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Love and Blood

von

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Hope and Despair

Niemand war da. Er war nicht da. Er ging zwar umher, er trug etwas, doch er fühlte sich...

Nein, das war falsch. Er fühlte nicht. Es war, als hätte man ihn plötzlich unter Wasser getaucht. Die Sicht war unklar. Alle Geräusche waren von einem Rauschen ersetzt worden. Und die Kälte hatte ihn betäubt.

Er trug etwas. Es fühlte sich an einem Ende schwer an. Er blickte auf den Gegenstand. Wann hatte er die Schaufel genommen? Und wohin trugen ihn seine Beine? Die Füße kamen zum stehen und er blickte sich um. Er war im Garten hinterm Haus. Warum? Nein...das war nicht wichtig. Hier würde er nicht Halt machen. Es war immer ihr Platz gewesen. Ihre Aufgabe, während er für die großen Felder verantwortlich gewesen war. Es ging weiter...er öffnete eine Tür im hinteren Bereich des Zauns und ging noch ein Stück, bis er schließlich vor einer großen Fichte anhielt. Er blickte zu ihr hinauf. Still und unbeweglich ragte sie in die Höhe hinauf. Ja, das war ein passender Ort.

Er wandte seinen Blick wieder nach unten. Auf den Boden. Und dann fing er an zu graben. Immer weiter und tiefer. So lange, bis die Grube lang und tief genug war, um einen erwachsenen Mann aufnehmen zu können. Er ging zurück zum Haus. Auf zwei Tischen lagen zwei Personen. Die größere in schwarzes Tuch gehüllt, die kleinere in Weißes, durchwirkt mit Blumen in zarten Farbtönen. Ein paar Stunden der nächtlichen Totenwache war alles, was er hatte ertragen können. Er war am Ende seiner Kräfte und doch fand er keinen Schlaf. So hatte er sich schließlich eine Schaufel genommen und war losgegangen.

Und nun war er wieder hier. Er hob den großen Körper hoch und legte ihn sich über die Schulter. Er war schwer, doch er ging den Weg zur Fichte zurück, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Er legte den Leichnam in die Grube und fing an, sie wieder zuzuschütten. Am Ende wölbte sich ein kleiner Erdhaufen über dem Loch, an dessen oberen Ende er einen Holzpflock in die Erde trieb. Nichts außer einem kleinen, eingeritzten Kreuz erinnerte daran, dass er gerade ein Grab gesetzt hatte.

Der Weg zurück war unvergleichlich viel schwerer. Denn die Aufgabe, die ihn nun erwartete, war eine, von der er nicht wusste, ob er sie bewältigen konnte. Lange blickte er auf das weiche Tuch, das den zierlichen Körper fast komplett bedeckte. Nur ihr Gesicht lag noch frei und sie wirkte fast so, als würde sie schlafen. Er hoffte, sie träumte etwas schönes. Nach einiger Zeit, die ihm wie eine Unendlichkeit vorkam und doch schier zu schnell vorüber war, trat er an die Seite des Tisches und hob den Körper vorsichtig hoch. Er war so leicht. Er trug ihn vor sich - in einer Hand zusätzlich die Schaufel und ein Kreuz aus Holz haltend. Und dann ging er los. Weiter als bis zur Fichte. Viel weiter. Für sie gab es nur einen Ort, an dem sie begraben werden durfte.

Seine Beine trugen ihn von selbst dort hin und schließlich fand er sich vor dem Apfelbaum wieder. Das war ihr gemeinsamer Platz. Und er würde es für immer bleiben. Vorsichtig legte er sie auf der Blumenwiese ab. Dann fing er an, im Schatten des Baumes zu graben. Es dauerte länger, viel länger, als beim ersten Mal. Und das, obwohl das Grab dieses Mal kleiner ausfiel. Die sinkende Sonne berührte schon die Baumspitzen des Lichtungsrandes, als er endlich fertig war. Er legte den in weiß gehüllten Körper hinein. Genauso wie drei der Äpfel des Baumes. Sie waren wunderbar gereift und ihre rote Farbe kündete jedem von ihrem wundervollen Geschmack. Allzu bald verschwand ihre Form unter den Erdhaufen, die Stück für Stück zurück in das Loch befördert wurden. Als schließlich auch das Gesicht bedeckt war, schien es irgendwie schneller zu gehen. So lange, bis er auch hier das Zeichen eines Grabes setzen konnte. Er befestigte das Kreuz gut verankert beim Stamm. Ein Name und die Worte 'Geliebt und unvergessen.', die er mit viel Mühe ruhig eingraviert hatte, waren darauf zu lesen.

Dann ging er. Er rannte. Keinen Moment länger konnte er dort bleiben. Nicht jetzt. Er rannte zurück zum Haus, zurück in sein Zimmer. Doch obwohl er sich hinlegte, er konnte seine Augen nicht schließen. Wenn er es tat, sah er nur sie unter sich liegend. So starrte er zur Decke. Er starrte durch sie hindurch. Nichts war dort. Niemand war dort.
 

Die Farbe der Decke verschwand mit dem Licht der untergegangen Sonne. Zumindest für eine Weile. Er musste wohl vergessen haben, die Läden zu schließen, denn bald darauf wurde das Zimmer von einem kühleren Licht erfüllt. Es fühlte sich irgendwie angenehm an. Wie von selbst setzte er sich auf, um den Mond durch das Fenster hindurch zu beobachten. Er war fast genauso groß wie vorletzte Nacht, doch man konnte bereits einen Ansatz dessen erkennen, dass sein Licht wieder abnahm. Trotzdem hielt ihn sein Anblick gefangen.

Und dann spürte er es. Die Schmerzen in seinem Brustkorb, die heute trotz der Arbeit schon besser geworden waren, begannen nun wieder pulsierend stärker zu werden. So als würde etwas in ihm langsam erwachen. Er konnte das Brennen in sich fühlen. Es war genauso wie gestern am Morgen. Intensiv und stark. Er wollte den Blick vom Mond abwenden, doch es gelang ihm nicht. Etwas regte sich in ihm. Etwas, das herauswollte. Er konnte den frischen Geruch des Feldes und der Bäume draußen riechen. Und dorthin wollte er. Hinaus.

Warum war er hier drin? Er gehörte hier nicht her. Es war eine Qual, sich gegen diesen Trieb zu wehren. Sein Körper krümmte sich unter seinem inneren Kampf und das anfängliche Stöhnen beim Versuch, sich zu kontrollieren, wurde zu immer lauteren Schreien. Doch waren sie menschlich? Nein, sie wurden immer animalischer. Und immer stärker kochte sein Blut. Er musste raus. Es musste raus.

Es schmerzte. Er brüllte auf, als er auf den Boden fiel. Doch sein Schrei hörte sich falsch an. Er heulte. Wieso war er in diesem engen Ort eingeschlossen? Er musste raus. Er brauchte Platz. Er brauchte Luft. Hier erstickte er beinahe. Er versuchte sich aufzurappeln, doch irgendwas stimmte nicht. Er strauchelte. Er schaffte es nicht, sich aufzurichten. Seine Beine versagten ihm den Dienst. Auf allen vieren versuchte er zur Tür zu kommen. Es klappte. Doch er konnte die Türklinke nicht erreichen!

Er musste raus. In diesem Raum hing noch immer der Geruch von Blut. War er schon die ganze Zeit hier gewesen? War es immer schon so stark gewesen? Plötzlich kam es ihm so vor, als wäre die Luft voll davon.

Es machte ihn fast wahnsinnig. Wieso ließ sich die Tür nicht öffnen?! Er musste fort von hier. Er musste laufen. Er fing an zu laufen. Doch da war plötzlich ein Hindernis, eine Wand. Er stieß dagegen und taumelte benebelt zu Boden. Er richtete sich wieder auf. Gab es hier kein Entkommen? Ein weiterer Schrei. Ein weiteres Heulen. Dieses Mal rammte er absichtlich die Wand. Doch sie gab nicht nach. Er versuchte es bei der Tür. Das selbe Ergebnis. Warum hatte er sie so stabil gemacht? Ein weiteres Mal preschte er dagegen. Nichts. Der Raum schien kleiner zu werden. Er wollte sich dagegen wehren. Doch so sehr er sich bemühte, so sehr er dagegen ankämpfte, er konnte nicht hinaus.

Ein weiterer Aufprall, der ihn vollkommen aus dem Gleichgewicht warf. Er fiel zu Boden. Sein Kopf fühlte sich an, als würde er gleich zerspringen. Er brauchte Luft. Doch er bekam keine. Sein Herz raste. Es war kaum zu ertragen.

Und da war wieder dieser Schmerz in seiner Brust. Er heulte. Er schrie. Er kniete auf dem Boden und lehnte sich nach vorn, stützte sich auf seine Arme ab. Er übergab sich. Mit zitternden Beinen stand er auf. Wieso ging es nun? Er taumelte zurück zum Bett, weg von der Tür, und ließ sich darauf sinken...
 

Er musste irgendwie weggedriftet sein, denn plötzlich blendete ihn das helle Licht der Sonne. Er wandte den Blick vom Fenster ab. Doch was er danach sah, erschreckte ihn fast noch mehr. Das Zimmer war regelrecht verwüstet. Die Möbel waren zertrümmert, Vasen mit verwelkten Blumen lagen zerbrochen am Boden und die Wände waren von scharfen Krallen derart verfetzt, dass sie unwiderruflich zerstört waren. Vor allem die Tür war extrem in Mitleidenschaft gezogen worden. Viel fehlte nicht mehr und sie würde durch ihr Eigengewicht in sich zusammenfallen.

Was war passiert? War er das gewesen? Verwirrt blickte er sich um. Langsam stand er auf. Und trotzdem wurde ihm schwindelig und er musste sich an der Wand abstützen, um zur Tür zu gelangen. Er öffnete sie. Und fand sich plötzlich in der Küche wieder. Er hatte so schrecklichen Hunger. Seine Beine führten ihn in die Vorratskammer, wo ihm der Geruch von frisch abgehangenem Schinken entgegenschlug. Ohne darüber nachzudenken riss er die große Keule von ihrer Aufhängung und vertilgte sie bis zum letzten Rest. Doch er reichte nicht – bei weitem nicht. Am Ende glich auch die Vorratskammer einem wahren Schlachtfeld. Erst dann kam er wieder zur Besinnung. Er schaute sich um. Es war still. Kein Murren, kein Toben, kein Brüllen. Aber auch kein Schnattern, kein Gesang, kein Lachen. Niemand war hier.

Er war allein.

»Werde glücklich.«, hatte sie gesagt. Er ging zurück auf sein Zimmer und brachte es in Ordnung. Soweit es ging zumindest. Draußen kümmerte er sich um den Garten...um ihren Garten. »Werde glücklich.« Er erntete ein paar Kartoffeln, machte sich Essen. Wieso hatte er schon wieder Hunger? Die Suppe schmeckte sich falsch in seinem Mund an. Als verlangte sein Körper nach etwas anderem. Doch er aß sie auf. Es waren ihre Kartoffeln. Er räumte auf und kümmerte sich um die täglichen Aufgaben im Haus. Eine Tür hinter ihm knarzte. Sofort drehte er sich um - hoffte. Doch da war niemand. Er hätte es doch wissen müssen.

Er war allein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Yiunacorn
2015-02-24T16:57:14+00:00 24.02.2015 17:57
Zum Glück war Midna ohnmächtig, dann muss sie das nicht im wachen Zustand durchmachen


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