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Mondscheinkuss

von

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Eine unerwartete Wendung

Ich fühle mich noch ein wenig duselig als ich zu mir komme. Es dauert einige Zeit bis ich wieder klar sehen kann und ich fühle mich ziemlich schwach, als hätte ich gar keine Kraft in meinem Körper.

Jemand hantiert an meinem Hals herum und eine andere Person hält meine Hand. Es ist Melanie, die mich besorgt anblickt und sofort aufsteht um sich über mich zu beugen.

„Andreas! Wie geht’s dir?“, fragt sie und streicht mir mit ihrer Hand über den Kopf.

Ohne ihr zu antworten drehe ich mein Gesicht zu der Person links von mir. „Dale?“, frage ich benommen.

„Halt still!“, fordert er mich auf und dreht mein Gesicht zurück damit er besser an meinen Hals kommt.

„Da war... Die Ärztin hat...“ Es fällt mir schwer einen klaren Gedanken zu fassen. „Mein Hals tut weh.“ Als ich mit der Hand dorthin greifen will hält Dale sie fest.

„Ich habe die Wunde schon versorgt, jetzt grabsch da nicht auch noch hin!“, murrt er. Als ich in sein Gesicht sehe stelle ich fest, dass es leicht angeschwollen und blutig ist. Einige erste blaue Flecken machen sich bemerkbar.

„Was hat sie gemacht?“, frage ich Dale.

Dieser schweigt und wechselt einen deutlich sichtbaren Blck mit Melanie. „Das muss unter uns bleiben, ist das klar?“

Sie nickt und ich tue es ihr gleich. Dale seufzt und verschränkt seine Arme vor der Brust. Er scheint mit sich zu hadern, als wolle er es uns gar nicht sagen.

„Wo ist die Krankenschwester?“, frage ich und lasse den Blick durch den Raum schweifen.

„Hinter mir auf dem Bett.“ Dale zieht den Vorhang zwischen den beiden Betten zurück und augenblicklich halte ich den Atem an.

Die Frau ist ans Bett gefesselt und geknebelt. Wütend starrt sie zu uns herüber. Ihr Körper ist mit Blut besudelt. Sie zerrt an den Seilen und strampelt mit den Füßen. Wütende Laute stößt sie aus und sieht uns hasserfüllt an.

„Mir blieb nichts anderes übrig. Sie hat heute noch kein Blut bekommen und das kann gefährlich werden. Für alle, die ihr über den Weg laufen. So was kommt hin und wieder vor.“ Dale zieht den Vorhang zu und sieht auf mich herunter. „Sie hat ein bisschen zu viel von deinem Blut getrunken, deswegen geht es dir so schlecht. Es dauert eine Weile, bis dein Körper wieder über genug Blutkörperchen verfügt. Es war keine schlaue Idee mit deiner blutigen Nase diesen Raum zu betreten.“

„Dann ist es also wahr?“ Mit großen Augen sehe ich ihn an. „Du bist ein Vampir?“

Dale lacht amüsiert. Zu meinem Ärger dauert es eine Weile bis er sich wieder gefangen hat. „Nein. Ich bin kein Vampir.“ Grinsend blickt er auf mich herab. „Eure Krankenschwester ist ein Vampir.“

Sprachlos sehe ich ihn an. Habe ich etwa die ganze Zeit falsch gelegen? Aber ich war mir so sicher, dass er ein Vampir ist! Wie konnte ich so stark daneben liegen?

„Was hast du mit all dem hier zu tun?“, fragt Melanie zögerlich.

„Ich bin sozusagen eine wandelnde Blutkonserve für die Blutsauger.“ Um es uns zu demonstrieren zieht er seinen Pullover hoch. Überall auf seiner blassen Haut sind Bissspuren verteilt, teils Neuere, teils Ältere, die Narben hinterlassen. Dale lässt den Pullover wieder herunter. „Klar, man könnte das Blut leicht aus den Krankenhäusern entwenden, aber viele Vampire bevorzugen doch eher frisches Blut, direkt vom Menschen. Deswegen bin ich hier.“

„Dann hast du also gar keine Anämie?“, will Melanie wissen.

Dale schüttelt den Kopf. „Ich komme hier öfter vorbei damit Daniela mein Blut trinken kann.“

„Wieso fühle ich mich so schwach? Fühlst du dich nicht so?“, frage ich Dale und kann es noch gar nicht richtig realisieren was er uns alles erzählt.

„Normalerweise begnügt sie sich mit weniger Blut. Meistens gehe ich am Wochenende zu einem Arzt, der mir dann ein wenig auf die Sprünge hilft. Energiedrinks helfen aber auch ganz gut, um mich über die Woche fit zu fühlen.“ Dale grinst breit und steckt seine Hände in die Hosentaschen.

„Deswegen bist du ein Einzelgänger?“ Melanie sieht ihn neugierig an.

„Es ist besser, wenn ich alleine bleibe. Nicht jeder muss hinter mein Geheimnis kommen.“ Dale zuckt mit den Schultern.

Langsam setze ich mich im Bett auf, auch wenn mir noch immer schwummrig zumute ist. „Also gibt es Vampire tatsächlich...“, murmele ich.

„Wie man's nimmt...“, erwidert Dale. „Es gibt Vampirjäger, die versuchen sie auszumerzen. Man bekommt es nicht immer mit, aber Vampire verstoßen oft genug gegen die Regeln und richten ein regelrechtes Blutbad an. Du hast Glück gehabt, dass ich dich zuerst gefunden habe. Wäre jemand anderes hier reingekommen, wäre nicht nur herausgekommen, dass Daniela ein Vampir ist, die andere Person hätte ebenfalls Schaden nehmen können.“

Nachdenklich sehe ich ihn an, dann wird mein Blick jedoch wieder zornig. „Dir scheint es ja toll zu gehen, wenn man bedenkt was du für eine Scheiße in der Klasse angerichtet hast!“

Dale wirkt sichtlich unbekümmert. „Was hätte ich tun sollen? Es ist ja ganz süß, dass du mir auf Schritt und Tritt folgst, aber ich konnte nicht riskieren, dass du mehr über mich erfährst. Irgendwie musste ich dich ein wenig auf Abstand halten und etwas besseres ist mir im ersten Moment nun mal nicht in den Sinn gekommen. Na ja und heute Morgen. Ich weiß auch nicht, ich wollte dich noch mal sehen. Du warst letztens so mitgenommen als du mein Haus fluchtartig verlassen hattest. Ich wollte einfach sicher gehen, dass mit dir alles in Ordnung ist, mal abgesehen davon, dass...“ Dale holt tief Luft und weicht meinem Blick aus. „Ich hatte mir gedacht, nachdem was wir in der Sporthalle getan haben, es vielleicht möglich wäre... du und ich...also...“ Er beißt sich auf die Unterlippe und schaut mir in die Augen. „Ach, ich weiß auch nicht!“, murrt er. „Ich weiß nicht was ich mir dabei gedacht habe!“

„Ich schon.“ Melanie sieht ihn schalkhaft lächelnd an. „Du wolltest ihn zwar auf Abstand halten, aber du fühlst dich zu Andreas hingezogen.“

Dale schürzt die Lippen und sieht sie grimmig an. „Tue ich nicht!“, meckert er leise.

Ich sehe zu ihm auf. Ganz toll, dass hat mir echt noch gefehlt. Eine wandelnde Blutkonserve hat sich in mich verguckt. War zwar so geplant gewesen, um mehr über ihn zu erfahren, aber ob mir das jetzt noch etwas bringt? Ich weiß von seinem Geheimnis und somit wird er wohl von sich aus mit der Sprache herausrücken.

„Ich habe nie gefragt, aber wer ist die Frau in deinem Haus?“

„Elaine.“

„Wer ist sie?“

Dale wirkt zögerlich. „Ein Vampir. Sie ist...meine Schwester.“

„Sie hat in Blut gebadet.“

„Jaaaa...“, meint Dale langgezogen. „Sie hat so ihre Vorlieben.“ Er grinst und wirkt sichtlich angespannt.

„Sie hat mich mit dir verwechselt und meinte, du könntest nach ihr baden.“ Auffordernd sehe ich ihn an.

„Es ist eine Art Schutz okay?“, gibt Dale wiederspenstig zu. „Das Blut ist von mir. Ein paar Mal im Jahr müssen wir das tun.“

„Was für ein Schutz soll das sein?“

„Damit die Vampirjäger nicht riechen, dass sie ein Monster ist, klar?!“

„Kann man das riechen?“, frage ich irritiert.

„Die Vampirjäger halten einige Vampire am Leben um die Färten von Ihresgleichen aufzunehmen.“

„Wieso zum Teufel badest du in Blut?!“, frage ich Dale fassungslos.

„Wenn ich mich tagtäglich mit Vampiren abgebe, muss ich mich schützen!“ Dale hält inne und überlegt, dann gibt er sich einen Ruck. „Dass wir hier leben hat einen Grund. Wir sind auf der Flucht.“

„Vor wem?“, fragt Melanie ungläubig.

„Hunter Reed.“ Dale spuckt den Namen regelrecht aus. „Er will meine Schwester töten.“

Melanie und ich sehen den Jungen vor uns sprachlos an. So langsam komme ich nicht mehr richtig mit. Das sind mir eindeutig zu viele Informationen auf einmal. Ich habe noch gar nicht richtig verdaut, dass unter uns Menschen wirklich Vampire leben. Ich habe zwar die ganze Zeit gehofft, dass es so ist, aber jetzt zu wissen, dass es tatsächlich so ist hat schon einen seltsamen Beigeschmack.
 

„Glaubst du ihm das alles wirklich?“, fragt Melanie mich auf dem Heimweg. Sie hat kurzerhand beschlossen die letzten Stunden sausen zu lassen und sieht mich nun skeptisch von der Seite an.

Ich stecke meine Hände in die Hosentaschen und zucke mit den Schultern. „Die Bisse sind doch Beweis genug oder nicht?“

„Aber du hattest mir erzählt, dass du es nicht richtig mitbekommen hast was die Krankenschwester getan hat. Die könnten dir auch mit etwas anderem zugefügt worden sein.“

„Möglich, aber ich glaube nicht.“

„Und dann die Sache mit seiner Schwester. Wieso wollte er uns nicht mehr darüber erzählen?“

„Vielleicht um sie zu decken?“, vermute ich.

Melanie seufzt. „Ich weiß wirklich nicht was ich davon halten soll.“

„Ich ja auch nicht.“ Seufzend sehe ich gerade aus und schlendere den Gehweg entlang.

„Was sagst du deinen Eltern? Ich meine, die sehen doch die Verletzung! Und dann ist da ja noch die Prügelei in der Schule...“ Melanie schlägt die Hände vors Gesicht und gibt einen jammernden Laut von sich. „Das wird alles immer kurioser!“

Lächelnd blicke ich zu ihr. „Dann erfahren sie halt von der Prügelei. Wenn ich ein Pflaster auf den Hals klebe wird es gar nicht mehr so stark auffallen und alles ist in butter. Es wird ja wohl nicht ewig dauern bis die Bissspuren verheilt sind.“

Melanie seufzt und sieht mich skeptisch an. „Da war doch noch etwas...“, murmelt sie und schlagartig erhellt sich ihre Miene. „Wolltest du mir nicht noch etwas erzählen?“

„Na ja, im Prinzip hat sich die Sache wohl erledigt, glaube ich.“ Schulterzuckend gehe ich weiter, doch so leicht gibt Melanie sich nicht geschlagen.

„Sag schon!“, fordert sie mich auf.

„Ist nicht weiter spektakulär. Es ist nur so, dass Dale mich in der Halle bedroht hat. Er meinte, er würde mich noch dazu bringen, dass ich ihn hasse. Er wollte mich nur auf Abstand halten, dass erklärt doch soweit alles.“

„Bist du dir da wirklich sicher?“ Melanie wirkt wenig überzeugt. An der Bushaltestelle bleiben wir schließlich stehen.

„Ich denke, die Sache hat sich erledigt. Was soll er mir jetzt noch großartig antun wollen. Ich kenne doch sein Geheimnis.“

„Stimmt auch wieder.“

Der Bus fährt ein und hält direkt vor uns. Die Tür öffnet sich. Melanie umarmt mich flüchtig und steigt ein. „Bis morgen!“, ruft sie mir im Bus zu, ehe sich die Tür schließt und winkt, als das Gefährt sich auch schon in Bewegung setzt. Ich winke fahrig und sehe dem Bus nach.

Ob sie Recht hat? Sollte ich das lieber nicht auf die leichte Schippe nehmen? Mir fällt nur kein plausibler Grund ein warum ich das jetzt noch tun sollte?

Auf den restlichen Metern zu meinem Elternhaus lasse ich mir Zeit und trödele vor mich hin. Hoffentlich wissen meine Eltern noch nichts davon. Ich weiß absolut nicht was ich ihnen sagen soll. Ich kann doch schlecht erzählen, dass es um eine Sache zwischen mir und Dale geht. Die Sache mit dem Kuss.

Mir wird warm in den Wangen. Ärgerlich klopfe ich mir mit den Handinnenflächen ins Gesicht. Dass ich mal zu so etwas imstande wäre. Ich! Ein Hetero, der einen Schwulen küsst! Und es hat mir auch noch gefallen...

Augenblicklich sinkt mein Kopf herunter. Mein Blick haftet auf dem Gehweg. Das kann doch nicht wahr sein!

Gut, ich habe noch nie jemanden geküsst. Das war mein erster Kuss und ich bin froh, dass es mir einigermaßen gelungen ist. Wenn man gar nicht weiter darüber nachdenkt ist es sogar einfacher als ich immer dachte, stelle ich verblüfft fest.

Dale ist auch richtig zur Sache gekommen. Ob er mehr wollte? Also so richtig zur Sache kommen...?

Und wieder schießt mir die Röte ins Gesicht. Sex mit Dale? Nein, das geht ganz und gar nicht! Erst mal habe ich von Sex keinen blassen Schimmer und zum Anderen kann ich mir nicht vorstellen, dass sich Sex mit einem Kerl gut anfühlt. Ich meine, der stochert da mit seinem Schwanz in meinen Gedärmen herum. Wie kann sich das dann bitte gut anfühlen? Ich glaube auch nicht, dass der Körper dafür gemacht wurde, dass da unten etwas reinkommt. Wenn man es mal aus hygienischer Sicht betrachtet ist es eine echt eklige Angelegenheit.

Mein Mund verzieht sich und mich überkommt ein Schauder. Unwillkürlich schüttele ich mich. Nee, das muss echt nicht sein!

Küssen ja, aber kein Sex mit einem Kerl! Nie und nimmer!

„Whoa!“, entfährt es mir, als ich plötzlich angerempelt werde. Falsch. Ich bin es, der in jemanden reingelaufen ist, weil ich nicht auf meine Umgebung geachtet habe.

Irritiert sehe ich auf. Der Mann ist größer als ich. Hochgewachsen, attraktiv und eine düstere Erscheinung. Er könnte glatt einem Modemagazin entsprungen sein.

„Sorry!“ Mehr fällt mir im Moment nicht ein. Mein Blick gleitet über seine dunklen braunen Augen. Er hat dichte Augenbrauen und dunkles braunes Haar, welches leicht vom Wind zerzaust wird. Seine Kleidung ist schwarz. Schwarze Hose, schwarzer Pulli und darüber eine dunkle Jacke. Alles in allem eine düstere Erscheinung. Eine attraktive düstere Erscheinung wie ich verblüfft feststelle.

„Ist ja nichts passiert.“ Er bleibt stehen und sieht mich an. Verlegen erwidere ich seinen Blick. Er wirkt schon irgendwie stechend und ich fühle mich als hätte ich etwas verbrochen und er versucht nun herauszufinden was ich getan habe.

„Alles in Ordnung?“ Er deutet auf meinen Hals und sofort greife ich nach der verbundenen Stelle.

„Äh ja, ist nicht Ernstes!“, erwidere ich hastig.

Prüfend sieht der fremde Mann mich an, dann entspannt sich seine Miene. „Eigentlich suche ich diese Adresse. Kannst du mir helfen?“

Ich sehe auf den kleinen Notizzettel, den er mir vor die Nase hält. „Das ist meine Schule.“ Ich sehe zu ihm auf. „Sie müssen einfach nur immer geradeaus gehen. An der großen Kreuzung nach links und vor dem Supermarkt biegen Sie rechts ab. Ist nicht zu verfehlen.“

„Okay, danke.“

Er schenkt mir ein hinreißendes Lächeln und paralysiert sehe ich ihm nach. Noch nie habe ich so einen hübschen Mann gesehen.

Grinsend drehe ich mich um und gehe heim. Melanie wird vor Wut kochen, dass ihr das entgangen ist.

Abrupt bleibe ich stehen. Wieso finde ich den Mann denn so toll? Kann mir doch schnuppe sein wie er aussieht. Stirnrunzelnd knabbere ich auf meiner Unterlippe. Na toll. Erst Dale, jetzt der fremde Typ. Schippere ich gerade ans andere Ufer ohne es zu bemerken?

„Oh je...“
 

Zuhause wartet das nächste Dilemma. Meine Eltern sind längst in Kenntnis gesetzt worden. Zuerst muss ich mir über das Telefon eine ewig andauernde Predigt meines Vaters anhören, der so gar nicht von meiner Prügelei angetan ist. Schuldbewusst lausche ich seinem Gezeter und bekomme eine Woche Hausarrest aufgebrummt.

Die nächste Überraschung bietet mir meine Mutter, die mir erzählt, dass ich für eine ganze Woche vom Unterricht suspendiert worden bin. Schön so was auch mal zu erfahren. Da hat Dale mir ja was ganz tolles eingebrockt!

Ganze fünf Tage muss ich nicht in die Schule. Insgeheim freue ich mich natürlich. Mal ganz ehrlich, wer freut sich nicht über so etwas? Das ist wie Kurzferien. Zum Glück schreibe ich diese Woche keine wichtigen Teste oder Arbeiten. Zumindest hoffe ich, dass es auch dabei bleibt.

Als ich dann endlich mit einem Zettel in der Hand in mein Zimmer gehe pfeffere ich ihn auf den Schreibtisch. Es ist eine meterlange Liste mit Aufgaben die ich die nächsten Tage hier im Haushalt erledigen soll. So viel zu meinen Ferien.

Seufzend strecke ich alle Viere von mir. Schön und gut, aber was fängt man mit all der Zeit an, wenn ich das Haus nicht verlassen darf? Ich bin natürlich nicht jemand, der ständig auf Achse ist. Ich bin gerne in meinen vier Wänden. Ab und an treffe ich mich natürlich auch mit Melanie, dann ziehen wir durch die Stadt, gehen essen oder ins Kino, aber die nächsten Tage kann sie ja auch zu mir kommen.

Das erste was mir in den Sinn kommt ist meine Konsole aufzubauen. Solange mein Fernseher noch im Zimmer steht muss ich das ausnutzen.

Kurz darauf hänge ich bäuchlings auf dem Bett und zocke Red Dead Redemption. Die Zeit vergeht wie im Flug. Nach etlichen Stunden in denen ich alles um mich herum vergessen habe ist es Abend und von unten ist die Haustür zu hören. Mein Vater ist daheim.

Angespannt halte ich inne und warte ab. Keine Schritte sind zu vernehmen. Kommt er also nicht hoch um mich noch einmal in die Mangel zu nehmen?

Schulterzuckend zocke ich weiter und gehe meiner Lieblingsbeschäftigung nach. Banditen jagen und das Kopfgeld für sie kassieren.

Unwillkürlich muss ich dabei an diesen Hunter Reed denken. Ob der auch so einer Art Beschäftigung nachgeht? Vampire jagen und Trophäen einsacken? Vampirjäger. Irgendwie stelle ich mir das schon sehr spannend vor. Gerade in dieser langweiligen Zeit muss das doch eine sehr spannende Aufgabe sein. Der Controller landet auf der Matratze und Gedankenverloren blick ich an die Wand, stelle mir vor wie ich in der heutigen Zeit blutrünstige Vampire jage und sie töte, ehe sie es bei mir versuchen.

Seufzend lege ich den Kopf aufs Bett und schließe die Augen. Es wirkt immer noch so merkwürdig auf mich. Vampire, die es wirklich gibt. Es wirkt surreal. Unecht. Wie aus einem schlechten Jugendroman. Oder diese Teeniefilme, in denen ein ganz normaler Jugendlicher es plötzlich mit einer Horde Vampire zu tun bekommt die ihm das Blut aussaugen wollen.

Andächtig streiche ich über den Verband an meinem Hals. Meine Mutter ist darauf zum Glück nicht näher eingegangen. Sie denkt natürlich, dass die Verletzung von der Prügelei herrührt. Gut, belasse ich es dabei. Ist auch sicher, sie in dem Glauben zu lassen.

Grimassen schneidend wälze ich mich auf den Rücken. Mein Blick fällt aus dem Fenster in den dunklen Abendhimmel. Habe ich wirklich schon so lange gezockt? Wie doch die Zeit verfliegt.

Ich muss unweigerlich an letzte Nacht denken. Dale. Der Kuss. Mit dem Finger streiche ich mir über den Mund und schließe die Augen. Die Fingerkuppe gleitet über die Lippen, fährt dazwischen. Ich lecke an meinem Finger, sauge ein wenig daran. Die andere Hand gleitet in meinen Schritt, sucht sich ihren Weg in meine Hose.

Ohne mich zu rühren runzele ich die Stirn. Was mache ich hier eigentlich? Will ich mir echt einen von der Palme wedeln und dabei an Dale denken? Wie bescheuert bin ich denn?

Ich ziehe meine Hand aus der Hose und setze mich auf. Das wird ja immer besser. Mit den Händen gleite ich durch meine Haare, verwuschele sie und seufze kopfschüttelnd. Meine Finger greifen nach dem Controller. Ablenkung, ja das ist genau das Richtige in solchen Momenten in denen man eine Dummheit begehen will.
 

Am nächsten Tag ist Melanie da. Wir haben Wochenende, superschönes Wetter und ich darf nicht raus. Ich bin ja so was von am Arsch!

Melanie und ich beschließen also eine Art Poolparty im Badezimmer zu machen. Auf so eine blöde Idee kommt man wohl nur, wenn man wirklich nichts Besseres zu tun hat. Sie im knappen Bikini und ich in Badehose. Wir lassen das Wasser ein, natürlich mit richtig viel Schaum bis die Wanne voll ist. Quietscheentchen, heimlich angemixte Coctails und leckeres Obst, welches Melanie mitgebracht hat. Wir setzen uns in die Wanne. Ich nach hinten, sie zwischen meine Beine an meine Brust gelehnt. Fast schon wie ein Paar.

„Wieso sind wir eigentlich nicht zusammen?“, frage ich Melanie.

„Weil du auf Dale abfährst?“

Hm, ganz unrecht hat sie nicht. Melanie ist aber auch nicht von schlechten Eltern. Sie ist blond, schlank, aber nicht so krankhaft spindeldürr wie es bei einigen Mädchen in Mode ist und eigentlich total hässlich aussieht. Sie ist kurvig und meiner Meinung nach sexy. Eher der Typ nettes Mädchen von nebenan, aber die sind ja auch nicht zu verachten. Wieso muss man sich immer an Weiber schmeißen, die ohnehin unerreichbar sind, wenn man ein tolles Mädchen praktisch direkt vor der Nase hat?

Mit den Händen streiche ich über Melanies Schultern, die noch trocken sind. Sie hat die Beine angezogen und den Kopf auf die Knie gebettet.

„Wir kennen uns aber schon so lange. Wir hätten längst mal ausgehen können.“

„Beste Freunde küssen sich nicht.“

„Wieso nicht?“, frage ich Melanie.

Sie dreht mir ihr Gesicht zu. „Na ist doch komisch. Wenn es nicht gut läuft, will man doch weiterhin befreundet sein, aber das hat doch irgendwie einen schlechten Nachgeschmack, wenn die Beziehung in die Hose ging. Meinst du nicht? Man will doch die Freundschaft nicht gefährden.“

Nachdenklich schaue ich sie an. Recht hat sie und trotzdem...

Sie hat keinen Freund. Ich habe keine Freundin. Ist das wirklich der einzige Grund, welcher uns davon abhält einander zu daten?

Ich lecke mir über die trockenen Lippen. „Aber ein Versuch kann doch nich schaden oder?“, frage ich sie.

Melanie presst die Lippen fest zusammen und runzelt die Stirn.

„Bin ich dir zu hässlich?“, witzele ich lachend.

Sie lächelt zurückhaltend. „Nein. Du siehst sogar echt toll aus.“ Sie wirkt verlegen. Die ganze Stimmung ist gerade irgendwie äußerst komisch. Ein wenig angespannt, voller Erwartungen auf das was eintreffen wird und das was nicht passiert.

Melanie senkt den Blick und dreht sich mir langsam zu. Nicht gerade einfach in der engen Badewanne. Sie sieht mich zögernd an und greift nach dem Wannenrand. Nur langsam nähern sich unsere Gesichter einander. Unsicherheit. Wir zögern beide. Wirken verlegen. Lächeln und schmunzeln als uns nur noch wenige Zentimeter voneinander trennen.

Der Kuss ist zaghaft, noch ein wenig scheu. Unser erster Kuss. Ermutigt presse ich meine Lippen fester auf ihre, übe mehr Druck aus und küsse sie mit klopfendem Herzen. Melanie schmiegt sich eng an mich. Ich schlinge meine Arme um ihren nassen Körper. Nach einer Weile lösen wir uns voneinander. Beide knallrot im Gesicht. Wir lachen und weichen unseren Blicken aus.

Eine wirklich komische Stimmung.

Und dann muss ich an Dale denken. Seine forschen Küsse, die mich gänzlich aus der Bahn geworfen haben.

Ich atme tief durch als Melanie mich erneut küssen will. Ich erwidere es verlangend.

Dale zu küssen war toll, aber es ist besser, wenn ich mich mit einem Mädchen abgebe. Dale würde mich ja doch nur ins Chaos stürzen. Und doch...

Was ist, wenn ich genau das will?

Und Melanie mir nur als Fluchtweg dient?



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Aliria
2015-01-13T10:58:58+00:00 13.01.2015 11:58
Uch nein das mit Melanie xD Irgendwie kenne ich auch jemanden der ein Mädchen "benutzt" hat um sich letzlich klar zu werden das er gar nicht auf Mädels steht. ( nene ich bin`s nicht^^). Sie tut mir fast ein wenig leid aber ich denke im Grunde weiss sie selber das es nichts bringt.

Wie sich Andreas gegen seine Gefühle für Dale wehrt ist süß :D
Antwort von:  Shunya
13.01.2015 15:04
Stimmt ist mies. Würde mir auch nicht gefallen. XD lol
Tja, wer weiß was Melanie sich dabei denkt? Ich glaube, bei ihr ist es ein wenig zwiespältig. Einerseits möchte sie vielleicht mehr als nur Freundschaft, weil sie ja auch Andreas Kuss eingeht, andererseits weiß sie auch, dass er was mit Dale am laufen hat und dieser ja auch nicht gerade abgeneigt ist was Andreas betrifft. Hach ja~ Dreiecksgeschichten sind so eine Sache für sich. XD lol
Von: abgemeldet
2014-11-06T18:00:56+00:00 06.11.2014 19:00
Oh jemine. Gefühlschaos. Der arme Andreas. Fühlt sich zu Dale hingezogen, aber will es nicht so ganz akzeptieren. Und Melanie als "Fluchtweg" zu nutzen... Ob das gut geht?
Von:  mu_chan
2014-10-09T13:36:06+00:00 09.10.2014 15:36
die poolparty is ja echt niedlich ^^
aber was mir bauchweh macht, is der typ, den er den weg gezeigt hat, eventuell der hunter?
wäre irgendwie logisch, besonders weil er ja so intetressiert auf die halswunde gestarrt hat...hmmm ich bin gespannt! ^^
& so wie es aussieht scheint der gute andreas ja doch was für dale zu empfinden *-*

glg mu_chan
Antwort von:  Shunya
09.10.2014 16:00
Danke für deinen Kommentar. :D
Andreas und Dale brauchen noch ein Weilchen um sich zu beschnuppern. XD Das ist Andreas alles noch nicht ganz geheuer. lol
Von:  alandatorb
2014-10-07T14:10:20+00:00 07.10.2014 16:10
also wirklich Poolparty im Badezimmer *grins* auf die Idee muss man erst mal kommen *lach*
Antwort von:  Shunya
07.10.2014 16:19
Aber so was von! XD
Wenn kein Pool in der Nähe ist (und man das Haus nicht verlassen darf) muss man sich halt was einfallen lassen. lol ;D


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