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Abbygails Abenteuer

Road to Lavandia
von

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Die Bitte (Sku!)

Ich tauche prustend aus dem kalten Meerwasser auf und schüttele meinen Kopf, bis meine nassen Haare aus meinem Gesicht fliegen. Hunter krächzt freudig über mir und flattert davon.

"Abby!"

Mit den Beinen strampelnd drehe ich mich im Wasser um. Louis steht am Strand und krault Hunter, der vor ihm gelandet ist und sich die Streicheleinheit gurrend gefallen lässt. Gott brummt unwillig und rollt sich enger um meinen Rucksack und Jayjay tänzelt nervös vor und zurück, unschlüssig, was er von dem Jungen halten soll.

"Louis!" Ich winke, tauche unter Wasser und schwimme in langen Zügen in seine Richtung. Dann steige ich aus dem Wasser und Louis dreht den Kopf weg, damit ich mich anziehen kann. "Seit wann seid ihr hier?", frage ich. Frisch bekleidet tippe ihm auf die Schulter.

"Gerade angekommen", sagt er breit grinsend. "Wir haben Toby und die anderen auf der Route getroffen. Sie meinten, du würdest morgens immer hier schwimmen." Er schaut mich zweifelnd an. "Ist dir nicht kalt?"

"Es geht." Ich wringe meine Haare aus und knote sie zu einem kleinen Dutt zusammen, damit sie meinen Pulli nicht nass machen. "Ich nehme an, ich kann dir zu deinem vierten Orden gratulieren?"

"Kannst du." Louis holt das kleine Metallstück aus seiner Hosentasche und präsentiert es mir freudestrahlend. "Das Training mit den anderen hat sich wirklich gelohnt. Ich hätte Jens niemals halbherzig besiegen können."

"Jasmin wird ein ziemlicher Brocken", sage ich.

Louis nickt. "Julian hat von seinem Kampf berichtet. Sie scheint unheimlich stark zu sein."

"Aber hey, du schaffst das schon", meine ich. "Keine Hektik."

"Ja." Er steckt den Orden wieder weg. "Was ist mit deinen Knien?"

"Meine Knie? Ah!" Wahrscheinlich hat er die großen Blutergüsse gesehen, die sich dort gestern gebildet haben und in ihrem intensiven Violett kaum zu übersehen sind. "Erzähle ich dir unterwegs."

Gemeinsam gehen wir zurück in Richtung Stadt.

Ich stelle Louis Jayjay vor und nachdem er seinen ersten Schlag verpasst bekommt, fasst Jayjay mehr Vertrauen und wiehert ihn freundlich an.

Ich berichte Louis von dem Gewitter auf der Farm und dem Angriff auf Amphi und er schüttelt fassungslos den Kopf.

"Man kann dich nirgends alleine lassen", sagt er und tätschelt meinen Kopf. "Ich sollte dich an die Leine nehmen und in Watte einwickeln."

Ich strecke ihm die Zunge raus. "Das wäre langweilig."

"Langweilig wird eines Tages noch dein Leben retten", entgegnet Louis und beginnt, einen kleinen Stein vor sich her zu treten. "Wo gehen wir hin?"

"Die anderen werden im Leuchtturm sein", sage ich. "Zwei Plätze sind frei geworden, vielleicht können wir euch bei uns rein quetschen. Danach Training?"

"Ehrlich gesagt, ich hatte genug Training die letzten Wochen." Louis schaut nachdenklich vor sich hin. "Ich mache heute Urlaub."

"Urlaub klingt super", stimme ich zu. "Ich muss um drei Uhr arbeiten, bis dahin habe ich frei."

"Arbeiten?"

"Ich helfe in der Hafenbar da hinten aus", sage ich und deute auf Ivys Lokal neben dem Pokécenter. "Du kannst ja dort mal zum Essen vorbeikommen. Sonntags machen wir ein hervorragendes All-You-Can-Eat."

"Können wir einen Zwischenstopp im Pokécenter machen?", fragt Louis und bleibt vor der Tür stehen. "Ich bin direkt zu dir, Winry und die anderen könnten eine Pause gebrauchen."

Ich rufe meine Pokémon zurück und gemeinsam betreten wir das Center, das zu dieser Uhrzeit wie erwartet zum Brechen voll ist.

"Oh Mann", stöhnt Louis und reibt seine Nase. "Julian hat nicht übertrieben."

"Warte, bis du den Leuchtturm siehst", sage ich grinsend und stelle mich mit ihm in die Reihe.

Während wir warten, an die Reihe zu kommen, bringen wir uns gegenseitig auf den neusten Stand der Dinge und ich berichte von meinen Finanzplänen. Louis pfeift anerkennend.

"Du willst dir ein Ticket für die M.S. Aqua kaufen?", fragt er. "Kann Hunter nicht fliegen?"

Ich lache laut auf. "Machst du Witze? Er hält gerade mal eine halbe Stunde am Stück aus. Bis nach Orania City sind wir Stunden unterwegs. Und in Etappen fliegen ist langweilig."

"Langweilig, Abby, denk an meine Worte", sagt Louis grinsend. "Es wird dein Leben retten."

"Jaja."

"Wohnt Ruth nicht hier?", fragt er und wir machen einen Schritt in der Schlange nach vorne. "Ihr gehört doch der Hafen, meintest du. Frag sie, ob sie dir ein Ticket schenkt."

"Vorher erhänge ich mich", murmele ich.

"Auch wieder wahr." Wir lachen. Es tut gut, ihn wieder hier zu haben.

Nachdem wir aus dem Pokécenter kommen, machen wir uns auf den Weg zum Leuchtturm. Zu meiner großen Überraschung entdecke ich Jasmin bereits aus der Ferne, die neben ihrem Metagross steht und mit vier Personen diskutiert.

Bevor wir überhaupt in Sichtweite kommen, breitet sich ein mulmiges Gefühl in mir aus und als wir die Stufen hinaufgestiegen sind, sehe ich es bestätigt. Zwei der Personen sind George und Carla. Die anderen beiden sind Gabe und Kevin.

Ich bleibe stehen und halte Louis am Ärmel fest. Er schaut sich verwundert zu mir um.

"Das sind die beiden", erkläre ich leise. Er kneift die Augen zusammen.

"Die, mit denen du dich geprügelt hast?", fragt er und ich nicke. "Und die Frau ist Jasmin, oder?"

"Ja", stimme ich zu. "Und sie sieht nicht glücklich aus."

Wir laufen die letzten Meter zu der Gruppe. Gabe wirft mir einen Hass erfüllten Blick zu, dann verschwinden er und Kevin mitsamt Rucksäcken im Leuchtturm.

"Was wird das?", frage ich entgeistert und schaue den beiden nach, bevor ich mich an Jasmin wende, der ihr Zorn auf die Stirn geschrieben steht.

"Die Indigo Liga hat meinen Antrag abgelehnt", sagt sie und tätschelt den metallischen Kopf ihres Pokémon. "Ich darf nur eine Arenasperre von maximal einem Monat auf die Beiden verlegen, aber ihnen wird ihre Lizenz nicht entzogen. Deshalb darf ich sie auch nicht aus dem Leuchtturm werfen."

George schüttelt seinen schwarzen Pony aus seinem Gesicht. "Die beiden sind das Letzte. Komm Carla." Er dreht sich um und geht an uns vorbei den Hügel hinunter, Carla dicht hinter ihm. Sie dreht sich ein letztes Mal zum Leuchtturm um und sieht ziemlich griesgrämig aus.

"Und jetzt?", frage ich Jasmin. Sie schlägt mit der Faust auf ihr Pokémon, das sich davon unberührt zeigt. Einen Körper aus Stahl zu haben, hat eben Vorteile.

"Ich habe versucht, sie wegen Pokémonmisshandlung anzuklagen, aber die Beweislast ist angeblich zu gering. Außerdem haben sie Amphi vorher mit ihren Pokémon besiegt, deswegen ist nicht schlüssig, ob die Brandwunden während des Kampfes entstanden sind oder danach."

"Aber ich habe sie gesehen!", protestiere ich. Jasmin nickt.

"Dein Wort gegen ihres. Wir sind im Nachteil. Wegen der Prügelei wurde euch dreien die Arenasperre auferlegt."

"Und bei mir tritt sie nicht in Kraft, weil ich ohnehin keine Orden sammle", fahre ich fort. "Verdammt! Ein Monat ist denen doch egal!"

Jasmin schüttelt den Kopf und springt auf ihr Metagross. "Mir sind die Hände gebunden. Aber du kannst sicher sein, dass sie meinen Orden nicht erhalten, bevor sie mein echtes Team besiegen können."

Sie reitet auf ihrem Pokémon davon und ich trete wütend über den Boden. "So ein Mist! Wenn sie wenigstens nicht im Leuchtturm schlafen dürften. Ab jetzt werden sie noch unausstehlicher sein."

"Hast du nicht gesagt, sie würden immer in der Hafenbar sitzen?"

Ich nicke. "Das wird ein Alptraum."

 

Als es Nachmittag wird, mache ich mich missmutig zu meiner Arbeit auf. Ivonne steht bereits hinter der Theke und wartet, bis ich meine Schürze angezogen habe, bevor sie mich zur Seite nimmt.

"Diese Jungen, Gabe und Kevin, sind eben vorbei gekommen", sagt sie und ich schlucke. Sie nickt bei meiner Reaktion. "Dachte ich mir. Keine Sorge, Kleine. Ich habe ihnen Hausverbot erteilt."

Erleichtert atme ich aus und umarme Ivy, bevor ich nach oben verschwinde, um die Zimmer auf Vordermann zu bringen. Ein Problem gelöst.

Bleibt noch eins.

 

Gegen halb elf erreiche ich den Leuchtturm und wappne mich für den Aufstieg. Zu meiner großen Freude sitzt Louis neben der Eingangstür und wartet auf mich.

"Louis!", rufe ich und laufe zu ihm. Sku springt an mir vorbei und in seine Arme, wo sie ihre feuchte Schnauze gegen seine Wange reibt.

"Hat sie abgenommen?", fragt Louis und lässt Sku über seinen Nacken klettern, bevor sie von seiner Schulter herab springt.

"Sku?", frage ich belustigt. "In welcher Welt lebst du?"

Lachend gehen wir in den Leuchtturm.

In der Eingangshalle wird leises Flüstern laut, als ich vorbei gehe. Obwohl der Vorfall kaum zwei Tage her ist, hat sich die Geschichte von der Leuchtturmspitze schon im ganzen Turm herumgesprochen. Jasmins Auftauchen hat die Gerüchte verstärkt und nun werde ich von jedem erkannt.

Unbehelligt steigen wir die Stufen hinauf bis zum gefürchteten zweiten Stock, in dem Gabe und Kevin ihre Schlafsäcke haben. Wir schleichen zwischen den Schlafenden hindurch und ich halte nach den beiden Ausschau, aber sie liegen leise schnarchend in ihrer Ecke.

So weit, so gut. Vielleicht hat die kurzfristige Verbannung aus dem Turm ihnen die Augen geöffnet.

Unschlüssig bleibe ich stehen und Louis läuft halb in mich hinein.

"Was ist?", flüstert er und schaut über meine Schulter zu den beiden Jungen herab. "Geh weiter."

Ich setze mich wieder in Bewegung und ziehe Louis mit nach draußen auf den Balkon, kaum dass wir den vierten Stock erreicht haben.

"Denkst du, die Entscheidung der Liga ist gerecht?", frage ich nach einer Weile, die wir in unsere Schlafsäcke gewickelt an der Turmmauer sitzen.

"Nein." Er zögert keine Sekunde. "Sie haben ein Trainerpokémon angegriffen, das alleine war und es misshandelt, nachdem es besiegt war. Und das aus Rache an seiner Trainerin. Das ist krank."

"Schon, aber…" Ich reibe meine kalten Hände zusammen. "Sie waren betrunken. Und frustriert."

"Das ändert nichts daran", entgegnet Louis. "Warum verteidigst du sie? Die anderen Male waren sie nicht betrunken, oder? Sie haben dich bei deiner Arbeit belästigt, haben die Turmwärter vergrault, Trainer über´s Ohr gehauen… Das klingt für mich nicht nach Trainern, die einen Titel verdient haben."

Ich bette mein Kinn auf meine Knie. "Du hast Recht."

"Warum bist du so nachdenklich? Ich dachte, du hasst die beiden."

"Ich finde sie verachtungswürdig", sage ich. "Aber hassen… Ich hasse niemanden. Vielleicht Mel. Oder Mik. Was die beiden gemacht haben, ist eine ganz andere Kategorie."

Louis verschränkt die Hände hinter seinem Kopf. "Vielleicht. Aber das heißt nicht, dass Gabe und Kevin unschuldig sind."

"Nein, du hast Recht."

Nur noch ein Problem, das es zu lösen gilt.

"Vielleicht werde ich morgen mal Ruth besuchen", sage ich und stehe auf. "Kommst du mit?"

"Muss ich?", fragt Louis und ich schlage ihm freundschaftlich auf den Kopf. "Muss es. Du hast sie länger nicht gesehen als ich, also stell dich nicht so an."

"Ich würde zwei Monate nicht als lang bezeichnen", murrt Louis vor sich hin.

"Na komm", sage ich und ziehe ihn hoch. "Sie könnte dich überraschen."

Als ich mich in meinen Schlafsack einrolle, bin ich tiefen entspannt. Louis ist hier. Gabe und Kevin verhalten sich ruhig und wenn alles gut geht, kann Ruth mir sogar mit etwas helfen. Ich lege Skus Pokéball zurück in den Trainergürtel, der neben meinem Rucksack bereit zum schnellen Anziehen liegt und fahre mit meinen Fingern über das rot-weiße Plastik.

Sie ist wirklich eine wunderbare Freundin.

 

Am nächsten Morgen frühstücken Louis, ich und die restlichen Qs in einer kleinen Bäckerei in Hafennähe und diskutieren über Strategien, mit denen Jasmin besiegt werden kann.

"Sie ist wirklich eine harte Nuss", sagt Julian zum wiederholten Mal. "Ich habe mich mit einigen anderen Herausforderern unterhalten. Niemand von uns hat gegen dieselbe Teamaufstellung gekämpft. Sie wechselt ihre Pokémon aus, wie es ihr gefällt und das macht sie unberechenbar."

"Feuerpokémon sind praktisch, aber einige ihrer Pokémon können Bodenattacken, teilweise wegen TMs. Und einmal hat sie angeblich sogar mit einem Impoleon gekämpft."

"Impoleon?", frage ich überrascht und beiße in mein Brötchen. "Der Starter?"

"Die letzte Entwicklung, ja. Sie benutzen die Art drüben in Sinnoh", erklärt Julian kauend.

"Wie kommt sie denn an so eins?"

"Keine Ahnung. Aber es ist Zweittyp Stahl, deswegen ist es nicht regelwidrig."

"Was ist mit Wasserpokémon?", fragt Louis und denkt ohne Zweifel an Ethan. "In Teak City haben wir die Kimono Girls herausgefordert und von einem netten Mann Surfer geschenkt bekommen."

Julian, Corinna und ich prusten gleichzeitig los, bevor wir lauthals loslachen.

"Die arme Frau", sage ich und wische mir eine Träne aus dem Augenwinkel. "Ihr ehrenhaftes Tanztheater wurde in den Schmutz gezogen."

"Dahergelaufene Trainer, allesamt!", äfft Julian und Corinna kichert.

"Was denn?", fragt Louis, peinlich berührt. "Das gehört doch zur Reise eines Trainers, oder nicht?"

"Auf dein Wasserpokémon solltest du dich nicht verlassen", rät Vivi und beißt in ihr drittes Schokocroissant. "Sie besitzt eine Auswahl verschiedener Magneton. Du willst kein Wasser in der Nähe dieses Starkstroms haben, das verspreche ich dir."

Geknickt lässt Louis den Kopf hängen.

"Was ist mit Bodentypen?", fragt Timothy.

"Panzaeron", sagt Julian augenblicklich. "Nicht immer mit von der Partie, also ist Boden auf jeden Fall einen Versuch wert, aber nicht todsicher."

"Sie wechselt ihre Pokémon genauso oft wie Jens", fügt Paul hinzu. "Den Stahlorden müssen wir uns wirklich erkämpfen."

"Und ratet, was sie gegen eure Kampfpokémon im Ärmel hat", fügt Toby grinsend hinzu. "Abgesehen von Panzaeron und Lucario, versteht sich."

Louis stöhnt. "Was denn noch?"

Toby hebt triumphierend seinen Zeigefinger. "Ein Bronzong."

 

"Ich werde sie nie im Leben schlagen", stellt Louis fest, als wir uns auf dem Weg zu Ruths Villa machen. "Ethan und die anderen sind Level 27 und 28 und Jasmin scheint kein Pokémon unter Level 35 zu haben. Bis ich die drei auf dem Level habe, werden Wochen vergehen! Und ich habe kein Ass gegen sie im Ärmel."

Ich nicke bedrückt und hake mich bei ihm unter. Seit Louis halb-quasi-irgendwie mit mir Schluss gemacht hat, sind wir uns körperlich aus dem Weg gegangen, aber ich vermisse seine Umarmungen und werde mich nicht von komischen Gefühlen unterkriegen lassen. Louis schielt zu mir herunter, lässt es aber geschehen und so stapfen wir gegen den immer kälter werdenden Novemberwind aus der Stadt und in Richtung Strand.

"Ich meine… Winry kann ich vergessen", fährt Louis wütend fort. "Ihre Normalattacken können nichts gegen die Verteidigung von Stahlpokémon ausrichten, Harleys Pflanzenattacken machen nur normalen Schaden, ihre Giftangriffe sind nutzlos und Ethan wird bei erster Gelegenheit von ihren Magnetons gegrillt. Ich habe keine Chance!"

"Vielleicht musst du dein Team aufstocken", schlage ich vor. "Ein Feuerpokémon ist bestimmt hilfreich, selbst wenn sie mit Erd- und Wasserattacken kontern kann. Und mit Boden machst du auch nichts verkehrt."

"Aber woher denn?" Louis seufzt. "Ich habe in Teak City Ausschau nach Fukano und Vulpix und sogar Magmar gehalten, aber Ethan hat sie immer mit einem Schlag besiegt und Harley ist besiegt worden. Und Winry…"

"Was ist?"

"Keine Ahnung." Er schaut wütend gerade aus. "Sie war mein erstes Pokémon. Aber je weiter ich auf meiner Reise komme, desto schwächer fühlt sie sich an. Weißt du, was ich meine? Sie kommt einfach nicht hinterher. Ich dachte, gegen Jens würde sie eine echte Chance haben, aber sie wurde schnell besiegt und es waren wieder Ethan und Harley, die alles rausgerissen haben."

"Wie Raphael gesagt hat…", murmele ich.

"Was?"

"Nichts. Raphael hat nur so etwas angedeutet."

"Was angedeutet?" Louis bleibt stehen. Ich löse mich von ihm und drehe mich um.

"Bei deinen Kämpfen im Knofensaturm meinte er, dass… Er sagte, Winry würde womöglich bald an ihre Grenzen stoßen und dass du ihre Schwächen mit dem Rest des Teams ausgleichen musst."

"Oder sie abschieben", sagt Louis grimmig.

"Das hat er nicht gesagt, Louis" entgegne ich sofort.

"Ich merke es ja selber!" Wütend fährt er sich durch die Haare. "Ich will weiter kommen, Abby, aber Winry hält mich stetig zurück. Zumindest fühlt es sich so an. Die Zeit, die ich in ihr Training investiere, fehlt mir bei den anderen. Aber ich kann sie nich einfach aufgeben. Sie ist mein Starter! Könntest du Sku einfach aufgeben, wenn sie deinem Ziel im Weg stände?"

Ich schüttele taub den Kopf und betaste unwillkürlich den Pokéball an meiner Hüfte, in dem Sku ruht. "Nein. Nie im Leben."

Louis atmet tief durch, dann zieht er mich zu sich und geht mit mir weiter Richtung Villa, die in der Ferne bereits sichtbar ist. Aber die Stimmung bleibt gedrückt.

Das Anwesen der Zolwyks ist von hohen Eisenzäunen und dichten, schmalen Sträuchern umgeben, die die Sicht auf die eigentliche Villa aus nächster Nähe verhindern. Nur von dem erhöhten Sichtpunkt nahe der Stadt ist das symmetrisch angelegte, weiße Gebäude zu erkennen.

Louis und ich bleiben vor dem Eisentor stehen und schauen ratlos von der Sprechanlage zu dem weißen Kiesweg dahinter, der zu dem Haupteingang hinauf führt und von getrimmten Hecken in Pokémonform gesäumt wird. Blumenbeete werden von einigen Gärtnern umsorgt und wenn ich die Augen zusammenkneife, kann ich Bewegungen hinter den gewaltigen Fenstern erkennen.

"Und jetzt?", fragt Louis und geht zu der Sprechanlage. Wir sind ein wenig abseits auf der Route 40, aber das Meer ist trotzdem zu hören. Das gleichmäßige Schwappen holt mich in die Gegenwart zurück und ich stelle mich vor das Gerät. Ich drücke die Klingel.

"Du kannst nicht einfach klingeln!", zischt Louis entsetzt und schaut sich nach Bodyguards und Sicherheitskräften um, die seiner Meinung nach wohl jeden Moment aus den Hecken geschossen kommen müssen, grimmig und bis an die Zähne bewaffnet.

"Entspann dich", sage ich. "Irgendwie müssen wir auf uns aufmerksam machen." In dem Moment erklingt das Freizeichen.

"Privateigentum der Familie Zolwyk, mit wem spreche ich?"

"Abbygail Hampton und Louis Kale", stelle ich uns so deutlich wie möglich vor. "Wir sind Freunde von Ruth und möchten sie gerne besuchen."

"Mistress Ruth hat keinen Besuch angemeldet", sagt die Stimme mit eisiger Präzision.

"Wir sind unangekündigt hier", sage ich. "Als… Überraschungsbesuch."

"Einen Moment bitte."

Es vergehen Minuten, bevor die Stimme sich wieder meldet. "Mistress Ruth bestreitet, mit Ihnen befreundet zu sein. Ich muss sie bitten, sich von dem Grundstück zu entfernen, oder es werden Maßnahmen gegen sie ergriffen."

"Sagen sie ihr, dass es wichtig ist", werfe ich schnell ein. Louis macht ein panisches Gesicht und schüttelt energisch den Kopf.

"Lass uns abhauen…", flüstert er und macht einen Schritt zurück.

"Und sagen sie ihr, sie hat eine Schuld zu begleichen", sage ich trotzig und Louis verbirgt seine Augen mit einer Hand.

"Mistress Ruth ist..." Die Stimme bricht abrupt ab. Einige Sekunden später geht der Sprecher wieder an und ich höre unverkennbar eine genervte Stimme im Hintergrund. "Sehr wohl, Mistress. Wie Sie wünschen."

Ich schaue verwirrt zu Louis, der mit den Schultern zuckt.

"Ein Butler wird sie ins Anwesen eskortieren", sagt die Stimme schließlich und die Sprechanlage verstummt wieder. Ich werfe Louis ein selbstzufriedenes Grinsen zu, das er mir mit einem Kneifen meiner Nase aus dem Gesicht wischt.

"Der Butler könnte immer noch versuchen, uns umzubringen."

"Ja, sicher."

Wir warten, während die Eingangstür sich öffnet und ein Mann in schwarzem Smoking mit Fliege auf den Kies tritt und mit bestimmten aber nicht hektischen Schritten auf uns zu kommt.

"Was schuldet dir Ruth im Übrigen?", fragt Louis leise, während wir vor dem Tor warten.

"Ich habe ihr Bodyguards besorgt", sage ich grinsend. Auf Louis´ ungläubigen Blick zwinkere ich ihm nur zu und forme ein stummes Später mit meinen Lippen. Dann öffnet sich schon das Eisengitter und der Butler verneigt sich vor uns.

"Miss Hampton, Mister Kale, bitte folgen sie mir."

Der Butler führt uns über den Kiesweg zu der Villa, die in drei Stockwerken in die Höhe ragt. Alles ist in makellosem Weiß gehalten und als wir die Eingangstür erreichen, öffnet der Butler die Türflügel mit beiden Händen, tritt zur Seite und verneigt sich, bis wir hinein gegangen sind. Er folgt und schließt die Türflügel wieder hinter sich.

Eine Marmortreppe führt aus der Eingangshalle nach oben und teilt sich auf halber Höhe nach links und rechts auf. Balkone zu beiden Seiten lassen den Blick hinunter zu und Türen führen aus dem Flur in Räume zu beiden Seiten.

Der Butler nimmt unser Gepäck und unsere Jacken ab und bittet uns danach in eine Art Empfangsraum. Cremefarbene Ledersofas mit dunklen Holzfüßen stehen einander gegenüber, ein knisternder Kamin auf der einen Seite und ein Kaffeetisch dazwischen, bestückt mit einem kleinen Metallgestell voller Kekse, Gebäcke und Pralinen.

"Nehmen Sie bitte Platz", sagt der Butler und wir lassen uns auf den Sofas nieder, unserer dreckigen Schuhe und Hosen unangenehm bewusst.

"Bitte bedienen Sie sich", fährt der Butler fort. "Darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen, bis Mistress Ruth Zeit für sie findet?"

Zeit für sie findet? Diese kleine…

"Einen Tamottee, bitte", sage ich, entschlossen, das einmalige Angebot, verhätschelt zu werden, gebührend wahrzunehmen. "Ungesüßt, ohne Milch."

Der Butler verzieht keine Miene. "Sehr wohl. Mister Kale?"

"Ehm… einen… Pirsifsaft?", stottert Louis und der Butler verneigt sich erneut, bevor er das Zimmer verlässt. Keine fünf Sekunden vergehen, bevor ein Zimmermädchen eintritt und sich tief vor uns verbeugt.

"Mistress Ruth bittet Sie, sich in Ihrer Abwesenheit an der Étagére zu bedienen. Kann ich Ihnen noch mit etwas behilflich sein?"

"Nein, danke", sage ich, nun doch ein wenig überrumpelt. Nachdem Ruth uns zuerst gar nicht rein lassen wollte, hatte ich halb damit gerechnet, dass sie uns im Garten stehen lässt, um dort mit uns zu reden. Beklagen werde ich mich aber ganz sicher nicht.

Das Zimmermädchen verbeugt sich erneut und verlässt den Raum.

"Wow", flüstert Louis und schaut sich begeistert um. "Einfach wow." Er greift nach einem mit Nougatcreme gefülltem Eclair und beißt hinein. Sein Gesichtsausdruck verwandelt sich in Sekundenschnelle zu träumerisch und er schließt die Augen. "Abby… die musst du probieren."

Ich greife ebenfalls nach einem Eclair und beiße hinein. Die süße Schokoladencreme zergeht mir auf der Zunge und der Teig ist saftig und himmlisch und…

"Schön, dass es euch schmeckt", sagt eine Stimme und ich reiße die Augen auf.

Ruth hat das Empfangszimmer betreten und steht an die Tür gelehnt da. Ein langärmliges Kleid aus dunkelblauem, sehr teuer aussehendem Stoff umhüllt ihre Figur und ihr feuerrotes Haar ist perfekt gestylt und mit diversen Perlenspangen verziert. Sie betrachtet uns mit einem milde amüsierten Ausdruck. "Dann ist meine Schuld ja beglichen. Haut ordentlich rein und verschwindet."

Ich lasse die Hand mit dem Eclair sinken. "Wir sind nicht wegen dem Essen hier", sage ich schnell, bringe es aber trotzdem nicht über mich, das Eclair vollends aus der Hand zu legen.

Louis lehnt sich zu mir. "Ganz ehrlich… Ich finde, das ist ein super Tausch."

"Ah, der Trottelverehrer", sagt Ruth und setzt sich uns gegenüber auf die Couch. "Ich habe mich schon auf dem Indigo Plateau gewundert, wo du bist. Dass du es trotz Unfähigkeit bis hierher  geschafft hast, verdient wohl ein wenig Respekt."

Louis sagt kein Wort sondern beißt stattdessen in sein Eclair. Schokoladencreme scheint seine Gefühle gut im Griff zu haben.

Ich will etwas Schnippisches antworten, aber in dem Moment öffnet sich die Tür zum dritten Mal und der Butler tritt ein, ein silbernes Tablett auf dem freien Arm balancierend. Er verbeugt sich tief vor Ruth, die ihn keines Blickes würdigt und stellt ein geeistes Kristallglas und eine Porzellantasse vor uns, gefolgt von einem kleinen Porzellankännchen und einem ebenfalls geeisten Kristallkrug gefüllt mit orangerotem Saft. Er schenkt uns beiden ein, verneigt sich erneut und wendet sich dann an Ruth.

"Ich brauche nichts, Steve. Lass uns allein. Meine Freunde und ich möchten nicht gestört werden."

"Sehr wohl, Mistress. Wie Sie wünschen."

"Ich muss gestehen, ich bin überrascht", sagt Ruth und faltet ihre Hände unter ihrem Kinn, während sie sich vorlehnt. "Ich hätte nicht gedacht, dass du dich hier blicken lässt."

"Hätte ich auch nicht, wenn es nach mir ginge", sage ich genervt. "Aber ich habe eine Art Bitte."

"Eine Art Bitte?" Ruth lacht. "Du bist die zweite, die hier herkommt, um mich um etwas zu bitten."

"Wirklich?", frage ich überrascht. Dann fällt mir das Mädchen im Pokécenter wieder ein. "Becci?"

"Oh, du kennst sie." Ruth lehnt sich auf der Couch zurück. "Rebecca Staarl. Sie ist die Tochter einer einflussreichen Familie in Dukatia City. Alle Marktketten werden von ihren Eltern kontrolliert. Du scheinst ein Talent darin zu haben, dich bei reichen Töchtern unbeliebt zu machen."

"Vielleicht liegt es an eurer großkotzigen Art", schnaube ich. Ruth lächelt.

"Möchtest du noch ein Eclair?"

Ich schaue auf das halb gegessene Gebäck in meiner Hand. "Ich habe noch, danke."

"Schade. Ich hätte gerne deinen Mund mit etwas anderem als Reden beschäftigt."

Wütend esse ich das letzte Stück des Eclairs, trinke einen tiefen Schluck Tee und werfe Louis einen Blick zu. Er könnte sich auch mal beteiligen!

Er schaut mich ausdruckslos an und beißt in sein Eclair. Von ihm kann ich dann wohl keine Unterstützung erwarten.

"Was wollte Rebecca von dir?"

Ruth verzieht den Mund zu einem leichten Grinsen. "Sie drohte mir mit katastrophalen Folgen für unsere Zusammenarbeit, sollte ich dir nicht deine Protrainerlizenz entziehen. Ich handelte einen besseren Deal aus und sagte zu. Ich hoffe, der Verlust deiner Orden schmerzt dich nicht zu sehr."

Ich schaue Ruth einen Moment lang an. Dann grinse ich. "Ich werde es verkraften."

"Du siehst also, meine Schuld ist längst beglichen", fährt Ruth fort. "Was möchtest du also von mir, außer erzwungener Gastfreundschaft?"

"Zwei Trainer haben Jasmins Ampharos angegriffen und misshandelt, weil sie nicht gegen Jasmin gewinnen konnten", sage ich. Ruth kneift die Augen zusammen. "Weil ich die einzige Zeugin bin, will die Indigo Liga ihnen ihre Lizenz nicht entziehen. Sie sind weiterhin in dem Leuchtturm untergebracht und Jasmin kann ihnen maximal einen Monat Arenasperre geben."

"Namen?", fragt Ruth kühl.

"Gabe und Kevin. Ihre volle Namen kenne ich nicht."

"Das lässt sich in Erfahrung bringen, keine Sorge." Ruth greift nach einem kleinen Plätzchen und beißt hinein. Nicht ein Krümel landet auf ihrem Kleid. "In Ordnung. Ich kümmere mich darum."

"Was?!" Louis starrt sie an. "Du sagst einfach ja? Das ist Abby, du erinnerst dich? Ihr könnt euch nicht ausstehen! Warum gibst du so einfach nach?!"

Ruth schaut ihn herablassend an. "Das hat nichts mit Abby zu tun. Wenn jemand ein Pokémon misshandelt, dann hat er nicht verdient, Protrainer zu sein."

Ich lege den Kopf schief. "Hat Becci übrigens etwas zum Thema Jasmin gesagt?", frage ich dann.

Ruth schnaubt. "Oh ja. Gleich nachdem ich wegen deiner Lizenz zugesagt habe. Ich habe ihr gesagt, dass es extrem aufwendig wäre und sie mir mit unserem Deal sehr entgegen kommen müsste. Dann hat sie es sich anders überlegt."

"Warum?", fragt Louis.

"Ich respektiere Jasmin." Sie öffnet den Mund, so als wollte sie etwas hinzufügen, schließt ihn dann aber wieder. So nah stehen wir ihr dann doch nicht.

 

"Du hattest Recht", sagt Louis, als wir mit vollen Bäuchen von Steve aus dem Anwesen geleitet werden und über den Kiesweg durch das Eisentor hinaus gehen. "Sie hat mich überrascht."

Ich lächle selbstzufrieden, während wir den Weg zum Strand einschlagen.

"Als Ruth meinte, sie hätte dir deine Protrainerlizenz entzogen, warum hast du da gegrinst?"

Ich schmunzele. "Weil Ruth diese Rebecca an der Nase herum geführt hat. Ich habe ihr damals schon gesagt, dass ich kein Protrainer bin, aber das hat sie wohl nicht ernst genommen. Ruth hat einen Deal für ihre Familie ausgehandelt und so getan, als würde sie mir etwas Wichtiges nehmen."

"Aber du wirst niemals Orden sammeln dürfen", sagt Louis.

"Und wann war das je mein Plan?", kontere ich. "Sie hatte Recht. Ihre Schuld war beglichen. Sie weiß, dass ich keine Orden sammle. Sie hätte mir eins auswischen und Becci etwas anderes vorschlagen können, womit sie sich an mir rächen kann. Stattdessen hat sie mich gedeckt. Das war geradezu… nett."

"Ich bin ziemlich verwirrt", gesteht Louis, als wir die Meeresbucht erreichen und unsere Schuhe ausziehen, um uns ins Wasser zu stellen. Kalte Wellen schwappen gegen unsere Knöcheln und weicher Sand drückt sich von unten zwischen meine Zehen. "Ich dachte, ihr könnt euch überhaupt nicht ab! Sie hat dich in einen Brunnen eingesperrt, verdammt nochmal."

Ich öffne meinen Zopf und lasse den salzigen Wind durch meine Haare peitschen, bevor ich Hunter rufe, der krächzend davon schießt, um sich sein Frühstück zu besorgen.

"Es ist viel passiert."

 

Bei meiner Schicht in Ivys Hafenbar läuft alles wie geschmiert. Stanz unterhält sich mit mir und Ivy und später kommen sogar Louis, Toby und einige andere vorbei, um Abend zu essen und wir unterhalten uns in meinen Pausen bis zum Ende der Schicht.

Gegen zehn bezahlen die anderen und warten draußen auf mich. Ivonne winkt ihnen hinterher und nimmt mich dann zur Seite.

"Abby, du warst mir eine sehr große Hilfe", beginnt sie und ich ahne Schlimmes. "Aber ich habe endlich einen Bewerber für das feste Stellenangebot bekommen. Wenn das Vorstellungsgespräch gut läuft, werde ich dich mit ihm ersetzen müssen. Ich hoffe, das kommt nicht zu plötzlich für dich."

"Nein, nein", sage ich schnell. "Wie lange kann ich noch hier arbeiten?"

"Wenn ich ihn einstelle, morgen und Sonntag. Du bekommst dein Wochengehalt und dann musst du dir leider etwas anderes suchen."

Ich schlucke. Es war zwar anstrengend hier, aber ich habe gerne bei Ivy gearbeitet und die Bezahlung war nicht zu verachten. Ich lächle tapfer. "Ich muss mich für die Arbeit bedanken", entgegne ich. "Nicht viele Betriebe stellen Trainer für so kurze Zeitperioden ein. Ich wäre ja ohnehin in den nächsten Wochen abgereist."

"In Ordnung, Abby, dann sehe ich dich morgen." Sie umarmt mich. "Gute Nacht."

Ich verlasse ein wenig geknickt das Lokal.

"Was ist passiert?", fragt Louis.

"Ivy hat eine Festanstellung gefunden", erkläre ich, als wir uns auf den Rückweg zum Turm machen. "Wahrscheinlich bin ich ab nächster Woche entlassen."

"Oh Mann", sagt Toby. "Das ist mies."

"Ach was." Ich atme tief durch und grinse dann breit. "43.200 PD ist mehr Geld, als ich jemals hatte. Wenn ich mit Essen und Unterkunft ein wenig spare, kann ich eine richtig gute Anzahlung für den Sattel machen und mir das Ticket nach Hause kaufen."

"Willst du mit dem Sattel nicht noch warten?", fragt Julian. "Jayjay ist noch nicht Mal entwickelt."

"Weit entfernt ist er auch nicht mehr", sage ich. "Ein paar Wochen noch und ich habe ihn soweit. Außerdem weiß ich das Geld lieber in sicheren Händen, bevor ich es irgendwo verliere oder es mir geklaut wird. Bei meinem Glück passiert das nämlich hundertprozentig."

"Dann gehen wir morgen das Ticket und den Sattel kaufen", sagt Louis gut gelaunt.

"Lieber am Montag", sage ich. "Meine letzte Bezahlung bekomme ich schließlich erst am Sonntag."

Er zuckt die Schultern. "Wie du meinst."

Es ist schon dunkel. Wir steigen die Stufen des Turms hinauf. Mehr aus Gewohnheit suche ich den zweiten Stock nach Gabe und Kevin ab, aber die liegen in ihren Schlafsäcken, Köpfe so tief unter dem Stoff vergraben, dass ich sie nicht mal ordentlich sehen kann.

Leise schleichen wir zwischen den leise redenden und schnarchenden Trainerknäueln hinauf in unser eigenes Stockwerk. Jemand hat die Balkontür gegen den Luftzug geschlossen, worüber ich sehr dankbar bin. Auch wenn in Johto und Kanto im Normalfall trotz des Winters mäßige Temperaturen herrschen, sind Winternächte nicht unbedingt warm.

Ich unterhalte mich noch eine Weile in gesenkten Stimmen mit Louis und den anderen, bis irgendjemand Leise zischt. Wir verstummen.

Ich fahre mit den Fingern über den Trainergürtel mit den drei Pokébällen und Gotts grün-schwarzem Finsterball. Dann schlafe ich langsam ein.

 

Leise Stimmen. Ein kalter Wind.

Ich stöhne und drehe mich in meinem Schlafsack um. Es kann noch nicht morgen sein. Worum ging es in meinem Traum nochmal?

Schritte. Direkt neben mir.

"Welchen?", flüstert eine Stimme. Ich blinzle. Welchen? Was ist los?

"Es war der Erste", haucht eine zweite Stimme. Männlich.

Ich öffne verschlafen ein Auge. Es ist stockfinster. Nur schwaches Mondlicht gibt der Welt blass silberne Konturen.

Eine Hand, direkt vor meinem Gesichtsfeld. Sie greift einen Pokéball.

Ich reiße den Kopf in die Höhe.

Zwei Gestalten rasen an mir vorbei, zwischen den Schlafsäcken hindurch und die Treppen hinunter.

"HALT!", schreie ich, kämpfe mich aus meinem Schlafsack, packe meinen Trainergürtel und stolpere zum Ausgang. Ein dumpfes Stöhnen, als ich jemandem auf den Fuß trete, dann bin ich schon die Treppen hinunter, halb rennend, halb fallend. Weiter, immer weiter.

Über mir, hinter mir, Stimmen. Panik.

Ich bleibe nicht stehen, werfe nur einen flüchtigen Blick auf meinen Trainergürtel, während ich in nichts als einer schlabbrigen Jogginghose und einem Top hinaus in die kalte Nachtluft sprinte.

Ich drehe mich um.

Gabe und Kevin stehen an der Ostseite des Hügels, direkt vor der Klippe. Ich kann die tosende Brandung hören. Wellen, die mit zerstörerischer Gewalt an den Felsen zerschmettern.

Gabe hält einen Pokéball in der Hand und wirft ihn achtlos auf und ab.

Auf und ab. Auf und ab.

Skus Ball. Sie haben Skus Pokéball. Tränen steigen mir in die Augen.

"Was wollt ihr?", frage ich und gehe langsam auf sie zu.

"Lass den Gürtel fallen", befiehlt Kevin.

Meine Finger klammern sich fester um das schwarze Leder, bevor ich meinen Griff lockere. Der Gürtel gleitet durch meine Finger und fällt zu Boden.

"Komm näher."

Taub mache ich einen Schritt nach vorne. Noch einen. Meine restlichen Pokébälle sind außer Reichweite. Ich schlucke meine Tränen hinunter. Jetzt nicht die Kontrolle verlieren.

Sku…

Ich schniefe und hebe ergeben meine Hände. "Was wollt ihr mit dem Pokéball?"

Gabe schaut an mir vorbei zum Leuchtturmeingang. Ich kann von drinnen verwirrte Stimmen hören. Polternde Schritte auf den Treppen.

"Wir sind dir gefolgt", sagt er dann. "Wir wissen, dass du bei den Zolwyks warst."

"Es…"

"Halt die Klappe!"

Ich verstumme. Meine Augen sind stur auf sein Gesicht fixiert, aber dann hebt er den Ball und macht einige Schritte rückwärts.

"Wegen dir verlieren wir alles", sagt er. "Du hast es nicht anders gewollt."

Er wendet sich zur Klippe.

Nein.

"Bitte!", schreie ich . "Ich tue alles, was ihr wollt, aber bitte, gebt mir Skus Pokéball zurück!"

"Zu spät."

Gabe wirft mir ein letztes, grimmiges Lächeln zu, dann schnellt sein Arm in die Höhe und Skus Pokéball fliegt in hohem Boden durch die Luft, bevor er fällt und von den schwarzen Fluten verschlungen wird.



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von:  Kerstin-san
2017-04-14T16:14:12+00:00 14.04.2017 18:14
Hallo,
 
haha, sonst hat Louis immer heimlich gespannt, aber hier dreht er sich vorbildlich weg. Wir machen Fortschritte ;)
Also ich würde Ruth auch nicht um ein Gratisticket anbetteln. Irgendwo gibt es einfach Grenzen.
 
Nicht dein ernst, diese kleinen Idioten kommen einfach so davon? Keine richtige Strafe außer einem einmonatigen Arenabann? Und Abby kriegt natürlich auch gleich ne Strafe aufgebrummt (völlig egal, dass es sie ja nicht juckt, weil sie keine Orden sammelt, aber es geht hier ums Prinzip!) Mann, mann, mann, das Justizsystem ist da ja genauso frustrierend wie in der Realität... Ich verstehe Jasmins Wut und ganz ehrlich und hab insgeheim gehofft, dass sie den beiden zukünftig ihre überlevelten Pokémon auf den Hals hetzt, auf das sie nie den Orden gewinnen.
 
Tja was all diesen Trainern fehlt ist ein Sumpex oder wenigstens Moorabbel. Das macht die Magneton fertig und ist auch gegen Stahlpokémon gar nicht so übel. Es gibt einen Grund warum Hydropi mein Alltimelieblingsstarter ist <3
Ich werde gerade richtig böse auf Louis. Wie kann er Winry als nutzlos bezeichnen und ernsthaft darüber nachdenken sie aus seinem Team zu schmeißen? Nach allem was sie gemeinsam erlebt haben. Böser Louis!
 
Oh Gott, da ist wirklich einiges an Geld im Spiel. Was für ein pikfeines Anwesen und so viele Bedienstete. Da würd ich mich nicht wohlfühlen. Ruth hat tief in ihr drin ein gutes Herz. Ich finds klasse, dass sie sich dem Problem um Gabe und Kevin annimmt und sie wohl ihre Lizenz loswerden. Ich frag mich nur wie genau sie das anstellen will. Offensichtlich entscheidet ja allein die Liga darüber wem eine Lizenz entzogen wird. (Falls ich da vorher irgendwas überlesen haben sollte, sag ich schon mal Entschuldigung^^)
 
Diese kleinen miesen Ärsche! Haben die überhaupt irgendwas gelernt? Irgendwas? Und was ist jetzt mit Sku? Bitte sag mir, dass Louis' Garados den Ball wieder auftreiben kann, wahhh! :(
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  _Risa_
2015-09-03T19:16:33+00:00 03.09.2015 21:16
>Louis steht am Strand und krault Hunter, der vor ihm gelandet ist und sich die Streicheleinheit gurrend gefallen lässt.
Louis! :D

>"Meine Knie? Ah!" Wahrscheinlich hat er die großen Blutergüsse gesehen, die sich dort gestern gebildet haben und in ihrem intensiven Violett kaum zu übersehen sind. "Erzähle ich dir unterwegs."<
Also weißt du, das Übliche! Prügelein, Psychos und so ^^

>Wir lachen. Es tut gut, ihn wieder hier zu haben.
Ich fühle mit dir ;_;

>"Die Indigo Liga hat meinen Antrag abgelehnt", sagt sie und tätschelt den metallischen Kopf ihres Pokémon. "Ich darf nur eine Arenasperre von maximal einem Monat auf die Beiden verlegen, aber ihnen wird ihre Lizenz nicht entzogen. Deshalb darf ich sie auch nicht aus dem Leuchtturm werfen."<
Wtf! Welches Gehirnfasching geht bei denen ab? Òó

>"Warum bist du so nachdenklich? Ich dachte, du hasst die beiden."
"Ich finde sie verachtungswürdig", sage ich. "Aber hassen… Ich hasse niemanden. Vielleicht Mel. Oder Mik. Was die beiden gemacht haben, ist eine ganz andere Kategorie."<
Najaaa… das ist kriminalpsychologisch bewiesen :o wer Tiere so sehr sadistisch quält, hält sich auch von Menschen nicht fern.

>. "Ihre Normalattacken können nichts gegen die Verteidigung von Stahlpokémon ausrichten, Harleys Pflanzenattacken machen nur normalen Schaden, ihre Giftangriffe sind nutzlos und Ethan wird bei erster Gelegenheit von ihren Magnetons gegrillt. Ich habe keine Chance!"<
Die können doch Donner/Feuerschlag umd Eishieb ;o

>"Bei deinen Kämpfen im Knofensaturm meinte er, dass… Er sagte, Winry würde womöglich bald an ihre Grenzen stoßen und dass du ihre Schwächen mit dem Rest des Teams ausgleichen musst."<
Die sehen das alle so unflexibel und sind unkreativ :o sie denken nur, wie sie sich die Schäden multiplizieren oder halbieren und welche Attacken (un)effektiv sind, anstatt kreativ zu sein. :(

>"Ich merke es ja selber!" Wütend fährt er sich durch die Haare. "Ich will weiter kommen, Abby, aber Winry hält mich stetig zurück. Zumindest fühlt es sich so an. Die Zeit, die ich in ihr Training investiere, fehlt mir bei den anderen. Aber ich kann sie nich einfach aufgeben. Sie ist mein Starter! Könntest du Sku einfach aufgeben, wenn sie deinem Ziel im Weg stände?"<
Alter, red nicht so über Winry. :(

>"Mistress Ruth ist..." Die Stimme bricht abrupt ab. Einige Sekunden später geht der Sprecher wieder an und ich höre unverkennbar eine genervte Stimme im Hintergrund. "Sehr wohl, Mistress. Wie Sie wünschen."<
Mistress und ein Portier, Bodyguards und Butler.
*Tai anschau* nein, tut mir leid, du bist bettelarm gegen DAS hier XD

>"Einen Tamottee, bitte", sage ich, entschlossen, das einmalige Angebot, verhätschelt zu werden, gebührend wahrzunehmen. "Ungesüßt, ohne Milch."<
Abby, Miss Kickass :)

>Louis sagt kein Wort sondern beißt stattdessen in sein Eclair. Schokoladencreme scheint seine Gefühle gut im Griff zu haben.
Thaha xD

>Du scheinst ein Talent darin zu haben, dich bei reichen Töchtern unbeliebt zu machen."
"Vielleicht liegt es an eurer großkotzigen Art", schnaube ich. <
Lol Abby :)

>Ruth verzieht den Mund zu einem leichten Grinsen. "Sie drohte mir mit katastrophalen Folgen für unsere Zusammenarbeit, sollte ich dir nicht deine Protrainerlizenz entziehen. Ich handelte einen besseren Deal aus und sagte zu. Ich hoffe, der Verlust deiner Orden schmerzt dich nicht zu sehr."
Ich schaue Ruth einen Moment lang an. Dann grinse ich. "Ich werde es verkraften."<
So übel istse nicht o.o

>Ruth schaut ihn herablassend an. "Das hat nichts mit Abby zu tun. Wenn jemand ein Pokémon misshandelt, dann hat er nicht verdient, Protrainer zu sein."<
Wie ich sagte, nichtmal Ruth kann Pokemonquäler leiden ^^

>Bitte!", schreie ich . "Ich tue alles, was ihr wollt, aber bitte, gebt mir Skus Pokéball zurück!"
"Zu spät."
Gabe wirft mir ein letztes, grimmiges Lächeln zu, dann schnellt sein Arm in die Höhe und Skus Pokéball fliegt in hohem Boden durch die Luft, bevor er fällt und von den schwarzen Fluten verschlungen wird.<
Omg Sku, wie … wieso…
ARSCHLÖCHER ;_;
Antwort von:  yazumi-chan
04.09.2015 01:37
Dieses Kapitel war toll. Louis und Ruth? What more do you need xDD
Hinter Ruth steckt mehr, als man zuerst denkt ;) Sie ist arrogant und zickig, aber nicht direkt ein schlechter Mensch.

Skuuuuu D:
Von: abgemeldet
2015-05-06T19:01:26+00:00 06.05.2015 21:01
Du hattest geschrieben, dass die Oberfläche des Pokéball aus Kunststoff sei ... Dei Chancen, dass der Ball schwimmt ist also gegeben :D Wie schwer sind die Dinger eigentlich? Und in welchem Maß verändert sich das Gewicht, wenn ein Pokémon darin ist? Hmmm, wäre mal 'ne interessante Überlegung.
Antwort von:  yazumi-chan
06.05.2015 21:03
Da habe ich noch gar nicht drüber nachgedacht. Hm. Ich würde jetzt einfach sagen, dass der Ball nicht mit Luft gefüllt ist, wenn ein Pokémon darin ist und daher nicht schwimmt. Bestimmt ist die Pokémonmaterie richtig schwer und all das xD
Von:  Kalliope
2015-04-09T19:19:20+00:00 09.04.2015 21:19
Roths Villa --> Wen meinst du?

Uh, arme Abby. Sie springt bestimmt hinterher, schwimmen kann sie ja sehr gut, aber ob sie den Ball auch in völliger Dunkelheit findet? Bestimmt :> Du würdest sie nicht dauerhaft von Sku trennen und zur Not kann sie Stanz fragen.
Antwort von:  yazumi-chan
09.04.2015 21:21
Roth ist Ruths Zwillingsbruder. Du bist nicht die einzige, die das kann xD
Antwort von:  Kalliope
09.04.2015 21:33
Die Lights und die Zolwyks haben also nicht nur das riesige Anwesen gemeinsam! xD
Antwort von:  yazumi-chan
09.04.2015 21:35
Du hast mich durchschaut :D
Von:  Nali
2014-09-07T14:10:05+00:00 07.09.2014 16:10
Neinnnnnnnnnnnnnnnnnn
Wie schafst du es etwas Noch schlimmeres zu schreiben!!!!!!!
Dass kann nicht war sein,das darf nicht war sein Skuuuuuuuuu!!!!!!
O mann wie kann Abbey sku retten???
Schreib sehhhr schnell weiter!!!!

Antwort von:  yazumi-chan
07.09.2014 16:54
Genau diese Reaktionen habe ich mir erhofft :DD
Antwort von:  Nali
08.09.2014 19:18
Buuuuuuuhhuuuuuuu.....
meine arme Sku...
kénnen pokébälle eigentlich schwimmen?????

Schreib biiiiiiiiitte weiter... ich halt es sonst nicht aus -_-''
Antwort von:  yazumi-chan
08.09.2014 20:04
Keine Sorge, ich bin dabei. Ich werde wahrscheinlich heute mit dem Kapitel fertig, danach muss es nur noch freigeschaltet werden ;)
Von:  Hexenhund
2014-09-06T22:06:34+00:00 07.09.2014 00:06
aber... aber... aber.. aber. aber
Nooooooooooooiiiiiiiii Skuuuuuuh!!!!!
Wie kannst du das bloß machen!
Überhaupt sind solche Pokebälle ziehmlich tückisch... sooft wie ich meine sieben Sachen verliere hätte ich bestimmt schon mehrere Male mein Team vollkommen neu machen müssen...
Schnell ein Wasserpokemonsuchtrupp der den Ball wieder rausschafft! Sku kann ja zum Glück nicht ertrinken.
mach schnellstens weiter ! (dies ist ein Befehl! ;)
Antwort von:  yazumi-chan
07.09.2014 03:02
Bin fleißig dabei >:D


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