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Last Desire 2

L x BB
von

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Sams Verhaftung

Es war alles überraschend schnell von statten gegangen und Beyond wurde sofort nach seiner Einlieferung operiert. Die Operation selbst war kein großes Problem für Hester gewesen und sie ging mit der üblichen Diskretion und Professionalität vor, genauso wie bei jedem anderen Patienten, den sie behandelte. Nachdem sie mit ihrer Arbeit fertig war, rief sie L an, um ihn über den Stand der Dinge zu informieren. Glücklicherweise hatte Beyond keine lebensgefährlichen Verletzungen und während der Operation gab es auch überhaupt keine Komplikationen. Insgesamt hatte er einige offene Wunden, die teilweise von einer Messerklinge und dann von einer Peitsche oder etwas ähnlichem herrühren konnte. An den Handgelenken hatte er mehrere blutige Abschürfungen und zudem einige Hämatome und eine Rippenprellung. Die schlimmsten Verletzungen waren innere Blutungen, die ihm durch die Vergewaltigungen zugefügt worden waren. Natürlich war L im ersten Moment erleichtert, dass es nicht allzu schlimm um Beyonds körperliche Verfassung stand. Aber die Tatsache, dass Clear und Sam ihn gefoltert und vergewaltigt hatten, traf ihn sehr und er wusste nicht, was er tun sollte. Wie sollte er sich Beyond gegenüber verhalten, wenn dieser erst mal wieder zu sich kam? Was Clear betraf, so war er fest entschlossen, an ihm ein Exempel zu statuieren und somit ihm als auch den anderen Buchstaben zu zeigen, dass er keine Gnade kannte. Egal was nötig war, er wollte Beyond vor diesem sadistischen Monster beschützen und nicht zulassen, dass ihm jemals wieder so etwas angetan wurde.

„L“, sagte Hester und ihre Stimme klang sehr bedrückt. „Hör mal, wenn du reden willst, dann sag es ruhig. Du weißt, dass ich für dich da bin, wenn du mich brauchst.“

„Wie soll ich mich ihm gegenüber verhalten?“

Er fühlte sich so elend in dem Moment, dass ihm selbst der Appetit auf Süßes vergangen war. Die Aufnahmen, die all den Terror zeigten, den Beyond durchstehen musste, hatte L sich noch nicht durchgesehen. Hester hatte ihm nahe gelegt, es noch nicht zu tun und erst zu warten, bis Beyond etwas dazu sagte. Natürlich würde der Meisterdetektiv L diese Aufnahmen mit der nötigen Professionalität sichten und dann Schritte gegen Clear einleiten. Aber der Mensch L Lawliet würde es nicht ertragen können zu sehen, wie Beyond leiden musste. Er war innerlich zerrissen und wusste nicht, was er tun sollte und wie er mit Beyond reden sollte. Und das schien auch Hester am anderen Ende der Leitung zu bemerken.

„Wichtig ist, dass du stark für ihn bist und ihm hilfst, das Ganze zu verarbeiten. Lass ihm Zeit, bis er bereit ist, selber darüber zu sprechen. Aber er wird sowieso noch eine ganze Weile schlafen, das braucht er jetzt ohnehin nach der ganzen Sache. Wenn er aber wieder aufwacht, wirst du eine Mitteilung auf dem Pager kriegen.“

Damit bedankte er sich bei ihr und blieb den Rest des Tages in einem fast schon apathischen Zustand zuhause und aß rein gar nichts. Selbst Watari konnte ihm nicht wirklich helfen, oder ihn auf andere Gedanken bringen, selbst für Kriminalfälle konnte L einfach nicht die Konzentration aufbringen. Seine Gedanken kreisten einzig und allein um Beyond und er konnte an nichts anderes mehr denken. Insgesamt dauerte es knapp 20 Stunden, bis sich der Pager meldete und kaum, dass der Signalton ertönte, setzte sich L sofort in den Wagen und ließ sich von Watari zum Krankenhaus fahren. Dass er unruhig war, entging dem gebürtigen Engländer nicht. Aber er wusste auch nicht, wie er L diese Sorgen und Ängste nehmen konnte. Zwar hatte er versucht, ihm mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und ihn wieder aufzubauen, aber wenn eine nahe stehende Person so etwas Furchtbares durchlebt hatte, da war es nun mal schwierig, angemessen damit umzugehen und er konnte L in der Hinsicht verstehen. Aufmunternde Worte würden nichts bringen. Worte bedeuteten in so einer Situation nichts.

Gleich im Erdgeschoss wurden sie von Hester begrüßt, die noch einen Energy Drink austrank, um sich nach der langen Schicht wachzuhalten. Seit L sie kontaktiert hatte, war sie schon knapp 30 Stunden wach und musste nachher noch eine Nierentransplantation durchführen, bevor sie ihren wohl verdienten Urlaub antrat. Sie wechselte mit L und Watari ein paar Worte, dann führte sie die beiden hinauf auf die vierte Station, wo Beyond ein Einzelzimmer hatte.

„Sein Zustand ist stabil und durch die Schmerzmittel müsste es ihm auch wieder besser gehen. Allerdings muss er noch eine Woche zur Beobachtung da bleiben, damit wir seinen Zustand im Auge behalten können und er sich auch von der ganzen Sache gut erholen kann. Wenn etwas sein sollte, dann gib mir Bescheid. Ich denke, es wäre erst einmal besser, wenn du alleine mit ihm redest.“

Aufmunternd klopfte sie ihm auf die Schulter, dann ging sie mit Watari weg und L war nun alleine. Er umklammerte den Türgriff, zögerte aber noch, bevor er die Tür öffnete und das Zimmer betrat. Insgeheim hatte er mit dem Schlimmsten gerechnet, aber zu seiner Erleichterung sah Beyond nicht mehr wie eine lebende Leiche aus. Zwar war er noch blass und wirkte immer noch sehr erschöpft, aber es war wieder etwas Leben in ihn zurückgekehrt. Seine Augen wirkten allerdings etwas matt und leer. Kaum, dass er L sah, setzte er sich auf und mit einem Male leuchteten seine rubinroten Augen auf. „L…“

Der Detektiv mit den Pandaaugen konnte sich nicht mehr zurückhalten. Er lief direkt zu ihm und schloss ihn in die Arme. In diesem Moment kamen so viele Emotionen hoch und L war einfach nur froh, Beyond wieder im Arm halten zu können und zu wissen, dass er lebte und bei ihm war. Er spürte, wie der Serienmörder am ganzen Körper zitterte und mit den Tränen kämpfte.

„L, es tut mir alles so leid, was ich gesagt und getan habe. Ich wollte dich nicht verletzen, ich…“

„Nein“, unterbrach L und hielt Beyond fest an sich gedrückt, als wolle er ihn nie wieder loslassen. „Du bist hier der Letzte, der sich entschuldigen sollte. Ich hätte viel früher kommen und dich da rausholen sollen. Dann wäre das alles nicht so weit gekommen.“

Beyond schluchzte heftig und vergrub sein Gesicht in L’s Schulter, während er sich an ihn klammerte wie ein kleines verängstigtes Kind, das nun dringend Trost und Geborgenheit suchte. Ihn so zu sehen, brach L fast das Herz. Er fühlte sich elend und fragte sich, ob er das alles wirklich hätte verhindern können, wenn er rechtzeitig erkannt hätte, was in Beyonds Kopf vor sich gegangen war. Womöglich war das ja alles wirklich seine Schuld…

Der Serienmörder löste sich ein kleines Stück von ihm und küsste ihn. Immer noch flossen Tränen seine blassen Wangen hinunter und sein Kuss war etwas stürmisch, aber dennoch sehr liebevoll. Zuerst war L noch zu überrascht, aber dann erwiderte er den Kuss seines Liebsten. „Weißt du“, sagte der BB-Mörder, nachdem sich seine Lippen zaghaft wieder von L’s gelöst hatten.

„Als die beiden mich gefoltert und gedemütigt hatten, da war das Einzige, woran ich wirklich denken konnte du. An dich zu denken, hat mich wieder zu Verstand kommen lassen, als Clear es kurz geschafft hatte, das Monster zu wecken. Dank dir konnte ich das alles irgendwie ertragen. Ich bin so froh, dass du gekommen bist.“

Wieder küsste Beyond ihn und lächelte schwach, dann wischte er sich die Tränen mit dem Handrücken weg. Zärtlich strich L ihm durchs Haar und betrachtete ihn. Er hat die ganze Zeit an mich gedacht, während sie ihn vergewaltigt und gefoltert haben, um irgendwie durchzuhalten? Das war zu viel für ihn und er spürte, wie sich sein Innerstes schmerzhaft zusammenkrampfte. Schon seit er fünf Jahre alt war, hatte er gelernt, seine Emotionen vor der ganzen Welt zu verbergen, um nicht schwach zu wirken. Er hatte nie gelacht oder Angst gezeigt und er war auch nie ausgerastet, oder hatte anderweitig die Beherrschung verloren. Doch jetzt in diesem Moment war er nicht stark genug, um diese Gefühle zurückzuhalten und in seinen Augen sammelten sich Tränen. Zu wissen, dass der Mensch, den er über alles liebte, so viel durchgemacht hatte und nur durchhalten konnte, weil er an ihn gedacht hatte, war einfach zu viel. Er fühlte sich schuldig für Beyonds Zustand, die ganze Angst kam wieder hoch und er war auch unendlich froh, ihn jetzt im Arm halten zu können. Sie waren endlich wieder zusammen und Beyond war am Leben…

Nun aber löste sich Beyond von ihm und wischte ihm eine Träne weg. „Hey, warum weinst du denn? Ich bin noch am leben und so schnell bringt mich nichts um, verstanden? Und hör auf, dir Vorwürfe zu machen. Dass ich gegangen bin, war allein meine Entscheidung und ich habe die Konsequenzen für diese Entscheidung tragen müssen. Und du hast doch das Richtige getan. Du hast Verstärkung gerufen, mich gerettet und diesen kranken Psychopathen festgenommen. Also schlag dir endlich aus dem Kopf, dass du viel früher hättest kommen sollen. Immerhin habe ich dich doch für ein paar Stunden schlafen geschickt. In dem Zustand hättest du eh nichts tun können.“

Er hat ja Recht, dachte L und nickte. Im Grunde genommen habe ich das Richtige getan, indem ich nicht kopflos losgegangen war, denn in dem Falle hätten mich die Bomben, die Clear installiert hatte, in Stücke gerissen. Ohne V und seinem Ortungssystem hätte ich das nicht überlebt und Beyond wäre immer noch in der Gewalt von Sam Leens und Clear. Ich habe das Richtige getan, aber trotzdem fühle ich mich furchtbar, weil ich Beyond das alles nicht ersparen konnte.

„Und was ich zu dir gesagt habe“, fuhr Beyond fort und schien ein schlechtes Gewissen zu haben. „Dass ich mit dir Schluss mache und so… es tut mir Leid. Ich habe das eigentlich nicht so gemeint. Ich hab das nur gesagt, weil Clear die Wanzen im Haus installiert und all unsere Gespräche abgehört hatte. Und ich wollte dir auch eigentlich keine reinhauen, aber ich musste das alles tun.“ Anstatt, dass er mir Vorwürfe macht, sucht er die Schuld bei sich, dachte L und konnte es nicht fassen. Er ist überhaupt nicht wütend auf mich, weil ich ihn nicht schon viel früher da rausgeholt habe. Unfassbar.

„Mach dir darüber mal keine Gedanken“, beruhigte ihn L. „Ich weiß doch, dass du mich nur schützen wolltest. Aber du bist ein verdammter Dummkopf, dass du dich so in Gefahr begeben hast, anstatt mit mir zu reden. Wir hätten es gemeinsam lösen können und ich wäre rechtzeitig da gewesen, um dich zu retten. Beyond, du musst nicht alles alleine stemmen, ich bin doch auch da. Warum kannst du nicht ein wenig Vertrauen in mich haben und mit mir reden?“

„Ich… ich hatte einfach Angst, dass dir etwas passieren könnte.“

Beyond wischte sich die Tränen weg und betrachtete seine Hände. Seine Handgelenke waren bandagiert worden und trotz der Schmerzmittel hatte er Mühe, sich zu bewegen. Sein Körper fühlte sich an, als wäre er von einem Auto überfahren worden, anders konnte man es nicht beschreiben und sein Kopf dröhnte leicht. Die ganze Geschichte hatte ihn ziemlich angestrengt und er war müde und hätte am liebsten wieder geschlafen. Aber er war so überglücklich, L wiederzusehen, dass er nicht daran dachte, sich einfach so wieder hinzulegen. Er wollte, dass L bei ihm blieb und ihn spüren ließ, dass dies nicht nur ein Traum war oder irgendeine Illusion, in die er sich hineingeflüchtet hatte, um der grausamen Realität zu entkommen. Also blieb der Meisterdetektiv noch den Rest des Tages an Beyonds Seite. Viel sprachen sie nicht, manchmal schwiegen sie für eine längere Zeit und lagen sich in den Armen. Doch das war für keinen von ihnen ein sonderliches Problem. Sie brauchten nicht zu reden, um einander zu verstehen und sich nahe zu sein. Und in L’s Arm zu liegen, die Wärme seines Körpers zu spüren und seinen Herzschlag zu hören, war beruhigender als irgendwelche tröstenden Worte. Natürlich war die Erinnerung an das, was er durchleiden musste, noch so präsent und es erfüllte ihn mit Angst, Wut und Verzweiflung. Aber solange L bei ihm war, hatte er das Gefühl, es besser verarbeiten zu können und sich nicht so hilflos und abstoßend zu fühlen.

Schließlich aber, gegen Ende des Tages klopfte es an der Tür und Hester kam ins Zimmer. Sie sah abgekämpft und müde aus und hatte wieder einen Energy Drink in der Hand, um sich weiterhin fit zu halten. Als sie die beiden so Arm im Arm auf dem Bett da liegen sah, konnte sie sich dieses Grinsen nicht verkneifen, welches Beyond ihr jedes Mal übel nahm. Denn sie hatte irgendwie eine Schwäche für solche Beziehungen und deshalb natürlich Spaß daran, die beiden so zu sehen. Vor allem freute sie sich aber für L, dass er seine große Liebe gefunden hatte.

„Ich will euch zwei Turteltäubchen ja nicht stören, aber es wird langsam spät und die Besuchszeit ist eigentlich schon seit zwei Stunden vorbei.“

Da konnte man leider nichts machen und so mussten die beiden fürs Erste voneinander Abschied nehmen. Beyond sagte zwar nichts und ließ sich auch nichts anmerken, aber ihm war alles andere als wohl dabei, die Nacht alleine zu verbringen. Er hatte Angst. Zwar war Clear hinter Gittern und würde sich auch so schnell nicht befreien können, aber Sam Leens war immer noch auf freiem Fuß. Beyond wusste, dass er irgendwo da draußen auf der Lauer lag und genau das machte ihm Angst. Nun, vielleicht steigerte er sich ja auch zu sehr rein und Sam würde sich nach der Niederlage nicht mehr blicken lassen. Aber die Wahrscheinlichkeit war groß, denn Sam Leens war nicht der Typ, der sich von so etwas abschrecken ließ. L sah, dass ihn irgendetwas bedrückte und fragte ihn besorgt „Beyond, was hast du?“

Ich muss es ihm sagen, bevor es schon wieder passiert, dachte der BB-Mörder und seine Muskeln spannten sich an und sein Magen verkrampfte sich, als er wieder daran zurückdachte, wie Sam ihn stundenlang vergewaltigt und er dabei Höllenqualen gelitten hatte.

„Sam ist immer noch auf freiem Fuß. Ich hab einfach Angst, dass er wieder hier auftaucht und… und…“

Er sprach es nicht aus, er schämte sich einfach davor, es laut auszusprechen, wovor er Angst hatte. Aber er brauchte es auch nicht, denn L wusste schon, was ihm Angst machte. Auch er hatte sich schon so seine Gedanken gemacht, wie er Beyond während seines Krankenhausaufenthalts schützen konnte. Es war leider sehr wahrscheinlich, dass Sam versuchen würde, ihn entweder zum Schweigen zu bringen, oder ihn aus dem Krankenhaus zu entführen. Der Detektiv wandte sich schließlich an Hester und fragte „Wie schätzt du seinen Zustand ein, Hester? Wäre es möglich, dass Beyond woanders unterkommen würde?“

Doch sie schüttelte entschieden den Kopf. „Auf gar keinen Fall. Er hat eine Operation hinter sich und deshalb ist es notwendig, dass er im Krankenhaus bleibt. Und außerdem würde es sowieso keinen Sinn machen, ihn bei dir wieder einzuquartieren. Sam weiß bereits, wo ihr wohnt und er ist clever genug, um deine Sicherheitssysteme zu überlisten.“ Auch wieder wahr. Also musste sich L einen anderen Plan überlegen. Und er hatte auch schon eine Idee, allerdings brauchte er bei der Ausführung dieses Plans Unterstützung. „Hester, bist du noch fit genug?“

„Besorg mir noch drei Energy Drinks und ich bin fit wie ein Turnschuh. Ich hab schon mal drei Tage ohne Schlaf durchgearbeitet und für dich würde ich locker vier Tage schaffen.“

Hester war wirklich nicht mit Gold aufzuwiegen. Egal was auch immer anstand, sie war jederzeit bereit und half, wo es nur ging. L war wirklich froh, dass sie ihm so oft zur Seite stand, denn ohne sie wäre er das eine oder andere Mal vielleicht aufgeschmissen gewesen. Er konnte jederzeit auf sie und ihre Hilfe vertrauen, weil sie schon seit damals bedingungslos loyal war und an das glaubte, wofür er kämpfte.

„Das dürfte kein Problem sein. Ich erklär dir alles gleich in Ruhe und ich ruf noch mal V an. Um jemanden wie Sam Leens dingfest zu machen, wird es wahrscheinlich mehr brauchen. Beyond, du brauchst dir keine Sorgen machen. Ich werde ihn schnappen und dafür sorgen, dass er dir nicht mehr zu nahe kommt.“

Trotzdem kämpfte der BB-Mörder mit den Emotionen, was man ihm nach der ganzen Sache auch nicht verdenken konnte. Das alles war gerade mal einen Tag her und es würde noch eine Zeit dauern, bis Beyonds Wunden verheilt waren. Sowohl seine körperlichen, als auch seine seelischen. Egal was auch nötig war, L würde nicht zulassen, dass wieder so etwas passierte und Beyond wieder so leiden musste. Ein weiteres Mal würde dieser auch sicherlich nicht so schnell durchstehen. Tröstend nahm er den aufgewühlten Serienmörder in den Arm.

„Überlass das alles ruhig mir. Ich werde Sam dingfest machen und dafür sorgen, dass er dir nicht mehr zu nahe kommt.“ Damit löste er sich wieder von ihm. „Ruh dich erst einmal aus. Hester, Watari und ich werden uns um alles Weitere kümmern.“ Dies beruhigte Beyond wieder und mit einem schweigenden Nicken ließ er L gehen. Er wusste, dass er ihm vertrauen konnte, dass er Sam Leens aufhalten würde. L würde schon alles regeln. Dessen konnte sich Beyond sicher sein und sogleich fühlte er sich auch wieder ein Stück besser.
 

Es war spät nachts und alles war dunkel und totenstill im Krankenhaus. Kein Licht brannte, trotzdem fand er sich gut zurecht. Die Dunkelheit war ein guter Schutz für ihn und seine Augen hatten sich so sehr daran gewöhnt, dass er sich problemlos zurechtfand. Lautlos wie ein Schatten schlich Sam Leens durch die Gänge, wurde von niemandem gesehen oder gehört. Seine Präsenz war schon immer so kühl, unnatürlich und trotzdem so unauffällig gewesen, als wäre er eine geisterhafte Erscheinung. Das brachte ihm den Vorteil ein, dass die Menschen dazu neigten, ihn nicht immer direkt zu bemerken, außer vielleicht jene, die seine wahre Natur kannten. Schon bei ihrer ersten Begegnung hatte Beyond gespürt, dass Sam etwas nichtmenschliches ausstrahlte, weil außer seinem Körper sonst nichts an ihm menschlich war. Im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte gab es viele Menschen, die man als Monster bezeichnete. Und in der heutigen Zeit wurde dieser Begriff schon fast zu oft und allzu leichtfertig gebraucht. Aber wenn jemand es verdient hätte, ein „Monster“ genannt zu werden, dann war es der namenlose Schrecken von Amerika, der sich selbst Sam Leens nannte. Denn ein Mensch in dem Sinne war er nicht. Rein gar nichts an ihm war annähernd menschlich, außer vielleicht sein Körper. Um sich als Menschen bezeichnen zu können, musste man über eine gewisse Menschlichkeit verfügen und sich seinesgleichen auch anpassen können. Aber genau das konnte Sam Leens nicht. Er war nicht fähig, sich den Menschen anzupassen und er besaß von Geburt an schon keinerlei Menschlichkeit. Er lebte in seiner eigenen Welt, in der es weder Positiv noch Negativ, geschweige denn überhaupt so etwas wie Gefühle gab. Seine ganze Welt funktionierte in einer Sichtweise, wie sie für Menschen unmöglich nachvollziehbar war und die auch nicht in Worte zu fassen war. Denn dazu hätte der menschliche Wortschatz gar nicht ausgereicht. Und genau das war es, was ihn so furchteinflößend machte.

Er blieb vor dem Zimmer stehen, in welchem sein Zielobjekt lag und nichts ahnend schlief. Beyond Birthday… sein wohl interessantestes Studienobjekt, welches er so schnell nicht aufgeben wollte. Clear hatte versagt und war für ihn nicht mehr zu gebrauchen. Auf ihn konnte Sam getrost verzichten, er kam auch ganz gut alleine klar. Immerhin hatte er nur deshalb mit Clear zusammengearbeitet, weil dieser es am ehesten geschafft hätte, diese monströse Seite in Beyond zu wecken. Das hatte er zwar kurzzeitig geschafft, allerdings war Beyond wieder zu Sinnen gekommen und das aus eigener Kraft. Was hatte ihm den Anstoß dazu gegeben und wie hatte er das geschafft? Genau das wollte Sam herausfinden und dazu musste er Beyond mitnehmen. Er würde schon noch in Erfahrung bringen, was der Auslöser war und dazu war ihm jedes Mittel recht. Und wenn er ihn wieder folterte und ihn diesen unzähligen Erniedrigungen und grausamen Schmerzen aussetzte. Er würde nicht einen Moment zögern, um ihn wieder diese Angst und diese Schmerzen spüren zu lassen und dabei war es ihm vollkommen gleichgültig, was das für Beyond bedeutete. Er selbst hasste es nicht, aber er hatte auch keine Freude daran, ihn zu quälen. Es war für ihn bloß ein Mittel zum Zweck, um ihn dahin zu bekommen, wo er ihn haben wollte. Reue, Mitleid, Mitgefühl war ihm genauso fremd wie Angst oder Liebe. Sam Leens war eine Maschine aus Fleisch und Blut, die allein zu dem Zweck existierte, um die Verhaltensweisen der Menschen zu studieren und mehr über Emotionen zu erfahren. Deshalb war ihm auch jedes Mittel recht, um seine Studien weiter voranzutreiben.

Vorsichtig und vollkommen geräuschlos öffnete er die Tür. In seiner Hand hielt er eine Spritze, um zu vermeiden, dass es zu Komplikationen kommen könnte. Außerdem hatte er wie immer seine Smith & Wesson dabei. Er schaute in das dunkle Zimmer hinein und sah nichts außer den schwachen Lichtschimmern des Vollmondes. Die perfekten Bedingungen für ihn. Und obwohl es für andere vielleicht zu dunkel war, konnte er genau sehen, dass da jemand schlafend im Bett lag. Lautlos ging Sam näher und erkannte den Schlafenden tatsächlich als Beyond Birthday wieder. Eingerollt lag er im Bett, tief und fest schlafend und man konnte auch die ganzen Bandagen erkennen. Ideale Bedingungen für eine lautlose und schnelle Entführung. Nun stand ihm nichts mehr im Wege. Er zog die Kappe von der Spritze ab und bereitete alles für die Injektion vor, dann führte er die Nadel näher an Beyonds Hals.

Doch in dem Moment, als er nahe genug war, da wurde das Licht angeschaltet und ehe sich Sam Leens versah, riss der vermeintlich Schlafende die Augen auf und trat ihm ins Gesicht.

„Jetzt!“ rief er und als Sam die pechschwarzen matten Augen sah, erkannte er seinen Irrtum. Das war nicht Beyond, sondern L! Verdammt, er hatte sich zu sicher gefühlt. Er konnte nicht rechtzeitig genug reagieren, als ihn von hinten jemand angriff und ihn mit einem Überwurf zu Boden schleuderte und ihm gewaltsam die Arme auf den Rücken drehte, sodass er nicht an seine Waffe herankam. Im nächsten Moment stürmten mehrere schwer bewaffnete Männer herein und richteten ihre Gewehre auf ihn, während man ihm Handschellen anlegte und ihn hochzerrte. Aus einer Ecke kam schließlich der echte Beyond hervor und seine rubinroten Augen wirkten nicht mehr so unmenschlich und bedrohlich wie sonst. Sie wirkten viel verletzlicher, genauso wie der Mensch dahinter. Doch dann loderte der Hass in ihm hoch und mit einem mordlustigen Funkeln schlug er Sam so fest er konnte ins Gesicht.

„Beim nächsten Mal bring ich dich um, Sam. Das ist ein Versprechen!“

Doch der emotionslose Killer sagte nichts, er verzog nicht einmal das Gesicht. Er ließ sich widerstandslos abführen, denn er war sich sicher, dass es nicht viel brauchen würde, um sich wieder zu befreien. Er würde genauso berechnend und eiskalt vorgehen wie sonst. Und dann würde er sich schon das holen, was er haben wollte.



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