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Fang mich doch!

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Und wie immer war ich eine Schnecke im Updaten, tut mir Leid. Mein Hauptfokus liegt auf der englischen Story, die ist schon viel weiter fortgeschritten (Kapitel 13...), diese Übersetzung hier mache ich immer nur als Lockerungsübung zwischendurch ^^

Aber vielen Dank für eure bisherigen Kommentare, sie haben mich dann doch dazu gebracht, mich endlich auf meinen Hintern zu setzen und hier upzudaten!

Im wahren Leben bin ich überhaupt kein Fan von Eifersucht, aber aus irgendeinem Grund genieße ich es total, Fanfiction darüber zu schreiben ^^ Kleine Warnung am Rande: leiche Eren/Thomas Tendenzen in diesem Kapitel, aber dafür werdet ihr natürlich am Ende mit etwas riren-action belohnt :D Komplett anzeigen

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Die Wohltätigkeitsveranstaltung

Als Eren die Flure ihrer Behörde betrat, brach die Hölle los.

 

Hanji war die erste, die sie erblickte, und begrub Eren sofort in einer wortwörtlich atemberaubenden Umarmung, die ihr fast die Rippen brach. Nur ein paar Momente später bemerkten auch die anderen Kollegen ihre Ankunft und stürzten sich ebenso auf sie. Die Leute bombardierten sie geradezu mit Fragen, wo sie gewesen und was passiert sei, und gaben ihr überhaupt nicht die Chance, zu Atem zu kommen und vielleicht sogar einige der Fragen zu beantworten.

 

Natürlich war es rührend, sie alle so besorgt zu sehen, und als Armin sogar einige Tränen vergoss und mehrmals wiederholte, wie Leid es ihm täte dass er nicht da gewesen wäre, wusste sogar Eren einmal nicht, was sie sagen sollte. Stattdessen schloss sie ihn noch einmal in ihre Arme, darauf hoffend, dass niemand ihre feuchten Augen bemerkt hatte.

 

Ihr Team begleitete sie in Erwins Büro, als Eren ihm darüber berichtete, was am Hafen und danach in Levis Unterschlupf passiert war. Natürlich ließ sie dabei ein paar unwichtige kleine Details aus.

 

„Versteh mich nicht falsch Eren, ich bin ja froh dass du gesund und munter bist und all das“, sagte Jean und blickte sie etwas verwirrt an, „aber warum sollte ein Mafiaboss ausgerechnet die Agentin retten, die gegen ihn ermittelt? Sie aufsammeln, zusammenflicken und danach frei lassen, als wäre nichts gewesen?“

 

Eren hatte diese Frage kommen sehen, trotzdem musste sie schlucken.

 

„Ich, also… ich weiß es nicht“, antwortete sie, und rutschte unruhig auf ihrem Platz hin und her.

 

„Aber du hast ihn doch sicherlich gefragt, oder nicht?“, tönte Erwin mit seiner tiefen, ruhigen Stimme. Sein Kinn ruhte auf den Fingerspitzen, die er verschränkt hatte, während er sie aufmerksam betrachtete. Er wusste, dass Eren sich niemals eine Gelegenheit entgehen lassen würde, Informationen zu sammeln.

 

„Hab ich“, erwiderte Eren lahm.

Als sie eine erhobene Augenbraue als Antwort bekam, verspürte sie den Drang, etwas mehr zu erzählen. Aber wie sollte sie den anderen eine derartige Situation erklären?

 

„Ich habe schon gefragt, aber dann… dann kam Mikasa rein, hat uns unterbrochen und ihn nach unten geschickt, wo einer seiner Handlanger auf ihn gewartet hat. Also kam er nicht dazu, mir zu antworten.“

 

Sie betete zu allen Gottheiten, die sie kannte, dass niemand bemerken würde wie ihre Wangen anfingen zu brennen. Die seltsamen Blicke, die sie von Erwin, Hanji und Armin dafür erntete, zeigten ihr, dass die Gebete nicht erhört worden waren. Natürlich war es geradezu unmöglich, vor den dreien gleichzeitig etwas zu verbergen, dafür waren sie einfach zu clever. Überraschenderweise war es jedoch Jean, der die bedeutungsvolle Stille unterbrach.

 

„Oh mein Gott, also ist es wahr!“, rief er aus, und seine Augen sprangen förmlich aus seinem Kopf, „Levi ist echt verknallt in Eren, nicht wahr?“ Aufgeregt warf er die Arme in die Luft und wedelte damit hin und her. „Er hat sich damals nicht nur lustig gemacht über sie mit dem ganzen Scheiß, er hat sie ernsthaft umworben! Levi steht auf Eren, deshalb hat er sie gerettet!“

 

Sie wünschte sich einfach nur, dass der Boden sich endlich auftun und sie verschlingen würde, aber nichts dergleichen geschah. Eren fühlte sich beschämt, obwohl sie nicht einmal etwas falsch gemacht hatte.

 

„Jean, könntest du bitte etwas leiser sein…“, sagte sie, wurde doch von ihrem Kollegen gleich wieder unterbrochen.

 

Du“, Jean deutete triumphierend mit dem Zeigefinger auf sie, „Ich hab’s dir doch gesagt! Du hast es wirklich geschafft, dir einen verdammten kleinen Grusel-Gangster als Freund zu angeln, ich kann’s gar nicht glauben…“

Er brach ab, das eigene Lachen veranlasste ihn, nach Luft zu schnappen und sich den Bauch zu halten.

 

„Halt deine verdammte Klappe, Kirstein!“, brauste Eren auf, „Hör auf ihn meinen Freund zu nennen oder ich werde dir verdammt nochmal-„

 

„Oder was? Wirst du deinen Schatz herbeirufen und ich ende dann mit zementierten Füßen auf dem Grunde des nächsten Flus-"

 

„Jean. Eren“, Erwin erhob nicht einmal seine Stimme, doch der strenge Unterton darin war genug, um beide sofort verstummen zu lassen, „Dies ist nicht die Zeit, um herumzualbern. Wir müssen uns auf die Mission konzentrieren“

 

Eren blickte Jean ein letztes Mal strafend an und widerstand dem Drang, ihm die Zunge entgegenzustrecken, bevor sie sich wieder Erwin zuwandte und nickte.

 

„Vielleicht können wir ihn sofort festsetzen. Sie scheinen ein Meeting in der Stadt zu haben, ein ziemlich großes Ding wie’s aussieht, und sie fahren in einer riesigen Limousine umher, nicht gerade unauffällig…“, begann sie zu erklären, doch Armin unterbrach sie.

 

„Was das betrifft, Eren, müssen wir dir etwas erzählen“, sagte er vorsichtig und betrachtete sie sorgsam.

 

Die anderen Mitglieder aus ihrem Team wichen ihrem Blick so gut es ging aus, und so hob sie fragend eine Braue und bedeutete Armin, fortzufahren.

 

„Hör zu, die Sache ist die… wir können ihn nicht einfach so verhaften. Es gibt keinen Haftbefehl mehr.“

 

Eren starrte ihn ungläubig an.

 

Was.“

 

„Naja, die Staatsanwaltschaft wollte keinen neuen unterzeichnen“, erklärte Armin. „Kitts Woerman meinte, wir hätten keine Beweise, und alles wäre nur ein großes Missverständnis."

 

„Ein Missverständnis?“, wiederholte Eren fassungslos, „Wirklich, ein Missverständnis?! Wir haben sie verdammt noch mal bei der Übergabe beobachtet, sie haben sich uns widersetzt, scheiße, es gab sogar ´ne Schießerei!“

 

Connie verzog das Gesicht. „Er sagte, Levi sei ein geachteter Bürger unserer Stadt, der viel Geld in Wohltätigkeitsprojekte steckte, und es sei doch eine Schande ihn zu diskreditieren, indem wir zu voreilig handeln würden.“

 

Eren wirbelte herum und starrte Erwin an, leise flehend dass er diese Worte doch bitte, bitte verneinen würde. Aber sein Schweigen verriet Eren die bittere Wahrheit.

 

„Anders ausgedrückt, Levi hat Kitts geschmiert?“ fragte sie mit zusammengebissenen Zähnen, die Hände bereits zu Fäusten geballt.

 

Erwin nickte langsam. „Ich befürchte, ja. Es gibt nichts, was wir im Moment dagegen tun können.“

 

Ohne Vorwarnung gab Eren dem Aktenschrank an der Wand von Erwins Büro einen harten Tritt.

 

„Fick dich doch!“, schrie sie, „Fick dich, du Scheißbastard!“

 

Sie trat ein zweites Mal dagegen, heftig atmend und mit vor Wut funkelnden Augen.

Obwohl die anderen an ihre Wutanfälle gewöhnt waren, zuckten sie zusammen.

 

„Eren“, sagte Jean vorsichtig und machte einen Schritt auf sie zu, „Mach dir keinen Kopf, wir werden ihn schon noch kriegen. Du hast so hart gearbeitet, und du bist eine der Besten, er wird nicht davonkommen.“

 

Er legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter, und diese für Jean doch ungewöhnlich sensible Geste war es, die Eren wieder runterbrachte.

Sie ließ davon ab, den unbeteiligten Aktenschrank weiter zu attackieren, und seufzte frustriert auf.

 

„Wie soll ich ihn denn schnappen, wenn das Justizsystem dieser Insel so verdorben ist“, sagte sie mit Bitternis in der Stimme, „Kitts ist nicht der einzige in der Stadt, der so korrupt ist. Selbst wenn wir ihn davon überzeugen könnten, den Haftbefehl auszuschreiben, wird es andere Menschen geben, die uns Steine in den Weg legen werden. Und solange es die gibt, werden Leute wie Levi mit so etwas davonkommen.“

 

Armin legte den Kopf schief, sein Gesicht voller Sorge.

 

„Willst du etwa aufgeben, Eren?“ fragte er leise.

 

Es war ein seltener Anblick, Eren so demotiviert zu sehen.

Glücklicherweise dauerte dieser Zustand nur ein paar Momente lang an, bevor sie sich zu ihm umdrehte und ihm ein siegessicheres, wenn auch angestrengtes Lächeln zuwarf.

 

„Nein“, sagte sie mit fester Stimme. „Niemals.“

 

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Nur nach mehrmaliger Aufforderung von Erwin willigte Eren missmutig ein, sich den Rest des Tages frei zu nehmen, um sich zu erholen.

 

Sobald sie nach Hause kam, setzte sie sich auf die Couch im Wohnzimmer und fuhr ihren privaten Laptop hoch. Es war ihr vielleicht nicht erlaubt, heute in Levis Fall weiter zu ermitteln, aber niemand hatte etwas über Nachforschungen im Titanen-Fall erwähnt. Es würde ja keinem wehtun, wenn Eren sich die ganze Geschichte etwas genauer anschauen würde. Sie loggte sich ins Programm des Aufklärungskommandos ein.

 

Sie wollte sich nur in den alten Fallakten ein wenig umsehen, doch als sie ihr Passwort eingab, erschien ein blinkndes Fenster auf ihrem Bildschirm.

 

„Zugang verweigert. Keine zugelassenen Anmeldedaten. Füllen Sie die erforderlichen Registrierungsfelder korrekt aus, um die Daten zu entsperren.“

 

„Was zur Hölle…“, murmelte Eren perplex.

 

Sie hatte einen verdammt hohen Rang im Aufklärungskommando, sie hätte die Befugnis gehabt sich Ermittlungsakten übers Pentagon zu besorgen, wenn sie gewollt hätte. Warum war der Titanen-Fall für sie gesperrt? Irritiert nahm sie einen Schluck aus der Bierflasche auf dem Tisch und wählte dann Armins Handynummer.

 

Ihr Freund ging sofort ans Telefon. „Hey Eren, was gibt’s? Alles okay bei dir?“

 

Sie konnte den Unterton der Besorgnis in seiner hellen Stimme hören.

 

„Ja, danke, alles bestens“, beruhigte sie ihn schnell. Verdammt, warum verhielten sich die Leute neuerdings als sei sie aus Zucker? „Hör mal zu Armin, kannst du mir einen Gefallen tun? Es würde mir sehr helfen, wenn du dich ins System einloggst und mal nach den Daten bezüglich des Titanen-Falles schaust.“

 

„Eren, hast du nicht versprochen dir den Tag frei zu nehmen und dich zu entspannen?“ Seine Stimme klang streng, und Eren musste lächeln.

 

„Ich entspanne mich doch“, antwortete sie, „ich sitz‘ auf meiner Couch, trinke ein Bier und lenke mich von der Arbeit ab.“

 

„Mit noch mehr Arbeit?“

 

Eren rollte mit den Augen. „Wenn du’s wissen willst, ja. Ganz genau. Kannst du dich jetzt bitte einloggen?“

 

Armin seufzte, tat aber dennoch, wie ihm gehießen. Er wusste dass es keinen Sinn machte, mit Eren über dieses Thema zu diskutieren. Sie war und blieb einfach ein Sturkopf.

 

Doch zu seiner großen Überraschung war auch er nicht in der Lage, sich Zugang zum Fall zu verschaffen. Jedes Mal wenn er sich versuchte einzuloggen, bekam er die gleiche Warnmeldung wie Eren.

 

„Das ist merkwürdig“, meinte Armin nachdenklich, „Ich hoffe das ist nur ein technischer Fehler, ich kann mir keinen Grund vorstellen, uns beiden die Informationen zur Titanen-Akte vorzuenthalten.“

 

Eren war nicht wirklich überzeugt. Irgendetwas war faul, aber sie konnte noch nicht exakt ihren Finger auf die Wunde legen.

 

„Armin, ich hab ein komisches Gefühl bei der Sache“, sagte sie, „Da stimmt was nicht mit diesem Fall.“

 

„Hm“, stimmte Armin zu, „Wer ist der leitende Ermittler?“

 

Eren verzog das Gesicht. „Nile Dok“, spie sie verächtlich aus.

 

Es wäre untertrieben gewesen zu sagen, dass sie und Nile nicht gerade gut miteinander auskamen. Der ältere Agent behandelte Eren immer noch als sei sie eine Anfängerin, er ignorierte schlichtweg all die Erfolge, die sie über die Jahre errungen hatte, und zeigte keinerlei Respekt ihr gegenüber. Auch wenn sie gleichrangige Agenten mit jeweils eigenen Teams waren, weigerte Nile sich vehemmt, dies anzuerkennen. Eren hatte immer die Vermutung gehabt, Nile sei schlichtweg neidisch auf sie gewesen, denn er hatte selbst in den letzten Jahren keinerlei nennenswerte Ermittlungserfolge vorweisen können, während sie die Karriereleiter stetig hochgeklettert war.

 

„Schätze es gibt keinen anderen Weg mehr darüber zu erfahren, als mit Dok darüber zu sprechen“, riet Armin ihr.

 

Eren machte ein Gesicht, als hätte sie in eine saure Zitrone gebissen, aber sie wusste, dass er Recht hatte. Sie würde sich überwinden müssen, diesen alten Spießer um Hilfe zu bitten, und sie würde sich besser zusammen reißen müssen dafür.

 

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Sie hatte das Maß an Sturköpfigkeit unterschätzt, welches Nile Dok besaß.

 

Als sie sein Büro am nächsten Tag betrat und begann, ihn über die gestrigen Ereignisse in Kenntnis zu setzen, unterbrach er sie mit einem verächtlichen Lachen, noch bevor sie ihn um Informationen fragen konnte.

Mit bösen Augen lächelte er sie an und bemerkte spitz, er habe schon davon gehört wie sie es geschafft hatte, sich wieder einmal entführen zu lassen. Vor versammelter Mannschaft sandte er ihr ein bedeutungsvolles Grinsen, meinte, sie solle sich mal nicht beschweren, schließlich würde Eren jetzt den Schutz eines mächtigen Mafiosi besitzen.

 

Eren fühlte die Wut in ihr wieder hochkochen, doch noch war sie in der Lage, sich zu beherrschen.

 

„Und was für ein wunderbarer Zufall, dass es ausgerechnet der Mafiaboss ist, gegen den du zu ermitteln vorgibst“, sagte Nile verächtlich.

 

Der junge Agent, der neben ihm stand, hob seine Augenbrauen so hoch, dass sie fast unter seinem schwarzen Topfschnitt verschwanden. Es war zwar ein offenes Geheimnis in der Behörde, dass die beiden Ermittler einander nicht leiden konnten, aber sich mit einer derart offenen Feindseligkeit zu begegnen, war neu, sogar für diese beiden Hitzköpfe.

 

„Was willst du damit andeuten?“ Eren trat einen Schritt auf ihn zu, verkreuzte die Arme vor der Brust und funkelte ihn bedrohlich an.

 

„Komm schon, Yeager“, schnaubte Nile. „Bist du wirklich so dumm? Ich wusste ja schon immer, dass du deine ‚Erfolge‘ nicht aufgrund deiner Kompetenz erworben haben konntest. Klimper nur einmal mit den Wimpern und jeder hier ist hingerissen von unserer kleinen Miss Perfect. Du hast all deine Errungenschaften nur errungen, weil du jung und hübsch bist, und Levi ist nur ein weiterer Trottel, der auf deine Masche reingeflogen ist“. Er sandte ihr ein verstörendes Grinsen. „Du hast dich dumm genug angestellt, sodass er das Bedürfnis verspüren musste, seine kleine Süße zu beschützen. Vielleicht ist das ja auch der Grund, warum du keinen Zugang zu unserem Fall hast. Die da oben haben sicher Angst, dass du mit deiner Inkompetenz alles ruinierst.“

 

Wow. Eren starrte ihn ungläubig an.

 

Und der Preis für das Arschloch des Jahres geht an … Nile Dok.

 

Sie wusste, wie Zorn sich anfühlte. Sie hatte ihn schon unzählige Male erlebt, er war ein Teil von ihr geworden, und Eren wusste wie sie mit der ewig währenden Wut in ihr umzugehen hatte. Normalerweise. Doch jetzt, in diesem Moment, kochte eine heißglühende Wut in ihr empor, und Eren hatte große Schwierigkeiten sich zurückzuhalten, um Dok für diese unfassbaren Unterstellungen nicht eine reinzuhauen.

 

Trotzdem, sie würde sich diesen Scheiß nicht bieten lassen. Vollidioten mit einer derartigen Macho-Einstellung wie Dok waren der Grund für sie gewesen, niemals aufzugeben, sondern immer zu zeigen was in ihr steckte. Eren würde ihre Klappe nicht halten, sie würde ihm ganz genau zeigen, was sie von ihm hielt.

 

„Hör mal zu, Arschgeige“, sagte sie kalt und ignorierte den empörten Blick, den sie für diese Anrede von Nile kassierte, „Nur weil du in den letzten Jahren keinen Meter bei deinen Ermittlungen vorangekommen bist, heißt das nicht, dass wir alle so unfähige Feiglinge sind wie du. Während du in deinem kuscheligen kleinen Büro hier gesessen und Däumchen gedreht hast, waren mein Team und ich draußen und haben Kopf und Kragen riskiert, um Verbrecher zu schnappen. Dass du meine Kompetenz in diesem Fall also auch nur anzweifelst, ist eine absolute Unverschämtheit.“ Der Man öffnete seinen Mund um sich gegen ihren Wortschwall zu wehren, aber Eren hob ihre Hand um ihn zum Schweigen zu bringen. „Nein, ich bin noch nicht fertig, also wage es verdammt noch mal ja nicht, mich zu unterbrechen. Ich hab dein respektloses Verhalten lange genug hingenommen, weil ich irgendwie Mitleid mit dir hatte. Du wirst immer älter und älter, ohne jemals noch irgendwie voranzukommen in deinem Job.“

 

Niles Gesicht war rot geworden vor Ärger, und er fletschte die Zähne. „Verpiss dich aus meinem Büro, Yeager!“, knurrte er und ballte die Fäuste.

 

„Mit Vergnügen!“, schleuderte Eren in gleicher Manier zurück.

 

Sie war schon fast aus der Tür raus, als sie sich noch ein letztes Mal zu ihm umdrehte.

 

„Weißt du was, Dok“, sagte sie aufmüpfig, „wenn ich meinen jetzigen Fall gelöst habe, helfe ich dir vielleicht dabei, die Titanen auszulöschen. Wäre ja das erste Mal seit hundert Jahren, dass du mal wieder einen Erfolg zu verbuchen hättest, was?“

 

Und mit einem letzten Blick auf sein zornverzerrtes Gesicht schlug sie die Tür hinter sich ins Schloss.

 

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Natürlich verbreiteten sich die Gerüchte über den Streit zwischen Eren und Nile wie ein Lauffeuer in der Behörde des Aufklärungskommandos.

 

Einige der älteren Agenten rümpften ihre Nase und fluchten leise vor sich hin, dass die jungen Neulinge keinen Respekt mehr vor den alteingesessenen Veteranen hätten. Die meisten Leute jedoch applaudierten Eren im Stillen dafür, dass sie Nile endlich in die Schranken gewiesen hatte. Er hatte es sich mit einer Menge Leuten in der Behörde verscherzt mit seinem arroganten Gehabe, und einige konnten sich ein schadenfrohes Grinsen von nun an nicht mehr Verkneifen, wann immer sie Dok sahen.

 

Eren war das Gerede herzlich egal, sie begrub sich einfach unter noch mehr Arbeit, um endlich Beweise für die immer noch kriminellen Handlungen der Flügel der Freiheit zu finden. Glücklicherweise unterstützen ihre Teamkameraden sie, ohne auf die Beschuldigungen Doks einzugehen. Der saure Gesichtsausdruck von Eren war Grund genug für sie, darüber ihre Klappe zu halten und einfach ihren Job zu machen.

 

Diese Lage dauerte für ein paar Tage lang an, aber natürlich fand Jean einen anderen Weg, Eren wieder zur Weißglut zu treiben. Vielleicht war es einfach seine Art, Normalität wiederherzustellen, vielleicht wollte er sie so vom Ärger über Doks Worte ablenken.

 

Oder vielleicht war er auch nur ein Arsch, der Eren auf die Palme bringen wollte. Was es auch war, sie würde es nie erfahren.

 

„Oi, Eren!“, sagte er grinsend, als er den Pausenraum betrat, indem sie zusammen mit Armin, Sasha und Hanji ihr Mitagessen genoß, „Warum hast du denn nicht erzählt, dass du nächste Woche ein Date mit Thomas hast?“

 

Die Agentin fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, und ignorierte sowohl den aufgeregten Quietscher von Hanji neben ihr als auch Armins neugierigen Blick.

 

„Das ist kein Date, Jean. Ich habe nur zugestimmt, einen Freund zu seiner Wohltätigkeitsveranstaltung zu begleiten“, stöhnte sie.

 

Es stimmte, Thomas war ein alter Freund von ihr, der dabei half, eine große Party für wohltätige Zwecke zu organisieren. Er sammelte Geld fürs Kinderkrankenhaus, und er hatte Eren gebeten, ihn zu begleiten. Es machte einfach immer einen besseren Eindruck auf die Spender, von einem jungen lächelnden Pärchen begrüßt zu werden.

 

„Was, in anderen Worten, ein Date ist“, erwiderte Jean grinsend. Er öffnete den Mund um wieder irgendetwas Lächerliches zu sagen, aber Hanji grätschte hinein.

 

„Wer ist dieser Thomas-Kerl, Eren?“, fragte sie aufgeregt und lehnte sich mit ihrem leicht verrückten Grinsen zu der Agentin hinüber, „Und woher kennst du ihn?“

Sie hüpfte vor Aufregung schon fast auf und ab.

 

Bevor Eren darauf antworten konnte, löste sich Sasha von der Schachtel Chicken Wings vor ihr.

 

„Thomas ist mit uns befreundet seit unseren Anfangstagen in der Akademie“, sprach sie mit vollem Mund, „Und er ist schon seit Ewigkeiten in Eren verschossen.“

Sasha wandte sich Eren zu und blickte sie neugierig an. „Ich meine, wie oft hat er dich jetzt schon nach einem Date gefragt? Warum hast du plötzlich eingewilligt?“

 

Auch wenn Eren versuchte, die anderen zu überzeugen, dass es kein Date war, musste sie sich selbst eingestehen dass sie in den letzten Tagen darüber nachgedacht hatte, Thomas eine Chance zu geben. Anfangs war sie sich nicht sicher gewesen, doch ihre Mutter nervte sie fast jeden Tag mit dieser Liebes-Sache, erzählte ihr ständig, dass sie sich einen netten Man suchen, sich niederlassen und endlich eine Familie gründen sollte. Um ehrlich zu sein war das das letzte was Eren im Moment wollte, aber als sie ihrer Mutter erzählt hatte, sie würde mit Thomas ausgehen, hatte diese endlich aufgehört sie mit diesem Thema zu belästigen und war wieder zur Tagesordnung übergegangen.

 

Naja, und dann war da noch ihre merkwürdige Beziehung zu Levi. Seit den Ereignissen am Hafen drangen ziemlich seltsame Bilder und Gedanken bezüglich des Mafiabosses in ihr Bewusstsein. Nicht die üblichen hasserfüllten Gewaltfantasien die sie manchmal über ihre Zielpersonen hegte und die, nebenbei bemerkt, etwas vollkommen Alltägliches für sie waren. Es waren mehr ganz spezielle Bilder, die ihr unaufgefordert vor ihr inneres Auge traten. Zum Beispiel wie Levi wohl ohne T-Shirt aussehen würde, oder wie die kleinen Fältchen um seine Augen sich vertiefen würden, wenn er sie anlächelte.

Wirklich seltsame Gedanken.

 

Nach einem weiteren feuchten Traum, in dem er die Hauptrolle gespielt hatte, entschied Eren, dass es nur das Ergebnis von Überarbeitung war. Natürlich war das der Grund, warum sie gleich vom erstbesten attraktiven Typen dermaßen angeturnt war, der ihr über den Weg lief; auch, wenn es ein verdammter Krimineller war. Sie war ganz einfach untervögelt.

 

Also war die offensichtliche Lösung für dieses Problem, wieder mehr auszugehen und etwas Spaß zu haben, vielleicht sogar mal wieder mit jemandem anzubandeln. Thomas war clever und humorvoll, also warum sollte sie es nicht einmal mit ihm versuchen? Allerdings war Eren nicht auf der Suche nach einer ernsthaften Beziehung, und dass hatte sie auch Thomas gleich verklickert, als er sie mal wieder gefragt hatte, und auch, dass sie nicht wollte dass es die anderen erfahren. Offensichtlich hatte Thomas also ihre Worte ignoriert und trotzdem mit Jean darüber gesprochen.

 

Na super.

 

„Ich habe zu überhaupt nichts eingewilligt, es ist kein Date!“, wiederholte Eren stur, „Ich werde nur einem Freund Gesellschaft leisten.“

 

Jean grinste immer noch. „Thomas scheint das anders zu sehen“, flötete er, als er sich auf dem Stuhl neben Eren niederließ, „Er ist schon total aufgeregt wegen der ganzen Sache."

 

„Oh Eren, warum wirst du denn rot?“, kicherte Hanji in einer verstörend hohen Tonlage und Lautstärke, „Was ist denn so schlimm an einer Verabredung mit einem süßen Typen?“ Sofort schnellte sie wieder zu Sasha herum. „Er ist doch süß, nicht wahr?“, vergewisserte sie sich.

 

„Ja, natürlich. Er hat nen ziemlich knackigen Hintern“, lachte Sasha und öffnete sich eine andere Soßenpackung.

 

„Oh, genau so einen Knackarsch wie unser Lieblingsganove Levi?“, fragte Hanji und ignorierte Eren’s empörten Ausruf glatt weg. „Hey, du kannst nicht abstreiten, dass er verdammt heiß ist!“, schwärmte die Wissenschaftlerin mit vor Aufregung zitternden Händen, und Eren könnte schwören, sie würde gleich anfangen zu sabbern.

Sasha lachte so heftig, dass sie fast vom Stuhl fiel, während Eren nur genervt aufstöhnte.

 

„Oh, wie wird er wohl reagieren wenn er erfährt, dass seine unschuldige kleine Süße ihn betrügt“, jubelte Hanji und brachte Sasha damit dazu, sich fast an ihrem Essen zu verschlucken.

 

Die beiden lachten und kicherten wie zwei Verrückte, und Eren war schon kurz davor sie zur Ordnung zu rufen, als Jean wieder den Mund öffnete.

 

„Ja, da wir gerade von diesem creepy Zwerg reden“, sagte er und stahl sich einen Chicken Wing von Sasha, woraufhin er mit einem wütenden Fauchen bedacht wurde, „da wurde ein ein Paket für dich am Empfang abgegeben, Eren. Der Absender ist ein gewisser ‚L‘

 

Eren knallte ihren Kopf auf die Tischpatte und versuchte, das wahnsinnige Gelächter von Hanji zu ignorieren.

 

„Oh bitte, nicht schon wieder“, murmelte sie in die dunkle Holzmaßerung.

 

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Levi zündete sich seine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug.

 

Er saß in einem provisorischen Büro inmitten seines aktuellen Hauptquartiers, eines alten Jagdhauses irgendwo im Nirgendwo. Das Gebäude war heruntergekommen und hässlich, nicht im Geringsten vergleichbar mit seiner Villa in der Stadt, aber es erfüllte seine derzeitigen Bedürfnisse perfekt – vor allem, da er sich nun mit seiner Organisation verstecken musste. Aber nun, da dieser Volltrottel Kitts auf ihrer Seite war – dank eines riesigen Haufen stinkenden Geldes, welches relativ schnell und unbürokratisch den Besitzer gewechselt hatte – gab es keinen Grund mehr, sich zu verstecken. Endlich konnten die Flügel der Freiheit ihren Umzug in ein anderes, komfortableres Zuhause vorbereiten. Erd und Petra saßen am Tisch neben ihn und waren gerade dabei, die Details zu besprechen, und Mikasa hatte neben Levi Platz genommen, um an einem Stapel Papiere zu arbeiten.

 

Normalerweise würde er diese Arbeit nicht auf sie abschieben, aber heute hatte er einfach nicht die Nerven sich mit so einem Scheiß herumzuschlagen. Er nahm den blauen Ordner vor ihm noch einmal in die Hand und starrte ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Auf dem Titelblatt war ein Foto von einem jungen Mann zu sehen, einem blonden Typen mit einem verlegenen Lächeln und gerade zu lächerlich anmutenden Koteletten. Levi nahm einen weiteren Zug seiner Zigarette.

 

Thomas Wagner.

 

Sogar sein Name klang lahmarschig und total lächerlich.

Scheinbar war der Mann ein alter Freund von Eren, was vielleicht auch erklärte, warum sie sich überhaupt mit ihm abgab. Levi konnte sich einfach keinen anderen Grund denken, diese austauschbare Person passte überhaupt nicht zu ihr. Der Typ schien bereits als Teenager eine Schwäche für Eren gehabt zu haben, aber sie hatte ihn unzählige Male abblitzen lassen. Also warum ausgerechnet jetzt? Was wollte sie mit dem Kerl? Es war sicher nicht Wagners blendendes Aussehen, welches Eren überzeugt hatte, denn komm schon – Koteletten.

 

Levi würde seinen Arsch darauf verwetten, dass der Bursche sie sich nur hatte wachsen lassen, um sein jungenhaftes Gesicht älter wirken zu lassen. Er war in einer gerade zu durchschnittlichen bürgerlichen Familie aufgewachsen und hatte nach der Schule sofort Medizin studiert. Während seines ersten Jahres an der Universität schien er Eren und ihre Freunde kennengelernt zu haben, und sie alle hatten sich sofort gut verstanden. Zur Zeit lebte Wagner als auszubildender Facharzt in einer Unterkunft gleich am Krankenhaus, und er war leidenschaftlicher Angler, wenn man die Menge an Geld betrachtete, die er monatlich für Anglerbedarf ausgab. Er war überhaupt nichts Besonderes, langweilig sogar. Und trotzdem fuhr er Levi in die Parade.

 

Und oh, wie sehr ihn diese Tatsache ankotzte.

 

Der bloße Gedanke, wie dieser Idiot Eren hinterherrann, neben ihr saß, die selbe Luft atmete wie sie und sie am Ende gar noch anfasste – dies alles erweckte in Levi den Wunsch, sich seine Pistole zu schnappen und Blondie eine Kugel durch den Schwanz zu jagen. Auch wenn diese Idee durchaus ihre Verlockungen hatte, würde er sich zusammenreißen müssen. Wenn er Wagner tötete, würde Eren ihn bis ans Ende aller Tage hassen.

 

„Ist das der Kerl?“, Mikasa trat hinter Levi und warf einen neugierigen Blick auf die Fotografie.

 

„Hm“, brummte er als Antwort.

 

„Ilse war ziemlich schnell mit ihren Ermittlungen“, sagte Mikasa und besah sich das Bild von Wagner näher an, „Hm, er sieht nicht schlecht aus. Süß irgendwie.“

 

Levi schnellte zu ihr herum und warf ihr einen bösen Blick zu. Die meisten Menschen würden sich an diesem Punkt sofort ängstlich verziehen, aber seine Schwester gab nur ein dunkles Lachen von sich und klopfte ihm auf die Schulter.

 

„Okay, okay. Natürlich bei Weitem nicht so gut aussehend wie du“, beruhigte sie ihn amüsiert.

 

Levi schnaubte und starrte abwesend auf die Zigarette in seinen Händen.

 

„Wirst du etwas wegen ihm unternehmen?“, fragte Mikasa, schnell wieder ernst.

 

„Natürlich“, Levi legte die Zigarette ein weiteres Mal an die Lippen und sog ein, „sag Nifa, dass sie und ihr Team morgen die Lieferung an Eibringer übernehmen. Unsere Pläne haben sich gerade eben geändert“

 

Mikasa nickte, warf sich ihre dünne Jacke über und verließ den Raum.

 

Scheiß auf Koteletten-Junge.

 

Levi riß die Seite mit der Fotografie aus dem Ordner, knüllte sie zusammen und warf sie über seine Schulter hinweg energisch in den Papierkorb.

 

Er würde das nicht zulassen. Levi würde schon dafür sorgen, dass Eren ihm gehören würde.

 

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Die Wohltätigkeitsveranstaltung fand in einem der edelsten Hotels der Stadt statt, und es war die Art von Etablissement, an dem man ohne einen maßgeschneiderten Anzug oder ein schickes Kleid nicht mal über die Türschwelle kam.

 

Eren würde nie verstehen, warum sich Leute in ihre teuersten Klamotten schmeißen und Schmuck im Wert von Kleinwagen anlegen mussten, um sich selbst für ihre Wohltätigkeit feiern zu lassen. Für sie war das irgendwie scheinheilig und geschmacklos. Doch es nützte nichts, Thomas und seine Kollegen würden mit dieser Veranstaltung sehr viel Geld für ihre Stiftung sammeln können, also zog Eren ein edles kleines Schwarzes mit einem passenden Jacket an. Sie verzichtete trotzdem auf jeglichen Schmuck oder teure Handtaschen, auch wenn sie minutenlang mit Hanji hatte diskutieren müssen, warum sie sich nicht mehr aufbrezelte.

 

Armin und Hanji begleiteten sie ebenfalls auf die Party. Armin, weil auch er mit Thomas befreundet war und einige seiner Psychologenkollegen aus der Klinik treffen wollte, und Hanji, weil sie einfach neugierig war und unbedingt sehen wollte, wie dieser Thomas Wagner so war.

 

Als die drei erschienen, war Thomas bereits mit den letzten Vorbereitungen beschäftigt. Er war in schwarze Hosen und einem weißen Hemd gekleidet, das von einer grauen Anzugjacke komplementiert wurden. Eren musste zugeben, dass er nicht schlecht darin aussah. Sie bahnte sich ihren Weg zu ihm, um ihn zu begrüßen, und als Thomas die drei ankommen sah, röteten sich seine Wangen leicht.

 

„Ah Eren, du siehst heute bezaubernd aus wie immer“, stammelte er schüchtern.

 

„Danke, du siehst auch sehr nett aus“, erwiderte sie mit einem Lächeln und rammte der vor Aufregung quietschenden Hanji hinter sich einen Ellenbogen in die Rippen.

 

Ein paar Minuten später erschienen schon die ersten Gäste, und Thomas und Eren führten belanglose Gespräche mit unzähligen potentiellen Geldgebern. Thomas erzählte ihnen über die Projekte im Krankenhaus, und jedes Mal wenn er das tat, leuchteten seine Augen vor Enthusiasmus. Von Zeit zu Zeit würden die Leute Eren als die junge und erfolgreiche Spezialagentin aus dem Fernsehen wieder erkennen, und sie sprach mit wichtigen Leuten und Fremden über Geld für eine gefühlte Ewigkeit.

 

An irgendeinem Punkt an diesem Abend zog Thomas Eren an einen Tisch in der Ecke, um ihnen beiden eine kleine Pause zu verschaffen, und damit sie gemeinsam etwas Zeit miteinander verbringen konnten. Sie war froh um die Unterbrechung nach all den Small talks, aber die Art und Weise wie ihr Freund sie mit großen, verliebten Augen ansah, löste Unbehagen in ihr aus. Eren wusste, dass er eine Schwäche für sie hatte, aber scheinbar war es ihm mit diesem ganzen Verabredungs-Kram viel ernster als sie es erwartet hatte. Sie hatte es schon während der vielen Gespräche mit den Geldgebern bemerkt, wie er sie immer wieder aus den Augenwinkeln anschauen würde, wenn er dachte, sie würde es nicht sehen.

 

„Ich bin so froh dass du endlich mit mir ausgehen wolltest“, sagte Thomas und lächelte sie sanft an.

 

Eren wusste nicht, wie sie darauf antworten sollte, sie wusste noch nicht einmal, ob sie ihren Freund auf die gleiche Art und Weise mochte wie er sie. Klar, er war nett und irgendwie süß, und sie konnte sich gut vorstellen ein bisschen Spaß mit ihm zu haben. Aber nicht wenn er sie mit diesen erwartungsvollen Augen ansah, als ob er von Ehe und Kindern und all dem Kram, dem Eren nichts abgewinnen konnte, träumte. Sie wusste ja noch nicht einmal ob sie überhaupt mit jemandem anbändeln wollte, geschweige denn eine ernsthafte Beziehung führen. Und sie wollte ganz sicher nicht Thomas das Herz brechen, indem sie ein wenig mit ihm spielte und ihn dann fallen ließ. Der Druck war einfach zu groß.

 

Eren wollte ihm genau das erzählen, aber noch bevor sie den Mund aufbekam, sprach Thomas auch schon weiter.

 

„Ich mag dich jetzt schon so lange“, sagte er, und seine Wangen färbten sich wieder rot.

 

Oh Gott, bitte mach jetzt keine Liebeserklärung, flehte sie stumm.

 

„Eren, bitte sag mir doch-"

 

Er wurde von einem großgewachsenen Mann mit silbernem Haar unterbrochen, der an ihren Tisch getreten war.

 

„Hey Thomas, tut mir ja Leid dich stören zu müssen, aber ich möchte dir jemanden vorstellen“, sagte er.

 

Der Angesprochene seufzte tief, bevor er wieder sein übliches freundliches Lächeln aufsetzte und sich zu ihm drehte. „Natürlich, Franz. Wen denn?“

 

„Dieser Gentleman hier“, sagte Franz und trat einen Schritt beiseite, um die Sicht auf einen dunkel gekleideten Mann hinter sich freizugeben, „hat unserem Projekt soeben eine halbe Million Euro gespendet“

 

Eren klappte vor Entsetzen der Kiefer runter, als ihr Blick eiskalten, silbergrauen Augen begegnete. Natürlich erkannte sie sie sofort, wie könnte sie diesen Blick auch je vergessen.

 

Was zur Hölle. Aus all den Leuten, denen sie bei ihrem Beinahe-Date  begegnen konnte, musste es ausgerechnet er sein.

 

Das rabenschwarze Haar war nach hinten gekämmt und betonte so seine fein geschwungen Züge. Der eng anliegende Anzug unterstrich seinen muskulösen Körper, und ein siegessicheres Grinsen lag auf Levis Lippen, als er an den Tisch trat.

 

„Eine halbe Million Euro!“, Thomas sog scharf die Luft ein und erhob sich dann, „Wow, das ist wirklich beeindruckend, werter Herr! Es freut mich so sehr, Sie kennen zu lernen“

 

„Ganz meinerseits, Herr Wagner“, sprach Levi in einer geschmeidigen, samtenen Stimme und schüttelte die ihm angebotene Hand.

 

Dann, als ob er sie gerade erst bemerkt hätte, drehte er sich zu der Agentin um. „Oh-ho, und Eren ist auch hier? Was .ür ein netter kleiner Zufall.“

 

Er beobachte ihren verdatterten Gesichtsausdrück sichtbar amüsiert. Eren bemerkte, dass sie ihn mit offenen Mund angestarrt hatte, und biss schnell wieder die Zähne zusammen.

 

„Levi!“, knurrte sie bedrohlich.

„Wie kannst du es wagen, mit so einer verdorbenen Persönlichkeit wie deiner auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung aufzutauchen", fauchte sie, „verpiss dich auf der Stelle!“

 

Thomas, der gerade im Begriff war, sich wieder hin zu setzen, zuckte bei diesen harschen Worten merklich zusammen.

„Eren, du verhälst dich unhöflich!“, wisperte er ihr vorwurfsvoll zu.

 

Sie wollte gerade mit einer passenden Antwort zurückschnappen, als Thomas seine Aufmerksamkeit schon wieder dem Mann vor ihr zuwidmete.

 

„Herr Levi, wollen Sie sich nicht zu uns setzen?“, bot er höflich an.

 

„Mit Vergnügen“, flötete der Mafiaboss, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. Der runde Esstisch war klein, aber wenigstens hatte er den Anstand, eine respektvolle Distanz zu Eren zu wahren.

„Oh, und bitte, nennen Sie mich doch Levi“, fügte er hinzu und sandte Eren einen bedeutungsvollen Blick zu, „alle meine Freunde tun das.“

 

Für einen kurzen Augenblick erwog sie, wie sie am besten ihre Waffe ziehen und dabei am wenigsten die anderen Gäste gefährden konnte, als es ihr in den Sinn kam, dass sie gerade unbewaffnet war.

 

Verdammt.

 

Thomas‘ Stimme brachte sie zurück in die Realität.

„Also sind Sie beide, ähm, Freunde?“, fragte er vorsichtig.

 

Natürlich hatte auch er die merkwürdige Spannung bemerkt, die zwischen seiner Begleitung und dem Spender herrschte.

Erens empörte Verneinung wurde fast von Levis amüsierter Bestätigung dieser Aussage übertönt, und Thomas blickte verwirrt von einem zum anderen.

Eren funkelte ihren Feind wütend an, bevor sie sich wieder ihrem Freund zuwandte.

 

„Thomas, hast du auch nur eine Ahnung wer dieser Mistkerl ist?“ Sie versuchte noch nicht einmal, ihre Stimme leise zu halten.

 

Thomas zuckte ein weiteres Mal bei dieser Beleidigung zusammen. Dann blickte er sie streng an.

 

„Ja, dies ist der Mann, der dem Krankenhaus mit seiner Spende soeben ermöglicht hat, einen neuen Ruheraum für die Kinderonkologie zu bauen!“, flüsterte er, „Und das ist ja wohl das, was am Ende zählt!"

 

Eren klappte der Kiefer nach unten, so sehr erschütterte sie die unverhohlene Botschaft seiner Aussage. Thomas war also nicht besser als all die anderen Dummköpfe, die sich ihrer Arbeit in den Weg stellten; er war nur am Geld interessiert. Sie bemerkte nicht das amüsierte Flackern in Levis Gesicht, als dieser sich in seinem Stuhl zurück lehnte, um die Show direkt vor ihm besser genießen zu können.

 

„Aber dieser Typ ist der Anführer der Flügel der Freiheit!“, fauchte Eren Thomas an, „Genau genommen ist er eben jener Mafiaboss den ich schon seit Monaten jage! Willst du deine Organisation wirklich mit so einem Verbrecher in Verbindung bringen?“

 

Thomas hob die Augenbrauen, und für einen kurzen Moment sah er unschlüssig aus, was nun zu tun sei. Levi nutzte diese Gelegenheit.

 

„Ach, du übertreibst, Eren“, sagte Levi und wandte sich mit beruhigender Stimme Thomas zu, „Wissen Sie, da gab es ein paar Missverständnisse, unhaltbare Anschuldigungen"

 

Mit jeder Sekunde, die er sprach, wuchs die Wut in Eren, und als sie schon kurz vorm Überkochen war, spürte sie plötzlich einen Fuß  langsam ihre Wade hochklettern.

 

Nein, er hat gerade nicht wirklich-

 

Doch, scheinbar hatte er. Levi füßelte mit ihr.

 

Ihr Kopf schnellte zu ihm herum, aber er unterhielt sich noch immer mit Thomas, als sei nichts geschehen.

„Glücklicherweise bemerkte der Staatsanwalt seinen Fehler-" Der Fuß stupste ihre Oberschenkel an, die Zehen krallten sich leicht in ihre Haut ein. „.. und er zog alle Anschuldigungen zurück“, beendete Levi seine himmelschreiende Lüge mit einem kaum merklichen Lächeln.

 

Eren ballte die Fäuste zusammen, bis ihre Fingerknöchel weiß waren, und trat dann den aufdringlichen Fuß hart. Levis Augen weiteten sich und er presste seinen Kiefer vor Schmerz zusammen, aber er hatte sich schnell wieder gefangen und lächelte überheblich.

 

„Ja, ich glaube hier gibt es einige Missverständnisse“, fauchte Eren und sah Levi warnend an, „Thomas, du solltest die Security holen und ihn entfernen lassen“

 

Thomas war jedoch immer noch nicht überzeugt. „Aber Eren, dass ist die perfekte Gelegenheit, unser Projekt endlich zu erweitern“, beharrte er flüsternd.

 

Eren starrte ihn ungläubig an. War er wirklich so dumm, glaubte er all diesen Mist wirklich? Sie hatte sich so in ihm getäuscht. Frustriert wollte sie aufstehen und gehen, aber Thomas legte beschwichtigend seine Hand auf die ihrige. Sanft drückte er ihre Finger.

 

„Denk doch mal, wie vielen Kindern wir mit dem Geld helfen können!“

 

Eren wollte ihre Hand schon entziehen, als sie Levis versteinerten Gesichtsausdruck bemerkte.

 

Also war das vielleicht endlich die Möglichkeit, ihm ans Bein zu pissen und damit endgültig zu verscheuchen.

 

Sie erwiderte die Geste, indem sie Thomas Hand drückte und ihm ein Lächeln schenkte. Das Gesicht ihres Freundes leuchtete auf, während sich Levis Miene weiter verdüsterte.

 

„Also, Herr Wagner“, sagte Levi plötzlich und verschränkte seine schlanken Finger vor seinem Gesicht, „Wie ich hörte, arbeiten sie ehrenamtlich für weitere Projekte, die die Armen in problematischen Bezirken kostenlos medizinisch versorgen? Was für eine noble Geste“

 

Thomas nickte, und ein hinterhältiges Grinsen legte sich auf Levis Lippen. „Aber das ist doch auch verdammt gefährlich, oder nicht? Es könnten so viele Dinge schief gehen, wenn man es sich dort mit den falschen Leuten verscherzte…“

 

Eren bemerkte das teuflische Blitzen in seinen Augen und war sofort alarmiert. Hatte er Thomas soeben bedroht?

 

Der junge Arzt schien nichts bemerkt zu haben, denn er antwortete gut gelaunt. „Oh naja, aber irgendjemand muss es ja tun, und ich glaube nicht dass-"

 

Eren schenkte seinen weiteren Worten keine Aufmerksamkeit, sondern durchbohrte Levi stattdessen mit ihrem Blick. Der Gangster gab vor, weiterhin Thomas zuzuhören, doch aus den Augenwinkeln beobachtete er sie ganz genau.

Sie blitzte ihn wütend an.

 

„Ich werde dich fertigmachen!“, formte sie lautlos mit ihren Lippen.

 

Eren war nicht wirklich überrascht, als sie ein überhebliches Grinsen als Antwort bekam, aber als Levi ein „Komm doch her und versuch’s“ hauchte, war sie trotzdem versucht, das verdammte Steakmesser zu greifen und auf ihn zu schleudern.

 

Wenn sie doch nur einen Haftbefehl gegen ihn hätte. Sie würde ihn angreifen können, ihn fesseln und knebeln, einen gezielten Tritt in die Magengegend verpassen – und ihn dann verdammt noch mal verhaften.

 

Thomas bekam nichts von der lautlosen Kommunikation zwischen den beiden mit, und hielt weiterhin einen Monolog über das Gesundheitssystem des Landes, als Franz noch einmal auf die Gruppe zu trat. Thomas warf ihm einen fragenden Blick zu.

 

„Tut mir Leid dass ich euch schon wieder unterbreche“, sagte der Mann entschuldigend, „aber Mina scheint den Moderator wieder einmal verärgert zu haben, und jetzt weigert der sich, seinen Job ordentlich zu erledigen“

 

Thomas seufzte. „Scheint, als hätte ich jetzt wieder alle Hände voll zu tun. Es war nett, Sie kennen zu lernen, Levi“, sagte er zum Mafiaboss, bevor er sich an Eren wandte, „Hey, willst du mitkommen oder willst du-"

 

Doch Eren war bereits aufgesprungen und zog ungeduldig an seiner Hand. „Komm schon, lass uns gehen“, sagte sie entschieden.

 

Und mit einem letzten eindringlichen Blick auf Levi zog sie Thomas weg vom Tisch.

 

 

 

Eren schaffte es, sich die nächsten Stunden von Levi fernzuhalten. Der Saal war gefüllt mit Menschen, es war also nicht allzu schwer, den direkten Kontakt mit ihm zu vermeiden.

Allerdings hinderte sie die Masse an Gästen gleichzeitig, Armin ausfindig zu machen. Sie brauchte ihren besten Freund, jetzt, da Levi aufgetaucht war um ihr offensichtlich den Abend zu vermiesen.

 

Auch wenn sie ihr Bestes gab, Thomas dabei zu helfen Spendengelder einzusammeln, war es nicht einfach für sie, sich wieder am bedeutungslosen Geplänkel der Besucher zu beteiligen. Aus irgendeinem Grund fühlte sie sich abgelenkt. Immer mal wieder ergriff Thomas ihre Hand oder legte den Arm um ihre Taille, wenn er Eren irgendwelchen Leuten vorstellte. Und jedes Mal, wenn er das tat, konnte Eren einen durchdringenden Blick in ihrem Rücken spüren. Drehte sie sich um, erhaschte sie einen Blick auf Levi, der sie aus der anderen Ecke des Raumes anstarrte. Doch immer wenn sie blinzelte, war der Mafiaboss schon wieder spurlos verschwunden. Es begann langsam unheimlich zu werden, aber sie würde sich sicher nicht von derart albernen Spielereien einschüchtern lassen.

 

Nach einigen Stunden entschuldigte Thomas sich kurz, um in Richtung Toilettenräume zu verschwinden, und Eren nutze die Gelegenheit, um auf die Suche nach Armin und Hanji zu gehen. Auf dem Weg wurde sie von einer Gruppe älterer Damen aufgehalten, die ihr bereits vorher vorgestellt worden waren und die nun einige spannende Geschichten über den Alltag einer Agentin von Eren hören wollten. Eren wimmelte sie schnell ab mit der Ausrede, sie sei auf der Suche nach jemandem. Verdammt nochmal, war sie denn ein kleines Äffchen dass zu tanzen hatte, sobald diese reichen Bonzen es wünschten? Vor sich hin grummelnd kämpfte sie sich ihren Weg durch die Menge, bis sie einen vertrauten blonden Haarschopf unter all den Menschen entdeckte.

 

Armin war gerade an der Bar, um neue Getränke für sich und Hanji zu holen, als Eren auf ihn zukam. Er grüßte sie mit einem warmen Lächeln.

 

„Hey, wie läuft es mit-", wollte er fragen, doch wurde von Eren unterbrochen.

 

„Es ist eine Katastrophe“, sagte sie und zog ihn in eine ruhigere Ecke.

Armin hob fragend eine Augenbraue. Eren atmete tief durch.

 

„Levi ist hier“, erzählte sie und wartete, dass Armin erstaunt aufkeuchen würde oder irgend etwas dergleichen.

 

Stattdessen summte er nur nachdenklich vor sich hin. „Hm, das habe ich mir schon fast gedacht“, sagte er.

 

Nun war es an ihr, ihn überrascht anzusehen.

 

„Hör mal Eren, wir müssen reden“, sagte Armin, doch als eine leicht angetrunkene Hanji sich torkelnd den Weg zu ihnen bahnte, verstummte er kurz.

 

Die Wissenschaftlerin lallte etwas von wegen, dass sie mit den beiden gleich so richtig abtanzen würde, doch Armin sah Eren nur mit wachsamen blauen Augen an. „Nicht hier. Kannst du dich von Thomas verabschieden, damit wir verschwinden können?“, fragte er, „Wir werden hier an der Bar auf dich warten“

 

Eren nickte und wollte sich schon zum Gehen anschicken, als Armin sie noch einmal kurz zurückhielt.

 

„Sei vorsichtig“, warnte er eindringlich.

 

Eren wanderte suchend durch den Raum und stieß beinahe mit einer Gruppe alter, dunkel gekleideter Männer zusammen. Verärgert wollte sie sich schon abwenden, als sie einen altbekannten Namen hörte.

„Also Levi, es war uns ein Vergnügen, mit dir zu verhandeln“, röhrte einer der Männer selbstzufrieden.

 

Eren schnellte herum und konnte den Mafiaboss gerade noch so wegschlendern sehen, die Hände in den Hosentaschen, als sei dies ein kleiner Sonntagsspaziergang für ihn.

 

Also wagte es dieser Bastard tatsächlich, seine schmutzigen Geschäfte an einem Abend wie diesem abzuwickeln.

 

Armins Warnung schoss ihr durch den Kopf, doch Eren konnte ihre Neugier nicht bezwingen. Als Levi sich den Weg zur Tür bahnte und sich unauffällig umschaute, wusste sie, dass sie ihm heimlich folgen musste. Sein selbstzufriedener Gesichtsausdruck konnte einfach nichts Gutes verheißen, und sie musste sicherstellen, dass der Mafiaboss den Abend nicht mit einer seiner kriminellen Aktivitäten ruinieren würde. Es war ein wichtiges Ereignis für Thomas und seine Kollegen, also würde sie ihr Bestes geben um zu helfen. Selbst wenn es bedeutete, Levi von einer seiner Schandtaten abzuhalten.

Ach was, gerade wenn es das bedeutete, würde Eren aktiv werden.

 

Ihre Zielperson schlenderte weiter, einen dunklen Korridor entlang, weg von der rauschenden Party, und Eren wunderte sich sogleich, was er nur im Sinn haben könnte. Levi schlüpfte aus seinem Jacket heraus und gab den Blick auf eine dunkle Weste darunter frei, genauso wie auf eine Pistole, die in einem Waffenholster auf seinem Rücken ruhte.

 

Er würde doch nicht eine Schießerei hier planen, oder? Eren schluckte kurz, als sie ihm vorsichtig weiter folgte.

 

Der Mafiaboss streunte scheinbar ziellos durch die Flure des Hotels, bis er um eine Ecke bog und eine noch ruhigere Ecke des Gebäudes erreichte. Niemand war hier mehr zu sehen, doch Levi schien es nicht zu kümmern. Er begann sogar, leise vor sich hinzusummen, Blondies „One Way or another“. Eren musste mit den Augen rollen; selbst sein Musikgeschmack passte zu seiner nervigen Persönlichkeit.

 

Nach mehreren Minuten des Umherstreifens schien Levi sein Ziel endlich gefunden zu haben, als er eine Sackgasse im verwirrenden Flursystems des Hotels betrat. Es war eine abgelegene Sitzecke, und Levi faltete minutiös sein Jacket bevor er sich auf einem der Ledersessel niederließ. Eren vergewisserte sich, dass er sie nicht hinter der Wand sehen konnte, und schlich sich näher ran. Nun hatte sie einen perfekten Platz, um Levi bei den Dingen zu beobachten, die er nun treiben würde. Was auch immer das sein würde.

 

Warum war er hier? Was hatte er vor?

 

Immer noch vor sich her summend rollte Levi die Ärmel seines Hemdes hoch, und Eren musste schlagartig an die Situation in ihrer Zelle zurückdenken, als er sie erwischt hatte, wie sie auf seine muskulösen Unterarme gestarrt hatte. Sie errötete wieder, erleichtert, dass sie niemand dabei beobachten konnte.

 

Gedankenverloren griff Levi nach seiner Waffe, und Eren spannte sich unwillkürlich in ihrem Versteck an. Doch statt sie zu feuern, nahm er die Waffe nur in die Hand, untersuchte sie gründlich und fing dann an, sie mit einem sauberen Tuch zu reinigen. Hingebungsvoll ließ er den weißen Stoff über den dunklen Lauf der Pistole gleiten, wischte jedes Staubkorn in kontemplativer Ruhe weg. Dann nahm er das Magazin aus der Waffe, ein friedvoller und entspannter Ausdruck auf seinem Gesicht.

 

Je länger Eren ihn beobachtete, desto weniger verstand sie seine Handlungen. Was war nur los mit ihm und diesem merkwürdigen Drang, plötzlich seine Waffe zu putzen?

 

Als er das Magazin zurück in die Pistole lud, hörte Levi plötzlich auf vor sich hin zu summen, und drehte sich langsam um. Das schummrige Licht der Hotelbeleuchtung ließ Schatten über sein Gesicht tanzen, und Eren konnte seine Miene nur schlecht ausmachen. Plötzlich sah er auf, hob die Waffe und zielte in ihre Richtung.

Exakt in ihre Richtung.

 

„Genießt du die Show, Eren?“ fragte er.

 

Scheiße.

 

Woher wusste er, dass sie hier war? Sie war so vorsichtig wie möglich gewesen, als sie ihm gefolgt war, es gab einfach keine Möglichkeit, wie er hätte wissen können-

 

Außer wenn er es gewollt hätte, dass sie ihm folgte. Was bedeuten würde, dass er schon wieder mit ihr gespielt hatte.

Verdammter Bastard.

 

„Komm raus“, befahl Levi mit lockendem Unterton.

 

Da die Kanone noch immer direkt auf sie gerichtet war, hatte Eren keine andere Wahl, als ihre schützende Ecke zu verlassen und ins Licht zu treten. Sie blickte ihn wütend an.

 

„Wie läuft dein Date mit dem Koteletten-Jungen?“, fragte Levi, nicht im Mindestenden beeindruckt von dem zornigen Blitzen ihrer Augen.

 

Eren öffnete schon ihren Mund und wollte zurückschnappen, dass dies kein Date sei, das jeder aufhören sollte sich in ihre verdammten Angelegenheiten einzumischen, aber dann schloss sie ihn schnell wieder. Levi brauchte all das gar nicht wissen, weil es ihn verdammt noch mal nichts anging.

 

„Super“, log sie also.

 

„Hm“, brummte Levi, „und trotzdem stehst du jetzt hier, mit mir, nicht wahr? Ich frage mich, was das wohl zu bedeuten hat“

 

Sein Mund verzog sich zu diesem arroganten Grinsen, dass sie ihm am liebsten von der Visage gefegt hätte.

 

„Ich bin hier, weil du dich höchst verdächtig verhalten hast“, knirschte sie und verschränkte die Arme vor der Brust, „Was hast du mit dieser Waffe vor?“ Sie nickte in Richtung Pistole.

 

„Um ehrlich zu sein, gar nichts“, sagte er, doch das gefährliche Blitzen in seinen Augen sprach eine andere Sprache, „Es beruhigt mich einfach, sie zu reinigen. Ist das jetzt die Antwort, wegen der du zu mir gekommen bist?“

 

„Warum bist du heute Abend hier aufgetaucht?“ Eren ignorierte den verspielten Unterton in seiner Stimme. „Um mir den Tag zu versauen?“

 

„Süße, bitte! Was denkst du denn von mir?“, fragte Levi in gespielter Entrüstung, „Ich bin wegen den Gören hier! Kinder sind doch unsere Zukunft, nicht wahr?“ Langsam erhob er sich von seinem Sitz und schlenderte dann gelassen auf sie zu. Den Lauf der Pistole hielt er immer noch auf sie gerichtet. „Und nur fürs Protokoll, ich könnte dir den Abend ziemlich versüßen, wenn du mich nur ließest…“

 

Seine samtige Stimme lullte sie fast ein, doch Eren wusste dass sie schnellstmöglich verschwinden sollte.

Und das sofort.

 

„Danke, ich passe!“, knurrte sie und versuchte, sich schnell an ihm vorbei zu schieben. „Ich gehe zurück zu-"

 

„Oh nein, du gehst jetzt nirgends wohin, Eren", unterbrach er sie und umklammerte ihr Handgelenk. Seine Stimme klang kalt, irgendwie angepisst, und nervös bemerkte Eren, dass er seine Waffe bereits entsichert hatte.

 

"Was willst du, Levi?", fragte sie mit all der Autorität, die sie in einer solchen Situation aufbringen konnte.

 

Die Art und Weise, wie er sie ansah, jagte ihr einen Schauer über den Rücken.

 

"Oh, ich kann mir da einige Sachen vorstellen, die ich will", murmelte Levi dunkel, bevor sich seine Miene wieder in die übliche, unbewegte Maske verwandelte, "Aber lass uns damit anfangen, dass du mir über deine Ermittlungen im Titanten-Fall erzählst. Was hast du herausgefunden?"

 

"Ich-" Für einen kurzen Moment verschlug es Eren die Sprache, doch schnell hatte sie sich wieder gesammelt. "Ich habe nicht ermittelt!"

 

Ein plötzlicher Ruck und ein darauffolgender Stoß quetschten ihr sämtliche Luft aus den Lungen, und in der nächsten Sekunde fand Eren sich gegen die Wand gepresst wieder. Levi hielt sie zwischen sich und der kalten Obefläche der tapezierten Mauer gefangen. Auch wenn er kleiner war als sie und etwas zu ihr heraufblicken musste, war er immer noch verdammt einschüchternd, wie er da so die Pistole gegen ihre Schläfe drückte.

 

"Erzähl mir keinen Scheiß, Eren", knurrte er.

Ihren Körper so nah an seinem zu spüren zerrte heftig an seiner Geduld, doch er musste sich zusammenreißen und zu allererst die Informationen aus ihr heraus bekommen.

"Ich weiß ganz genau, dass deine Ohren rot werden, wann immer du versuchst zu lügen. Außerdem wäre es doch sehr untypsich für dich, die Sache auf sich beruhen zu lassen, nachdem ich dir über die Titanen erzählt habe."

 

Er konnte förmlich sehen, wie sie das Gesagte verarbeitete, wie sie erkannte, warum er neulich in seinem Hauptquartier mit ihr darüber gesprochen hatte.

 

"Manipulativer Scheißkerl!", fauchte Eren.

 

Ah, wie er es liebte, wenn diese grünen Augen ihn so wütend anfunkelten.

 

"Also?" Er presste den Lauf der Pistole stärker gegen ihren Kopf.

 

Eren antwortete nicht, sie presste die Lippen fest zusammen und blieb stumm.

 

Scheinbar würde sie etwas mehr Überzeugun benötigen.

 

"Hm", summte Levi vor sich hin. "Du willst es mir nicht sagen? Wo willst du die Kugel denn dann hinbekommen?"

 

Er ließ die Pistole von ihrer Schläfe zu Erens Hals hinabgleiten und hob ihr Kinn mit dem Lauf der Waffe an.

 

"Hier?", fragte er sanft und beobachtete, wie sie schwer schlcukte. Trotzdem blieb sie weiterhin still.

 

"Oder hier?" Er verfolgte mit der Kanone die Linie hinunter zu ihrem Schlüsselbein und ihrer Brust, und ließ den Lauf in der Vertiefung zwischen ihren perfekt geformten Brüsten ruhen. Wie sie da so heftig atmend vor ihm stand, erweckte das Verlangen in Levi, ihr dieses verlockende kleine Schwarze vom Leib zu reißen und sie aus ganz anderen Gründen atemlos zu machen. Doch sie sagte immer noch nichts, und er musste seine Drohung fortsetzen.

 

Levi ließ die Pistole weiter herunterwandern, streichelte gerade zu ihren Körper damit, bevor er sie nachdrücklich in ihren Bauch stieß.

 

"Hier vielleicht?", flüsterte er und blickte ihr in die Augen. Eren starrte auf ihn hinunter, die Augenbrauen wie immer ärgerlich zusammengezogen, doch ihre Pupillen waren lustvoll geweitet.

 

Oh-ho, macht dich das etwa an?, dachte Levi selbstzufrieden. Ganz schön versaut, Special Agent.

 

Er grinste Eren leicht an: "Willst du wirklich, dass ich weitermache?"

 

Ihr wütender Ausdruck verdüsterte sich weiterhin.

 

"Na schön, ich hab's kapiert!", fauchte sie. Sie holte tief Luft und antwortete ihm dann: "Ich habe nichts herausgefunden."

 

Levi hob ungläubig eine Augenbraue.

 

"Ich hatte keinen Zugang zu den Daten in unserem System", erklärte Eren und verzog das Gesicht.

 

"Aber du bist eine hochranigige Agentin", sagte Levi nachdenklich. "Du solltest eigentlich Zugang dazu haben, oder nicht?"

 

Eren nickte nur zur Antwort.

 

„Bemerkenswert“, murmelte Levi leise zu sich selbst.

 

Für einen kurzen Augenblick sah er so in seinen Gedanken verloren aus, dass Eren darüber nachdachte, ihn jetzt zu entwaffnen. Doch bevor sie auch nur ihre Hand heben konnte, um ein risikoreiches Manöver auszuführen, lenkte er seine Aufmerksamkeit wieder auf sie zurück.

 

„Du weißt, was das bedeutet, nicht wahr?“

 

"Warum klärst du mich nicht darüber auf?“ fragte sie trocken.

 

Levi ignorierte den Sarkasmus in ihrer Stimme.

 

„Irgendjemand im Aufklärungskommando will die Wahrheit vertuschen“, sagte er langsam, „hast du mit dem leitenden Ermittler darüber gesprochen?“

 

„Ja“, bestätigte Eren. Sie war nicht gerade erpicht darauf, mit Levi über ihr Gespräch mit Nile zu reden, doch der Mafiaboss schaute sie fragend an und bohrte den Lauf der Pistole härter in ihren Bauch.

 

Genervt seufzte Eren auf. „Das einzige was ich rausgefunden habe war, dass Dok ein noch größerer Arsch ist als ich sowieso schon gedacht habe.“

 

Ein amüsiertes Flackern huschte über Levis Gesicht. „Ah, stimmt. Ich hab über deinen kleinen Streit mit diesem Vollpfosten gehört. Tut mir Leid wenn meine Aktionen die Leute dazu veranlasst haben, zu tratschen.“

 

Doch der selbstzufriedene Ausdruck in seinen Augen verriet ihr, dass sein Bedauern nicht ganz ernst gemeint war.

Seine Unverschämtheit ging ihr langsam aber sicher auf die Nerven.

 

„Du könntest wenigstens damit aufhören, mir ständig diese lächerlichen Nachrichten zu senden!“, fauchte Eren, „Es überrascht mich kaum, dass das Gerüchte in die Welt setzt.“

 

Levi ließ ein kehliges, leises Lachen ertönen, und Eren hätte ihn ins Gesicht schlagen können. Was verdammt nochmal war so witzig daran?

 

„Oh komm schon, ich wollte doch nur sichergehen dass es dir nach diesem kleinen Abenteuer neulich wieder gut geht“, zog er sie auf, „Ich glaube ich bin einfach nur ein traditioneller Typ, was das anbelangt.“

 

Traditionell?“, wiederholte sie ungläubig, „Levi, letzte Woche hast du mir ein Scheiß-Kanone geschickt! Und sie war verdammt nochmal grün! Was ist daran bitte traditionell?!“

 

„Oi, ich hab gedacht das wäre nur fair, nachdem ich dir deine eigene Waffe neulich am Hafen abgenommen habe“, sagte er, und seine Mundwinkel zuckten belustigt. Eren wusste nicht ob er langsam anfing, in ihrer Gegenwart mehr Emotionen zu zeigen, oder ob sie einfach nur besser darin geworden war, die unauffälligen Regungen seines Gesichtes zu lesen.

 

„Was denn, magst du sie etwa nicht?“, fragte er weiter, „Ich dachte, grün würde gut zu deinen Augen passen.“

 

„Wer zur Hölle passt die Farbe seiner Waffe an seine Augen an?“ Langsam aber sicher riss Eren der Geduldsfaden. „Und ich werde ganz bestimmt nicht eine Pistole benutzen, die mir ein Krimineller geschickt hat!“ fügte sie hastig hinzu.

 

Nicht dass er noch den Eindruck bekam, sie hätte sich über ein anderes Geschenk mehr gefreut.

 

Doch seine Lippen verzogen sich zu einem leichten Grinsen. Konnte dieser Bastard sie nicht ernst nehmen, nicht ein einziges Mal?

 

„Ja, stattdessen entscheidest du dich, diesem Kriminellen unbewaffnet unter die Augen zu treten“, hauchte Levi und stieß seine Waffe stärker in die Muskeln ihres Bauches, „Nicht unbedingt dein schlauster Schachzug, Eren.“

 

Sie knurrte leise und starrte ihn an, als ob sie ihn am liebsten anspringen würde. Levi konnte einfach nicht anders, er musste noch Salz in die Wunde streuen - dieser Anblick war zu köstlich.

 

„Stell dir doch nur vor, was ich jetzt alles mit dir machen könnte…“, flüsterte er mit tiefer Stimme.

 

Zufrieden beobachtete er, wie Eren erschauderte. Er glaubte nicht, dass sie wirklich Angst vor ihm hatte in dieser Situation, nicht wenn sich ihre Wangen so entzückend rosa färbten und sie ihn mit diesen großen, vor Leidenschaft brennenden Augen anfunkelte.

Verdammt, er konnte sich nur mit Müh und Not davon abhalten, sie zu Boden zu ringen und aus ganz anderen Gründen zum Erschaudern zu bringen, um herauszufinden, mit welchem Ausdruck sie ihn während gewisser anderer Aktivitäten ansehen würde.

 

„Und jetzt zurück zum Thema“, sagte er heiser. Er musste sich unbedingt selbst ablenken, bevor er noch seinen eigenen Plan verdarb und stattdessen seine Fantasien mit Eren ausleben würde. „Was ist mit unserem lieben Herrn Wagner hier?“

 

Verwirrt blinzelte Eren ihn an. „Was soll mit ihm sein?“, fragte sie vorsichtig, „Er hat nichts mit dem Fall zu tun.“

 

Levi funkelte sie an.

 

„Oh, aber er hat eine Menge mit uns beiden zu tun, Eren", stellte er mit gefährlich ruhiger Stimme fest.

 

„Heh?“ Ihre Verwirrung wuchs. Was war denn nun los? Implizierte Levi etwa das, was sie dachte?

 

„Seid ihr beiden zusammen?“, fragte er und schnalzte ungeduldig mit der Zunge.

 

„Das… das geht dich ja mal überhaupt nichts an!“, rief Eren und blickte schnell zur Seite. Sie fühlte Zorn und Beschämung in sich aufsteigen, auch wenn sie nicht wusste, warum.

Aber Levi ließ nicht locker, mit seiner freien Hand umfasste er ihr Kinn und drehte ihren Kopf wieder zurück, sodass sie ihm ins Gesicht blicken musste.

 

„Also tust du immer noch so, als hättest du keine Ahnung, was?“, flüsterte er, „Oder willst du mich etwa eifersüchtig machen?“ Seine eisblauen Augen blickten sie unverwandt auf, forderten sie heraus, ihm die Wahrheit zu sagen. „Und jetzt beantworte meine verdammte Frage, Eren. Magst du den Typen?“

 

Levis Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem eigenen entfernt, und Eren hatte Schwierigkeiten, sich zusammen zu nehmen und zu konzentrieren. Ihr Puls beschleunigte sich, und ihre Knie wurden merkwürdig weich. Mit klammen Händen stützte Eren sich an der Wand hinter ihr ab. Warum musste er sie so in die Ecke drängen? Und warum glaubte plötzlich jeder das Recht zu haben, sie nach ihrem Liebesleben zu befragen? Sie hasste es, sie wollte den Leuten keine Fragen beantworten müssen, zu denen sie selbst noch keine Antwort gefunden hatte.

Auf der anderen Seite war dies endlich die Chance, ihm einen Korb zu geben, den selbst Levi verstehen würde. Dann würde er sie endlich in Ruhe lassen und sie konnte wieder ganz normal ihrem Job nachgehen, ohne jedes mal Herzklopfen zu bekommen, wenn sie an ihre Zielperson dachte.

 

Also ja, sie würde alles auf eine Karte setzen und ihn anlügen.

 

„J-Ja das tue ich!“, brachte sie mühsam heraus, während ihr rasendes Herz drohte, in ihrem Brustkorb zu zerspringen.

 

Doch sehr zu Erens Überraschung ließ Levi ihr Kinn wieder los, lehnte sich zurück und grinste auf diese nervige, selbstherrlichen Art.

Sie blinzelte.

Das war nicht die Reaktion, die sie von ihm erwartet hatte.

 

„Deine Ohren, Eren“, erklärte Levi selbstzufrieden, „Die sind rot wie verdammte Tomaten.“

 

Unwillkürlich flog ihre Hand zu ihrer Ohrmuschel, und sie konnte die Hitze mit ihren Fingerspitzen spüren, die sie abstrahlte.

 

Oh verdammt.

 

„Du hast mich angelogen“, wisperte Levi, und seine raue Stimme vibrierte in ihrem Kopf.

 

Bilder von merkwürdigen Träumen leuchteten in ihrem Geist auf – Levi, wie er sich über Eren beugte, sich hinablehnte zu ihr, sich in ihr bewegte-

 

Der Mafiaboss lehnte sich zu ihr, kam näher, doch alles was Eren tun konnte, war, ihn wie ein Reh im Scheinwerferlicht mit großen Augen anzustarren. Wo war ihr üblicher Kampfgeist hin verschwunden? Warum leistete sie keinen Widerstand, wie sonst immer?

 

„Ich befürchte, dass ich dich dafür bestrafen muss“, murmelte er, seine Augen dunkel und verheißungsvoll.

 

Eren schloß die Augen, erwartete den Eintritt der Kugel in ihren Bauch, doch stattdessen wurde sie mit einer komplett anderen Art des Schmerzes konfrontiert, und sie riß die Augen wieder auf. Das Gefühl von Levis Lippen auf ihrem bloßem Hals, seine Zähne die ihre empfindliche Haut durchbrachen, füllte ihren Geist plötzlich vollkommen aus. Sie wollte ihre Hände heben, um sich zu wehren, doch als seine Zunge zärtlich ihre Halsbeuge leckte, konnte sie ihn nicht wegstoßen. Ein bis daher nie gekanntes Prickeln fuhr durch ihren Körper, und Eren schloß wohlig die Augen.

 

Eigentlich war es Levis Absicht gewesen, Eren nur zu beißen, eine kleine Warnung des Schmerzes, ihn nie wieder anzulügen. Doch als ihr Körper unter seinen Lippen praktisch dahinschmolz und ihr Atem sich beschleunigte, war es ihm unmöglich, sich von dieser Frau zu lösen. Stattdessen saugte und knabberte er genießerisch an ihr, verdarb diese perfekte weiche Haut mit kleinen blauen Flecken, indem er leicht hinein biss. Sie schmeckte süß und fruchtig, und Levi genoß jede einzelne Sekunde.

Er könnte sie auf der Stelle verschlingen, und niemand, nicht einmal Koteletten-Junge, würde ihn aufhalten können. Niemand würde ihn daran hindern, Eren mit seinen Lippen zu markieren, und niemand würde zweifeln dass sie zu Levi gehörte, zu ihm ganz allein.

 

Erens Finger krallten sich in seine Brust, und er saugte stärker. Er ließ seine Zunge und Zähne sanft über die köstliche Beuge ihres Halses wandern, als sie plötzlich ein leises Stöhnen von sich gab, und fuck fuck fuck dieses Geräusch machte ihn verrückt.

Es war alles was er jemals hören wollte, und er brauchte mehr davon, sofort.

 

Die Waffe in seiner Hand war nutzlos geworden, wie hätte er sie auch erschießen können wenn sie sich unter seinen Fingerspitzen so heiß und weich anfühlte. Also packte Levi die Pistole weg, und umfasste stattdessen Erens Taille mit einem Arm, während er seine andere Hand in ihrem Haar vergrub. Der vertraute, fruchtige Duft und dieser süße Geschmack ihrer Haut machten ihn benommen, und schnell verlor er sich in dem Wissen, dass Eren unter seinen Berührungen anfing, heftiger zu atmen.

Als er ein weiteres Mal sanft zubiss, fühlte er wie sich ihr Rücken ihm entgegenbog, wie ihr Körper sich hungrig gegen den seinigen drückte. Seine Erregung wuchs und veranlasste einen gewissen Teil seines Körpers dazu, zu erwachen und entsprechend auf die Lust, die durch ihn strömte, zu reagieren.

 

Levi versank seine Zähne tiefer in ihrer Haut, biss und saugte daran, um jedem zu signalisieren sich verdammt nochmal von Eren fern zu halten.

 

Mir. Mir allein. Sie gehört mir!

Diese Worte tanzten durch seinen benebelten Kopf wie ein Mantra.

 

„Eren!“

 

Der schrille Ruf, der im Flur um die Ecke zu hören war, ließ sie beide erstarren, und Levi konnte spüren, wie sich Erens Körper anspannte. Er sah auf zu ihr, und für einen Herzschlag lang verbanden sich ihre beiden Blicke, große grüne Augen mit schmalen grauen, stille Überraschung sichtbar in beiden. Dann schien sie die Lage plötzlich zu begreifen, ihre Augen weiteten sich noch mehr, und Eren stieß ihn von sich.

 

Schockiert starrte sie Levi an.

 

„Eren, wo bist-" Armin rannte um die Ecke und blieb überrascht stehen, als er die beiden erblickte.

„-du“, beendete er den Satz mit zitternder Stimme.

 

Hinter ihm war Hanji aufgetaucht und rannte fast in ihn herein, doch das könnte Armin im Moment kaum weniger interessieren. Der Anblick von Eren und Levi vor ihm, beide heftig atmend und mit geweiteten Pupillen, als seien sie auf Drogen, sprach für sich selbst. Er hatten sie dabei erwischt wie sie… ja, wobei verdammt nochmal hatte er sie erwischt? Was zum Teufel ging hier vor?

 

Levi war der Erste, der sich wieder fing, und schnell ergriff er sein Jacket, dass noch immer über der Armlehne des Sessels gehangen hatte.

 

„Schätze wir sind hier fertig“, knurrte er mit stoischer Miene, als sei nichts passiert. Er warf Eren, Armin und Hanji noch einen letzten Blick zu, bevor er davonschlenderte. „Schönen Abend noch.“

 

Armin starrte hinter ihm her, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder Eren zuwandte. Diese war gerade damit beschäftigt, ihr verrutschtes Kleid mit zittrigen Händen wieder zurecht zu ziehen.

 

„Eren, bist du okay?“ fragte Armin und eilte zu ihr, sein Gesicht voller Sorge.

 

„I-ich…ja“, stammelte sie.

 

„Oh mein Gott, was war das gerade eben?“ Hanji kam ebenfalls auf sie zu, sichtbar hin- und hergerissen zwischen Besorgnis und Aufregung. „Was ist passiert, Eren?“

 

Die Agentin starrte ihre Freunde mit großen Augen und geröteten Wangen an.

„Ich- Ich hab keine Ahnung“, antwortete sie ehrlich.

 

Sie fing an zu erklären, warum sie Levi gefolgt war, als Armin die kleinen blauen Flecke und Bissspuren auf ihrer Haut entdeckte. Sie legten sich in einer kreisförmigen Linie rund um ihren Hals.

Armin ließ seinen Finger über die verräterischen Flecken gleiten, und fügte in seinem Kopf die Puzzleteile bereits zusammen.

 

Eren hatte aufgehört zu sprechen, und sah ihn verdutzt an.

 

„Natürlich“, murmelte Armin abwesend zu sich selbst, „Jetzt ergibt alles einen Sinn.“

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  SasuLaw25
2015-12-03T12:25:36+00:00 03.12.2015 13:25
Hammer Story ich bin erfreut Sie lesen zu dürfen
Natürlich ist mein Interesse geweckt und bin gespannt wie es zwischen dem kleinen Mafia Boss und der Agentin weiter geht. Ich bin ja eher für happy ends mal gespannt wie es hier aussieht.
Freu mich wenn es weiter geht
Lg
Antwort von:  punkermietz
03.12.2015 19:06
Vielen lieben Dank >//< Das motiviert mich sehr, und ich werde mich bemühen, über Weihnachten mal wieder abzudaten :D
Und pssst, ich kann dir versichern, ich bin auch eher so der fluffy-happy-Typ was fanfics angeht ^^
Liebe Grüße zurück
Von:  MiaMaus98
2015-11-14T21:58:52+00:00 14.11.2015 22:58
Ein geniales Kapitel für das sich das warten wirklich gelohnt hat ^^ kann kaum abwarten was als nächstes geschieht :)

Antwort von:  punkermietz
15.11.2015 11:26
Vielen Dank :D Na da muss ich mich ja dieses Mal ein bisschen ranhalten, schneller upzudaten, es motiviert mich total so treue Leserinnen zu haben - danke! ヽ(゜∇゜)ノ


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