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Wie das Leben selbst

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von

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Aushilfskellner gesucht

Während ich zügigen Schrittes in die mir gewiesene Richtung durch Bree wanderte, hatte ich auch die Gelegenheit mir, zumindest ansatzweise im Klaren zu werden, in was für einer Situation ich mich befand. Im Grunde war mir klar, dass es wenig Sinn machte sich panisch in eine Ecke oder Dergleichen zu verkriechen, die Beine heranzuziehen und langsam hin und her zu schaukeln, denn DAS würde mich mit Sicherheit NICHT wieder nach Hause bringen. Aber im Erst: Wie konnte so etwas sein? Wie konnte so etwas passieren? Warum und wie bin ausgerechnet ICH in eine eigentlich fiktive Welt gekommen?
 

Ich schaute mich um. Die Straßen waren nur wenig belebt und aufgrund der Tatsache, dass die meisten Läden jetzt erst ihre Türen und Fenster öffneten, vermutete ich, dass es noch relativ früh am Morgen war. Die wenigen Menschen, denen ich begegnete warfen mir natürlich aufgrund meines Erscheinungsbildes skeptische Blicke zu und murmelten sich hinter vorgehaltener Hand irgendwelche Dinge zu, die ich aber nicht verstehen konnte. Allerdings konnte ich es mir denken, denn die Blicke sagten, alles. Erneut seufzte ich auf.
 

Ich sollte mir definitiv andere Kleidung zu legen…Vielleicht kann man mir im Gemeindehaus eine kleine Arbeit vermitteln, ansonsten sehe ich wirklich schwarz hier IRGENDETWAS auf die Reihe zu bekommen…
 

Einige Zeit später erreichte ich einen kleinen Marktplatz, der mit unterschiedlichen Ständen geschmückt war. Er erinnerte mich ein wenig an den Wochenmarkt, welcher hin und wieder in der Nähe meiner Wohnung stattfand. Ich musste schmunzeln. Die Stände waren alle schon geöffnet und die Verkäufer hantierten entweder an ihnen herum oder waren dabei ihre Ware kundenfreundlich herzurichten. In alter Gewohnheit wollte ich wieder zu meiner Tasche greifen und mein Handy herausholen, um ein unauffälliges Foto zu machen, bis ich erneut feststellte, dass sich diese- vermutlich zusammen mit meinem Verstand- aus dem Staub gemacht hatte. „Mann…“ murmelte ich leise und fragte mich, ob es überhaut etwas bringen würde mein Handy hier zu haben. Sehr schnell beantwortete ich mir diese doch rhetorische Frage mit einem klaren ‚nein‘. Es hätte mich sehr überrascht, wenn mein Handy hier überhaupt so etwas wie Empfang gehabt hätte.
 

Ich sollte beim nächsten Telefonat mal anfragen, wie die Tarifbedingungen für Mittelerde sind…
 

Ein absurder Gedanke, der mich leicht zum lachen brachte und meine Laune ein wenig hob. Auch stellte ich mit Freude fest, dass die Standbesitzer, ob nun männlich oder weiblich, mich weniger feindselig anschauten, als die hier einheimische Stadtgemeinschaft, wenn auch ihre Blicke leicht irritiert über meine Kleiderwahl schien. Sie vermuteten zu Recht, dass ich aus einer entfernten Gegend kam und die Kleidung von dort sei beziehungsweise dort so getragen wird. Mit einem freundlichen Lächeln wünschte ich einen ‚guten Morgen‘, welcher mir, ebenfalls freundlich erwidert wurde.
 

Kurz darauf kam ich an einer großen Treppe, die offensichtlich zum Gemeindehaus führte an. Schnell lief ich die Treppe hinauf, blieb aber vor der Tür stehen. Nervös knabberte ich mir an der Unterlippe und überlegte, was ich nun sagen sollte. Die reine Wahrheit- so viel war sicher- konnte ich abharken, denn dann würde man mich wahrscheinlich hochkant aus Bree herauswerfen, allerdings viel mir auch keine adäquate Alternative ein. Vielleicht würde man mir abkaufen, dass ich gerade auf der Durchreise bin und heute Morgen gerade aus Rohan oder Gondor gekommen war….ohne Pferd und ohne Gepäck. Ich schüttelte den Kopf und entschied mich dann für die freie Improvisation. Noch immer zögernd öffnete ich die Tür und betrat das Gebäude.
 

Ich kam in einen großen Raum, in welchem viele Regale gefüllt mit Büchern und Schriftrollen und einige Sitzmöglichkeiten standen sowie viele unterschiedliche Karten an den Wänden hingen. Der Boden war mit dunklem Holz geziert und ließ den Raum zu gleichem Maße edel und rustikal wirken. Am Ende des Raumes war eine kleine, hölzerne Wendeltreppe, die offenbar in das Stockwerk über mir führte. Neben der Treppe befand sich ein Schreibtisch, auf welchem Stapel von Dokumenten lagen und dazwischen unterschiedliche Tintengefäße mit Federn, Stempel sowie verschiedene Siegel. Kurzum hierbei handelte es sich um den mittelalterlichen Schreibtisch eines mittelalterlichen Beamten, von dem allerdings jede Spur fehlte. „Wie überraschend…“ musste ich leise lachen, als mir sich dieses offensichtlich Klischee bot. Langsam ging ich durch den Raum und warf einen genaueren Blick auf die Einrichtung und vor allem auf die Karten, Bücher und Schriftrollen. So unangenehm diese Situation auch war, ich kam nicht drum herum auch einen gewissen Grad von Faszination und Freude zu empfinden. Unweigerlich schlich sich ein erneutes Lächeln auf meine Lippen. Bevor ich mich aber detaillierter mit den Objekten meines Interesses beschäftigen konnte, hörte ich, wie jemand die Treppe herunter kam. Ich drehte mich um und sah einen Mann mittleren Alters, der in ein Pergament vertieft war und mich gar nicht zur Kenntnis genommen haben schien. Trotz des grummeligen Gesichtsausdrucks des Mannes räusperte ich mich und trat näher an den Schreibtisch.
 

„Seid gegrüßt, werter Herr. Ich wünsche einen guten Morgen.“ grüßte ich ihn mit einem freundlichen Lächeln.
 

Er schien sehr in sein Pergament vertieft gewesen zu sein und auch zu dieser frühen Stunde niemanden in seinem Haus erwartet zu haben, denn er schreckte hoch und sah mich vollkommen irritiert an, bevor er sich wieder fing und sich an seinen vollgestellten Schreibtisch setzte. Ich stand nun vor ihm, sodass mir nicht entging, dass er mich musterte.
 

„Seid gegrüßt. Was verschafft mir die Ehre Eures Besuches? Eurer Kleidung nach seid ihr nicht von hier. Seid Ihr mit den Händlern angekommen?“
 

Ich nickte und freute mich insgeheim für die unglaublich günstige Vorlage seinerseits bezüglich meiner Herkunft.

„Da habt Ihr Recht, ich bin mit einer der Handelsgruppen weit gereist, um hier hin zu gelangen. Allerdings war mein Ziel nicht Waren aus meiner Heimat hier zu verkaufen, sondern Arbeit zu finden. Meine Aufenthaltsdauer ist unbestimmt, je nachdem wie es möglich ist hier eine Arbeit zu finden.“
 

Mein Herz pochte und ich hoffte inständig, dass ich irgendwie ein wenig zu Geld komme und das Gespräch vorher einwandfrei verlief. Der Herr betrachtete mich weiter und hob eine Augenbraue, bevor er eine Aussage tätigte, die mich fast ein wenig aus dem Konzept brachte.
 

„Ist das denn wirklich nötig? Ihr sehr aus, als ob ihr aus sehr gutem Hause kommt und nicht auf Geld angewiesen seid. Ferner bin ich davon überzeugt, dass Euer Gemahl genügend Geld verdient um Euch und Eure Kinder zu ernähren.“
 

Einige Sekunden starrte ich ihn einfach nur an, bevor mein Gehirn verarbeitet hatte, wovon der gute Herr gerade ausging. Etwas verlegen lachte ich auf, da diese Vermutung auf irgendeine Art und Weise schon amüsant, wenn auch- wenn man bedenkt, wie alt ich war und vor allem wo beziehungsweise in welcher Zeit ich mich befand- nicht abwegig war.
 

„Ich bin weder verheiratet, noch habe ich Kinder. Ich habe diese Reise alleine angetreten, da ich etwas von der Welt sehen will.“
 

Der skeptische Gesichtsausdruck seinerseits blieb, doch schien er sich irgendwie damit abzufinden, sodass dem Übergang in den formellen Teil nichts mehr im Wege stand.
 

„So sagt mir, von wo seid Ihr denn gekommen?“ fragte er mich, während er einen noch unausgefüllten Meldebogen aus einer Schublade hervorholte und diesen vor sich auf den Tisch legte. Fieberhaft überlegte ich nach einem Stadtnamen, welchen ich halbwegs glaubwürdig rüberbringen konnte.
 

„Nun, ich komme aus einer sehr kleinen Handelsstadt und bin, wie bereits erwähnt, mit der Handelskarawane hier her gekommen…“begann ich zögerlich, um weitere Bedenkzeit einzuräumen. Der Gemeindehausvorsitzende schaute mich inzwischen ein wenig genervt an, da er eine Frage gestellt hatte, die man eigentlich kurz und bündig beantworten konnte.
 

„Dann seid Ihr also auch wie die anderen Händler aus Harlond angereist und habt auch mit ihnen die Blauen Berge durchquert…?“
 

Du nicktest: „Das ist richtig. Von den Blauen Bergen kommen wir und bringen hervorragende Waren aus unserer Heimat mit.“
 

Zu meinem Glück merkte der gute Herr nicht, dass ich mir ein kleines Grinsen verkneifen musste. Ordnungsgemäß füllte er den Bogen aus und erkundigte sich ebenfalls nach den obligatorischen Informationen, wie Name, Alter, Geburtsort und so weiter. Ich war froh, dass man es hier offensichtlich nicht allzu genau mit dem Geburtsdatum nahm, da ich nicht mal wusste, in welchem Jahr beziehungsweise Zeitalter ich mich hier befand. Meinen Nachnamen ersetzte ich in weiser Voraussicht mit ________ (Dein Name) Tochter von _______(deines Vaters Name) und ich musste zu geben, dass dies um einiges edler wirkte als ______(Dein Nachname).
 

Nachdem die Formalitäten geklärt waren, konnte zu meinem eigentlichen Anliegen gewechselt werden: Eine potentielle Arbeit für mich. Eine für mich unendliche Zeit durchsuchte er einen Stapel Papiere, bei denen es sich offenbar um zu besetzende Arbeitsstellen handelte, bis er einen Zettel hervorholte und mir diesen reichte.

„Dies könnte zu Euch passen. Eine Stelle in unserem bekannten Gasthaus, hier in Bree. Die Wirtin hatte sich vor einigen Tagen verletzt und kann daher nur eingeschränkt arbeiten und so ein recht hübsches Fräulein wie Ihr könnte gut in das Kellnergeschäft hineinpassen.“
 

Geschmeichelt von dem Kompliment nahm ich den Zettel entgegen. Sofort viel mir der Name ins Auge: Gasthaus zum tänzelnden Pony.
 

Gewonnen, würde ich sagen!
 

„Habt vielen Dank, werter Herr!“ bedankte ich mich lächelnd und las mir die Anzeige durch. Ich hatte zwar noch nie in einem Gasthaus gekellnert, aber durch den neuen Schub an Motivation war ich der festen Überzeugung diese Aufgabe zu bewältigen. Ein letztes Mal wandte ich mich zu dem Mann: „Wenn Ihr mir noch eine kurze Wegbeschreibung geben könntet, würde ich mich sofort auf den Weg machen und die Stelle im Gasthaus annehmen.“
 

Er nickte und gab mir eine kleine Karte- beziehungsweise etwas, das mal eine Karte werden will, wenn es groß ist- der Stadt, in welcher auch das Gasthaus gut sichtbar eingezeichnet war.
 

Kurz darauf war ich wieder auf dem Marktplatz, der nun deutlich belebter war als vorher. Die ersten Menschen verrichteten ihre Einkäufe oder handelten mit den Verkäufern, während diese lautstark ihre Waren anpriesen. Ich entschied mich zu einem späteren Zeitpunkt oder in den nächsten Tagen noch einmal wieder zu kommen. Jetzt wollte ich schnellst möglich mein Ziel erreichen.
 

Am Gasthaus angekommen atmete ich noch einmal tief durch, bevor ich dieses mit gestrafften Schultern betrat. Erleichtert stellte ich fest, dass zu dieser Stunde keine Gäste da waren. Vorsichtig ging ich zur Theke sah gleich einen sympathisch aussehenden, älteren Herrn, der dabei war einige Gläser zu polieren. Ich räusperte mich kurz, bevor ich ihn ansprach.
 

„Verzeiht werter Herr, ich hörte Ihr benötigt eine Aushilfe in Eurer Gaststätte hier.“

Er schaute auf und kam lächelnd auf mich zu.
 

„Da habt Ihr Recht. Wurdet Ihr vom Gemeindevorstand geschickt, um diese Stelle anzunehmen?“

Ein energisches Nicken meinerseits, bevor ich meinte.
 

„Sehr gerne würde ich die Stelle annehmen. Ich bin mit den Händlern, welche sich auf dem Marktplatz befinden, aus Harlond angereist und wollte mich hier für einige Zeit niederlassen, bevor ich meine Reise fortsetze.“
 

Er beäugte mich von oben bis unten, jedenfalls soweit wie es über die Theke möglich war, bevor er mich mit einer Armbewegung aufforderte mitzukommen.
 

„Das freut mich zu hören. Ein hübsches Gesicht freut die Gäste alle mal, nur solltet ihr auch aufpassen, da es hier nicht immer ganz gesittet zugeht.“
 

Lächelnd winkte ich ab.
 

„Das stellt kein Problem für mich da, Herr. Dort wo ich herkomme sind Frauen in meinem Alter es gewohnt hin und wieder belästigt zu werden. Wir wissen uns aber auch durchaus zu wehren.“
 

Nun lachte auch der Wirt.
 

„Das ist gut, aber nennt mich doch Othar.“
 

„______.“stellte ich mich nun auch vor. Allmählich gewöhnte ich mich an die für mich neue Artikulation und ich musste auch zugeben, dass sie mir Spaß machte.
 

„Habt Ihr denn schon einmal gekellnert?“ war die nächste Frage, die Othar mir stellte, bevor wir eine relativ schmale Treppe hochgingen, die wohl zum privaten Bereich der Wirtsfamilie führte.
 

„Nun in einem Gasthaus noch nicht, aber ich bin gewillt auch diese Erfahrung zu Eurer Zufriedenheit zu erfüllen.“

Brav trottete ich hinter dem Wirt her, bis wir in ein kleines Arbeitszimmer kamen, in welchem auch eine Frau, die im gleichen Alter wie Othar zu sein schien, über einem Buch saß und las. Als sie uns bemerkte schaute sie auf und drehte sich zu uns, sodass ich nun auch sehen konnte, dass sie ihren Arm in einer Binde trug. Ein Arbeitsunfall nahm ich an, was auch mit der Information übereinstimmte, die ich aus dem Gemeindehaus erhalten hatte. Sie sah ihren Mann zuerst etwas irritiert, bevor dieser jedoch meinte:
 

„Das ist _________ aus Harlond. Sie ist mit den Händlern die vergangenen Tage hier in Bree angekommen und würde uns gerne hier im Gasthaus unterstützen. Sag Liebste, haben wir noch einige Dienstkleider, die wir ihr geben könnten, dann würde ich sie so schnell wie möglich in die Arbeit einweisen.“
 

Die Wirtin nickte mir nun freundlich zur Begrüßung zu, bevor sie sich wieder an ihren Mann wandte.
 

„Auf dem Dachboden sollten noch einige liegen, von denen ihr eines passen sollte. Hat sie schon eine Unterkunft? Falls nicht und sie ihre Arbeit gut macht gebe ihr eines der freien Zimmer.“
 

Ein weiterer Ansporn für mich einen guten Eindruck zu hinterlassen. Wenn alles gut laufen würde, hatte ich die perfekte Möglichkeit mir eine kleine Basis zu schaffen, bevor ich weiter überlegen konnte, wie es hier mit mir weiter geht. Othar nickte und machte sich mit mir auf den Weg zum Dachboden, auf welchem wir tatsächlich ein Kleid fanden, dass auf den ersten Blick zu passen schien.
 

„Ich zeige Euch dann, wo ihr euch umziehen könnt. Im Anschluss bitte ich Euch dann schnell nach unten zu kommen, da wir bald die erste Kundschaft bekommen werden.“
 

Ich nickte und kurze Zeit später fand ich mich in einem kleinen, aber gemütlichen Zimmerchen wieder. Das Kleid legte ich kurz aufs Bett und wartete, dass ich alleine war. Als es soweit war setzte ich mich zu dem Kleid und atmete tief durch.

Die erste Hürde wäre also geschafft. Dann hoffe ich nur, dass ich keinen Mist baue und alles zu Othars Zufriedenheit funktioniert.
 

Mit diesem Gedanken begann ich mich umzuziehen. Es fühlte sich an, als ob ich mein altes Leben ablegen und ein neues starten würde, doch hoffte ich inständig bald wieder in meiner Welt zu sein.



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