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Abbygails Abenteuer

Road to Lavandia
von

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Blitz und Donner (Drei Chaoten und ein Blitzableiter)

Route 38 ist ein hügeliger Streifen Landschaft, umringt von den dichten Laubwäldern Johtos und gefüllt mit vereinzelten Baumgruppen, hohem Gras, weißen Zäunen, Weiden und Abhängen, welche die gesamte Wegstrecke auf mehrere Ebenen heben. Festgetretene Pfade markieren die häufig begangenen Wege, verlaufen sich aber zusehends, je weiter wir vordringen.

Außer Louis bin ich noch nie mit anderen Protrainern gereist und ich stelle bald fest, dass sie Routen anders ablaufen als ich.

Wo ich den Wegen folgen will, weichen sie von allen Pfaden ab, durchforsten systematisch das hohe Gras, suchen gezielt Augenkontakt mit anderen Trainern, die wir treffen und gehen im Allgemeinen jeden Umweg, der irgend möglich ist. Wilde Pokémon werden von dem Aufruhr angelockt und eines nach dem anderen bekämpft, besiegt oder gefangen.

Ich schließe mich den allgemeinen Treiben an und nutze die Gelegenheit, Hunter und Gott zu trainieren und schaue interessiert den anderen bei ihren Kämpfen zu.

Tobys Garados trifft dank seiner Statuswerte fast auf keinen Widerstand, lediglich die Trainer, denen er begegnet, stellen eine Herausforderung dar. Julians kleines Camaub scheint größere Probleme damit zu haben, wach zu bleiben, als gegen seine Gegner zu gewinnen und Julian verflucht es stetig und gutmütig.

Corinna, nie weit von ihm entfernt, stellt sich zu meiner Überraschung als leidenschaftliche Käfertrainerin heraus, die mit ihren Pokémon Pionskora, Skaraborn und Pottrott jedem Gegner einheizt.

Timothys Team ist ausgeglichener, aber die Liebe für seine Pokémon ist in jedem Angriff offensichtlich, manchmal etwas zu sehr, denn er wechselt oft aus, statt sein Pokémon besiegt werden zu lassen, was ihn vieler guter Chancen beraubt. Paul ist das genau Gegenteil. Seine Angriffe sind wenig durchdacht und offensiv, ob zum Guten oder Schlechten.

Durch unsere von Training geprägte Fortbewegung erreichen wir erst am frühen Nachmittag eine kleine umzäunte Hügelkuppe, die von einigen Bäumen umgeben ist und einen Aprikokobaum beherbergt. Wir sind immer noch in Sichtweite des Durchgangshäuschens, trotzdem ziehen bereits dunkle Wolken auf.

"Wir sollten ein Lager aufschlagen", meint Julian grimmig und ruft sein Pokémon zurück, bevor es zu regnen beginnt. "Ich hab gestern schon geduscht."

"Es ist doch erst 16:00 Uhr!", protestiere ich, aber Gott versteckt sich bereits zwischen meinen Beinen und knurrt den Himmel an.

"Mag sein", sagt Toby. "Aber es ist fast November, die Sonne geht in einer Stunde unter und so wie´s aussieht, haben wir ein ziemliches Unwetter über uns. Wir sollten unser Lager aufschlagen, bevor wir kein Licht mehr haben."

Gesagt, getan.

Ich helfe den anderen dabei, die Zelte aufzustellen und unsere Schlafsäcke darin unterzubringen, dann verteilen wir hastig unsere Essenrationen und werden gerade rechtzeitig fertig, bevor der Regen in Strömen auf uns niederprasselt.

In Decken und Jacken eingewickelt sitze ich mit Corinna in dem kleinsten der Zelte und lausche dem Regen, der auf unser Zelt plätschert.

"Kennst du Julian schon lange?", frage ich, nachdem wir mit Essen fertig sind und nebeneinander vor dem Zeltausgang sitzen und in den Regen hinausschauen. Tobys Garados und einige andere Wasserpokémon genießen das Wetterspektakel und liegen in Pfützen oder rennen durch das nasse Gras. Hin und wieder erhellt ein Blitz die dunkelgraue Wolkendecke, aber das Donnergrollen ist leise und weit entfernt.

"Wir kommen beide aus Ebenholz City", sagt sie. "Wir sind mit den Legenden von mystischen Drachenpokémon und natürlich Sandra groß geworden. Als wir vierzehn waren, haben wir Sandra gebeten, uns Route 45 hinunter zu eskortieren, aber das hat sie abgelehnt." Sie schmunzelt. "Wir sollten alleine einen Weg finden. Ich weiß nicht, wie oft wir uns verlaufen haben. Fast einen Monat mussten wir jeden Tag umdrehen und nach Hause zurück gehen, weil wir voller Schrammen und blauer Flecke waren oder uns verlaufen hatten."

"Habt ihr es geschafft?", frage ich.

Sie lacht. "Oh ja, und wie. Julian wurde es irgendwann zu doof, mein Geheule nervte ihn und eines Tages war er nicht wie sonst an der Brücke und ich glaubte, er wäre ohne mich los gegangen. Ich habe mir die Augen ausgeheult, das kannst du mir glauben. Abends kam er freudestrahlend zurück und klingelte und ich schlug ihn KO."

"Nicht wirklich?!", frage ich entsetzt. "Was ist passiert?"

"Es stellte sich heraus, dass er den Weisen, der die Drachenhöhle bewacht, weggelockt hat, illegal in die Höhle vorgedrungen, in den Strudeln halb ertrunken ist und es trotzdem noch irgendwie geschafft hat, sich ein Dratini zu fangen. Er hat Hausarrest für den Rest des Monats bekommen und eine gehörige Standpauke von Sandra, aber danach haben wir uns auf sein Dratini geschnallt und sind den Fluss runter geschwommen, der die Route entlang fließt."

"Das klingt ziemlich gefährlich", meine ich nach einer Weile.

"War es auch." Corinna schüttelt amüsiert den Kopf. "Ich habe meinen Knöchel umgeknickt und Julian hat sich den Arm gebrochen und wir mussten vier Wochen in Rosalia City bleiben, bevor er die Erlaubnis bekam, weiter zu reisen."

"Dann habt ihr einiges durchgemacht", sage ich. "Wie lange seid ihr schon unterwegs?"

"Mit allem drum und dran fast ein Jahr." Sie lacht. "Ich gebe zu, dass wir nicht die unproblematischste Reise hatten, aber ich würde keine Sekunde eintauschen. Probleme schweißen zusammen. Und ich bin wirklich froh, euch Qs kennen gelernt zu haben. Diese Art von Gemeinschaft hat mir echt gefehlt."

Ich nicke andächtig. Dann grinse ich. "Meine Reise war auch nicht ganz ohne…", beginne ich und schon bald lauschen wir gegenseitig gebannt den verrücktesten Erlebnissen, die wir hatten. Und das sind bei keinem von uns wenige.

Am nächsten Morgen ist der Boden weich und das Gras feucht vom gestrigen Regen, aber das hindert unsere Gruppe nicht, nach einem kleinen Frühstück bestehend aus Äpfeln und Butterbroten von gestern Abend unsere Reise fortzusetzen. Gott weigert sich, ins hohe Gras vorzudringen und so lasse ich ihn neben mir her trotten, während Hunter alles, was sich bewegt, aus dem Flug heraus attackiert und mir stolz zu Füßen legt.

Als Julian und Corinna nach etwa zwei Stunden zu mir aufholen, beobachten sie mit sichtlichem Vergnügen Hunters Darbietungen.

"Na, das erklärt die Schneise des Todes", sagt Julian.

"Welche Schneise?", frage ich und drehe mich um, als Corinna mit dem Daumen hinter uns zeigt. Der gesamte Weg ist in regelmäßigen Abständen mit besiegten Pokémon übersät. "Oh", sage ich schließlich. "Ups."

Dann brechen wir in hysterisches Lachen aus. Hunter, der immer noch vor mir sitzt und seine Kopfstreicheleinheit erwartet, krächzt fröhlich und flattert auf meine Schultern, wo er sich flügelschlagend niederlässt. Gott faucht leise und sein Rücken flammt so stark auf, dass meine Hose beinahe Feuer fängt.

"Jungs, Jungs, aufpassen!", rufe ich entsetzt und springe zur Seite, um Gotts Flammen zu entgehen. Er schaut mich beleidigt an.

"Da ist jemand eifersüchtig", sagt Corinna fröhlich.

"Ja, Abby, entscheid dich Mal für deinen Zukünftigen", sagt Julian grinsend und weicht geschickt Corinnas Tritt aus. "Noch einmal erwischst du mich nicht, junge Dame."

"Das werden wir noch sehen."

Der Himmel klart mit der Zeit auf und gegen Mittag können wir uns eines klaren Himmels und warmen Sonnenstrahlen erfreuen, auch wenn die Winde stärker und kälter werden, je näher wir der Hafenstadt Oliviana City kommen.

Wir nutzen das gute Wetter für ein Mittagspicknick, knabbern Gurken und Möhren und trinken Tee aus dem gestern aufgefangenen Regenwasser, den wir über einen kleinem Feuer brühen. Tamot ist leider nicht dabei, aber das ist schon in Ordnung. Hunter und ein Tauboss ziehen über uns ihre Kreise und nach der kleinen Pause beginnen die ersten Freundschaftskämpfe, auch wenn wir darauf achten, unsere Pokémon nicht zu sehr zu schwächen. Die meisten haben sich zwar sorgfältig mit Supertränken, Gegengiften und anderen Heilitems ausgestattet, aber ein Pokécenter wird es trotzdem erst in Oliviana City geben und bis dahin gilt es noch viele Gegner zu besiegen, Trainer und wilde Pokémon gleichermaßen.

Als es dämmert, entdecke ich am Ende der Route die Silhouette einiger Gebäude gegen den stetig dunkler werdenden Horizont, die auf einer Hügelkuppe nicht weit von unserem Standort stehen.

"Was ist das?", frage ich Paul, der gerade neben mir geht und mit seinem Pokédex beschäftigt ist.

Er hebt den Kopf. "Oh, das wird die Kuhmuh-Farm sein. Hey Leute, wir haben die Route fast geschafft!", ruft er den anderen zu, die etwas hinter uns laufen.

Ein allgemeiner Jubel erhebt sich in die Lüfte und Hunter krächzt glücklich, aber die Begeisterung ist gedämpft von Müdigkeit. Unsere Füße tun weh und niemand hat Lust, noch eine Nacht draußen zu verbringen, zumal der Himmel sich wieder zuzieht und es nach nahendem Gewitter riecht. Mit dem Geruch bin ich inzwischen vertraut.

"Hunter, komm her!", rufe ich und als er neben mir landet, schwinge ich mich auf seinen Rücken. "Ich kundschafte aus und frage, ob wir die Nacht in einem der Schober verbringen dürfen", verkünde ich und der Jubel wird ein bisschen lauter. Ich grinse, tätschele Hunters Hals und erwarte den Moment des Abflugs, wenn mein Magen in meine Kniekehlen sackt.

Er kommt und ich schieße in die Lüfte.

Fliegen ist eine dieser Fähigkeiten, die man erst wertschätzt, wenn man sie besitzt. Der Wind brennt in meine Augen und meine Fingerknöcheln frieren fast augenblicklich ein, aber das Gefühl, frei zu sein, überall hin zu kommen, unbesiegbar zu sein, macht jeden Schmerz wett.

Ich lenke Hunter ein wenig unbeholfen mit meinen Oberschenkeln Richtung Farm und spüre die ersten Tropfen, die mir in die Augen schießen. Auf Grund seines noch etwas niedrigen Levels kann Hunter nicht sehr lange in der Luft bleiben, aber meine Befürchtungen erweisen sich als unnötig, denn wir rasen über die Wiesen und Hügel hinweg und landen keine fünf Minuten später vor dem Eingangstor der Farm.

Aus der Ferne habe ich nur die Gebäude erkennen können, aber die Farm nimmt ein gutes Drittel der gesamten Route 39 ein. Ein Haupthaus steht im nördlichsten Teil des Grundstück und mehrere Ställe wurden seitlich über die Jahre angebaut. Eine kleine Aprikokoplantage von sechs Bäumen liegt gleich neben dem Eingangstor und große Weiden erstrecken sich bis weit nach Süden. Am Ende fällt der Boden ab, aber ich kann die Spitze eines Silos über den Hang hervor ragen sehen. Dahinter geht es in steilen Abhängen bis nach Oliviana City. Selbst aus dieser Entfernung ist der Leuchtturm und das Meer sichtbar.

Ich tätschele Hunters Hals und betrete das Anwesen. Zwei junge Frauen sind auf den Weiden damit beschäftigt, die Pokémon zusammen zu treiben und in die Ställe zurückzubringen. Die zwei Ponita bedürfen keiner großen Überredungskunst. Die ersten Tropfen fallen zu Boden und schon galoppieren sie über die Wiese und in Richtung ihres Stalls.

Etwa zehn Miltank und drei Tauros lassen sich ohne Widerwillen oder große Begeisterung von den Frauen von der Weide führen und werden schließlich vor dem Stall angebunden, bevor die beiden zur Weide zurückkehren und mich entdecken.

"Trainer?", fragt die etwas größere. Ihr dunkelbraunes Haar ist zu einem Bauernzopf zusammengebunden, der halb aufgelöst ist und sie zieht zwei dicke Handschuhe aus ihrer Latzhose, die sie sich über zieht. "Wenn du Unterschlupf suchst, geh ins Haupthaus, meine Mutter kann dir helfen."

"Oh", sage ich, etwas verwirrt. "Danke." Ich wende mich mit Hunter dem Hauptgebäude zu, nicht, ohne vorher ein letztes Mal zu der Weide zu gucken. Vier Pokémon sind noch draußen und von der schwarz-weißen Färbung schließe ich auf drei Elezeba und ein Zebritz, die aufgeregt mit den Hufen scharren und die Köpfe schnaubend vor und zurück werfen. Damit wäre wohl die Frage nach der Stärke des Gewitters geklärt.

Apropos Gewitter. Der Regen wird stärker und in der Ferne höre ich das erste Donnergrollen. Es kann nicht mehr lange dauern. Ich rufe Hunter zurück und laufe die letzten Meter bis zu Eingangstür, die halb offen steht.

"Entschuldigung?", rufe ich, als ich den Flur betrete und außer einem gigantischen Treppenhaus niemanden vorfinde. "Ich wurde hier hin verwiesen, es tut mir leid, dass ich…"

Eine etwas ältere Frau taucht in der Tür des linken Flügels auf und wischt sich ihre Hände an ihrer Schürze ab. Ein Tuch ist um ihren Kopf gewickelt, aber graubraune Haarsträhnen sind hier und da unter dem Stoff hervor gerutscht.

"Trainer?", fragt sie und ich nicke.

"Ich bin mit fünf anderen unterwegs", erkläre ich. "Ich bin vorgeflogen, um zu fragen, ob wir womöglich in einem der Ställe unterkommen können."

"Ach was, Ställe, wofür haben wir denn das Haus ausgebaut", sagt die Frau und winkt mich zu sich. Ich folge ihrer Anweisung und finde mich in einer geräumigen Küche mit großem Esstisch und Sitzbänken wieder. Neben den Küchentheken prasselt ein Feuer in dem Kamin und mir wird augenblicklich wärmer.

"Mein Mann ist gerade im Keller, er sollte gleich hochkommen, aber keine Sorge, wir haben schon einmal zehn Trainer unterbringen müssen, deine Freunde bereiten uns keine Probleme."

"Vielen Dank."

"Ach was." Sie macht sich ein zwei großen Töpfen zu schaffen, die auf dem Herd vor sich hin brodeln. "Ich habe mir schon gedacht, dass wir bei dem nahenden Gewitter Besuch kriegen würden und dementsprechend gekocht. Man lernt, sowas mit der Zeit zu erahnen. Und natürlich haben unsere Elezeba die halbe Weide niedergetrampelt, so aufgeregt waren sie. Schon seit heute Morgen geben sie keine Ruhe."

"Werden die vier auch in die Ställe gebracht?", frage ich.

"Nur die kleinen", sagt die Frau und probiert einen Löffeln von dem Eintopf. "Zebritz ist schon erfahrener, sie muss draußen bleiben. Als Blitzableiter, sozusagen."

"Blitzableiter?", frage ich und lasse mich auch einer der Bänke nieder. "Wie das?"

"Die vier haben die Fähigkeit Blitzfänger, was im Grunde bedeutet, dass sie alle elektrischen Attacken und eben auch Blitze anziehen", erklärt sie. "Das macht die Gewitternächte lauter, aber immerhin haben wir keine Brandgefahr hier. So hoch auf einem Hügel kann das schnell zu einem Problem werden." Sie seufzt und rührt abwesend in dem Topf. "Vor fünf Jahren ist unser Haupthaus zu großen Teilen abgebrannt. Danach haben wir in ein Elezeba investiert und später noch drei dazu bekommen. Letztendlich hatte es auch etwas Gutes, so konnten wir von Grund auf renovieren. Bisher war mein Mann immer dagegen, aber so hatte er keine Wahl."

Wie auf Kommando höre ich das Knarzen von Treppenstufen und einige Sekunden später taucht ein dickbäuchiger Mann mit sehr muskulösen Armen im Türrahmen auf. "Lästert Elsa wieder über mich?", fragt er an mich gewandt und geht dann zu ihr hinüber, um den Eintopf zu probieren. "Sie lästert immer mit Trainern über mich, das ist ihre Lieblingsbeschäftigung."

"Werner, wir essen gleich! Finger weg! Ah!" Er greift sie um die Taille und hebt sie aus der Küche. Elsa lacht und windet sich und atmet erleichtert aus, als ihr Mann sie absetzt und in Seelenruhe zu dem Topf zurück geht, um einen Löffel zu probieren.

"Sie ist kitzlig, musst du wissen. Oh, das ist wunderbar, du hast dich selbst übertroffen."

Elsa richtet ihre Schürze und das Kleid darunter, dann lässt sie sich mit einem selbstzufriedenen Blick mir gegenüber an den Tisch sinken.

"Aber warum lasst ihr nicht alle vier draußen?", frage ich, um die Unterhaltung wieder aufzunehmen.

"Weil", sagt eine Stimme hinter mir, "sie ungestüme, kleine Chaoten sind, die sich in ihrer Aufregung überladen und dann darf ich sie nach Oliviana City ins Pokécenter fahren, weil sie überladen sind und nicht wissen, wohin mit ihrer Energie."

Ich drehe mich auf dem Sitz um und entdecke die Frau von draußen. Sie trägt immer noch die Handschuhe und im Schlepptau hat sie fünf sehr durchnässte Qs.

"Wir sind da", sagt Julian, der tropfnass ist und aussieht, als wäre er gerade in einen Kuhfladen getreten. Die Tatsache, dass er nur einen Schuh trägt, ist zumindest ziemlich verdächtig. "Ich hoffe, du hast einen Deal für uns ausgehandelt, Abby, sonst schmeiße ich irgendetwas auf den Boden." Er schielt zu Corinna, die neben ihm steht. "Vermutlich sie."

"Hey!"

Das entlockt sogar der so ernst aussehenden Frau ein Schmunzeln, die ich wegen ihrer ähnlichen Gesichtszüge als Elsas Tochter identifiziere. "Immer diese Mädchen, was?", sagt sie und wirft Julian ein freches Grinsen zu. "Kommt, ich zeig euch, wo ihr eure nassen Klamotten hinschmeißen könnt. Papas Gesichtsausdruck nach zu urteilen ist das Essen fast fertig."

"Oh ja", sagt Werner und isst einen weiteren Löffel.

"Wenn du willst, kannst du mitgehen, aber du siehst noch trocken aus", sagt Elsa.

"Mir geht´s gut", sage ich. "Also ist Zebritz der einzige, der die Blitze abfangen kann?"

"Die einzige, ja", verbessert Elsa schmunzelnd. "Wir haben sie auf einem relativ hohen Level bekommen, deswegen hat es nicht lange gedauert, bis sie sich entwickelt hat. Die drei anderen waren jünger und dementsprechend schwächer, aber weil wir mit Susan nie Probleme haben, ließen wir sie anfangs mit draußen. Am nächsten Morgen lagen sie zittrig und paralysiert auf der Weide. Es war zum Glück nur ein kleines Gewitter, nicht so wie heute, sonst hätten die Folgen weit schlimmer sein können. Susan weiß, dass sie bei zu viel Statik im Körper starke Elektroattacken benutzen muss, aber die drei kannten noch keine und so mussten wir sie nach Oliviana City fahren, um die Statik mit einer Maschine abbauen zu lassen."

"Sind sie immer noch so schwach?", frage ich.

"Nein, jeder von ihnen kann inzwischen wenigstens Schockwelle, aber ihre Körper können einfach noch nicht so viel Elektrizität aufnehmen, wie ein Gewitter mit sich bringt. Wir müssten sie trainieren, aber Cora und Frieda haben viel auf der Farm zu tun und sind ohnehin lieber mit ihren Ponita unterwegs. Susan kümmert sich gut um sich selbst, nach einem Gewitter lassen wir sie ohne Aufsicht ins hohe Gras, bis sie sich entladen hat, aber unsere Chaoten würden wir nie wieder finden."

"Gab es schon Probleme mit den dreien?", frage ich, neugierig geworden.

"Sie haben den Chaotenruf nicht ohne Grund weg", sagt Elsa. "Ray und Clover sind die Ungestümen, aber auf Jay muss man wirklich Acht geben. Er hält sich bedeckt und sobald man ihm den Rücken kehrt, haut er ab."

"Klingt nach einem ziemlichen Rabauken", sage ich und Elsa lacht.

"Oh ja."

"Frieda, das Essen ist gleich fertig!", ruft Werner, der immer noch neben dem Eintopf steht und die jüngere der Töchter im Flur entdeckt hat. Elsa und ich drehen uns um.

"Das Wetter bringt mich um", murmelt Frieda und tritt durchweicht in die Küche. "Die Pokémon sind in den Ställen, Susi steht auf der Weide und ist bereit für Action. Gib mir mal den Löffel, Papa."

"Esst euch nicht satt, bevor die Gäste wieder unten sind, großer Gott!", ruft Elsa, steht auf und nimmt Frieda den Löffel aus der Hand. "Zieh dich um, wir essen gleich am Tisch wie anständige Leute."

Frieda hebt ergeben die Hände, macht auf dem Absatz kehrt und verschwindet im Treppenhaus.

"Und du, weg von dem Eintopf."

Werner nimmt einen letzten Löffel des Eintopfs, dann flüchtet er sich an den Tisch.

"Liebe Güte…", murmelt Elsa und beginnt, den Tisch zu decken und Brot zu schneiden.

Wenige Minuten später kommen fünf frisch gekleidete Qs, eine in Bademantel und Pantoffeln gekleidete Frieda und Cora nach unten und setzen sich an den gewaltigen Tisch. Elsa stellt die beiden Töpfe und zwei Körbe frisch geschnittenes Brot auf den Tisch und schon bald ist nur noch unser Kauen und ein gelegentliches Kompliment an Elsas Kochkünste zu hören.

Dann beginnt das Gewitter.

Blitze erhellen den Himmel hinter den Fenstern und Donner folgt in immer kürzer werdenden Abständen. Es dauert nicht lange, bevor die ersten Lichtsäulen in Susan einschlagen, die auf der Weide steht und mit den Hufen scharrt.

"Eure Unterbringung kennt ihr ja schon", sagt Cora und steht auf. "Wenn ihr Probleme beim Einschlafen habt, euer Pech." Sie grinst und fängt sich einen bösen Blick ihrer Mutter ein. "Ihr könnt euch im Haus frei bewegen, bleibt nur nach Möglichkeit drinnen, auch wenn euch in Susans Nähe nichts passieren sollte, aber sie hält eben nur Blitze in einem gewissen Umkreis ab."

"Was waren das eigentlich für Handschuhe, die du vorhin anhattest?", fragt Toby und sammelt mit etwas Brot die letzten Eintopfreste aus seinem Teller auf.

"Die isolieren, sonst krieg ich einen Schlag", sagt Cora. "So, ich bin weg, ich hab noch zu tun."

"Telefonate mit ihrem Freund, wette ich", murmelt Julian und weicht Corinnas Ellbogenstoß elegant aus.

Cora streckt ihm die Zunge raus, dann verschwindet sie nach oben.

"Cora entwirft Pokémonsättel", sagt Werner und lehnt sich nach hinten. "Sie hat früher schon immer gerne gezeichnet und irgendwann ist sie dann auf Sättel gekommen. Sie will ihr Hobby zum Beruf machen, aber bisher ist die Anfrage noch etwas gering. Viele Pokémon lassen sich auch ohne Sättel reiten oder werden von ihren Trainern mit selbst gemachten Sätteln versorgt. Die sind nicht so hochwertig wie Coras Designs, aber oft funktionstüchtig genug."

"Ihr ganzes Zimmer ist voll mit Designs", sagt Frieda und nimmt sich noch etwas von dem Eintopf. Ihr dunkler Pony fällt in ihre Augen. "Sie hat Entwürfe für Ponita und Gallopa, Elezeba, Zebritz, Tauros, Bisofank und für Kronjuwild. Dafür hat sie sogar einen Abnehmer bekommen."

"Wirklich?", frage ich aufgeregt. "Von wem?"

"Lass mal nachdenken, das war irgendeine berühmte Trainerin, glaube ich. Gi… Ge…"

"Genevieve Keller?", frage ich vorsichtshalber.

Friedas Gesicht hellt sich auf. "Ja, genau! Diese Favoritin. Sie war vor Monaten mal hier und hat sich von Cora einen Sattel designen lassen, der in Kämpfen nicht im Weg ist. Sie war so begeistert, dass sie sich eine Spezialanfertigung hat machen lassen."

"Wo lässt man sich bitte Sättel machen?", fragt Paul.

"Unten in Oliviana City ist ein Sattler tätig. Er macht zwar normalerweise andere Lederwaren, aber er hat schon drei oder vier von Coras Entwürfen verarbeitet. Daher haben unsere Ponita ihre Sättel."

"Was es nicht alles gibt", murmelt Toby. Dann steht er auf. "Ich bin müde, Leute. Morgen müssen wir früh raus, also schlage ich vor, dass wir schlafen gehen."

"Bin ich für", sagt Julian gähnend. "Coco, kommst du?"

Corinna nickt. "Die Räume sind sehr gemütlich", sagt sie an Elsa gewandt. "Noch einmal vielen Dank, dass wir hier übernachten dürfen."

"Ach was." Elsa macht eine wegwerfenden Handbewegung, dann beginnt sie mit dem Abräumen.

Unsere Gruppe verabschiedet sich von den restlichen Familienmitgliedern und geht die Treppen hinauf, bis wir den Dachboden erreichen.

"Da wären wir", sagt Toby stolz und breitet die Arme aus. "Unser Quartier für die Nacht."

"Schick", sage ich. Zwei Dachschrägen verkleinern den Raum etwas, aber die Fläche ist groß genug, um zehn oder mehr Schlafsäcken Platz zu bieten. Alte Geräte und Deckenstapel liegen in den Ecken und wir bedienen uns sofort, denn trotz der geschlossenen Fenster ist es hier oben ziemlich kalt. Blitze erhellen die Nacht und Donner prallt auf meine Ohren wie Kanonenschüsse, aber das bin ich ja seit Raikous Rettung gewohnt und zu wissen, dass es hier einen funktionierenden Blitzableiter gibt, ist durchaus beruhigend.

Leises Flüstern begleitet meine Gedanken, kurz bevor ich einschlafe.

Als ich erwache, ist es noch genauso dunkel wie zuvor. Schlaftrunken drehe ich mich in meinem Schlafsack um, nur um von einem weiteren Blitz endgültig wach gerüttelt zu werden. Mit trockener Kehle schäle ich mich aus meinem Schlafsack und schleiche auf leisen Sohlen an den Fenstern vorbei zur Tür – und bleibe stehen.

Ich bin noch nicht ganz wach, aber… sollte nicht nur Zebritz auf der Weide stehen?



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Von:  Kerstin-san
2017-04-14T13:43:40+00:00 14.04.2017 15:43
Hallo,
 
haha, witzig. Ich stell mir gerade so vor, wie Abby dem Weg folgen will und alle um sie herum geradewegs in den Feldern und WIesen verschwinden und man auf einmal von allen Seiten Kampflärm hört. xD
 
Pfff, Sandra der Kinderschreck. Aber wenn sie sich weigert die beiden zu eskortieren und sie stattdessen auffordert selbst irgendeinen Weg zu finden, muss sich ja keiner wundern, wenn nachher so ne gefährliche Aktion bei rauskommt. Hab nur nicht so ganz verstanden, ob die beiden da schon ein eigenes Pokémon hatten, es klang irgendwie nicht danach (aber wie hätte Julian sonst Dratini fangen können?), aber man kann die beiden doch nicht völlig ohne Pokémon da alleine rumziehen lassen.
 
Praktisch, wenn deine Pokémon die Blitze anziehen können und du dir um Schäden am eigenen Haus keine Gedanken mehr machen musst. Ich mag es, wie du die Fähigkeiten der Pokémon mit in den Alltag der Menschen einfließen lässt.
 
Ich wette der Rabauke hat sich heimlich zu Susan geschlichen. Er muss seinem Spitznamen schließlich alle Ehre machen, nicht? ;)
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  _Risa_
2015-09-03T15:08:43+00:00 03.09.2015 17:08
>Wo ich den Wegen folgen will, weichen sie von allen Pfaden ab, durchforsten systematisch das hohe Gras, suchen gezielt Augenkontakt mit anderen Trainern, die wir treffen und gehen im Allgemeinen jeden Umweg, der irgend möglich ist. Wilde Pokémon werden von dem Aufruhr angelockt und eines nach dem anderen bekämpft, besiegt oder gefangen.<
Geheimtipp: Du wirst nur herausgefordert, wenn du GENAU vor ihnen stehst. Blickfeld gilt nicht. Das muss ne Linie sein XD

>Gott weigert sich, ins hohe Gras vorzudringen und so lasse ich ihn neben mir her trotten, während Hunter alles, was sich bewegt, aus dem Flug heraus attackiert und mir stolz zu Füßen legt.
Als Julian und Corinna nach etwa zwei Stunden zu mir aufholen, beobachten sie mit sichtlichem Vergnügen Hunters Darbietungen.
"Na, das erklärt die Schneise des Todes", sagt Julian.
"Welche Schneise?", frage ich und drehe mich um, als Corinna mit dem Daumen hinter uns zeigt. Der gesamte Weg ist in regelmäßigen Abständen mit besiegten Pokémon übersät. "Oh", sage ich schließlich. "Ups."<
*stapelt ihr einen Haufen toter Pokemon vor die Füße*
-_-
*wirft ihr noch ein Damhirplex hin*
Okaaay? O.O

>"Jungs, Jungs, aufpassen!", rufe ich entsetzt und springe zur Seite, um Gotts Flammen zu entgehen. Er schaut mich beleidigt an.<
Gotts Zorn ist flammend!

>"Ja, Abby, entscheid dich Mal für deinen Zukünftigen", sagt Julian grinsend und weicht geschickt Corinnas Tritt aus. "Noch einmal erwischst du mich nicht, junge Dame."
"Das werden wir noch sehen."<
Ich musste ja irgendwie eher an Raphy und Louis denken. XD

>"Mein Mann ist gerade im Keller, er sollte gleich hochkommen, aber keine Sorge, wir haben schon einmal zehn Trainer unterbringen müssen, deine Freunde bereiten uns keine Probleme."
"Vielen Dank."<
Ich fürchte, das ist eine Pension, Liebes, hier gibt's nichts umsonst. :D

>"Blitzableiter?", frage ich und lasse mich auch einer der Bänke nieder. "Wie das?"
"Die vier haben die Fähigkeit Blitzfänger, was im Grunde bedeutet, dass sie alle elektrischen Attacken und eben auch Blitze anziehen", erklärt sie. "Das macht die Gewitternächte lauter, aber immerhin haben wir keine Brandgefahr hier. So hoch auf einem Hügel kann das schnell zu einem Problem werden."<
Haben die keinen echten Blitzableiter hier? XD

>"Lass mal nachdenken, das war irgendeine berühmte Trainerin, glaube ich. Gi… Ge…"
"Genevieve Keller?", frage ich vorsichtshalber.<
!!!

>Ich bin noch nicht ganz wach, aber… sollte nicht nur Zebritz auf der Weide stehen?<
Wuhu, was ist da? :O
Antwort von:  yazumi-chan
04.09.2015 01:24
Bereite dich auf nicht wissenschaftliche Blitze vor xD
Antwort von:  _Risa_
04.09.2015 01:25
Ach, das ist okay. 8) ich schau ib ich heute noch was lssen kann oder meine Augen und der Schlaf stärker sind. XD Will. Aber. Abby. Lesen. '-'
Antwort von:  yazumi-chan
04.09.2015 01:45
Ist es so schlimm? :D *Augen anfeuer*
Von: abgemeldet
2015-04-30T08:22:41+00:00 30.04.2015 10:22
Oh, da ist ja die Geschichte aus Ebenholz City, die du gemeint hast :D Sehr lustig.
"während Hunter alles, was sich bewegt, aus dem Flug heraus attackiert und mir stolz zu Füßen legt." Okay, natürlicher Jagdinstinkt und so - Katzen und Falken, etc. machen das ja auch ... aber schon irgendwie makaber, wenn dir dein Pokémon plötzlich ein zerpflücktes Rattfratz, Taubsi oder sonst was vor die Füße legt xD
" "Na, das erklärt die Schneise des Todes" - Dann brechen wir in hysterisches Lachen aus." 'N klein Wenig abartig bist du nicht zufällig? XD
Ich mag die Beziehung zwischen Josh und Coco übrigens total. Die beiden sind mir von der Q-Gruppe die sympathischsten (die anderen drei kamen auch nicht so stark vor *hust*). In Teak fand ich auch Ginger irgendwie sympathisch, aber die ist ja schon weg.
Die Bauernfamilie ist auch toll :) Kommt mir wirklich richtig ländlich vor.

So, jetzt mal etwas pingelig: Abby war noch nie auf der Farm! Wieso kann sie also dorthin fliegen? He? Hee? Heeeee? :D Scherz^^
Antwort von: abgemeldet
30.04.2015 12:16
Julian mein ich natürlich xD Nicht Joshua
Antwort von:  yazumi-chan
30.04.2015 12:45
Die Pokémon sind nicht tot. Vielleicht sollte ich das klar stellen xD
Ne, also zu der Regelung: Wenn dein Pokémon nicht 25-30 Level stärker ist als sein Gegner, haben Attacken keine allzu schlimmen Folgen. Die Pokémon werden bewusstlos, aber ein bisschen Ruhe/eine Heilung im Pokécenter biegen das wieder gerade. Wenn der Level viel höher ist, muss das angreifende Pokémon sich zurückhalten, sonst können die Attacken ernstere Folgen haben, zum Beispiel Knochenbrüche, etc. Und nur wenn ein Pokémon weiter angreift, nachdem sein Gegner schon besiegt ist oder so überpowert ist, dass da 40-50 Level zwischen liegen, enden Attacken unter Umständen tödlich. Das wird später nochmal wichtig^^
In diesem Sinne: Die schlafen nur xD

Ich mag Julian und Corinna auch sehr, die zwei geben ein gutes Team ab ^-^
Antwort von: abgemeldet
30.04.2015 12:46
Oder wenn man die Pokémon frisst ... :D
Antwort von:  yazumi-chan
30.04.2015 12:47
Das passiert bei mir ja nicht soooo viel *schielt zu Hunter mit seinem Karpador*
Von:  Kalliope
2015-04-09T17:40:46+00:00 09.04.2015 19:40
Also entweder ist Susi abgehauen oder wurde entwendet oder steht schon im Stall. Na mal sehen, wie es weitergehen wird :)
Antwort von:  Kalliope
09.04.2015 19:45
Ah, okay, jetzt verstehe ich, wie du den Satz gemeint hast. Ignoriere meinen Kommentar xD
Antwort von:  yazumi-chan
09.04.2015 19:47
xD Okay :D
Von:  Hexenhund
2014-08-22T18:35:32+00:00 22.08.2014 20:35
ohoh... spannend (ich habe langsam das gefühl, dass ich dieses wort hedes Mal benutze ^^')
Ein zweites Zebritz? Raikou? Mach schnell weiter ! ;)


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