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Neue Zeiten

von

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Ungeahnte Hindernisse

Sidney war froh darüber, dass die organisierten Kutschen doch recht zeitnah eintrafen und die Schüler endlich von hier weg brachten. Zumal es danach aussah, als würde es bald erneut regnen. Und auf nasse, durchgefrorene Kinder hatte er wahrlich keine Lust, wenn er hier einen Job zu erledigen hatte. Ein Job, der ihm auf eine gewisse Art und Weise Angst machte. Denn, wer oder was konnte so viele Schüler einfach spurlos verschwinden lassen? Die ganze Sache gefiel ihm nicht und es störte ihn, dass er so lange durch die Kinder davon abgehalten wurde, sich den Tatort an zu schauen.

Und während er so darüber nach grübelte und dabei zu sah, wie die Kinder in die Kutschen verfrachtet wurden, ertönte eine leise, helle Stimme neben ihm.

Bei dem zaghaften „Daddy...?“ waren all seine Sorgen für den Moment wie weggeblasen. Mit einem sanften Lächeln drehte er sich zu dem Mädchen um, dessen blonde Locken wirr in alle Richtungen ab standen. Sie hatte ihre kinnlange Frisur nach dem Unfall wohl nicht ganz unter Kontrolle bringen können.

„Was ist, mein Schatz?“ Sachte streichelte er ihr ein paar Locken aus dem Gesicht. Doch lies sich das Mädchen von dieser Geste nicht ablenken und fixierte stattdessen die Augen des Älteren.

„Daddy, du wirst die anderen doch wiederbringen, oder?“ Natürlich hatte sie das unruhige Geraune von den verschwundenen Schülern aus den vorderen Waggons bereits mitbekommen.

„Natürlich, Lindsey. Und wenn ich es nicht bin, wird es einer meiner Kollegen sein.“ Einen Moment lang schwieg die Kleine, ehe sie nickte.

„Und jetzt los. Du wirst so schon zu spät zu deiner Einschulung kommen, dann versuch zumindest als eine der Ersten da zu sein.“ Mit einem weiteren Nicken wandte sich Lindsey ab und ging zwei Schritte, ehe sie inne hielt und sich erneut zu ihrem Vater umdrehte.

„Daddy, pass' auf dich auf.“ Und schon hatte sie Sidney zurück gelassen und war in das bunte Treiben eingetaucht, das sich um die Kutschen herum gebildet hatte.

„Sie ist tapfer“, ertönte in diesem Moment Dales Stimme, während dieser ihm eine Hand auf die Schulter legte. Nur kurz musterte Sidney den Jüngeren, ehe sein Blick wieder zurück zu den Kutschen glitt.

„Und ich könnte nicht stolzer auf sie sein.“ Ein trauriges Lächeln umspielte Sidneys Lippen, als er doch endlich den Blick von den Kutschen und deren außergewöhnlichen Zugtiere nehmen konnte. Er wusste, dass er die Thestrale nur deshalb sehen konnte, weil seine Frau in seinen Armen ihre letzten Atemzüge getan hatte. Seither hatte er jedoch das Gefühl, Thyra und diese Wesen verband etwas.

„Nun geh schon, Sid. Ich kann deinen Platz hier gerne übernehmen. Und solange kannst du dich an den Waggons austoben.“

„Ich heiße nicht Lyle, dass ich mich irgendwo dran austoben müsste.“ Dale hatte das geschafft, was er erreichen wollte. Nämlich, dass Sidneys trauriger Gesichtsausdruck wieder etwas fröhlicher wurde. Und Lyles protestierendes „Hey, das hab ich gehört!“ lies dessen Grinsen nur noch etwas breiter werden, während er endlich zu Wesley hinüber ging. Dort, wo er schon die ganze Zeit hingehen wollte.

 

Als Wesley ein Geräusch hörte, hob er den Blick an und griff aus Reflex nach seinem Zauberstab. Doch lies er diesen stecken, als er Sidney entdeckte, der gerade zu ihm in den umgekippten Waggon der Vertrauensschüler kletterte. Einen Moment lang herrschte Stille zwischen den beiden Männern, bis der Truppenführer nickte und sich wieder dem Abteil zu wandte.

„Deiner Tochter geht es gut?“ Auch wenn es so wirkte, als ob Wesley die Frage nur nebenbei gestellt hatte, so wusste Sidney doch, dass ihm die Antwort wichtig war. Trotz dass er sich die Antwort bereits daraus zusammenreimen konnte, dass der andere sich zu ihm gesellte.

„Ihr geht es gut“, bestätigte der Mann mit den hellbraunen Haaren also, ehe er neben seinem Kollegen in die Hocke ging.

„Und, was hast du bisher gefunden, Wes?“ Da die Stille, die sich plötzlich zwischen ihnen ausbreitete, selbst Sidney zum Grübeln brachte, hob er den Blick zu seinem Gegenüber an. Dieser gereizte Ausdruck in Wesleys Augen hatte nichts gutes zu bedeuten.

„Nicht viel. Um nicht zu sagen: Gar nichts.“ Sichtlich frustriert stand der Ältere auf und drehte sich einmal im Kreis, um das Innere des Waggons zu überblicken.

„Es ist, als ob niemand jemals diesen oder einen der anderen Waggons, geschweige denn die Lok, in den letzten Stunden betreten hätte. Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, außer die schwache Signatur dieses Mädchens, Justice Lorring, das hier drinnen nach Verletzten gesehen hat.“ Sidneys Blick überflog das Chaos, ehe er eine nachdenkliche Miene aufsetzte und seinen Zauberstab zwischen den Fingern drehte.

„Also ist das unmöglich das Werk eines oder mehrerer Schüler.“ Er nickte kurz, um sich selbst zu bestätigen, während er auf seiner Unterlippe herum kaute und seinem Zauberstab dabei zu sah, wie sein Aufspürungszauber wirkte.

„Um so viele Menschen zu entführen und dann auch noch ungesehen zu verschwinden, muss es ein-... Nein. Es müssen mehrere mächtige Zauberer gewesen sein. Ich kann keinen genauen Zauber ausfindig machen. Hmm...“ Der Braunhaarige legte den Kopf leicht schief, als er seinen Zauber unterbrach und einen anderen Aufspürungszauber anwandte. Kritisch zog er die Augenbrauen zusammen.

„Hier sind so viele verschiedene Zauber, dass ich weder Anfang noch Ende eines Zaubers aufspüren kann. Es ist schon schwer genug, überhaupt einen Zauber hier heraus zu filtern. Die haben sich wirklich alle Mühe gegeben, hier sämtliche Zauber drauf zu legen, die es gibt. Und selbst meine Kenntnisse überschreiten diese Zauber bei Weitem.“

Auch wenn Wesley von dieser Aussage überrascht war, lies er es sich nicht anmerken. Er hatte zwar gehofft, dass Sidney einen Durchblick hätte und hier etwas aufspüren würde, was ihm verborgen geblieben war, doch war das, was er entdeckt hatte, durchaus enttäuschend. Der Jüngere war im Aufspüren von Zaubern bisweilen die begabteste Person, die er kannte. Und dass ausgerechnet er von den Zaubern hier überfordert war, hatte nichts gutes zu bedeuten.

Sidney beendete seinen Zauber kopfschüttelnd und stand auf, wobei sein Blick mehr kritisch als enttäuscht war.

„Wenn ich nichts herausfinden kann, Wes, dann sollten wir diese elenden Spürhunde her holen, damit sie auch noch das letzte Fünkchen Magie aus den Garnituren in ihre Bestandteile zerlegen können.“ Man konnte ihnen beiden ansehen, wie wenig sie von diesem Vorschlag hielten. Jedoch mussten sie sich beide eingestehen, dass sie keine andere Wahl hatten.

„Ja, du hast Recht, Sid. Dann werdet ihr ein Auge auf den Schauplatz haben und ich mache mich auf den Weg ins Ministerium, um diese-... Die Spürhunde davon zu überzeugen, dass wir auf ihre Hilfe angewiesen sind. Die werden sich bestimmt sehr darüber freuen...“ Mürrisch wandte der Truppenführer sich ab und stieg aus dem Waggon, ehe er sich nach London apparierte.

 

Seufzend folgte Sidney ihm aus dem Zug. Kurz überblickte er die Wiese, auf der nur noch vereinzelt Kinder dabei waren, in die letzten Kutschen zu steigen. Dann ging er zu Lyle und Dale hinüber, die etwas abseits von ihrem griesgrämigen Kollegen standen. Er brauchte gar nicht zu fragen, warum sie Abstand hielten, da er sich schon denken konnte, dass Harrisons Laune ebenso am Tiefpunkt war, wie seine eigene. Also lies er den Schwarzhaarigen links liegen und blieb bei seinen anderen beiden Kollegen stehen.

„Wes ist zurück nach London appariert, oder?“ Die grünen Augen des Mannes lagen mit unentschlossenem Ausdruck auf Sidney, als dieser bei ihnen an kam. Da er jedoch nur ein Nicken zur Antwort bekam, verfinsterte sich Dales Miene schlagartig.

„Das heißt also, dass du nichts herausfinden konntest und er dieses überhebliche Pack von Spürhunden hier her holen muss.“ Eines hatten Wesley und Dale gemeinsam, und zwar, dass sie bei dem Namen der Einsatztruppe zum Aufspüren und unschädlich machen von hochgradig gefährlicher und verbotener Magie, den Spürhunden, beinahe würgreiz bekamen.

„Oh nein! Sag, dass das nicht wahr ist, Sid!“ Doch konnte er Lyle diesen Gefallen nicht tun.

„Glaub mir, Lyle, es wäre mir auch lieber, wenn wir die nicht mit einbeziehen müssten. Doch, so wie es aussieht, sind wir dieses Mal wirklich auf sie angewiesen.“ Seufzend schüttelte Sidney den Kopf und steckte die Hände in seine Manteltaschen, als es anfing zu nieseln. Als er den Blick wieder anhob, sah er, dass sich Harrison mittlerweile ebenfalls zu ihnen gesellt hatte, um dem Gesprächsthema zu folgen. Also fuhr er nahtlos fort, wo er stehen geblieben war.

„Die Zauber, die dort drinnen gewirkt wurden, sind zu komplex, als dass ich sie kurzerhand aufschlüsseln könnte. Wahrscheinlich können nur die Spürhunde mit dem magischen Chaos dort drinnen etwas anfangen und in absehbarer Zeit Ordnung schaffen, damit wir endlich unseren Job machen können. Ich möchte die verschwunden Kinder nämlich nicht gerne, länger als nötig, einer Gefahr ausgesetzt lassen, die wir nicht einmal kennen.“



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