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ticking time bomb

von

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„Papi, Papi, komm her. Schau mal. So eine wollte ich schon immer haben. Bitte Papi“, aufgeregt hüpfte das kleine Mädchen vor dem Puppenstand auf und ab. Ihre braunen Locken, die ihr Vater liebevoll zu zwei Zöpfen gebunden hat, wehten in der warmen Brise.

„Hast du nicht schon genug Püppchen?“, lächelnd strich er ihr über den Kopf.

„Aber die ist so schön. Bitte Papi.“ Besorgt sah sich der dunkelhaarige Mann um. Mit zitternder Hand lockerte er seine dunkelblaue Krawatte und holte sein Handy hervor, nur um es umgehend wieder in die Hosentasche zu schieben und sich zu seiner Tochter hockte.

„Na gut, Prinzesschen. Aber versprich mir, dass du gut auf sie achtest, ja?“

„Mach ich Papi“, voller Freude nahm sie die Puppe entgegen und begutachtete sie genau. Lange schwarze Haare umrahmten das kleine Gesicht. Die blauen Augen sahen eindringlich geradeaus und das Lächeln schätzte das Mädchen als kalt und falsch ein.

„Ich hab dich lieb.“

„Ich liebe dich auch, mein Schatz“, kurz nahm er seine Tochter in den Arm, die sich mit ihrer Puppe beschäftigte und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, ehe er wieder aufstand. Noch einmal begutachtete er die Umgebung, bis ihm ein großer, schwarzer Transporter auffiel. Er zückte seinen Firmenausweis auf dessen Rückseite ein Foto angeheftet wurde. Plötzlich drehte er sich um und sprintete die Gasse, die sie gerade passiert haben entlang. Sein Herz war schwer wie Blei, als er seine Prinzessin nach ihm rufen hörte. Bevor er um die Ecke bog, blieb er stehen und sah ein letztes Mal zurück, bevor er sich wieder in Bewegung setzte.
 

„Wach auf. Komm schon, mach die Augen auf.“ Sanft strich der dunkelhaarige das Gemisch aus Blut und Schmutz aus ihrem Gesicht. Behutsam rüttelte er an ihren Schultern, mit der Hoffnung, die junge Frau würde davon wieder ihr Bewusstsein erlangen.

Langsam verschwand jedoch das letzte Fünkchen Hoffnung in ihm und die Wut begann sich in seinem Körper breit zu machen. Langsam griff er mit seinem silbernen Arm nach seinem Gewehr, das neben ihm auf dem harten Boden lag und sah nach der Menge an Kugeln. Zufrieden wischte er sich mit seinem Handschuh den Schweiß von der Stirn und ging auf das besetzte Gebäude zu, aus dem er sie zuvor geholt hatte.
 

Dumpf hörte sie, wie um sie herum Wände, Mauern und Häuser in sich zusammenfielen, Feuer in der Gegend ausbrach und dutzende Menschen um ihr Leben fürchteten. Es war bereits Abend geworden, der Mond erleuchtete schon einige Straßen, die noch nicht lichterloh brannten und die Sterne funkelten wie kleine Diamanten. Ihre Augen fühlten sich an, wie zusammengeklebt. Als sie versuchte diese zu öffnen, dachte sie, sie konnte spüren wie die Haut riss.

„Du bist wach. Ich hatte schon befürchtet, du wachst nicht mehr auf.“

„Was ist passiert?“

„Wir müssen hier weg, Macie. Wenn es dunkel wird, ist es für uns nicht mehr sicher.“

„Als ob es das am Tag ist.“

„Unser Lager nur ein paar hundert Meter von hier. Wenn wir dort durch die übriggebliebenen Häuserreste laufen, entdecken sie uns nicht. Was sagst du?“

„Gehen wir.“
 

„Wo sind Sie gewesen? Wir warten schon Stunden auf Ihre Rückkehr.“

„Verzeihen Sie Sir, ich habe nach Macie gesucht. Sie war plötzlich verschwunden und niemand wusste etwas über ihren Aufenthalt.“

„Gehen Sie, Rumlow. Macie, was ist geschehen?“, Secretary Pierce wandte sich zu der jungen Frau um, die noch immer mit schmerzverzerrtem Gesicht ihre linke Schulter hielt.

„Ich weiß nicht wie ich dorthin gekommen bin. Mein Bewusstsein habe ich in dem Gebäude verloren, glaube ich jedenfalls.“

„Gut, wir reden später weiter. Pawlow, Nikitin, behandeln Sie sie.“
 

Abwesend stand Macie vor der Tür, die zu Pierce’ Büro führte. Ihre Gedanken hingen noch immer an der Frage, wie sie sich ohne Bewusstsein von einem Ort zum anderen bewegen konnte. Dreimal klopfte sie an die Tür und betrat dann den Raum.

„Was gibt es noch zu besprechen, Alex?“, fragte die Brünette und setzte sich auf den klapprigen Stuhl, der ihr angeboten wurde.

„Möchtest du einen Tee?“

„Danke, nein. Du weißt, ich trink nicht gerne Tee.“

„Ich weiß“, langsam ging er auf den Stuhl ihr gegenüber zu und nahm an seinem Schreibtisch platz. Mit nachdenklicher Miene schob er einige Stifte auf dem Tisch umher.

„Wo ist er?“, ernst sah Alexander Pierce Macie in die Augen.

„Wo ist wer?“

„Der Winter Soldier.“

„Ich dachte er wäre hier“, grübelnd sah sie sich in dem Raum um, „Vielleicht ist er noch draußen und stürzt sich ins Getümmel, während wir hier rumsitzen.“

„Zuletzt wurde er gesehen, als er dich aus den Trümmern geborgen hat und zu einem uns bisher unbekannten Ort brachte. Seitdem ist er verschwunden. Ich dachte, du könntest mir etwas über seinen Aufenthalt sagen.“

„Er hat mich da raus geholt?“, ungläubig dachte Macie an die Art des Winter Soldiers und war sich sicher, dass er sie nie retten würde. Er würde keinen von ihnen retten. Schließlich lässt er es auch nicht zu, dass jemand eine Bindung zu ihm aufbaut. Das weiß sie am Besten, lebt sie doch schon seit einigen Wochen mit ihm zusammen, um ihren Auftrag zu erfüllen.

„Wir haben das auf Band. Jedoch ist die Kamera abgeschossen worden, bevor er sich von dir entfernte. Er hat dich da raus geholt und ich würde gerne wissen, wieso er das tat.

„Ehrlich, ich habe keine Ahnung. Aber wo auch immer er ist, wir müssen ihn finden. Wir müssen um jeden Preis verhindern, das er durchdreht oder das er in deren Hände gerät.“

„Das weiß ich selbst. Rumlows Team bereitet für morgen alles vor. Du solltest dich ausruhen. Wir sehen uns morgen.“
 

Nachdenklich saß Macie auf einer der Holzkisten die überall im Raum standen. Wieso kam die Erinnerung wieder auf. Sie konnte es genau zuordnen. Als das passierte, war sie gerade einmal Sechs Jahre alt. Solche Erinnerungen hatte sie eigentlich schon längst verbannt. Nichts sollte sie noch an ihren Vater erinnern, der sie als kleines Mädchen allein gelassen hat und sich selbst überließ. An allem trug er die Schuld. Nur seinetwegen wurde sie von Pierce aufgenommen. Schon in frühester Kindheit wurde sie im Umgang mit Schusswaffen gelehrt und im Nah- sowie Fernkampf ausgebildet. Und nur deshalb war sie von Pierce ausgewählt worden, auf den Winter Soldier, den Pierce vor einiger Zeit wieder aus seinem Eisschlaf geweckt hat, zu achten und ihm beizustehen. Und nun ist er verschwunden und lässt sie mit Fragen zurück. Wieso hat er ihr geholfen? Wieso ist er weggelaufen? Aber die wichtigste Frage, die sie beschäftigt ist: Wo ist er?

Je öfter sie darüber nachdachte, desto weniger Möglichkeiten fielen ihr ein. Mit jeder Antwort, die sie ausschloss, wurde sie unruhiger und die Sorge in ihr größer.
 

„Du hast aber eine hübsche Puppe, meine Kleine.“ Ein Mann hockte sich vor das kleine Mädchen, während sich seine zwei Begleiter ein paar Meter von ihnen entfernt umsahen und sich dann auf russisch verständigten, während sie sich um einen schwarzen Koffer stellten.

„Mein Papi hat gesagt, ich darf nicht mit Fremden reden.“

„Ja, das ist auch gut so, aber dein Papi und ich sind alte Freunde. Wir nehmen dich mit und kümmern uns um dich, einverstanden?“

„Wo ist er? Ich will zu ihm“, jammerte die Kleine.

„Er muss noch etwas erledigen. Ich bin Alexander.“

„Und was machen sie, Alexander?“

„Wir sorgen für die Sicherheit der Menschen.“

„Mit Waffen kann man aber keinen ehrlichen Frieden schließen. Wieso haben sie dann welche?“

„Wir möchten nicht unbedingt Frieden schließen, mit den Wesen, die es da draußen gibt. Wir möchten nur dafür sorgen, dass keines von denen uns etwas antut und das schaffen wir nur mit speziellen Waffen“, sichtlich verblüfft über die Worte und das Interesse des Mädchens nickte er seinen Begleitern zu, die daraufhin einen kleinen metallenen Würfel aus dem Koffer holten und auf das Mädchen zugingen.

„Was ist das?“

„Nimmst du den bitte für einen Moment?“

„Okay“, dem größeren der beiden Männer, der ihr den mysteriösen Gegenstand gab, legte sie die Puppe in die Hand und sah dann gespannt auf den Würfel den sie auf ihre Handflächen legte. Mit großen Augen beobachtete sie, wie der Würfel anfing sich zu bewegen. Er öffnete sich und ein kleiner, silberner Schlüssel kam zum Vorschein, den sie in die linke Hand nahm. Langsam wandelte sich das metallene Gefäß in eine Kugel um und die drei Männer sahen sich vielversprechend an.

„Was war das?“, fragte das kleine Mädchen erstaunt. Während Alexander Pierce dem kleinen Mädchen anfing das Geschehnis zu erklären, schloss der Begleiter die Kugel und den Schlüssel in den Koffer und kontaktierte über seinen Ärmel die Kollegen im schwarzen Transporter.

„Wir haben sie gefunden. Sie ist seine Tochter.“
 

Schweißgebadet schreckte Macie hoch und sah sich um. Sie befand sich in einem kahlen Raum in ihrem Quartier. Durch das kleine Fenster drang das Licht des Mondes ein und erhellte den Raum ein wenig. Die Matratze auf der sie schlief, lag neben einem kleinen, runden Tisch mit zwei Stühlen auf dem Boden. Leise stand sie auf und betrat das winzige Bad. Abwesend wusch sie sich das Gesicht, mit den Gedanken noch vollkommen bei ihrem Traum. Jahrelang hatte sie das schon verdrängt, aber langsam kamen alle Erinnerungen an diesen Tag zurück.

Gähnend wollte sie sich wieder zu ihrem Schlafplatz begeben, als sie vor ihrem Fenster einen großen Schatten wahrnehmen konnte. Vorsichtig nahm sie sich ihre Waffe, die auf dem Tisch lag und sah nach draußen. Über ihr am Himmel flog eine Art riesiges Flugzeug und verdunkelte jedes Haus unter ihm. Misstrauisch öffnete Macie ihr Notebook und sah nach, zu welcher Airline es gehören soll. Bevor sie die Ergebnisse sehen konnte, explodierte das Haus gegenüber. Steinbrocken flogen um die Gegend und rissen Teile des Lagers mit. Durch die entstandene Druckwelle der Bombe, wurde Macie durch die geschlossene Tür geschleudert und landete in der eingestürzten Decke. Benommen rappelte sie sich auf, wischte sich über die Schläfe und suchte ihre Waffe. Als sie diese fand, rannte sie nach draußen, um sich das Flugobjekt, von dem sie sich nun sicher war, dass es kein Flugzeug ist, genauer anzusehen. Innerlich bereitete sie sich schon darauf vor, fremdartige Wesen anzutreffen, die aus der Maschine stürmen und auf sie losgehen würden.
 

Was sie außerhalb des Lagers auffand, gefiel Macie überhaupt nicht und bestätigte sie nur in ihrer Annahme. Ein paar wenige Männer und Frauen, die zu Rumlows Team gehören, schossen auf unbekannte, bewaffnete Kreaturen. Nach dem ersten Treffer, explodieren diese und violetter Schleim überdeckt die Trümmer auf der Straße. Schnell lief sie zu Filipov, der nur wenige Meter neben ihr hinter einem großen Mauerstück saß.

„Wo ist Pierce?“

„Abgehauen. Vor wenigen Minuten mit Rumlow und den anderen weggeflogen. Nur wir sind noch hier“, erklärte der großgewachsene Mann mit russischem Akzent.

„Habt ihr eine Spur vom Winter Soldier?“ Auch wenn sie es nicht zugab, ein wenig verletzte es sie, das Alex ohne sie und ohne Vorwarnung geflogen ist.

„Das ist uns momentan egal. Wir versuchen hier gerade nicht draufzugehen, da können wir uns nicht wieder mit dem beschäftigen. Scheiß auf den Typen. Wir sind ohne ihn viel besser dran.“

„Wenn wir ihn nicht finden, macht Pierce uns die Hölle heiß.“

„Wenn wir ihn denn wieder sehen. Legen wir los?“

Nickend stand Macie auf, was Filipov ebenfalls tat. Geradezu synchron räumten beide ein paar der Geschöpfe aus dem Weg und duckten sich unverzüglich wieder, um dem Schleim zu entgehen. Nach nur kurzer Zeit verließen keine der Wesen mehr ihr Schiff. Zwei der Agents stürmten in das vermutlich leere Flugobjekt. Minutenlang war nichts zu hören, bis überraschend zwei Schüsse ertönten, gefolgt von einem lauten Schrei. Lila bedeckt rannten beide Agents auf Macie und Filipov zu.

„Stehen bleiben, Beide!“

„Bist du vollkommen übergeschnappt, Macie? Was tust du da? Nimm die Waffe runter“

„Wir können ihnen nicht mehr helfen Filipov“, blitzartig drückte Macie zweimal auf den Abzug und beide Agents schlugen hart auf dem Boden auf. Filipov stapfte schnell zu den Beiden und konnte nur noch deren Tod feststellen. Doch verstand er, was Macie meinte, denn die Adern an Hals und Armen leuchteten violett und stachen hervor.

„Filipov, hör mir jetzt gut zu, verstanden?“

„Jaja, ich mach alles.“

„Du sammelst jetzt die restlichen Agents ein und ihr geht dann zum Hubschrauber, der noch hinter dem Lager steht. Fliegt zurück zur Operationszentrale und wartet auf weitere Anweisungen.“

„Und was machst du?“

„Ich suche den Winter Soldier.“

„Wieso?“

„Wieso nicht?“

„Weil es in seiner Nähe gefährlich ist. Wir sind besser dran, wenn er verschwunden bleibt. Jemanden wie ihn, brauchen wir nicht.“

„Dann braucht ihr mich ja auch nicht. Was meinst du, warum niemand etwas über meine Vergangenheit weiß, Filipov?“, während ihre Stimme immer lauter wurde erhoben sich um sie herum jegliche Steine, die auf dem Boden lagen.

„Macie, was tust du da?“, verängstigt ging er einige Schritte zurück und wartete auf ihre Antwort, nachdem sie sich die Steine ansah.

„Verdammt“, fluchte sie leise. „Verschwindet sofort.“ Die Steine sanken langsam wieder auf die Erde und Filipov beruhigte sich.

„Was hast du getan?“

„Das geht dich nichts an. Haut ab, bevor noch etwas passiert.“

„Wird gemacht.“

Zögernd gab Filipov den restlichen Agents ein Zeichen und sie machten sich auf den Weg hinter das Lager, um den Hubschrauber zu benutzen. Währenddessen sah sich Macie um und erkannte, was sie bisher übersah. Der einzige Ort, wo er stecken könnte, ist das Gebäude, das nicht beschädigt wurde, während jedes andere in sich zusammenfiel. Rasch wechselte sie das Magazin ihres Gewehres und lief prompt auf das Gebäude zu, aus dem sie der Winter Soldier noch gerettet haben soll.



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