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L - You have changed my World

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Ultimatum

Ultimatum
 

Hier hockte ich nun mit meinem sichtbar verweintem Gesicht,mitten in der Nacht und irgendwo im Nirgendwo in dieser riesigen Stadt Tokio, während sich neben mir mein unruhiger Freund immer dichter an mich drängte. Das Gewitter über uns nahm immer weiter an Intensität zu und würde sich bald schon in seiner vollen Stärke präsentieren und dennoch machte ich keinerlei Anstalten mich von meinem Platz zu erheben oder gar Schutz zu suchen. Ich war wie gefangen in meinen selbstverleugnenden Gedanken zu L und fixierte indessen unumwunden die hämisch lachende Überschrift des Artikels in meiner Hand, welche mir immer wieder nur ein einziges Wort entgegen zu speien schien. Kira. Der Name des Massenmörders, hinter welchem ich nun bereits seit Wochen zusammen mit der Sonderkommission her war und welchem wir durch unsere Ermittlungsergebnisse in dem Studenten Light Yagami zusehen geglaubt hatten, weshalb dieser bereits seit geraumer Zeit unter Beobachtung stand. Er war der Grund, warum es mir letztendlich überhaupt Möglich gewesen war diesem undurchschaubaren Meisterdetektiven über den Weg zu laufen und mich, ohne es wirklich zu merken, Hals über Kopf in diesen zu verlieben, weswegen ich schlussendlich jetzt in dieser Zwickmühle steckte. Doch auch wenn seine schrecklichen Straftaten eine Ursache für das Entstehen dieser mich bedrückenden Konfliktsituation waren, so lagen die eigentlichen Auslöser dafür jedoch nicht in dem Fall, sondern viel mehr bei uns selber und das war mir unterschwellig nur allzu gut bewusst. Das ich mich gerade jetzt neuerlich so an die bevorstehenden Ermittlungen gegen Kira klammerte war unleugbar ein Unterdrückungsversuch meiner mich schmerzenden Gefühle, aber wenn es funktionierte, dann wäre ich mehr als dankbar dafür. Ich hatte nach Linas Tod nichts mehr gehabt, wofür es sich zu kämpfen gelohnt hätte, denn außer meiner Arbeit als Kriminalbeamtin war mir nichts mehr geblieben. Gerechtigkeit und der Schutz von anderen Menschen war alles, was zum damaligen Zeitpunkt noch in meinem Kopf vorgeherrscht hatte wie auch das insgeheime Versprechen, gegen jegliche Form der Kriminalität vorzugehen. Doch dann war plötzlich L zusammen mit diesem Kira in mein Leben getreten und mein Herz erschuf eigenmächtig einen neuen Sinn für mein Handeln. Dieser anfangs recht skurril wirkende Detektiv, hatte es tatsächlich geschafft mich mit seinen ständigen Provokationen zu Weißglut zu treiben und mir Seiten an mir selbst aufzuzeigen, von dessen Existenz noch nicht einmal ich wusste, was mich zu Beginn nicht nur verwirrt sondern viel mehr verärgert hatte. Aber dieses erste skeptische Beäugen wie auch all diese kleinen still ausgefochtenen Machtkämpfe zwischen uns, hatte rückblickend wohl den Grundstein für eine sympathisierende Annäherung gelegt und aus zwei frei denkenden Ermittlern waren nach einer Weile letztendlich so etwas wie Freunde geworden. Doch diese Freundschaft währte nicht lange, denn die tiefe dieser Zuneigung entwickelte sich mit voranschreiten des Falls zu etwa weitaus größerem, das ich selbst noch vor gar nicht allzu langer Zeit anzufechten versucht hatte. Freundschaft wurde zu Liebe und damit zu einem unwiderlegbaren wichtigem Teil von mir, dem ich mich bis heute nicht zu entziehen vermochte. Neuerlich suchten sich meine abschweifenden Gedanken ihren eigenen starrsinnigen Weg in meinen abwehrenden rationalen Verstand und ich knüllte zeitgleich mit dessen Begreifen das Papier, mit aller Macht die ich aufbringen konnte, in meinen nunmehr wiederholt bebenden Händen zusammen, während mich gleichzeitig abermals eine Erinnerung nach der Anderen heimzusuchen begann, denn so sehr ich es auch versuchte abzuschütteln – Dieser Fall und all meine Erlebnisse mit L waren unzertrennbar miteinander verbunden. Ich konnte zwar probieren mich vor dieser unzweifelhaften Tatsache zu verschließen und mich wie nach Linas Tod von allen meinen Gefühlen abzuschotten, aber gelingen würde es mir dieses Mal wohl nicht, denn ich war einfach nicht mehr die gleiche Frau, welche vor ein paar Monaten nach Japan ausgewandert war. Nein, auch ich hatte mich während der Ermittlungen unwiderruflich verändert und das lag nachweislich einzig und allein an diesem unlesbaren Meisterdetektiv. Lina hatte mir vor sehr langer Zeit verständlich gemacht, was es hieß mit anderen Menschen zu agieren und sie hatte mir die Bedeutung der Wörter Freundschaft, Vertrauen wie letzten Endes auch von Verlust gelehrt, aber L hatte mir auf seine ganz eigen Art etwas gezeigt, wozu sie niemals imstande gewesen wäre. Er hatte mir beigebracht, was es bedeutete jemanden aufrichtig zu Lieben und damit eine sehr viel tiefer sitzende Sehnsucht in mir berührt. Abrupt stand ich mitten in diesen dämmernden Gedankengängen mit einer einzigen fließenden Bewegung von meinem Platz auf und biss mir sofort krampfhaft verdrängend auf meine Lippen, denn dieser Umstand lastete nur noch schwerer auf meiner ohnehin schon angeschlagenen Seele, aber ich konnte die erneute aufsteigende Nässe in meinen geröteten Augen einfach nicht mehr verhindern. So sehr ich auch versuchte Stark zu sein und so sehr ich mich darum auch bemühte, all meine Konzentration einzig und allein auf Kira zu fokussieren, desto bildhafter schienen all die herzzerreißenden Gedanken in meinem Kopf zu werden, was mir meine Aussichtslosigkeit in Bezug auf meinen Abwehrversuch nur noch deutlicher vor Augen führte. Hilfesuchend wie gleichso flehend schweifte mein Blick hinauf in den flackernden Himmel und prompt zerriss ein ohrenbetäubender Knall die dunkle unebene Masse über mir, bevor zeitgleich das dumpfe Grollen des dazugehörigen Donners folgte. Ein helles Licht, das wie ein unguter Vorbote das Firmament für einen Atemzug lang vollständig entzweite und dann wurde es plötzlich schlagartig finster um mich herum, unterdessen ich die ersten kalten Tropfen des einsetzenden Regens auf meiner warmen Haut spüren konnte. Gedämpft vernahm ich die überraschten wie teilweise gar verängstigten Schreie der Leute um mich herum, derweilen mein Hund sich neuerlich unsicher zwischen meine Beine drängte, aber ich selbst blieb völlig regungslos stehen und genoss für diesen einen Augenblick nur vollkommen wortlos das kühle prasselnde Wasser in meinem Gesicht, welches die salzigen heißen Perlen der Erkenntnis einfach lautlos mit sich fortspülte.
 

L hatte für eine lange Zeit einfach nur wie versteinert auf seinem Sessel gehockt und mit leeren dunklen Augen nachdenklich sein Stück Kuchen fixiert gehabt, welches noch immer seit dem verlassen des Zimmers von Watari geduldig vor ihm stand. Er hatte es inzwischen schlicht und ergreifend vergessen und auch sein Appetit hatte sich durch die aufwühlenden Worte seines Assistenten ebenso schnell wieder verflüchtigt gehabt, wie er gekommen war. Aus irgendeinem Grund hinterließ diese Aussage bei ihm das unnachgiebige Gefühl, mit seiner Entscheidung tatsächlich einen Fehler begangen zu haben und nährte damit den ohnehin bereits an ihm unterschwellig nagenden Zweifel an der Richtigkeit seines Entschlusses. Immer wieder schlichen sich diese zwei anklagenden verletzten blaugrauen Augen in seine Gedanken zurück und auch die brüchige schmerzerfüllte Stimme der jungen Frau marterte ihn mit ihrem beständigen Echo. Warum nur war es so schwierig für ihn eine zufriedenstellende Antwort auf all die in seinem Kopf schwirrenden Fragen zu finden und wieso bloß hinterließ jedweder Gedankengang zu diesem Thema einen bitteren Nachgeschmack auf seiner Zunge, ganz gleich ob er sich nun für oder gegen seine gefasste Entscheidung aussprach? Konnte es in Bezug auf diese Art von Emotionen überhaupt eine hinlänglich als richtig definierte Lösung geben oder waren beide Wege mit einer ähnlich schweren Last bestückt? Es beschäftigte den schwarzhaarigen Detektiven mit jeder vergehenden Minute mehr und mehr, aber wirklich zu einer erlösenden Schlussfolgerung war er bis jetzt noch immer nicht gekommen und das schmerzvolle Chaos in seinem Inneren nahm unterdessen weiterhin beständig zu. Dieser Fall und die damit zusammenhängenden Ermittlungen waren bei weitem schon lange nicht mehr seine größte Herausforderung, obgleich sie angesichts seiner bisherigen Aufgaben in Bezug auf seine Tätigkeit die bisherige Spitze des Eisberges waren, aber im Vergleich zu seinen eigenen rätselumwobenden Emotionen wie auch bezüglich der jungen Frau, zogen diese unbestreitbar den Kürzeren. L war deutlich überrascht gewesen, als sich Watari so unvermittelt in diese ohnehin bereits verzwickte Situation mit eingeschaltet hatte und es hatte ihn nebenher nicht nur mit wachsenden Ausmaße in seinem Beschluss verunsichert, sonder zusätzlich auch gleichso verärgert. Zwar verstand er, das der ältere Herr sich offensichtlich Sorgen machte, dennoch war es für ihm auch auf eine gewisse Art und Weise irgendwie unangenehm, von seinem treuen Gefährten in solch einer Form gemaßregelt zu werden, selbst wenn er es nur als gut gemeinten Ratschlag bezeichnet hatte. Dem jungen Detektiven fiel es auch ohne das bereits schwer genug, all diese neuen und fremdartigen Dinge in ihm zu begreifen und sich mit dessen unberechenbaren Nuancen auseinander zusetzten, da bedurfte es nicht noch mehr von diesen irritierenden Informationen, welche sein Unterbewusstsein insgeheim zudem auch noch zu befürworten schien. Die Wege in seinem Kopf waren vollkommen wirr und jedes mal wenn er der Meinung war den richtigen Pfad eingeschlagen zu haben, endete er doch nur erneut in einer unüberwindbar erscheinenden Sackgasse, welche seinen Ärger wie auch seine Frustration zu diesem Thema mehr und mehr bis an die Spitze des Erträglichen emporsteigen ließ. Hatte er überhaupt auch nur den Hauch einer Chance jemals wieder aus diesem ihn quälenden Irrgarten der Spekulationen zu entkommen? Selbst wenn es ihm gelingen würde, sich auf seine Hauptaufgabe zu konzentrieren, wären all die in ihm lauernden Emotionen weiterhin unterschwellig präsent und er erkannte inzwischen unwillig, das diese letzten Endes lediglich irgendwo in den tiefen Schatten seiner Seele geduldig warten würden, um in einem kurzen Moment der Schwäche neuerlich zuschlagen zu können. Jedoch so lange er sich nicht zu hundert Prozent sicher sein konnte, ob seine Entscheidung nun tatsächlich richtig gewesen war oder nicht, musste er sich darum bemühen, genau dieser möglichen Wahrscheinlichkeit vorzubeugen und seinen Fokus konsequent auf die Ermittlungen gegen Kira richten, denn nur so konnte er eventuell zu einem späteren Zeitpunkt hoffentlich eine halbwegs objektive Schlussfolgerung aus all diesen kreisenden Informationen in seinem Verstand ziehen. Jetzt jedenfalls hatte er weder die Lust noch die Nerven dazu, um sich fortwährend den Kopf über dieses unangenehme Problem zu zerbrechen und ließ nach einem letzten bestätigenden Atemzug sein Augenmerk abermals hinüber auf die Monitore gleiten, während er sich zeitgleich eindringlichst die wichtigsten Fakten über den Fall wiederholt ins Gedächtnis zurück zurufen begann.
 

Mein Kleidung war inzwischen vollkommen durchnässt und klebte wie eine kalte zweite Haut beschwerend an meinem aufgeheizten Körper, unterdessen mir meine langen braunen Haare in tropfenden Strähnen über meine Schultern fielen. Wie lange ich unter dem heftig tobenden Wolken über mir reglos im Regen gestanden hatte, vermochte ich gar nicht mehr zu sagen, aber die belebende Frische in meinem Gesicht half mir ein wenig, meine eigenen salzigen Flüsse zum versiegen zu bringen, bevor ich meinen grüblerischen Blick endlich von dem beeindruckenden Naturschauspiel los riss und mich zaghaft in Bewegung setzte. Choco folgte mir sofort freudig schwanzwedelnd auf dem Fuße, denn trotz seiner spürbaren Nervosität hatte er die gesamte Zeit über unnachgiebig neben mir ausgeharrt und war nicht einen Millimeter von meiner Seite gewichen, was ich dankbar stillschweigend registriert hatte. Orientierend ließ ich zunächst einmal meine müden Augen über die nähere Umgebung schweifen und versuchte mich krampfhaft wenigstens an die Richtung zu erinnern, aus der ich vor geraumer Zeit so gedankenverloren gekommen war, was mir allerdings durch den witterungsbedingtem Stromausfall nicht gerade vereinfacht wurde. Vorsichtig wie gleichso aufmerksam schlich ich mich beinahe lautlos durch das nun schattenhaft daliegende Gebiet, indessen mir hin und wieder die ein oder andere schwarze Gestalt eilend über den Weg lief, doch glücklicher Weise schien keine von ihnen in irgendeiner Form ein Interesse an mir zu zeigen. Natürlich war ich schon auf Grund meiner Ausbildung nicht völlig hilflos und ich würde mich jedem gegenüber entschlossen zu wehr setzten, der versuchen würde mich in diesen düsteren Stunden hinterrücks zu überfallen, aber dennoch war mir auch sehr wohl bewusst, das ich bereits allein durch meine geschlechtliche Unterlegenheit wie ebenso meinen momentanen kräftezehrende Zustand für viele ein leichtes Opfer abgeben würde. Jedoch irgendwann musste auch ich von meiner überhasteten Flucht vor meinen Gefühlen zurückkommen und mich wieder meinem realen wenn auch schmerzlichen Leben zuwenden, was für mich hier und jetzt bedeutete umzukehren ehe es zu spät war. Noch immer rasten meine Gedanken und Erinnerungen zu L wie ein zu entgleisen drohender Schnellzug durch meinem Verstand, aber dennoch hatte ich in der schützenden Dunkelheit der Nacht eine bitteren Entscheidung getroffen, welche sich unweigerlich aus dem wahrhaftigen Erkennen meiner augenblicklichen Lage erschlossen hatte. Ich würde in dem Fall weiter ermitteln und Kira ein für alle Mal das Handwerk legen, denn das war meine mir eigenständig auferlegte Aufgabe wie gleichso ein Versprechen an mich selbst, was ich unter keinen Umständen aufgeben würde. Allerdings würde das sicherlich nicht ganz so einfach werden, wie ich es vielleicht vermutet hatte, da das demzufolge auch bedeute, das ich weiterhin mit der Sonderkommission und damit auch mit L zusammenarbeiten musste, wenn mir noch etwas an meinem Leben lag. Aber irgendwie würde ich es schon schaffen und mittlerweile wusste ich zudem, das ich vor meinen Gefühlen zu ihm, solange er in meiner Nähe sein würde, einfach nicht davon laufen konnte. Wenn ich also diesen Kira zur Strecke bringen wollte, dann brauchte ich dafür unwiderruflich die Hilfe von diesem unberechenbaren Detektiven und das hieß im selben Atemzug ebenso, das ich ohne Umschweife lernen musste mit diesem erdrückenden Schmerz in meinem Herzen im Einklang zu leben, denn verdrängen lassen würde er sich schlussendlich ohnehin nicht. Ein schweres Aufseufzen entkam meinem Mund, währenddessen ich nachdenklich von eine Gasse zur Anderen schritt und mir verbissen einen Rückweg suchte. `...Wie kannst du auch nur so blöd sein und blindlings in einer Stadt wie dieser herumirren?...Hättest du nicht ab und zu wenigstens Mal auf einen Straßennamen oder andere Anhaltspunkte achten können?...` meldete sich plötzlich anklagend mein nun endlich wieder vollständig anwesender logischer Verstand zurück, was ich sofort mit einem deutlich genervten Augenrollen quittierte. `...Na vielen Dank...Du mich auch...` warf ich postwendend gedanklich hinterher und schüttelte noch währenddessen irritiert wie ebenso resigniert meinen braunen Haarschopf über mich selbst. Wenn ich jetzt tatsächlich auch noch Streit mit meiner eigene geistigen Gesundheit anfangen würde, dann war die Klapsmühle wirklich bald in greifbarer Nähe und gerade jetzt hatte ich das starke eindringliche Gefühl, das ich mich in der Zwischenzeit schon selbst nicht mehr wieder erkannte. Japan hinterließ unbestreitbar immer markanter seine unübersehbaren Spuren in mir wie ebenso in meiner Persönlichkeit und insgeheim begann ich mich ehrlich zu fragen, was Lina wohl von meiner derzeitigen Entwicklung halten würde, wenn sie mich jetzt so sehen könnte. Ein kleiner trauriger Schatten huschte zeitgleich mit diesem Gedanken über mein Gesicht und dennoch legte sich ein liebevolles Schmunzeln auf meine Lippen, als sich nach langer Zeit mal wieder ihr spöttisch lachendes Bild vor meinem inneren Auge zu formen begann. Es war seltsam, aber trotzdem der Schmerz über ihren Verlust und die tiefe damit einhergehende Trauer noch immer in meinem zerrissenen Herzen beständig war, überwiegten mittlerweile mehr die schönen Erinnerungen an meine mir so vertraute Freundin. Seit dem Tag, an welchem ich L gegenüber meine gut gewahrte Fassade über meinen mich zerfressenden Kummer fallen gelassen hatte, waren auch meine mich düster marternden Andenken an sie deutlich heller geworden und das Gefühl der Einsamkeit hatte sich immer mehr und mehr in mir zurück gezogen gehabt, sodass ich mit ihr nun fast ausschließlich nur noch positive Erfahrungen verband. Hastig blinzelnd versuchte ich das nun erneut aufkeimende Brennen in meinen Augen zu vertreiben, denn dieser Gedankengang rief nebenher ein nur allzu schmerzhaftes Bild in meinem Kopf wieder zurück auf den Plan und erinnerte mich daran, wie ich nach dieser aufwühlenden Nacht glücklich wie gleichso mit einer unbeschreiblichen Wärme in meinem Herzen an seiner Schulter auf dem Sofa aufgewacht war. In diesem einen Augenblick, wo ich so hilflos und verletzlich fast in meiner Trauer um Lina ertrunken war, hatte er mich aufgefangen und mir auf seine ganz eigene Art Halt geboten gehabt. Ja, L war in diesen Zeiten für mich da gewesen und auch wenn er nicht wirklich etwas großartiges gesagt oder getan hatte, so hatte das belanglos erscheinende Zuhören doch so viel mehr Gewicht gehabt, als man es wahrscheinlich vermuten würde. Eilig wischte ich mir mit meiner Hand über meinen neuerlich verschleierten Blick und setzte unterdessen nochmals ein gutes Stück an Geschwindigkeit zu, um der drohenden neuen Überflutung meiner Gedanken schnellstmöglich zu entkommen. Es war nur eine von vielen meiner Erlebnisse mit ihm und dennoch schien jede einzelne von ihnen so unsagbar kostbar zu sein, das sie sich wie lauter kleine leuchtende Edelsteine auf meinem Lebensweg eingebrannt hatte.
 

Nach einer gefühlten Ewigkeit in unbekannter vollkommener Finsternis erblickte ich endlich eine mir wohlvertraute Kulisse, welche jedoch gleichzeitig einen spürbar schmerzhaften Stich in meiner Brust hinterließ und der finsteren Nebel der Unsicherheit neuerlich in meinem gepeinigtem Herzen aufzog. Ich war nach meinem gedankenschweren zeitlos erscheinenden Fußmarsch durch den Regen wieder an meinem Ausgangspunkt angekommen, welcher mir postwendend den unglücklichen Verlauf des vorangegangenen Abend wiederholt zurück ins Gedächtnis rief und meine gefasst wirkende Fassade erneut gewaltig ins wanken brachte. Doch ich hatte keine andere Wahl, denn selbst wenn ich zu meiner eigenen Wohnung zurück ging, so hatte ich vorhin durch meinen überstürzten Aufbruch all meine Sache bei L in diesem Hotelzimmer gelassen und das wiederum schloss dementsprechend auch meinen Haustürschlüssel mit ein. Um nach Hause gehen zu können, musste ich also da hinauf und diesen wieder in meinen Besitz bringen, aber selbst wenn ich mir geschworen hatte, trotz der Anwesenheit des Detektiven und meiner Gefühle für ihn, an dem Fall Kira weiter zuarbeiten, so kostete mich gerade auch bloß der Gedanke an das Betreten des Zimmers eine unaussprechliche Überwindung. Ihm jetzt gegenüber zu stehen und seinen dunklen ausdruckslosen Seen entgegenblicken zu müssen oder gar wie schon so oft von ihn in eine Art des Kreuzverhörs genommen zu werden, ließ die Kraft in meinen schwächelnden Beinen nochmalig schwinden. `...Wenn du es jetzt nicht schaffst dich deinen Gefühlen zu stellen, dann wirst du es auch Morgen oder Übermorgen nicht schaffen Mädchen...` riss mich nahtlos mein beschwörender Verstand zurück in die harte Realität und ich ahnt bereits jetzt, das dieser Gedanke nicht vollkommen unbegründet war. Die Angst und die Unsicherheit, welche ich in mir spürte und welche ebenso auch die unverkennbaren Spuren der Wut über meine eigene Schwäche in mir zurückließen, legten sich tonnenschwer auf die Bewegungsfähigkeit meines aufgewühlten Körpers. Wie erstarrt stand ich vor dem Eingangsbereich des Hotels und wog die zwiegespaltenen Intensionen in meinem Inneren ab, doch im Endeffekt kam ich immer wieder bei der selben schaudervollen Schlussfolgerung an, welche sich wie ein ganzer Zentner Steine qualvoll in meinen Magen breit zumachen begann. Ich musste in die Höhle des Löwen, den eine andere Chance hatte ich nicht und ich wollte letzten Endes auch nicht vor meiner eigen Furcht davonlaufen, denn das würde ich mir selbst niemals verzeihen. Nein, ich musste mich zusammenreißen und stark bleiben – nicht nur für mich, sondern ebenso für unsere Ermittlungen und letzten Endes auch für L. Wenn ich jetzt einfach so feige aufgab, dann würde ich ihn mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit für immer verlieren und selbst wenn es im Augenblick aus allen erdenklich Richtungen besehen hoffnungslos schien, war da irgendwo tief in mir noch ein aller letzter winziger Funke meines Glaubens an die Liebe zurückgeblieben. Somit spannte ich entschlossen meine sichtbar zitternden Muskeln an und richtete zielsicher meine blaugrauen Augen hinauf auf das dunkel daliegende Zimmer von L, während ich mich gerade mit einen letzten tiefen bestärkenden Atemzug auf den Weg machen wollte, als ich plötzlich hinter mir eine altvertraute Stimme meinen Namen rufen hörte.
 

Vollkommen überrascht und mit einem deutlich perplexen Blinzeln drehte ich mich ruckartig in die entsprechende Richtung, unterdessen ich krampfhaft versuchte die schattenhafte Dunkelheit vor mir mit meinen forschenden Blicken zu durchdringen. „...Zahra...Gott sei Dank es geht Ihnen gut...“ vernahm ich neuerlich den bekannten Klang in meinen Ohren und erspähte kurz darauf in dem hellem sekundenhaften aufleuchten eines Blitzes, die mit einem Regenschirm eiligst herannahende Gestalt, bevor diese mit einem sichtbar besorgtem Ausdruck in den Augen vor mir zum Halten kam. „...Watari...Was machen Sie denn um diese Zeit und noch dazu bei so einem Mistwetter hier draußen auf der Straße?...Ist irgendetwas passiert?...“ gab ich sogleich fassungslos wie ebenso alarmiert von mir, denn üblicher Weise hatte der ältere Herr sich zu so später Stunde bereits zu Ruhe begeben und gerade dieser Umstand machte mir deutlich Sorgen. „...Das müsste ich doch wohl eher Sie fragen oder?...Ich war bei Ihnen zu Hause, weil ich mir ein wenig Sorgen um Sie gemacht habe, nachdem ich vorhin kurz bei Ryuzaki vorbeigeschaut hatte und Sie nicht anwesend waren...“ kam sofort die beunruhigt fragende wie dennoch gleichso unterschwellig erklärende Antwort von ihm zurück und maß mich indessen mit einem mitleidigen Blick, welchen ich ihm postwendend mit einem eindringlich warnenden quittierte. Der forschende Ausdruck in meinen müden Augen hatte im selben Moment der nun neuerlich in mir aufkommenden Traurigkeit platz gemacht, als in mir seine Worte die schmerzliche Auseinandersetzung mit L wiederholt bildhaft aufflammen ließen, aber trotz allem konnte ich seinen vor Mitleid zerfließenden stillen Ausdruck in seinem Gesicht nicht einfach so widerstandslos hinnehmen. Ich hasste es schlichtweg, wenn man mich so ansah und neben der mir erneuten aufgezeigten Schwäche meiner selbst, konnte ich mir durchaus auch ohne dies sehr gut vorstellen, das ich mit Sicherheit gerade ziemlich mitgenommen aussehen musste. „...Mir geht es soweit gut...also machen Sie bitte nicht so ein Gesicht ok?...Ich war nur ein wenig unterwegs, um den Kopf frei zu kriegen...das ist alles...“ meinte ich mit einem reagierenden Schulterzucken und konnte mir allerdings bereits jetzt schon denken, das ich mit solch einer schwammigen Ausrede bei ihm nicht weit kommen würde. Watari kannte Zahra und auch ihre Gefühle für seinen Schützling mittlerweile gut genug, um diese Aussage nach einem einzigen mustern ihrer geröteten Augen als Lüge festsetzten zu können und dazu musste er die bis auf die Knochen durchgeweicht Person vor sich nicht einmal bei vollständigem Licht besehen. Er hatte inzwischen schon vermutet, das irgendetwas zwischen den beiden Starrköpfen vorgefallen sein musste, was ihn nach seinen kurzen Gespräch mit L auch dazu veranlasst hatte, bei der jungen Frau vorsichtshalber nach dem Rechten zu sehen und seine Sorge war im Nachhinein betrachtet offensichtlich nicht ganz so unbegründet gewesen. Nun, wo er sie gefunden hatte, konnte er mit Bestimmtheit sagen, das irgendetwas im Argen lag und das es etwas gewesen war, was Zahra deutlich zugesetzt haben musste. „...Ja das sehe ich...Hören Sie Zahra...egal was zwischen Ihnen und Ryuzaki vorgefallen ist...wenn Sie das Gefühl haben mit jemanden reden zu wollen, dann können Sie gerne immer zu mir kommen...“ gab er vorsichtig erklärend und mit einem warmen aufmunternden Schmunzeln von sich, währenddessen er sich im Stillen nur nur noch mehr Gedanken um die zwei jungen Leute zumachen begann. Nachdenklich richteten sich langsam meine trüber werdenden Augen auf das wohlvertraute Gesicht des älteren Herrn und ein kleines dankbares Lächeln legte sich zeitgleich mit dem verstehen seiner sanften Worte auf meine mittlerweile spröden Lippen, obwohl mir eigentlich gerade nicht im geringsten nach Lachen zu Mute war. Dennoch war allein bereits das Wissen darum, das da jemand war, der dazu bereit war mir und meinen Problemen zuzuhören, eine wohltuende Tatsache, die eine größer werdende heilende Wärme in meinem Inneren zurückließ. „...Das weiß ich Watari und ich bin Ihnen auch wirklich sehr dankbar dafür, aber... im Augenblick weiß ich einfach selbst nicht mehr, wo mir der Kopf steht...Ryuzaki alleine ist schon nicht leicht zu verstehen...wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich ihn ja eigentlich noch nie richtig verstanden...wie ein Buch mit sieben Siegeln...doch jetzt begreife ich sein Handeln überhaupt nicht mehr...weniger denn je... und unsere momentane Situation macht zudem die ganze Sache ohnehin nur noch komplizierter...“ verließ es bitter flüsternd meinen Mund und doch lag darauf auch ein trauriges bedauerndes Schmunzeln, was im kompletten Gegensatz zu meinen reglosen Gesichtsausdruck stand. Mein Kopf war zum aller ersten Mal an diesem Abend vollständig leer, ausgebrannt und abgrundtief erschöpft, sodass ich nicht einmal mehr die Kraft dazu fand, ihm eine passende Ausrede aufzutischen. Auch wenn ich ihm vertraute und bereits des öfteren mit ihm über meine Gefühle für seinen Schützling gesprochen hatte, so war ich trotz allem nie so hilflos wie heute gewesen, denn diese offensichtliche Verletzlichkeit, hatten bisher alleine nur zwei einzelne Menschen von mir zu Gesicht bekommen. Diese waren Lina und ebenso auch L gewesen. Watari war nun der Dritte, der mich in so einem schwachen Augenblick wie jetzt erwischt hatte und sein fürsorglicher Blick sagte mir, das er sich tatsächlich ernsthaft seine Gedanken über mich zu machen schien, aber ich wusste auch, das er die Grenzen zu meinen Privatleben nicht ohne meine Zustimmung überschreiten würde. „...Ich verstehe und Sie müssen auch nicht darüber reden, wenn Sie es nicht wollen...aber mein Angebot wird weiterhin bestehen bleiben...Sie können gerne jeder Zeit zu mir kommen...“ meinte er gutmütig zu ihr, denn er bemerkte sofort, das die junge Frau eigentlich nicht weiter auf das Thema eingehen wollte und dies würde er auch respektvoll akzeptieren. Immerhin gingen ihm diese Sachen, welche zwischen den Beiden abliefen, eigentlich ja auch nichts an und trotzdem war da dieses beunruhigende Gefühl in ihm, denn letztendlich war er derjenige gewesen, der Zahra zu L ins Hotel gebracht hatte. „...Danke...Könnten Sie vielleicht kurz auf Choco aufpassen, während ich meinen Hausschlüssel hole?...“ wechselte ich auch gleich wohlwollend den Gesprächsinhalt und schenkte ihm nochmals ein kleines Lächeln, denn ich war ihm für seinen gewahrten Abstand im Augenblick wahrlich verbunden. „...Natürlich...Ich werde Sie dann auch gleich nach Hause fahren...Immerhin liegt Ihre Wohnung ja nicht gerade in der Nähe und der Stromausfall betrifft einen beträchtlichen Teil der Stadt...Mir wäre sehr viel wohler zumute, wenn ich Sie sicher zu Hause wüsste...“ vernahm ich umgehend die freundliche wenn dennoch gleichso nachdrückliche Antwort, welche mir unmissverständlich klar machte, das jegliche Gegenrede zwecklos wäre und ich selbst hätte vermutlich auch gar nicht mehr die Kraft dazu gehabt, weshalb ich ihm lediglich erneut mit einem kurzem dankbaren Blick maß, bevor ich anschließend mit hängenden Schultern und gemischten Gefühlen endgültig den Eingangsbereich des Hotels betrat. Watari hingegen sah der jungen Frau mit deutlich besorgter Mine, aber dennoch ohne ein weiteres Wort an diese zu richten, nachdenklich hinterher und begann sich unterdessen zu fragen, ob seine damalige Idee in Bezug auf einen tiefgreifenderen sozialen Kontakt zwischen den Beiden, sich wirklich so positiv auswirkte, wie er es zu jener Zeit insgeheim gehofft hatte.
 

Behutsam tastete ich mich mit klopfenden Herzen durch die dunklen Gänge des Hotels, während mein erschöpfter Blick achtsam dem vor mir her huschenden Lichtkegel der Taschenlampe folgte und mich somit wenigstens davor bewahrte, mit der ein oder anderen Stolperfalle auf meinem Weg unangenehme Bekanntschaft zu schließen. Das wenige Personal, was sich zu dieser Zeit noch im Gebäude befand, hatte sich mehrmalig nach meinem Befinden erkundigt und mir zuvorkommend ihre Hilfe angeboten, aber ich hatte jedes Mal mit einem kurzem bedankenden Kopfschütteln abgelehnt, denn ich wollte einfach nicht, das irgendjemand völlig Fremdes meine vor Panik schreiende Unsicherheit in meinem Inneren bemerkte. Jetzt auch noch Anderen gegenüber meine selbstsichere Fassade für länger als zwei Minuten aufrecht erhalten zu müssen, würde meine momentane Leistungsfähigkeit einfach heillos überfordern und die unterschwellig an mir nagende Angst, vor dem was mich in diesem Zimmer gleich erwarten würde, machte jeden einzelnen Schritt in die entsprechende Richtung bereits zu einer unaussprechlichen Herausforderung für mich. Mein unruhig rasender Puls befand sich mittlerweile wahrlich jenseits von Gut und Böse, was meine durcheinanderwirbelnden Gedanken als willkommene Einladung zu betrachten schienen, um mich zusätzlich abermals mit ihren schmerzhaften Bildern und Erinnerungen zu quälen, was das unangenehme ziehen in meinen Magen zu einer reißenden Agonie werden ließ. Der Geschmack von bitterer Galle legte sich bedeutungsschwer auf meine Zunge, als ich schlussendlich meine sacht zitternde Hand auf das kühle Metall der Türklinke legte und mich versuchte mit einem tiefen gleichmäßigen Atemzug zur Ruhe zu zwingen, während ich mit geschlossenen Lider forschend in mich hinein hörte. Ich hatte Angst. Angst vor dem, was mich hinter dieser Tür erwarten würde und ebenso die Furcht davor, ihm in meinem derzeitigen emotional aufgewühlten Zustand gegenüber zutreten. Wie würde er sich verhalten und wie würde ich darauf reagieren? Konnte ich ihm wirklich vollkommen gefasst standhalten oder würden mich meine so tief verletzten Gefühle neuerlich einfach überrennen? Ich selbst war nicht einmal mehr in der Lage dazu, die Wahrscheinlichkeiten für jede in Frage kommende Möglichkeit auch nur annähernd abzugrenzen und das war etwas, das die Unsicherheit wie auch die Angst vor meinem eigenen Handeln abermals deutlich anwachsen ließ. Es reichte mir bereits so schon, das mir dieser momentane Augenblick neuerlich Aufzeigte, wie Schwach ich in Bezug auf diesen Detektiven tatsächlich war und wie sehr mich diese Emotionen wie auch sein Handeln beeinflussten. In meinem Herzen spannte sich inzwischen ein wahrer Regenbogen aus sämtlichen negativen wie gleichso positiven Gefühlen für L, was in meinem rationalen Verstand einen beinahe schon rauschartigen Zustand hinterließ, welcher allerdings gleichzeitig meinen Ärger über mich selbst nur noch weiter anheizte. Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so Schwächlich und Hilflos gefühlt, wie in diesen erwartungsschwangeren Minuten, denn für gewöhnlich viel es mir nicht allzu schwer, die perfekte Maske meines Selbstbildes für keine einzige Sekunde fallen zu lassen, aber bei ihm war das etwas ganz anders. Dieser unbestreitbare Umstand wurmte mich noch immer unaussprechlich und das nicht erst seit heute, denn bereits ab unserem ersten Treffen hatte er es immer wieder geschafft, mich aus meiner Contenance zu bringen. Doch ich wusste, das ich lernen musste mit dieser unschönen Tatsache zu leben und ich hatte inzwischen ebenso erkannt, das ich weder vor ihm noch vor meinem Herzen davonlaufen konnte, was meine eigentliche Lage jedoch trotz allem nicht leichter machte. Dennoch strafte ich in der nächsten Sekunde entschlossen meine Schultern und betrat dann leise wie gleichso vorsichtig den dunklen Raum, während zeitgleich in mir ein heftig aufbrausender Sturm zu toben begann. Wachsam tasteten meine ermüdeten Augen durch die vollkommene Finsternis um mich herum und ich versuchte mit all meinen Sinnen irgendeinen Anhaltspunkt für den Aufenthaltsort des Detektiven zu finden, aber alles was ich vernahm, war das dumpfe schnelle pochen meines eigenen aufgescheuchten Herzens wie das ebenso nachgiebige Rauschen meines eigenen Blutes in meinen Ohren. So lautlos wie möglich schlich ich behutsam in das Zimmer ein und suchte nach einem kurzem Augenblick des nach bestärkender Ruhe sinnenden Innehaltens, bedächtig meine Umgebung mit dem kleinen Lichtstrahl ab. Es war ein absolut seltsames Gefühl was mich erfasste, während ich mit angehaltenem Atem angespannt in die Dunkelheit lauschte und mich konzentriert darum bemühte, den momentanen Bewohner dieser vier Wände zu finden, sodass ich nervös auf meiner Unterlippe zu kauen begann. `...Na hoffentlich taucht er jetzt nicht wie aus dem Nichts irgendwo in meiner Nähe auf oder hockt wie eine lebendige Puppe in irgendeine Ecke des Zimmers, ohne jegliches Lebenszeichen von sich zu geben...` merkte mein beunruhigter Verstand sogleich warnend an, denn das er wie jeder ganz normale Mensch um diese Uhrzeit schlief, war tatsächlich mehr als unwahrscheinlich und zudem traute ich ihm mittlerweile selbst solch ein kurioses Verhalten zu. Immerhin hatte er mich ja schon mehr als einmal mit seinen skurrilen Angewohnheiten überrascht und darauf könnte ich in meinem momentanen Zustand wirklich getrost verzichten, aber dennoch es war einfach viel zu still hier drin. Es gefiel mir absolut nicht und beflügelte meine Fantasie zu einer ungeahnten Rekordmasse an abstrus anmaßenden Bildern, welche ich jedoch sofort mit einem kurzem heftigen Kopfschütteln eiligst versuchte wieder zu vertreiben. Langsam glitt der gelbe Kegel meiner Taschenlampe forschend über einen bekannten Gegengenstand nach dem Anderem und blieb dann abrupt an einer schwarzhaarigen Person hängen, welche mit mir zugewandten Rücken bewegungslos im Sessel hockte.
 

Mein Herz machte einen schmerzhaften Sprung und mein Magen krampfte sich sekundengleich marternd zusammen, als sich L´s Körper plötzlich in meinem Sichtfeld offenbarte, unterdessen ich all meine Kraft aufbringen musste, um den zeitgleich beständiger werdenden Kloß in meinen Hals wieder hinunter zu schlucken. Regungslos stand ich einfach da und starrte mit wild rasenden Puls auf die wohlvertraute Silhouette des Mannes, der mir in den vergangenen Stunden so unheimlich weh getan hatte, derweilen ich verbissen darum bemüht war, meinen nunmehr neuerlich sacht zu beben beginnenden Leib unter meiner Kontrolle zu behalten. All meine Gedanken begann schlagartig eine neue unaufhaltsame Hetzjagd durch meinen immer brüchiger werdenden Verstand aufzunehmen, aber ich riss mich sogleich beherzt zusammen und setzte mich anschließend auf unsicheren Beinen erneut in Bewegung, indessen ich ihn für keine einzige Sekunde aus meinen Blick entließ. So leise wie es im Augenblick für mich realisierbar war und mit zum zerreißen gespannte Nerven trat ich Schritt für Schritt auf ihn zu, bis ich schlussendlich nur wenige Zentimeter neben ihm zum stehen kam, indessen ich mich selber inständig zu fragen begann, warum er bis jetzt noch immer nicht auf meine Anwesenheit reagiert hatte, denn zumindest musste er mich doch zwischenzeitlich bemerkt haben. Also was genau wollte er damit bezwecken? War es ein Zeichen dafür, das er momentanen nicht mit mir reden wollte oder hatte er beschlossen, mich wiedereinmal einfach vollständig zu ignorieren? Obgleich mich der Umstand seiner Reaktionslosigkeit in Bezug auf meine Person wie auch auf meinen emotionalen Zustand doch eigentlich erleichtern sollte, so spürte ich neben den mich aufwühlenden Emotionen auch ebenso deutlich den Funken der Sorge in meinem Inneren aufglimmen und obwohl ich genau dieses direkte Aufeinandertreffen mit ihm nur allzu gerne vermeiden wollte, gab ich mir dennoch abermalig einen Ruck, währenddessen ich behutsam das schwache Licht in die Nähe seines Gesichtes lenkte. Sofort entglitt mir jedoch fassungslos jeglicher Ausdruck der Besorgnis und mein Brustkorb wurde mir umgehend erdrückend eng, als ich völlig perplex in das Antlitz eines tatsächlich friedlich schlafenden L´s blickte. Alles in mir krampfte sich ruckartig zusammen und ich ballte wiederholt bestärkend meine Hände, unterdessen sich dennoch neben meines unübersehbaren Schmerzes ebenso ein kleines liebevolle Schmunzeln auf meinen Lippen abzuzeichnen begann, denn auch dieses Bild weckte prompt eine unvergessliche Erinnerungen in mir. All die aufgerissenen Wunden auf meiner Seele fingen augenblicklich erneut an zu bluten und dennoch vergoss ich nicht eine einzelne kleine Träne, sondern verzog meinen Mund zu dem wohl bittersten Lächeln meines Lebens, denn in dieser winzigen und doch so ewig erscheinenden Sekunde wurde mir urplötzlich etwas vollständig klar. Ich wollte ihn nicht aufgeben, aus meinem Bewusstsein streichen und für immer vergessen, ohne auch nur ansatzweise für diese Liebe gekämpft zu haben. Nein, ich wollte L und all die Wärme, welche ich in seiner Gegenwart empfand, nicht verlieren. Eine Chance würde ich ihm noch geben, denn wenn mich mein seinen Worten lügen strafendes Bauchgefühl nicht täuschte, dann hatte er unabdingbar seine Gründe für diese Entscheidung gehabt, auch wenn sie mich mehr als hart getroffen hatte und ich mich normalerweise vollständig von diese Art der Qual bestimmt zurück gezogen hätte. Doch er war anders, in allem was er tat und das würde sich sicherlich vollem in diesem Bereich niederschlagen, selbst wenn ich es noch immer verstehen konnte, warum genau er mich so eiskalt von sich gestoßen hatte. Das Einzigste was mir blieb waren unbestätigte Vermutungen und die stille Hoffnung, das sich meine innere Stimme nicht ausgerechnet dieses eine Mal verschätzt hatte. Tief in meinen dennoch widersprüchlichen Gedanken verloren richtete ich mein Augenmerk entschlossen von ihm ab und machte mich sodann behutsam auf den Weg in mein ehemaliges Zimmer, um dem eigentlichen Grund meines Auftauchens nachzukommen. Zielstrebig kramte ich das Objekt meiner Begierde wie ebenso ein paar weitere wichtige Dinge für mich zusammen, worunter sich auch das für mich so wertvolle Foto von Lina befand. Ein letztes mal sah ich mich erinnerungsschwer in dem vertrautem Raum um, in welchen ich meine wohl schönsten Stunden mit L verbrachte hatte, ehe ich mir sogleich forsch das dadurch neuerlich in mir aufsteigende Nass aus meinem Gesicht wischte. Mit einem bekräftigenden Ruck drehte ich mich zur Tür und wollte gerade hoch erhobenen Hauptes den Rückweg antreten, als sich erneut eine unvermittelte Erinnerung in mein Gedächtnis zurück schlich, sodass ich abermals abrupt inne hielt. Mein grübelnder Blick richtete sich ohne mein bewusstes Zutun eigenständig auf das Bett mitten im Raum und plötzlich huschte wieder dieses bittere Schmunzeln über meine Lippen, während ich nach einem letztmaligen Abwegen meiner mich erfassenden Gedankengänge beherzt nach der Decke griff, mit welche ich mich dann endlich auf leisen Sohlen zurück ins Hauptzimmer begab. Eine ganze Weile stand ich einfach nur absolut unschlüssig hinter dem schwarzhaarigen Detektiven und umklammerte mit aller Macht das erinnerungsbehaftete Bettzeug in meinen Armen, derweilen all meine Überlegungen hilflos um sich selber kreiste, ehe ich ihm letztendlich doch diese rekapitulierend behutsam von hinten um die Schultern legte, wo ich für einen kurzen und doch so kostbaren Moment vollkommen lautlos verharrte. Ich war hin und her gerissen in meiner Entscheidung, denn eigentlich hatte ich wegen ihm eine stink Wut im Bauch und trotzdem veranlasste mich mein Herz zu so einer wohlwollenden Geste. Jetzt, so dicht neben ihm, fühlte ich mich dennoch für einen Augenblick einfach nur rundum geborgen und atmete tief seinen vertrauten herben Duft ein, während mein inneres Chaos vor Zerrissenheit im selben Atemzug zerspringen wollte, aber ich konnte einfach nicht anders. Liebe unterlag keinen rationalen Gesetzten, nein, und nun verstand ich endlich auch was es bedeutete, wenn man von seinen Gefühlen übermannt wurde. „...L...Es tut mir Leid das ich dich Liebe und dir damit offensichtlich so viele Probleme bereite, aber ich kann einfach nicht anders...Und solange wie du in meiner Nähe bist, werde ich auf dich warten...Ich bin hier...Doch nur, bis dieser Fall abgeschlossen ist...danach werde ich für immer aus deinem Leben verschwinden...das Verspreche ich dir...“ flüsterte ich ihm kaum hörbar zu und merkte indessen, wie sich spürbar zwei neue salzige Perlen ihren einsamen Weg über meine Wangen suchte, doch in diesem Moment war es mir vollkommen egal. Die schützenden Schatten der Nacht hüllten uns ein und er schlief fest, sodass er es ohnehin nicht bemerken würde, wie sehr mich seine Worte heute getroffen hatten. Ein letztes Mal noch genoss ich für einen kurzen Augenblick das Gefühl der wärmenden Geborgenheit in mir, ehe ich mich dann vorsichtig wieder aufrichtete und mich anschließend eiligst wenn dennoch gleichso behutsam leise aus dem Zimmer schlich.
 

Mit dem beinahe lautlosem einrasten der Tür öffnete L langsam seine dunklen Augen und versuchte das sofort einsetzende sanfte Zittern in seinen Körper verbissen zurück zu drängen, während seine Hand behutsam über den Ausschnitt seines Shirts strich. Ein schmerzlicher Schatten huschte über seinen Blick, als er die feuchten Spuren unter seinen kühlen Fingern spürte, welche Zahras Tränen auf seiner Haut hinterlassen hatten und das Chaos in seinen Herzen damit auf eine neue Stufe der Agonie hoben. Er war tatsächlich eingeschlafen gewesen und doch hatte er ihre Anwesenheit bereits frühzeitig bemerkt, sich jedoch nach eindringlichen Grübeln dazu entschlossen gehabt, sie in dem Glauben das er ruhte zu belassen. Der junge Detektiv hatte einfach nicht gewusst, wie er sich in dieser unangenehmen Situation ihr gegenüber verhalten sollte und dadurch vermeintlich den komplikationslosesten Weg gewählt gehabt, was er allerdings nach dem eben so gegensätzlich dazu Erlebten bereits schon wieder inständig bereute. Seine volle Konzentration lag in der gesamten Zeit auf all ihren altbekannten Geräuschen, welche die vorher so bedrückende Stille um ihn herum, ausnahmslos wie auch irgendwie wohltuend durchbrochen und in ihm abermals deutliche Zweifel an seiner Entscheidung lautwerden lassen hatten. Trotzdem hatte er sich starrköpfig schlafend gestellt und sich unterdessen darum bemüht, die nagende ungeliebte Unruhe in sich zu besänftigen, ehe sich diese dann aber plötzlich explosionsartig in seinem Verstand ausgebreitet hatte, nachdem er das beschwerende Gefühl einer Decke auf seinen Schultern gespürt hatte. Schlagartig waren all seine Gedanken wie leer gefegt gewesen und sein Herz hatte für mehrere quälende Minuten einfach ausgesetzt, als er sich der völlig unerwarteten Nähe von Zahra bewusst geworden war, sodass es ihm gleichzeitig unaussprechlich schwer gefallen war, nicht ohne irgendeine Vorwarnung abrupt den Atem anzuhalten und somit sein ungeplantes Schauspiel hinterrücks auffliegen zu lassen. Gedankenversunken zog er die Decke noch ein wenig enger um sich, während er für einen winzigen schwachen Moment einfach nur die trügerische Wärme der Geborgenheit genoss, welche zeitgleich mit dem ihn umgebenden wohligen Geruch von Zahra in seinem Inneren aufflammte. L hatte ihre Worte sehr genau vernommen und sie ließen nur noch mehr von diesen grausamen Qualen in seinem Inneren regelrecht aufschreien, aber dennoch konnte er sie mit seinen scharfen Verstand nicht wirklich begreifen. Es hatte soviel Schmerz und Verletztheit in ihnen gelegen und er hatte auch ohne diese bittere brüchige Stimme vorhin bereits gespürt gehabt, das er ihr mit seinem Handeln sichtlich sehr weh getan haben musste, aber genau das war die bedeutsame Tatsache darin, die in ihm eine unendlich tiefe Verwirrung zurückließ. Trotzdem er ihr offensichtlich so viel Leid zugefügt hatte, hielt sie nach wie vor an diesem irrationalen Gefühl namens Liebe fest und das löste nicht nur ein merklich marterndes Ziehen in seiner Brust aus, sondern irritierte ihn vielmehr bis ins Mark. Wie konnte sie sich noch dafür Entschuldigen, das er sie absichtlich verletzt hatte? Warum tat sie das, obwohl es doch eigentlich völlig unlogisch war, denn nach der menschlichen Natur würde sich eine Person von einer schmerzhaften Erfahrung abwenden und sich nicht noch weiterhin freiwillig dieser aussetzten. Selbstverständlich hatten ihm ihre Aussage auch ebenso deutlich klar gemacht, das sie sich in Zukunft in gewisser Weise von ihm zurückziehen würde, aber trotz dessen war es für L absolut unverständlich, warum sie nach alledem sich nicht vollkommen vor ihm verschloss. Gegen jegliche Form der Wahrscheinlichkeiten, hatte sie ihm sogar so etwas wie eine Frist gesetzt und versprochen auf ihn zu warten, selbst wenn sie es ihm nicht in dem Bewusstsein vermittelt hatte, das er diese Worte auch tatsächlich wahrnehmen würde. Es war für L dennoch ein unerklärliches Rätsel, das nicht nur seinen logischen wissensdurstigen Geist, sondern auch seiner ohnehin unverständlichen wie gleichso aus den Fugen geratenen Gefühlswelt mächtig zusetzte. Immer weiter und verzweigter verhedderten sich seine verwirrten Gedanken, währenddessen der Zweifel in ihm und auch der unterschwellige Wunsch nach dieser fremden sich dennoch unleugbar gut anfühlenden Wärme von Zahra, mit jeder vergehenden Minute stetig in seinem Herzen zunahm, ehe jedoch plötzlich die seinen Verstand vernebelnde Finsternis in diesem Raum jäh durch die geräuschvolle Rückkehr des Stroms auseinander gerissen wurde. Innerhalb von wenigen Sekunden erfasste sein rationaler Geist seine momentanen deutlich unangenehme Lage, welche ihm abermals die Schwäche seiner eigenen Willensstärke vor Augen führte, sodass er sich umgehend und mit einem sichtbar verärgertem Gesichtsausdruck ruckartig die erniedrigende Decke von den Schultern riss. Wiederholt hatten ihn seine unliebsamen Emotionen eingeholt gehabt und er hatte sich wirklich neuerlich von ihnen mitreißen lassen, obwohl er sich doch inständig geschworen hatte, einen klar definierten Schlussstrich zu ziehen. Unwillig und mit unverhohlener Wut auf sich selbst, richtete er postwendend seinen missmutigen Blick auf die nun erneut aufflackernden Monitore, derweilen er seinen Fokus sofort entschlossen wie gleichso verdrängend mit aller Macht allein auf Light fixierte, währenddessen er sich insgeheim selbst einen gefühlsgesteuerten Narren schimpfte.



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