegte ich laut und bekam nur ein stummes, kurzes Nicken als Antwort.

»Dass wir Fleisch hatten, ist lange her«, ließ der Wirt beiläufig verlauten und ich glaubte kaum, meinen Ohren zutrauen.

»Fleisch?«, hakte Sanji nach und zog mich, für den Wirt unbemerkt geblieben, ein paar Zentimeter von der Theke fort.

»Nun, sollten eure Kameraden mit dem Geld nicht wiederkommen, komme ich gern auf das Angebot des Püppchens zurück.« Das breite, triefende Grinsen des Wirts entblößte die gelben, schiefen Zähne und der fauligen Gestank aus seinem Mund brachte mir Übelkeit.

»Sanji«, flüsterte ich und griff mit meiner anderen Hand nach dem Ärmel seines Hemds.

»Was seid ihr?«, spottete Sanji überlegen. »So etwas wie Kannibalen

»Zartes, üppiges Fleisch« Beinahe schien es, als habe der Mann die Worte des Smutjes gar nicht vernommen.

»Nami«, murmelte Sanji und drängte mich weiter in Richtung Ausgang. Ich stieß gegen einen Stuhl, oder Tisch, und schrie kurz auf. »Wenn ich jetzt sage, dann lauf!«, wies er mich an, ehe seine Finger mein Handgelenk freigaben. »Jetzt!«

Schnell wandte ich mich zur Tür und erschrak. Vor mir hatten sich einige Mannen aufgebaut. Groß, bärenhaft und lechzend. Mein Rücken stieß gegen Sanjis Rücken, sodass ich abermals aufschrie.

»Nami«, sagte Sanji und warf mir einen kurzen Blick zu, als ich mich zu ihm herumdrehte, »es wird alles gut. Wir kommen hier raus.«

»Aber was ist mit Ruffy und Lysop?«, verlangte ich zu wissen und hasste das Zittern, das meine Stimme zum Beben brachte.

»Denen geht's gut. Vertrau mir! Aber jetzt müssen wir uns erst einmal diese Typen vom Hals halten, hörst du?«, meinte Sanji und ich nickte zur Bestätigung, wenn auch zögernd. »Was ist mit deinem Handgelenk?«

Ich zuckte mit den Schultern, wappnete mich aber bereits für den Angriff. Mein Versuch, den Schmerz zu vergessen, der aus meiner rechten Hand in Finger und Arm gekrochen war, gelang, wenn auch nur mäßig. Mit einer schnellen Bewegung griff ich in den Ausschnitt meines Shirts und zerrte die Einzelteile meiner Waffe hervor. Eins. Zwei. Drei. Mein Stab war einsatzbereit, doch das schien unsere Gegner nicht zu beeindrucken.

»Jetzt?«, fragte ich flüsternd an Sanjis Ohr.

»Jetzt«, raunte er und griff nach meiner Hand, die nicht malträtiert worden war.
 

Ich wusste kaum, was mit mir geschah, denn ich spürte Wind auf meinen Wangen. Sanji rannte, ich hörte seinen rasselnden Atem und spürte sein schneller schlagendes Herz dicht an meinem Ohr. Der Smutje lief und hinter uns hörte ich die wütende, fluchende Meute.

»Du willst sie um ihr Abendessen bringen?«, sagte ich, die ich noch immer nicht begriff, was vor sich ging.

»Bring mich nicht zum Lachen!«, herrschte Sanji mich an, doch sein Gesicht zierte ein Grinsen, ehe er für einen flüchtigen Augenblick schmerzverzerrt die Augen schloss. »Oder soll ich dich ihnen als Festmahl anbieten?«

Ich vergrub mein Gesicht in sein Hemd, krallte mich an und in den Stoff fest, so gut es mir möglich war. Sanji keuchte, japste und doch flehte ich, er möge durchhalten, bis wir die Flying Lamb erreicht hatten.

»Da ist sie«, presste er hervor und plötzlich spürte ich, wie mich sein warmer Körper verließ. Ich vernahm nur den pfeifenden Wind und das Gefühl durch die Luft zufliegen. Hart schlug ich auf das Deck auf. Zu meinem Glück sah ich den Lockenkopf Lysops vor mir. Ich konnte kaum sprechen, zu sehr hatte mich die Angst in ihren kalten Klauen. Das Gesicht des Kanoniers zierte ein Fragezeichen, ehe er begriff, was geschehen war. Noch ehe ein Schrei aus seinen Lungen drang, hechtete Zorro an uns vorbei und stürmte auf die Bewohner zu. Ich rappelte mich auf und stürzte zur Reling.

»Sanji!«, schrie ich und konnte nicht verhindern, dass mir Tränen in die Augen stiegen. Der Smutje, eingekreist und um sich tretend, versuchte der Meute Herr zu werden. Zorro kam ihm zur Hilfe, während sich Lysop daran machte, den Anker zu lichten. Ich half ihm und gemeinsam zerrten wir an der Kette.

»Wo ist Ruffy?«, fragte ich zischend und bemerkte den stechenden Schmerz in meiner Hand. Doch meine Frage blieb unbeantwortet. Unser Kapitän hatte sich bereits ins Geschehen gestürzt, während Zorro zu Chopper empor brüllte, dieser möge Segel und Ruder übernehmen.

»Hey, Koch«, brüllte der Schwertkämpfer erneut, »los, beweg' dich!«

Ich wusste nicht, warum Zorro so barsch umher keifte und wappnete mich schon für Sanjis verbalen Gegenschlag, doch die Worte des Smutjes blieben aus. Stattdessen hievte sich der junge Mann über die Brüstung und fiel mit einem dumpfen Poltern auf die Dielen des Decks.

Ich vermochte nicht mehr zu sagen, wann und wie dieser Kampf sein Ende fand, doch nach etlichem Geschrei und Schmerzlauten hatten es Zorro und Ruffy wieder an Bord geschafft. Chopper und Lysop hatten das Ruder übernommen und schon bald war diese Insel nur noch ein kleiner Punkt am Horizont.
 

Betreten blickte ich auf den Smutje, dessen Gesicht Prellungen und Schürfwunden zierten. Auch sein Kinn hatte einiges abbekommen. Ich war, im Gegensatz zu ihm, mit meinem verstauchten Handgelenk noch wesentlich besser aus der Sache herausgekommen. Ich besetzte den Stuhl neben ihm, während er auf der Pritsche, im improvisierten Krankenzimmer, liegend mit offenen Augen an die Decke starrte.

Ich schwieg und hätte auch nicht einen Ton von mir geben wollen. Ich war ihm so dankbar, doch ich wusste nicht, wie ich ihm meinen Dank hätte zeigen können. Worte dafür fand ich nicht. So saß ich da, mit hängendem Kopf, während meine rechte mit Gaze umwickelte Hand in meinem Schoß ruhte. Mit der anderen Hand griff ich nach seinen Fingern. Ein Muskel in seinem Kiefer zuckte, als er meine zarte Berührung zu bemerken schien. Ich drückte die starr neben seinem Körper liegenden Gliedmaßen und beugte mich zu ihm vor. Mein Mund war trocken, meine Lippen, durch das nervöse kauen auf ihnen, aufgesprungen und geschwollen und doch bettete ich einen Kuss auf sein geschundenes Kinn. Sanft, flüchtig, doch ich hörte, wie Sanji scharf Luft in seine Lungen sog.

»Danke«, wisperte ich und hob den Blick, um ihn anzusehen. Der Smutje schwieg, beobachtete mich und wieder bemerkte ich, dass das Blau seiner Augen eine tiefere Färbung angenommen hatte. Mir wurde ganz mulmig zumute, als ich mich der Intensität seines Blickes ausgesetzt sah. Als ich meine Finger seiner Hand entziehen wollte, verstärkte Sanji den Griff und hinderte mich an meinem Vorhaben.

»Wie geht es deiner Hand?«, verlangte er zu wissen und die Worte wichen in brüchigem Ton von seinen Lippen. Ich starrte auf meine bandagierte Hand, die noch immer in meinem Schoß lag und zuckte mit den Schultern.

»Chopper sagte, dass ich sie in ein paar Wochen wieder bewegen könne, als wäre nichts geschehen.«, ich zwang mich zu einem Lächeln. »Wie ... wie hast du es geschafft ...«

Sanji schnaubte, ehe ich meine Frage zu ende stellten konnte. Dann zwang ich mich, ihm ins Gesicht zu sehen. Die Wunden in seinem Gesicht waren zu fein, als dass sie von Schlägen hätten kommen können.

»Du ... du bist ... mit mir ...«, stotterte ich und versuchte für mich die einzelnen Puzzleteile zusammenzufügen, die mir entgangen waren. Sanji gab meine Finger frei, sodass ich mit ihnen über die lädierten Stellen seines Gesichtes streichen konnte. Abermals zog Sanji scharf Luft ein, doch dieses mal tat er zischend, und durch die Zähne.

»Die Fenster ...«, ich schüttelte den Kopf und schnaubte entsetzt. »Bist du vollkommen übergeschnappt?«

Meine Fassungslosigkeit schlug in Wut um. Ich hatte auch kämpfen wollen!

»Sanji!«, knurrte ich und griff unsanft nach seinem ramponierten Kinn, sodass der Smutje erneut zischend Luft holte. »Du Idiot! Ich hätte kämpfen können!«

»Soll dir etwa noch mehr Leid zugefügt werden, Nami?!«, knurrte er und ich gab sein wundes Kinn frei. »Wenn du nicht mehr zeichnen kannst, was bleibt dir dann noch?«

»Aber, Sanji ...« Wut, Trauer, Dankbarkeit ... eine Welle verschiedenster Emotionen drohte über mir einzubrechen. Ich spürte nasse, heiße Tränen, die aus meinen Augen hervor quollen und meine brennenden Wangen hinab rannen. Doch eine andere Wärmequelle nahm mich für sich ein. Mit dem Daumen wischte Sanji die salzigen Perlen fort. Meine Gedanken überschlugen sich, doch nicht ein Ton kam mir über die Lippen.
 

»Nein«, murrte ich und ließ meinen Kopf auf die Arme sinken. »Ein rechter Winkel hat immer neunzig Grad, Sanji. Lass mich ...«

»Nein«, herrschte er mich an, lächelte jedoch. »Ich schaff' das schon.«

Skeptisch betrachtete ich sein Gekritzel. Für eine Skizze nicht übel, doch als Karte würde ich dieses grobe Liniengewirr nie zu meinen anderen Schätzen bugsieren. Als Sanji mich fragte, ob ich traurig sei, diese Insel mit diesen Verrückten nicht vermessen zu haben, schüttelte ich hastig den Kopf.

»Dafür hänge ich zu sehr an meinem Leben«, hatte ich geantwortet, »und an den Leben meiner Kameraden, meiner Freunde.«

Ein Schnauben entkam ihm. Dann schüttelte er sein blondes Haupt, griff nach den Enden des Papierbogens und hielt diesen in die Höhe.

»Was sagst du?«, fragte er und blickte kritisch zu mir.

Ich betrachtete sein Werk und hob eine Augenbraue. Tief holte ich Luft, ehe ich resigniert seufzte. Die Schwellung an seinem Kinn war abgeklungen, und auch die kleinen Schnittwunden, die er sich bei unserem Sturz aus dem Fenster, sowie der Flucht vor diesen Kannibalen zugezogen hatte, waren kaum noch zu sehen. Ruffy und Lysop hatten in meiner Kajüte das reinste Chaos fabriziert, obwohl ich ihnen genau beschrieben hatte, wo der Beutel mit den Berry lag, doch zu unserem Glück hatten sie sich durch diese Aktion so verzettelt, dass sie gerade wieder zurück zur Taverne hasten wollten, als mich Sanji dem Kanonier gewissermaßen in die Arme warf.

»Was ist?«, fragte Sanji und verzog die Lippen zu einem Grinsen. Offenbar war ihm nicht entgangen, dass ich in Gedanken versunken war und ihn dabei beobachtete hatte. Mein Blick ruhte auf seinem Gesicht.

»Tut es noch weh?«, fragte ich und tippte vorsichtig mit den Fingern gegen sein Kinn.

»Nein«, meinte er und ließ einen schnaubenden Laut erklingen. »Aber wenn ...«

»Aber wenn – was?«, hakte ich nach und spürte seine Hand, die sich um meine Finger gelegt hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Duchess
2014-09-22T20:50:41+00:00 22.09.2014 22:50
Da du diesen OS mir gewidmet hast fühle ich mich natürlich geehrt und müsste dir ja schon aus reiner Höflichkeit etwas hinterlassen.
Aber mir gefällt er echt gut ^__^
Als ich dir den Anstoß dazu gab, dachte ich eigentlich daran, dass es tatsächlich ungefähr so aufgebaut ist wie der andere OS. Also dass das Augenmerk tatsächlich nur aufs Zeichnen ausgerichtet ist und Nami vielleicht besonders penibel ist, was die Federführung oder die Genauigkeit angeht etc.
So bildet es ne Rahmenhandlung und die eigentliche Handlung ist ganz neu.
Ja, es ist mal wieder "Gefühlsduselig" Man merkt schon, wer diesen Text geschrieben hat ^^
Aber was ich echt toll finde ist, dass du hier auch Action reingebrahct hast. Nicht jeder kann Action auch beschreiben und ich finde das könntest du öfter mal mit einbauen ^^


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