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Abbygails Abenteuer

Road to Lavandia
von

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Stalker (Tochter der Finsternis)

"Schneller!", schreie ich, bevor meine Hand zu Gotts Pokéball schnellt und den Knopf betätigt. Im nächsten Moment materialisiert er sich fauchend und Funken spuckend auf meiner Schulter. Das zusätzliche Gewicht verlangsamt unser Tempo, aber das muss ich in Kauf nehmen.

"Flammenrad, dann Rauchwolke!"

Gott holt tief Luft, dann schießen sich drehende Flammen aus seinem Maul und treffen das Habitak, das uns als erstes angegriffen hat, mitten ins Gesicht. Das Feuer hinterlässt einen brennenden Streifen auf meiner Wange, aber immerhin hält das Habitak lange genug inne, um Gott die Gelegenheit für eine Rauchwolke zu geben. Schaden hat die Attacke allerdings kaum angerichtet.

Innerhalb eines Sekundenbruchteils sind Gott und ich von undurchdringlichem, schwarzem Rauch umhüllt und ich unterdrücke mein Husten, während die Ranken uns weiter in die Höhe ziehen. Dann prasseln die ersten Attacken auf uns nieder.

Wenn ich Zweifel bezüglich des Levels der Vogelpokémon hatte, sind diese mit der ersten Bohrschnabelattacke beseitigt.

Habitak mag die Flugattacke in den Enddreißiger-Leveln erlernen, aber das Ibitak, das im nächsten Moment neben mir in der Felswand einschlägt und mit seinem langen Schnabel ganze Steinbrocken aus der Klippe bohrt, muss mindestens Level 47 oder höher sein.

So starke wilde Pokémon sollte es nirgends geben. Nur an den abgelegensten Orten, der Siegesstraße zum Beispiel. Hier heißt es wohl Fressen oder gefressen werden.

Ich schwinge zur Seite, um einem weiteren blinden Angriff der Habitaks auszuweichen, während Gott faucht und knurrt und seine Krallen tief in meine Schulter gräbt, um den Halt nicht zu verlieren. Eins der Ibitak kommt uns gefährlich nahe, aber Gott stürzt sich mit gebleckten Zähnen auf das viel stärkere Pokémon und vergräbt seine Fänge tief im Hals des Ibitaks, gerade lange genug, dass seine Bohrschnabelattacke daneben geht.

Gott löst seinen Biss, klettert auf den Rücken des Ibitaks und springt von seinem Körper zurück in meine Richtung, aber er hat die Entfernung falsch eingeschätzt und droht, vor mir in die Tiefe zu stürzen.

Ich lasse mit einer Hand die Ranken los und packe ihn im Genick, das wegen seines Rückenfeuers fast unerträglich heiß ist. Mit einem verzweifelten Schmerzensschrei reiße ich ihn nach oben und lasse los, damit er sich an mir festhalten kann. Seine Pfoten krallen sich schmerzhaft in meine Haut, aber das sind die geringsten Probleme, die ich gerade habe.

Meine rechte Handinnenseite schlägt Blasen.

"ABBY!"

Ich hebe den Kopf, aber der Rauch verdeckt meine Sicht. Gott hat sich wirklich alle Mühe gegeben, uns einen Vorteil zu verschaffen.

"Du hast es fast geschafft! Noch ein paar Meter!"

Gott speit eine weitere Welle rotierender Flammen in die Dunkelheit und dieses Mal spüre ich das leichte Brennen an meiner Wange kaum. Es fühlt sich an, als wären all meine Sinneswahrnehmungen auf meine Hand fokussiert. Ich beiße mir verzweifelt auf die Lippen.

Plötzlich taucht ein Habitak aus den Rauchschwaden auf und trifft Gott frontal gegen die Brust. Er wird von meinem Rücken gerissen und ich reiße den Kopf herum, in der festen Überzeugung, ihn gegen die Felsen prallen und zu Boden stürzen zu sehen, aber hinter mir entdecke ich Louis und Harley, die mit roten Köpfen an den Ranken ziehen. Louis packt mich, zieht mich gewaltsam über die Reling und bleibt auf mir liegen, bis die Attacken der Habitak und Ibitak langsam verebben, jetzt, wo ich nicht mehr in ihrem Revier bin.

Louis stützt sich auf und dreht den Kopf. Als er keine Angreifer mehr sieht, atmet er erleichtert aus und lässt sich von mir runter rollen.

"Du hast mir eine Angst eingejagt…", stöhnt er und fährt sich durch die Haare. „Ich kann nicht fassen, wie viel Glück wir hatten. Wenn eine der Attacken die Ranken getroffen hätte…"

Ich setze mich langsam auf und starre taub gerade aus, meine verbrannte Hand schonend auf meinen Oberschenkel gebettet. Etwas Warmes fließt meine Schulter und meinen Nacken hinunter und meine Wange brennt, wo Gott mich leicht versengt hat.

"Das sieht nicht gut aus", sagt Louis und krabbelt an meine Seite. "Oh verdammt, deine Hand…"

Polternde Schritte lenken meine Aufmerksamkeit auf die Brücke.

Percy läuft über die schwankenden Holzplanken und steuert auf uns zu, seinen großen Rucksack schon halb ausgezogen. Er kommt schlitternd neben mir zum Stehen, sinkt auf die Knie und zieht einen Erste-Hilfe-Kasten aus dem Rucksack, gefolgt von einem Pokéball.

"Hallo, Abbygail", sagt er und ruft sein Pokémon, ein kleines, sehr fürsorglich aussehendes Corasonn. Er greift nach meiner Hand. "Darf ich?"

Ohne auf eine Antwort zu warten, winkt er sein Pokémon zu sich.

"Heilung, Charly, dann Blubber, 20°C."

Das Korallenpokémon krabbelt zu mir, fixiert mit seinen kalkigen Vorderbeinen meine Hand an den unversehrten Stellen und senkt seinen Kopf. Ein weißes Licht strahlt aus seinem Horn auf die Blasen werfende Haut und ich muss mich stark zusammenreißen, um meine Hand nicht wegzuziehen. Das Jucken, das sich unter meiner Haut ausbreitet, ist fast unerträglich.

Als das Licht schließlich verblasst, gibt Charly ein zufriedenes Quietschen von sich und öffnet den kleinen Mund. Blubberblasen fallen auf meine gerötete Haut und zerplatzen dort, wodurch kleine, nicht zu kalte Wasserrinnsale über meine Finger und Handinnenfläche tropfen. Als sie fertig ist, sind die Blasen fast vollständig zurückgegangen, lediglich eine rote, brennende Stelle ist übrig.

"Danke", sage ich, perplex.

Percy errötet, dann nimmt er ein Verbandtuch aus dem Erste-Hilfe-Kasten und umwickelt damit zärtlich meine Hand.

"Nicht, dass ich nicht dankbar wäre", meint Louis an Percy gewandt, "aber was zur Hölle tust du hier? Bist du uns gefolgt?"

"Ich konnte meine Prinzessin nicht alleine lassen", sagt Percy und verneigt sich vor mir. "Du, die mich aus tiefster Depression gezogen und vor einem auf ewig gebrochenem Herz bewahrt hat. Dir gebührt mein Dank und meine ewige Liebe."

Louis räuspert sich. "Also bist du ein Stalker."

Percy ignoriert ihn. "Meine Liebe, geht es deiner Hand besser? Charlys Heilung kann die Verbrennung nur lindern, aber die Nachsorge solltest du nicht vernachlässigen. Wenn du möchtest, kann ich-"

"Wir kommen gut alleine klar", sagt Louis kühl und hilft mir hoch. "Danke für die Heilung und leb wohl.

Er will mich wegziehen, aber Corasonn zupft an meiner Hose und ich beuge mich zu ihr herunter. Sie quietscht und sprenkelt ein wenig Wasser auf meine verbrannte Wange.

"Danke Charly." Ich richte mich auf und nicke Percy dankbar zu, der sich mit einer verbundenen Hand ans Herz fasst und die Worte Ich liebe dich mit den Lippen formt. Louis Griff um meine Hand wird stärker und schon bald sind wir im Eilschritt in Richtung Norden zur Route 48 unterwegs.

"Was ist denn los mit dir?", frage ich wütend, nachdem wir außer Sichtweite von Percy sind und befreie meine Hand. Steinerner Boden weicht Gras und Bäumen und ich bleibe unter einem großen Schild mit der Aufschrift SAFARI-ZONE stehen.

"Dieser Typ hat sie doch nicht mehr alle!", protestiert Louis. "Hast du gemerkt, dass er uns gefolgt ist? Ich nicht."

"Jayjay hat ihn bemerkt, glaube ich", sage ich nach kurzem Nachdenken. "Wahrscheinlich waren das seine Schuhe, die ich gesehen habe."

"Er muss uns beobachtet haben, sonst wäre er nicht so schnell mit der ersten Hilfe gewesen." Wütend reibt Louis sich die Nase. "Ich meine, ich bin froh, dass er da war, aber das ist verdammt gruselig, wenn du mich fragst. Und die Art, wie er über dich redet… Ugh."

Ich tätschele Louis´ Kopf, woraufhin er mir einen bösen Blick zuwirft. Gemeinsam gehen wir weiter, dieses Mal in normalem Tempo.

"Ich frage mich eher, was er mit seiner Hand gemacht hat", sage ich. "Oder warum er einen Erste-Hilfe-Kasten dabei hatte. Sowas schleppt man eher selten mit sich rum."

"Frag mich nicht. Aber sein Corasonn kann Heilattacken. Vielleicht ist er ein Arzt oder sowas."

"Ist er dafür nicht ein bisschen jung?"

Louis zuckt die Achseln und schaut sich um. Als sein Blick hinter uns fällt, zischt er wütend. "Was wird das bitte? Er folgt uns schon wieder!"

"Wir haben dasselbe Ziel, Louis", sage ich. "Wo soll er sonst lang?"

"Er soll einfach nicht so hinter uns rumschleichen!"

Ich drehe mich um. Charly läuft neben Percy her und er scheint sich mit ihr zu unterhalten. Als er meinen Blick spürt, zwinkert er mir zu.

"ARGH!" Louis bleibt stehen. "Das reicht jetzt. Ich fordere diesen Lackaffen heraus und dann kann er schön zurück nach Anemonia City kriechen, um seine Pokémon zu heilen!"

"Das Pokécenter an der Safari-Zone ist näher", widerspreche ich. "So wirst du ihn nicht los." Louis beißt sich auf die Lippen, dreht sich dann wortlos um und beschleunigt seine Schritte.

Ich jogge neben ihm her. "Bist du eifersüchtig?", frage ich.

Louis läuft rot an. "Bin ich nicht!"

"Du bist sowas von eifersüchtig", erwidere ich grinsend.

"Fein, okay ", sagt Louis wütend.  "Ich bin eifersüchtig. Zufrieden?"

Bin ich zufrieden? Ich bin nicht sicher.

"Schau mal, da ist die nächste Brücke!", sage ich stattdessen. "Und dahinter ist die Wiese, die im Flyer erwähnt wird."

Die Artenvielfalt auf Route 48 rivalisiert laut Infoblättern sogar die der Safari-Zone. Pokémon im frühen Zwanzigerlevel sind hier zu finden und auch, wenn man manchmal eine Weile auf der Lauer liegen muss, lohnt sich das Warten. Verschiedenste Typen sind hier vertreten, unter anderem Pflanze, Gift, Psycho, Feuer, Flug, Normal, Boden, Käfer und Elektro.

Wenn Louis ein neues Pokémon fangen wird, dann hier.

So idyllisch die Wiese in dem Prospekt beschrieben wird, so enttäuschend ist sie in Realität. Außer einem einsamen Duflor, das wankend durch das Gras läuft und sich erschrocken davon macht, kaum dass wir uns nähern, ist die Wiese so gut wie ausgestorben.

"Also entweder sind alle Pokémon schon gefangen worden, oder die haben uns verarscht", stellt Louis auf der Brücke fest. "Da habe ich ja in meinem Garten mehr Auswahl."

"Vielleicht musst man hier geduldig sein", schlage ich vor. "Wir sollten zurückkommen, wenn wir Zeit haben."

Louis nickt und stolpert fast über einen Digdahügel, aber das ist auch das einzige, was auf die ehemalige Anwesenheit von Pokémon hindeutet.

Wir brauchen noch knapp zwanzig Minuten, bis das hohe Gras weicht und den Durchgang zu der letzten ausgeschilderten Brücke freigibt, die über den Fluss führt. Dahinter, von Nadelwald umrahmt, liegt der Eingangsbereich der Safari-Zone, betretbar durch einen gigantischen Holzbogen.

Kaum dass wir das Gelände betreten, tönt uns Musik aus an Masten angebrachten Lautsprechern entgegen. Kleine Läden bevölkern den Rasen und ein ausgetretener Pfad führt zu einem Pokécenter und schließlich zum Durchgang zu den Arealen. Es ist nicht sonderlich viel los, außer den Verkäufern sind nur zwei weitere Trainer da.

Louis und ich steuern sofort das Pokécenter an. Wir haben einige Verletzungen, die versorgt werden müssen. Hunters Flügel sah nicht gut aus.

Als wir eintreten, schaut die zuständige Schwester Joy von ihren Unterlagen auf. Sofort bildet sich ein breites Lächeln auf ihren Gesichtszügen.

"Dies ist das Pokécenter der Safari-Zone", verkündet sie fröhlich. "Wie kann ich euch helfen."

Ich lege meine vier Pokébälle auf den Tresen. "Mein Ibitak hat sich glaube ich den Flügel gebrochen“, füge ich noch hinzu, bevor die Bälle in die Maschine gelegt werden. Eine der Anzeigen blinkt rot auf.

"Das wird dann wohl dieser sein", sagt Joy und nimmt den Pokéball aus dem Gerat. "Wenn die Verletzungen nicht von der Maschine geheilt werden können, erhalten wir diese Warnmeldung", erklärt sie. "Ich werde mir den Flügel gleich anschauen."

Sie gibt mir die anderen Pokébälle zurück, heilt Louis´ Pokémon und runzelt dann die Stirn, als sie meine Wange sieht.

"Das schaue ich mir auch mal an", sagt sie und wirft einen Blick auf meine verbundene Hand. "Hattet ihr eine harte Anreise?"

Ich schnaube. "Könnte man so sagen."

Sie nickt langsam. "Ich schaue mir dein Pokémon an, dann sehen wir weiter." Mit diesen Worten verschwindet sie in einem Hinterraum. Louis und ich machen es uns an einem der Tische bequem und packen unsere mitgebrachten Sandwiches aus. Während wir vor uns hin mampfen, öffnet sich die Pokécentertür und Percy tritt ein, gefolgt von Corasonn.

Er macht Anstalten, sich zu uns zu setzen, wird aber von Louis´ Blicken abgeschreckt und nimmt am Tisch nebenan Platz, sodass er mich im Blick hat und Louis immer wieder misstrauisch den Kopf drehen muss.

"Hörst du langsam mal auf?", frage ich genervt, nachdem er zum fünften Mal über seine Schulter schaut.

"Ich traue dem Kerl nicht", sagt Louis leise. "Und ich mag nicht, wie er dich anguckt."

"Du machst dir zu viele-"

Die Tür öffnet sich und ich drehe mich um. Schwester Joy winkt mich zu sich an den Tresen.

"Der Flügel deines Ibitaks war gebrochen, wie du sagtest", erklärt sie. "Es hatte zudem diverse Verletzungen an Rumpf und Hals und großen Federverlust. Du musst dich besser um dein Pokémon kümmern. So wie er aussieht, sollte kein Pokémon nach einem geregelten Kampf aussehen."

"Er ist frei geflogen", gebe ich zu. "Er hat sich wahrscheinlich mit den Ibitak und Habitak an dem letzten Plateau auf Route 47 angelegt."

Schwester Joy schüttelt den Kopf. "Du kannst dein Pokémon beim Felsenherzturm nicht frei fliegen lassen! Die Pokémon dort attackieren alles, was sich in ihrem Luftraum bewegt. Sie sind die Aggressivsten ihrer Art, deswegen liegt ihr Level weit über dem, was ein normaler Trainer abwenden kann. Und sie sind immer in Gruppen unterwegs. Dort zu fliegen ist unverantwortlich."

"Das wusste ich nicht", sage ich kleinlaut.

"So wie du aussiehst, bist du auch nicht unbeschadet davon gekommen", sagt sie, ein wenig versöhnt. "Ich kann mir die Verbrennung in deinem Gesicht ansehen, wenn du möchtest. Und was hast du an deiner Hand gemacht?"

Ich werde in das Hinterzimmer geführt, das wie ein kleines Krankenhauszimmer aussieht, nur mit größerem Bett, speziellen Gurtvorrichtungen und vielen anderen Pokémonzusätzen. Auf einem Stuhl sitzend und bis auf meine Unterwäsche ausgezogen, unterzieht Joy mich einer fachmännischen Inspektion, die mit zahlreichen Desinfektionen der Krallenspuren an meiner Schulter endet, sowie Brandsalben und Spezialverbänden an meiner Hand.

"Du solltest den Verband für die nächsten 2-3 Tage tragen, danach kannst du ihn abnehmen. Die Verbrennungen sollten dann keine Probleme mehr bereiten", sagt sie schließlich. "Die Wunden an deiner Schulter sind versorgt, sollten sich aber Rötungen oder Eiter bilden, geh sofort zu einem Arzt oder in ein Pokécenter. Und dein Ibitak solltest du für mindestens eine Woche nicht in Kämpfen verwenden, sonst heilt der Knochen nicht richtig. Pokémon regenerieren sich schneller als Menschen, aber du darfst ihn nicht überanstrengen. Fliegen sollte er vorerst auch nicht, höchstens kurze Strecken. Verstanden?"

"Verstanden."

"Gut. Wollt ihr ein Zimmer?"

Ich überschlage schnell das Geld, dass wir für den Eintritt bezahlen müssen, das Essen… "Ich denke, wir kommen erst Mal mit unseren Schlafsäcken klar", sage ich schließlich.

"Wie ihr meint."

Ich kehre mit Schwester Joy in den Empfangsraum zurück und gebe Louis eine kurze Zusammenfassung.

"Also heißt es wieder draußen schlafen?", fragt er geknickt.

"Ich habe noch etwa 2000 PD", sage ich. "Das reicht für die Safari-Zone und vielleicht ein paar Vorräte, aber Unterkunft…"

"Schon okay." Louis grinst. "Hier sind genug Überdachungen und nach Schnee sieht es für´s erste auch nicht aus."

Ich schaue auf mein Handy. 15:48 Uhr. "Heute wird es wohl nichts mehr mit Pokémon fangen, oder?", frage ich.

Louis schüttelt den Kopf. "Wir müssen uns sowieso erstmal anmelden, der frühste Termin ist dann morgen. Und ich habe noch keine Ahnung, welche Areale ich besuchen will."

"Wir sollten uns ein bisschen informieren", sage ich und stehe auf. Percy folgt meinem Beispiel, was Louis ein wütendes Grummeln entlockt.

"Mit dir hat niemand geredet…", murmelt er, packt meine Hand und zieht mich an Percy vorbei hinaus.

Wir betreten den Eingangsbereich der Safari-Zone keine fünf Minuten später. Dunkle Holzvertäfelungen geben den Räumlichkeiten ein sehr altes Flair, aber die Tresen am Ende des Raums und zu unserer Linken sind mit Metalloberflächen gearbeitet und wirken neu. Weiter hinten kann ich verschiedene Durchgänge erkennen, nummeriert von eins bis drei und weiter rechts führt eine Treppe in die oberen Stockwerke. Ein Schild weist daraufhin, dass der Zugang für Unbefugte verboten ist.

Rechts von uns steht eine Sitzecke auf einem kleinen Podest und lädt zum Stöbern in diversen Arealkatalogen ein. Wir wenden uns nach links zu dem Klerk. Er trägt einen roten Anzug mit gleichfarbiger Mütze und ein Schild an der Brust, das ihn als Thomas Hartmann, Informant, ausschildert.

"Kann ich Ihnen behilflich sein?", fragt er freundlich lächelnd.

"Wir würden gerne eine Safari-Tour für morgen buchen", erklärt Louis. "Mit Ranger."

"Wie Sie wünschen." Thomas tippt mit flinken Fingern etwas in seinem Computer ein. "Ihre Namen?"

"Abbygail Hampton und Louis Kale."

"Und der junge Mann hinter Ihnen?"

Wir drehen uns gleichzeitig um. Percy steht etwa einen Meter hinter Louis und wirft mir ein entwaffnend wirkendes Lächeln zu. So langsam wird er mir auch unheimlich.

"Der gehört nicht zu uns", presst Louis hervor. "Wir sind nur zu zweit."

"Welche Areale möchten Sie besuchen?", fragt Thomas und schaut von dem Bildschirm auf.

"Eh…"

"Wir wollen uns noch die Kataloge ansehen", sage ich schnell. Der Informant nickt.

"Sehr gut. Kommen Sie zu mir, wenn sie sich entschieden haben."

Wir gehen an Percy vorbei, der nun seinerseits kehrt macht und sich zu uns in die Leseecke setzt. Louis greift nach einem der Kataloge und hält ihn sich demonstrativ vor das Gesicht. Ich schmunzele und greife nach meinem eigenen.

Alle zwölf Areale sind aufgelistet, sowie die darin vorkommenden Pokémon, geordnet nach Tag- und Nachtaktivität und sogar der Häufigkeit ihrer Sichtungen. Typen, vermutete Level und Hinweise für zukünftige Trainer sind ebenfalls angegeben. Jedes von ihnen scheint auf eine spezielle Art und Weise angelockt werden zu können.

Es vergeht gut eine Stunde, in der wir in den Katalogen blättern und über möglichen Arealkombinationen brüten. Schließlich jedoch stehen wir wieder vor Thomas, der die sechs Areale in den Computer eintippt.

"Wann möchten Sie ihre morgige Expedition starten?", fragt er.

"Nicht vor 9:00 Uhr", sagt Louis entschieden.

Thomas scrollt ein wenig hinunter. "Holger Stratford ist ab 9:30 Uhr frei. Er hat seine Prüfung erst vor kurzem abgelegt, aber seien Sie versichert, dass Sie bei ihm gut aufgehoben sind. Bitte treffen Sie ihn vor Eingang 1."

Wir nicken, verabschieden uns und verlassen das Safari-Haus. Als ich mich nochmal umdrehe, fällt mir etwas aus.

"Es sieht aus wie eine Villa", stelle ich fest. Louis bleibt stehen und dreht sich zu dem Gebäude um.

"Jetzt, wo du´s sagst…"

"Sie haben es umgebaut." Percy, der uns wie ein Schatten gefolgt ist, stellt sich unauffällig neben mich und lehnt sich etwas in meine Richtung, sodass sein Mund nahe bei meinem Ohr ist. Ich lehne den Kopf ein wenig in die andere Richtung. Irgendwo hört es dann doch auf.

"Die Safari-Zone wurde vor etwa neun Jahren hier erbaut", erklärt er. "Baoba, ein erfahrener Wärter der Safari-Zone aus Johto, führte diese in Fuchsania City weiter, nachdem der ehemalige Besitzer verstarb. Die Einrichtung lief so gut, dass er die Villa, die hier seit Jahren stand, umbaute und das Gelände dahinter in eine zweite Safari verwandelte."

"Aha", stellt Louis fest. "Danke für diese nutzlose Info. Kannst du jetzt bitte gehen?"

Percy lässt sich davon nicht beirren und ergreift meine gesunde Hand. "Bei Nacht ist das Anwesen noch romantischer. Begleitest du mich heute Abend zu einem Spaziergang?"

Louis wirft mir einen bösen Blick zu, den ich verzweifelt erwidere. Dann erstarre ich.

"Der Arenakampf!", schreie ich und renne an Percy und Louis vorbei zum Pokécenter zurück.

Es ist der 1. Dezember, wie konnte ich das vergessen?!

Louis holt erst zu mir auf, als ich schon bei Schwester Joy an der Theke stehe und mich nach einem Fernseher erkundige.

„Wir haben einen in den Mediaräumen…", gibt sie zögernd zu. „Aber…"

"Danke!" Ich stürme an ihr vorbei in einen der hinteren Räume, der klein mit Mediazentrum ausgeschildert ist. Der Fernseher entpuppt sich als uraltes Modell, das höchstens so groß ist wie eine Mikrowelle und so verstaubt, dass das schwarze Plastik grau erscheint.

"Ich wollte dich warnen", sagt Schwester Joy, die mit einem hechelnden Louis im Schlepptau in der Tür steht. "Er war seit einiger Zeit nicht mehr in Gebrauch."

"Solange er funktioniert, ist mir der Rest egal", sage ich und lasse mich im Schneidersitz davor nieder. Eine Fernbedienung ist nicht in Sicht, also schalte ich das Gerät manuell an und der Bildschirm erwacht flackernd zum Leben.

Während Louis und, zu seinem großen Ärger, Percy neben mir Platz nehmen, zappe ich zu dem PCN-Kanal. Hoffentlich habe ich noch nicht zu viel verpasst.

Zuerst glaube ich, der Fernseher ist kaputt, denn die Bilder haben einen starken Grünstich. Dann wird mir klar, dass Erik mit einer Nachtsichtkamera filmt.

 

"-eine herausragende Parade, die Arkani hier zeigt. Und da ist er, ihr gefürchteter Flammenblitz! Das sieht nicht gut aus für Sniebel, kann es sich nochmal aufrappeln? Nein, es bleibt liegen! Damit geht der Sieg an Richard Lark! Richard hat somit jeden der neun Vortrainer besiegt und einen Rekord für die wenigsten Pokécenterbesuche innerhalb der Vorkämpfe aufgestellt. Aber natürlich wird der Herausforderer seinen Pokémon eine Pause gönnen, bevor es heißt, Claire, die Tochter der Finsternis, herauszufordern!

Wie sie sehen, sehen sie nichts, liebe Zuschauer, die Dunkelheit in dieser Arena ist vollkommen und während Richard seine Pokémon heilt, gebe ich ihnen noch einmal einen Überblick über das, was jeden zukünftigen Protrainer in Kanto erwartet!

Claire ist die erste Unlichtarenaleiterin der Regionen und seit ihrem Postenantritt im August ist kein Trainer im ersten Versuch an ihr vorbei gekommen! Schon jetzt gilt sie als die härteste Arenaleiterin in ganz Kanto und ist bei Insidern so gefürchtet wie Jasmin und Sandra aus Johto.

Die Anzahl von neun Vortrainern ist nirgends übertroffen und ihre sechs Pokémon sind ausnahmslos auf Level 45, dem derzeit von der Liga eingetragenen Limit für den achten Arenaleiter!"

 

"Level 45…" Louis schluckt schwer. "Das kann ja noch Jahre dauern."

"Sei froh, dass du nur gegen Sandra kämpfen musst", sage ich spottend. "Oh, Percy."

Er dreht sich freudig zu mir um.

"Was ist, Geliebte?"

"Ehm…ja. Du kommst von hier, oder? Kannst du Louis ein paar Tipps zu Hartwigs Kampftechnik geben?"

"Ich will keine Tipps von diesem Stalker", murmelt Louis leise.

"Keine Widerworte."

Percy denkt nach. "Wie du ihn besiegen kannst, muss du selbst herausfinden, aber…"

"Aber?"

"Eigentlich ist es ein inselinternes Geheimnis."

"Bitte, Percy?" Ich klimpere unbeholfen mit den Wimpern.

"Ich sage es euch", sagt Percy nach kurzem Zögern. Dann nimmt er meine Hand. "Unter einer Bedingung."

"Nein", sagt Louis automatisch.

"Und welche?", frage ich.

Er lächelt mich unschuldig an. "Ein Date mit dir, liebste Abbygail."



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  Kerstin-san
2017-04-15T12:14:24+00:00 15.04.2017 14:14
Hallo,
 
alter, das ist ja lebensgefährlich, wie das Ibitak da mit dem Bohrschnabel auf Abby losgeht. Und dann noch ne hübsche Verbrennung dazu. Ich hab gehofft, dass Louis vielleicht irgendeine Fernattacke starten kann, um ihr zu helfen, aber spontan würde mir da gerade auch nichts einfallen, was besonders hilfreich wäre...
 
Percy ist zwar ein bisschen sehr creepy, aber er hat ein schnuckeliges Corasonn samt Erste Hilfe Kasten im Gepäck, da kann man das kurzfristig schon mal vernachlässigen. Ich finds erstaunlich wie ruhig Abby bleibt und umso lustiger wie Louis sich aufregt. Da geht wohl die Eifersucht ganz gut mit ihm durch.
 
Die Standpauke von Schwester Joy fand ich plausibel, allerdings wäre es ja vielleicht auch hilfreich, wenn es entsprechende Warnschilder an besagtem Plateau gäbe, damit man das auch weiß. Kann ja keiner ahnen, dass ausgerechnet da so starke Pokémon unterwegs sind, die auch noch besonders aggressiv reagieren.
 
Sollen wir wetten darauf abschließen, dass Abby garantiert dem Date zustimmt und Louis deswegen in die Luft geht? xD
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  _Risa_
2015-09-04T00:38:25+00:00 04.09.2015 02:38
>Percy läuft über die schwankenden Holzplanken und steuert auf uns zu, seinen großen Rucksack schon halb ausgezogen. Er kommt schlitternd neben mir zum Stehen, sinkt auf die Knie und zieht einen Erste-Hilfe-Kasten aus dem Rucksack, gefolgt von einem Pokéball.<
Vorsicht, du wirst noch seine große Liebe xD

>"Ich konnte meine Prinzessin nicht alleine lassen", sagt Percy und verneigt sich vor mir. "Du, die mich aus tiefster Depression gezogen und vor einem auf ewig gebrochenem Herz bewahrt hat. Dir gebührt mein Dank und meine ewige Liebe."
Louis räuspert sich. "Also bist du ein Stalker."
Percy ignoriert ihn. "Meine Liebe, geht es deiner Hand besser? Charlys Heilung kann die Verbrennung nur lindern, aber die Nachsorge solltest du nicht vernachlässigen. Wenn du möchtest, kann ich-"<
Wie ich sagte xD

>Wir drehen uns gleichzeitig um. Percy steht etwa einen Meter hinter Louis und wirft mir ein entwaffnend wirkendes Lächeln zu. So langsam wird er mir auch unheimlich.
"Der gehört nicht zu uns", presst Louis hervor. "Wir sind nur zu zweit."<
https://m.youtube.com/watch?v=OMOGaugKpzs x'D

>"Sie haben es umgebaut." Percy, der uns wie ein Schatten gefolgt ist, stellt sich unauffällig neben mich und lehnt sich etwas in meine Richtung, sodass sein Mund nahe bei meinem Ohr ist. Ich lehne den Kopf ein wenig in die andere Richtung. Irgendwo hört es dann doch auf.<
https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/736x/0c/f8/d7/0cf8d74f49da69620b00954aff426285.jpg
Ich musste soo lachen, als ich an diese Story denken musste xD

>Claire ist die erste Unlichtarenaleiterin der Regionen und seit ihrem Postenantritt im August ist kein Trainer im ersten Versuch an ihr vorbei gekommen! <
Unliiiicht. *o*

>"Bitte, Percy?" Ich klimpere unbeholfen mit den Wimpern.
Sei vorsichtig, was du tust xD

Antwort von:  yazumi-chan
04.09.2015 02:48
Lied und Bild passen eindeutig perfekt :DDD Ich kann nicht mehr xD
Antwort von:  _Risa_
04.09.2015 02:48
Da Abby eh bald wieder aus der Stadt ist, pfff xD
Von: abgemeldet
2015-05-08T11:22:42+00:00 08.05.2015 13:22
Percy is ja n ganz netter Geselle xD
Ehrlich, ich find ihn jetzt nicht schlimm. Er hat eben ein etwas anderes Verständnis von Liebe und Romantik xD Aber ich denke er gehört eher zu den Guten.
Antwort von:  yazumi-chan
08.05.2015 13:41
Percy hat so ein bisschen das Rocko-Syndrom, glaube ich xD
Von:  Kalliope
2015-04-14T15:31:24+00:00 14.04.2015 17:31
HA! Ich habs GEWUSST! xD In dem Moment, in dem Abby Percy im Café angelächelt hat, war mir klar, dass er sie stalken würde. Percy ist wirklich ziemlich gruselig, aber früher oder später verliebt er sich bestimmt in die nächste.

Jetzt muss ich doch mal fragen: Wer ist Claire? Eine Unlichtarena gibt es ja (leider) nicht, zumindest in den Spielen. Hast du sie dir selbst ausgedacht oder basiert sie auf einem bestehenden Charakter, den ich nur nicht kenne?
Antwort von:  yazumi-chan
14.04.2015 17:32
Claire wurde mal in Kapitel 6 in den Nachrichten erwähnt. Sie hat die achte Arena in Kanto übernommen, nachdem Blue sich auf die Forschung konzentrieren wollte und ist jetzt die erste Unlichtarenaleiterin der Regionen. Und ja, ich habe sie mir ausgedacht^^
Von:  Nali
2014-10-14T08:44:45+00:00 14.10.2014 10:44
oho...
ich weiss nicht was ich von Percy halten soll.. ich mch solche Typen eienlich nicht.
freu mich schon auf Louis reaktion ;)

Antwort von:  yazumi-chan
14.10.2014 12:50
Sprunghaft wäre wohl ein zutreffender Begriff xD
Von:  Hexenhund
2014-10-12T21:20:52+00:00 12.10.2014 23:20
oooookayyy... Also diesen Percy kann ich nicht einstufen... Er ist irgendwie rührend und es freut mich dass er Louis so auf die Palme bringt, andererseits ist er schon n bisschen komisch... JEdenfalls kann man nicht sagen dass sein LIebeskummer von sehr langer Dauer war... Ich freue mich sxhon darauf zu sehen was LOzis für ein neues Pokemon fangen wird :3
Antwort von:  yazumi-chan
12.10.2014 23:33
Den guten Percy darf man nicht allzu Ernst nehmen xD Mal sehen, was Louis jetzt anschleppt^^


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