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Ist der Ruf erst ruiniert ...

von

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Besuch in der Nacht

„Hey, Ibiki.“

Im Bruchteil einer Sekunde fuhr Ibiki aus dem Bett auf, zog das Kunai unter seinem Kopfkissen hervor und schleuderte es in die Richtung der Stimme. Anko konnte gerade noch ausweichen, und die Klinge blieb mit einem dumpfen Laut im Fensterrahmen stecken.

„Sachte, sachte, alter Knabe! Ich bin kein Spion oder so etwas.“

„Man kann nie wissen“, knurrte Ibiki und knipste die Nachttischlampe an. „Warum zum Teufel schleichst du dich nachts durch mein Schlafzimmerfenster?“

„Alte Gewohnheit. Mich wundert es, dass du es offen stehen lässt.“

„Ich wohne im fünften Stock.“

„In einem Dorf wie Konoha macht das doch keinen Unterschied. Hier gibt es keine Dächer – nur Abkürzungen.“

Grummelnd tastete Ibiki nach dem Kopftuch auf seinem Nachttisch und band es sich um, um die Narben auf seinem Schädel zu verdecken.

„Meinetwegen brauchst du dich nicht zu verhüllen“, sagte Anko aufgeräumt und ließ sich auf die Bettkante fallen. „Ich habe keine Angst vor dir.“

„Solltest du aber, wenn du mich mitten in der Nacht weckst.“

„Immerhin hast du darauf verzichtet, mich bei lebendigem Leibe zu häuten. Oder was du sonst mit nächtlichen Eindringlingen zu tun pflegst ...“

„Häuten ist durchaus eine Option. Immer noch.“

„Och, Ibiki.“

„Kein Och, Ibiki. Sag mir, warum du hier bist – dann werde ich dir erklären, warum dieser Grund Unfug ist, dich wieder rauswerfen und weiter schlafen.“

„Du weißt doch, worum es geht.“

Er seufzte ungeduldig. „Sag nicht, du brauchst immer noch eine Begleitung für dieses überflüssige Fest.“

„Komm schon, Ibiki!“ Anko verzog den Mund. „Genma hat mich ausgelacht, Asuma hab ich gar nicht erst gefragt ... Kotetsu konnte ich nicht fragen, weil er vor mir weggerannt ist ...“

„Kann ich ihm nicht verübeln.“

„... und Kakashi hat gesagt, er tänzelt eher Händchen haltend mit Gai über dieses Fest, bevor er mit mir geht.“

„Das will ich sehen“, sagte Ibiki schmunzelnd.

„Dann sieh es dir doch an! Wir gehen zusammen hin, und ...“

Nein, Anko.“

„Früher oder später bereust du es.“

Ibiki hob eine Augenbraue.

„Vielleicht“, gab Anko zu. „Andererseits, wenn du es bist ...“

„Wenn, wäre, vielleicht. Vielleicht auch nicht. Es ist jetzt ...“ Ibiki sah auf seinen Wecker. „Es ist halb zwei, und ich muss um sechs wieder raus, um einen mutmaßlichen Brandstifter zu tranchieren. Das ist wirklich kein Zeitpunkt, um über Möglichkeiten zu diskutieren.“

„Jetzt stell dich doch nicht so an! Alle werden sich amüsieren!“

„Ich bin niemand, der sich gerne amüsiert. Es liegt einfach nicht in meiner Natur.“

„Oh nein, nein!“ Anko schüttelte den Kopf. „So nicht, Morino Ibiki! Das hast du mir beim letzten Mal schon gesagt, als ich dich zu Aobas Geburtstagsfeier einladen wollte. Und davor, als ...“

„Weil ich da auch keine Lust hatte.“

„Jeder amüsiert sich gerne! Und sag jetzt nicht, dass es deine Art von Unterhaltung ist, dich mit deinen Gesprächspartnern zu vergnügen!“

„Und wenn es stimmt?“

„Sag mir, was dein Problem ist“, sagte Anko entschieden. „Denn egal, wie oft du mich anlügst – du weißt, es ist gelogen. Und ich auch.“

Ibiki presste die Lippen aufeinander. „Ich lüge niemals.“

„Verarsch mich nicht, Ibiki! Du ...“

„Was glaubst du denn?“, fauchte er, griff nach seinem Kopftuch und riss es wieder herunter. „Schau mich an, Anko! Ich bin groß und hässlich und gruslig, ich mache Leuten Angst! Ich bin der Typ von Mensch, der in einen Raum kommt und alle knallen die Hacken zusammen. Ich bin nicht der Typ, den man gerne auf seiner Geburtstagsfeier hat. Oder auf irgendeiner Feier.“

Anko riss den Blick von seinen Narben los, Unglaube auf dem Gesicht. „Du willst mir ernsthaft erzählen, dass du es aus Rücksicht tust? Seit wann stellst du das Glück von irgendjemand anderem vor dein eigenes?“

„Darum geht es doch gar nicht.“

„Geht es wohl! Du besuchst keine Feste, weil du niemanden erschrecken willst? Komm schon, Ibiki! Als ob bei dem Gedränge morgen irgendwer auf dich achten würde. Kannst ja von mir aus das Kopftuch aufziehen, wenn wir gehen. Ich verspreche dir, dass niemand salutieren oder schreiend weglaufen wird.“

„Und wenn jemand es doch tut?“

Anko schlug die Faust in die Handfläche. „Dann kriegt er von mir die Ohren langgezogen!“

Das ist ein Grund, schreiend wegzulaufen“, sagte Ibiki düster, aber er konnte nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf seine Lippen stahl.

„Vergiss die anderen, alter Knabe.“ Anko beugte sich etwas näher und knuffte ihn vor die breite Brust. „Geh mit mir zu diesem Fest und vergiss für ein Weilchen, dass du ein großer, böser ANBU-Schurke bist.“

„Also schön.“

„Wow! War das ein Ja?“

„Das war ein Du hast mich breitgeschlagen, Anko, und jetzt hau ab und lass mich schlafen, bevor ich meine Meinung ändere.“

„Das ist irre!“ Anko grinste und rappelte sich vom Bett auf. „Na ja, aber alles andere wäre schließlich lächerlich. Als ob ausgerechnet du aus Rücksicht ... aus Menschenliebe sozusagen ...“

„Hör auf, meine Psyche zu analysieren. Wenn überhaupt ist das mein Job.“

„Bist wohl doch nicht so ein böser Fiesling, was?“

„Anko!“, donnerte Ibiki. „Lass mich verdammt nochmal schlafen!“

„Na gut, na gut.“ Sie kletterte auf das Fensterbrett, sah sich aber noch einmal zu ihm um. „Ibiki?“

„Was?“

„Was machst du normalerweise mit ungebetenen Besuchern mitten in der Nacht?“

„Dem letzten habe ich mit einem Kunai beide Hände am Fensterbrett festgenagelt und ihn wieder rausgeworfen. Da habe ich ihn hängen lassen bis zum nächsten Morgen.“

„Das klingt harmloser als erwartet.“

„Du willst nicht wissen, was mit dem vorletzten passiert ist.“

Sie kicherte. „Wir sehen uns morgen. Ich hole dich ab!“

„Mach das. Aber bilde dir nicht ein, dass ich bei diesem Fest einen Yukata trage, an irgendwelchen albernen Spielchen teilnehme oder mich sonstwie amüsiere.“

„Wer weiß? Heute morgen hättest du noch nicht geglaubt, dass du überhaupt hingehst!“

Bevor Ibiki etwas darauf erwidern konnte, hatte sie sich aus dem Fenster hinaus in die Dunkelheit fallen lassen. Er knurrte, legte das Kopftuch sorgfältig gefaltet auf den Nachttisch und ließ sich wieder in sein Kissen sinken.

„Komisches Mädchen“, murmelte er und knipste das Licht aus. „Man sollte gar nicht meinen, dass es ihr bei aller offensichtlichen Bemühung so schwer fällt, einen Mann abzukriegen.“



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