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Abbygails Abenteuer

Road to Lavandia
von

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In den Abgrund (Charmanter Gegner)

Die nächsten zwei Tage verstreichen ereignislos. Ruth bekommt ihren Rucksack zurück, ich nehme meine Arbeit im Pokécenter wieder auf und Louis erwähnt sein Liebesgeständnis mit keinem Wort mehr, verhält sich aber auch nicht anders als sonst, also beschließe ich, den Vorfall zu vergessen. Am Freitagnachmittag kommt Holly noch einmal vorbei, um zu überprüfen, ob wir auch noch alle da sind, aber ansonsten passiert nichts. Die Monotonie wird erst unterbrochen, als ich am Sonntagmittag beschließe, dass wir lange genug sinnlos herum gehockt haben.

„Abby, bitte!“, fleht Louis, als ich ihn am Handgelenk aus dem Pokécenter zerre und in Richtung Arena schleife. „Ich weiß nicht, ob Ethan schon so weit ist!“

„Er wird nicht besser, wenn du ihn in seinem Pokéball verrotten lässt“, antworte ich. Es stimmt. Seit Ethan uns aus dem Brunnen geholfen hat, hat Louis ihn kein Mal aus seinem Pokéball gelassen. Er hat Angst, das ist klar, aber er kann nicht ewig vor seinem Pokémon davonlaufen. Als ich ihm das sage, stöhnt er laut auf und reißt sich los.

Du wirst ja auch nicht gefressen, wenn etwas schief geht…“, murmelt er und ich massiere ihm versöhnlich die Schultern, während wir durch das sonnengetränkte Azalea stapfen. Der Wind weht die ersten bunten Herbstblätter vor unsere Füße. Bis zu der Arena sind es kaum zwei Minuten.

„Ruth hat den Orden auch bekommen“, sage ich und Louis schnaubt.

„Wenn es nach Joy ginge, hätte man ihr den sofort wieder aberkannt.“

Ich denke an Joys Wutausbruch zurück, als sie Ruth fast geschlagen hätte und dann in einem der Hinterzimmer verschwunden ist. Wir wissen nicht mit Sicherheit, was passiert ist, aber als am nächsten Tag Kai auftauchte und Ruth um ein Gespräch unter vier Augen bat, war die Sache mehr oder weniger klar.

„Stell dich nicht so an“, sage ich und lasse seine Schultern los, um mich danach bei ihm unter zu haken. Als Louis nicht antwortet, schaue ich zu ihm und entdecke gerade noch seine Überraschung, bevor er breit grinst und meinen Armdruck erwidert. Das Bild von seinem mondbeschienenen Profil taucht ungebeten in meinem Kopf auf und ich will seinen Arm fast reflexartig loslassen, entscheide mich jedoch dagegen. Es ist immer noch Louis, verdammt!

Die Arena ist das größte Gebäude in ganz Azalea, was an sich kein großes Kunststück ist, aber die braune, panzerartige Kuppe ist trotzdem eindrucksvoll. Als wir eintreten, säumen Laubbäume und hohes Gras die mit Holz ausgekleideten Wände. Schmale Holzbalken verbinden drei Flächen des Raumes, dazwischen liegen zwei gähnende Abgründe, mehrere Meter tief. Nur zwei gigantische Spinnennetze aus Tau schützen vor einem möglichen Sturz.

Kai sitzt am anderen Ende der Arena auf einem dicken, umgekippten Baumstamm und unterhält sich mit einer Vortrainerin. Als er uns sieht, winkt er und klopft dem Mädchen auf die Schulter, das sich umdreht, uns sieht und dann aufgeregt davonrennt, um über die Balken zu balancieren und auf der zweiten Plattform auf einem Baumstumpf Platz zu nehmen.

Louis schaut mich unglücklich an, aber ich lächele ihm aufmunternd zu und schiebe ihn vorwärts. Resigniert lässt er den Kopf hängen, dann atmet er tief ein und lässt sich vorwärts kutschieren.

Als wir den ersten Abgrund erreichen, werfe ich einen vorsichtigen Blick hinunter. Zum Glück haben wir keine Höhenangst, denn sonst würde das hier ein tierischer Höllentrip werden. Ich lasse Louis den Vortritt, der sorgsam einen Fuß vor den anderen setzt und gekonnt über den Holzbalken balanciert. Er stellt sich wirklich nicht schlecht an.

Nachdem er das andere Ende erreicht hat, dreht er sich zu mir um und grinst mich an, Zahnlücke prominent wie immer.

„So schlimm ist es nicht!“, ruft er und ich schlucke. Dann folge ich ihm. Vorsichtig setze ich einen Fuß vor den anderen und bin heilfroh, dass die Streben aus Holz sind und nicht aus Tau, so wie die Sicherheitsnetze unter mir. Mit ausgebreiteten Armen komme ich langsam auf Louis zu, der mir auf dem Balken einen Schritt entgegen kommt und die Hand hinhält. Kaum bin ich in Reichweite, lasse ich mich von ihm in Sicherheit ziehen. Mein Herz klopft mir bis zum Hals. Die Streben sind zwar aus Holz, aber kaum 10 Zentimeter breit.

„Puh“, sage ich und werfe Louis einen erleichterten Blick zu. „Das ist doch mal originell.“

„Schön, dass es dir gefällt“, sagt die Vortrainerin von eben und steht von dem Baumstumpf auf. „Die meisten Herausforderer sind da anderer Meinung.“

Ich wende mich dem Mädchen zu. Sie ist kleiner als ich, mit dichten Augenbrauen und noch dichterem braunen Haar, das ihr bauschig über beide Schultern fällt. Ihre Augen glühen.

„Ich bin Katrina“, stellt sie sich vor. „Als erste Vortrainerin nehme ich deine Herausforderung an.“

Ich grinse und deute mit dem Daumen auf Louis, der immer noch hinter mir steht und gar nicht unglücklich dreinschaut, als Katrina uns verwechselt. „Er will den Orden, nicht ich“, sage ich und Katrina beugt sich zur Seite, um an mir vorbei zu Louis gucken zu können.

„Mein Fehler“, lacht sie und zieht einen Pokéball aus ihrer Jeanstasche. „Wollen wir?“

„Wenn ich verliere, ist es deine Schuld, Abby“, sagt Louis geknickt, als er zu mir aufschließt und ebenfalls einen Pokéball in die Hand nimmt. Auf seinen Druck vergrößert er sich und schwillt zu Faustgröße an.

„Ich bin unschuldig“, verteidige ich mich gut gelaunt, dann klopfe ich ihm auf die Schulter und verkrümele mich zum Rand der Plattform, den Rücken sicher an einen der Bäume gelehnt. Nicht, dass ich im Eifer des Gefechts noch runter falle.

„Die Regeln sind wie immer“, sagt Katrina. „Wir sind drei Vortrainer. Wenn du uns besiegst, darfst du gegen Kai antreten. Wenn du vorher ins Pokécenter gehen willst, ist das auch okay.“

„Das ist doch mal was…“, murmelt Louis, dann atmet er tief durch. „Los geht´s.“

„Mit dem größten Vergnügen.“

Wie auf ein unsichtbares Zeichen schießen zwei rote Lichtblitze in die Höhe und erhellen die Arena mit grellem Licht. Im nächsten Moment stehen sich die Pokémon der beiden Kontrahenten gegenüber.

Louis hat Winry gerufen, sie sitzt aufrecht auf den Hinterbeinen, ihr ellenlanger Körper leicht verschlungen. Katrinas Hornliu reicht ihrer Trainerin dagegen kaum bis zum Knie.

„Winry, starte mit Einigler!“, ruft Louis seinem Wiesenior zu, das sich daraufhin eng zusammenrollt und Hornliu kaum noch Angriffsfläche bietet.

„Lass dich davon nicht beeindrucken!“, Katrina deutet auf Winry. „Geh in die Offensive! Käferbiss, jetzt!“

Käferbiss? Nicht schlecht.

Hornliu katapultiert sich nach vorne, indem es seinen gegliederten Raupenkörper zusammenzieht und rapide wieder auseinander schnellen lässt. Als es auf Winry trifft, öffnet es das kleine Maul und versenkt spitze Giftzähne in ihrem Fell.

Winry winselt leise, bleibt aber ansonsten unbeschadet.

„Erwidere mit Kratzfurie!“, befiehlt Louis und Wiesenior entrollt sich blitzschnell, dann schlägt es zwei, drei, viermal mit den klauenbewehrten Pfoten nach Hornliu, das laut fiept und gegen Katrinas Brust geschleudert wird. Als es zu Boden fällt, stöhnt es leise, kämpft sich aber wieder hoch.

„Giftstachel!“, ruft Katrina, ihre Stimme jetzt viel ernster als noch vor einer Minute. Hornliu hebt müde sein Hinterteil und bevor Winry ausweichen kann, schießt es einen dünnen Stachel nach ihr, der geradewegs in Wieseniors Seite landet. Sie zuckt kurz zusammen und für einen Moment halten wir alle den Atem an. Aber Winry schaut nur auf den Einstich herab und als sie auch nach einigen Sekunden kein Anzeichen einer ernsthaften Vergiftung zeigt, atme ich erleichtert aus. Das wäre ein verdammt bescheidener Start gewesen.

„Beende es mit Ruckzuckhieb“, sagt Louis und Winry schießt gehorsam nach vorne, ihr Körper schlängelt sich in Rekordtempo über den Boden, bevor sie Hornliu frontal trifft und zurück in die Arme seiner Trainerin befördert. Die wiegt das besiegte Käferpokémon einige Momente sanft in ihren Armen, dann ruft sie es zurück.

„Nicht schlecht“, sagt sie und zieht den nächsten Pokéball hervor. „Aber du musst mehr draufhaben, um gegen Kai anzukommen.“

„Keine Sorge“, sage ich grinsend und Louis wirft mir einen bösen Blick zu, den ich mit einem halbherzigen Schulterzucken erwidere. Ich persönlich freue mich schon sehr auf Ethans Auftritt, auch wenn ich weiß, dass Louis diese Arena am liebsten nur mit Winry abarbeiten würde.

„Los, Kokuna!“, kündigt Katrina ihr nächstes Pokémon an. Hornlius Weiterentwicklung ist ungefähr doppelt so groß und ganz in einen goldgelben Chitinpanzer gehüllt. Seine schwarzen Käferaugen funkeln Winry bedrohlich an, aber die schaut nur zu Louis, der ihr zunickt. Er wirkt etwas selbstbewusster als noch zuvor. Hoffentlich behält er sich diese Einstellung bei. Schaden kann es jedenfalls nicht.

„Ruckzuckhieb!“

„Härtner!“

Winry schießt erneut nach vorne und trifft Kokuna mit dem Kopf. Das Pokémon wird nach hinten gedrückt, aber es hinterlässt tiefe Spuren im weichen Arenaboden. Durch seinen Panzer muss es viel schwerer sein als Hornliu.

Als Winry zurückspringt, um aus Kokunas Angriffsradius zu gelangen, beginnt Kokuna metallisch zu glänzen. Der Härtner verstärkt seinen Panzer von innen, so ähnlich wie Schlitzers Eisenabwehr.

„Kratzfurie“, ruft Louis, während Katrina ihrem Pokémon erneut einen Härtner befiehlt.

Winry schlägt zweimal schnell auf Kokuna ein, doch das bildet bereits seine nächste Panzerschicht aus. Schon jetzt ist Winrys Attacke viel uneffektiver. Und es wird nicht besser.

Der Kampf zieht sich immer weiter in die Länge. Kokuna greift nicht an, sondern verstärkt seine Verteidigung ganze sechs Mal. Winry keucht, als sie ihren Ruckzuckhieb zum Abschluss bringt. Kokuna ist kaum nach hinten gewichen. Lange wird es nicht mehr durchhalten, da bin ich sicher, aber Katrinas Taktik ist aufgegangen. Winry ist völlig aus der Puste und wenn mich nicht alles täuscht, wartet nach Kokuna noch ein drittes Pokémon auf uns. Und ich würde Sku darauf verwetten, dass es ein Bibor wird.

„Fadenschuss“, befiehlt Katrina und Kokuna schießt einen langen, klebrigen Faden in Winrys Richtung, die gerade zu einer Kratzfurie ausgeholt hat. Sie verfängt sich in dem Netz und winselt, als es ihr flauschiges, braunes Fell zusammenklebt und ihre Bewegungsgeschwindigkeit einschränkt.

„Ruckzuckhieb!“, ruft Louis und Winry sprintet, trotz der verklebten Glieder auf Kokuna zu, das die Augen schließt und sein Schicksal stumm akzeptiert. Es fällt mit einem satten Bong zu Boden und bleibt regungslos liegen. Winry atmet schwer und setzt sich für einen Moment auf ihre Hinterpfoten, während Katrina ihr Pokémon zurückruft und wie erwartet einen dritten Pokéball zückt.

Louis hat die Augenbrauen zusammengezogen und betastet unschlüssig Ethans Pokéball.

Dann materialisiert sich das Bibor.

Seine speerähnlichen Stacheln hängen schwer zu Boden und die roten Facettenaugen starren Winry an, die sich langsam wieder erhebt. Dann erzittern seine Flügel, nehmen Geschwindigkeit auf und befördern Bibor schließlich schwankend in die Luft. Seine schmalen Insektenbeine zittern und als es den kleinen Mund öffnet, entweicht ihm ein vibrierendes Fauchen.

Louis verzieht angewidert das Gesicht und reibt sich über seinen Arm, dort, wo er selbst von einem Bibor gestochen wurde. Der Stich ist inzwischen völlig verheilt, aber angenehm war er nicht.

„Bibor, Giftstachel!“, ruft Katrina und ich befürchte das Schlimmste, als das Insektenpokémon nach vorne schießt und Winry mit einem seiner vorderen Stacheln trifft. Die Arme kann kaum ausweichen, so verklebt in Kokunas Fadenschuss ist sie. Als der Stachel sich durch ihre Haut bohrt, kreischt sie und schlägt wild um sich.

„Ganz ruhig, du schaffst das!“, ruft Louis ihr zu. „Kratzfurie!“

Winry schlägt erneut nach Bibor, dieses Mal gezielter. Bibor summt und taumelt in der Luft, bis es sich wieder fängt.

„Gut, jetzt Ruckzuckhieb!“, befiehlt Louis, aber als Winry einen Schritt nach vorne macht,  windet sie sich plötzlich. Sie schüttelt sich, kann das Zittern aber nicht unter Kontrolle bringen. Gift färbt das Fell um Bibors Einstichstelle violett und Louis kneift ein Auge zusammen. „Komm schon, gleich hast du´s geschafft!“

Winry zwingt sich zu einem Ruckzuckhieb, aber ihr fehlt ihre gewöhnliche Wucht und Bibor lässt den Angriff unbekümmert über sich ergehen. Dann kontert Katrinas Pokémon mit einem Furienschlag. Wieder und wieder sticht es auf Winry ein, die inzwischen kraftlos am Boden liegt. Ich kann es kaum mit ansehen.

„Winry, bitte…“, flüstert Louis und es zerreißt mir fast das Herz. Ja, er hat noch Ethan, aber ich will nicht, dass er sein Selbstbewusstsein schon wieder verliert. Diesen Kampf muss Winry gewinnen, egal wie.

„Kratzfurie, komm schon!“

„Bibor, Energiefokus“, ruft Katrina. „Wir beenden es danach mit deinem Furienschlag.“ Bibor senkt gehorsam en dreieckigen Kopf, dann beginnt sein Körper von innen heraus rotorange zu glühen. Seine Flügel schlagen immer schneller, bis sie nur noch sirrende Schlieren in der Luft sind.

Winry rafft sich in der Zwischenzeit auf und holt tief Luft, dann springt sie auf Bibor zu und reißt es mit sich zu Boden, wo sie mehrmals mit krallenbewerten Pfoten auf ihren Gegner einschlägt. Ich kann Louis zusammen gekniffene Lippen sehe und spüre förmlich, wie Winry alles aus sich herausholt, was sie noch hat.

Bibor reißt sich schließlich von ihr los, aber es sieht plötzlich sehr viel geschwächter aus. Diese Kratzfurie hatte es in sich. „Los, Bibor, beende es jetzt!“, schreit Katrina.

„Ruckzuckhieb!“ Louis Stimme ist zittrig, aber stark. Winry reißt ihren Körper in die Höhe und schießt mit letzter Kraft auf Bibor zu, dessen Furien schon in ihre Richtung schnellen.

Winry trifft zuerst.

Sie prallt mit voller Wucht gegen Bibor und die Beiden kugeln über den Kampfplatz und gegen einen der Bäume, wo sie reglos liegen bleiben. Bibors Flügel zucken noch ein paar Mal, dann sinken sie kraftlos zu Boden. Winry hebt den Kopf und winselt leise in Louis´ Richtung, dann schüttelt das Gift ihren Körper und ihr Kopf sackt zur Seite.

Die beiden Trainer rennen zu ihren Pokémon. Ich bin gleich hinter Louis, der neben Winry kniet und ihren Kopf streichelt. „Du warst super“, flüstert er.

Katrina ist die Erste, die ihr Pokémon zurück ruft und aufsteht. Louis tut es ihr gleich. Sie reicht ihm die Hand.

„Das war ein sehr guter Kampf“, sagt sie und lächelt ihn aufrichtig an. „Du darfst weiter gehen. Alex wartet schon auf dich.“

Gleichzeitig schauen Louis und ich an ihr vorbei. Hinter den Bäumen taucht ein Teenager auf, mindestens einen Kopf größer als wir beide. Seine Haut ist so dunkel wie die Rinde der umstehenden Bäume und als er uns ein strahlend weißes Grinsen zu wirft, muss ich schlucken.

Neben mir strafft Louis die Schultern, dann zieht er ein Item aus seiner Tasche und verwendet es bei Winrys Pokéball. Ich schaue ihm skeptisch zu.

„Willst du der Armen keine Pause gönnen?“, frage ich, als er nun auch noch einen Supertrank verwendet.

„Ich möchte meinen vorzeitigen Tod noch etwas herauszögern, Abby“, erwidert Louis gereizt und ich hebe entschuldigend die Hände in die Luft.

„War nur einer Gedanke.“

Louis bezieht auf seiner Hälfte der Kampffläche Stellung, während ich mich zu Katrina geselle.

„Seit wann bist du Trainerin?“, frage ich sie, während Louis Winry ruft und sich vor Alex ein zufrieden brummendes Volbeat materialisiert.

„Seit zwei Jahren, aber ich habe Azalea City nicht verlassen“, sagt Katrina fröhlich, ihr Blick auf den beginnenden Kampf gerichtet. „So viel Ehrgeiz hatte ich nie.“

Ich nicke und wende mich ebenfalls dem Geschehen zu. Winry hat bereits mit einem Ruckzuckhieb gestartet, dem Volbeat gekonnt mit Doppelteam ausweicht. Seine Doppelgänger huschen sirrend über den Platz und um Wiesenior herum, die hier hin und dort hin schnellt und ihn doch nicht trifft. Alex grinst selbstgefällig.

„Jetzt Konfusstrahl!“, befiehlt er und während Winry auf Louis Geheiß zu einer Kratzfurie ansetzt, drehen sich alle Schattenbilder des Volbeats mit einem Mal um. Der kleine Schwanz an ihrem Hinterteil beginnt, grell zu leuchten und zusammen mit der Vielzahl der Lichter strauchelt Winry und fällt vornüber zu Boden. Sie winselt, rappelt sich aber sofort wieder auf. Louis beißt sich auf die Lippen.

„Ruckzuckhieb, los!“, ruft er.

„Tackle, Volbeat!“

Die beiden Pokémon schießen aufeinander zu, doch nur Volbeat wird durch den Aufprall nach hinten geworfen. Es schüttelt den blauen Kopf und flattert etwas desorientiert durch die Luft, bis es seine Balance wieder hat. Winry schlägt sich in der Zwischenzeit selbst gegen den Kopf, als wolle sie die Verwirrung loswerden.

„Kratzfurie, Winry! Lass dich nicht ablenken!“ Winry schießt nach vorne und schlägt mehrere Male auf das Käferpokémon ein, bis es schwach über dem Boden schwebt.

Es ist so gut wie besiegt, aber Alex wirkt kein bisschen besorgt.

„Jetzt Mondschein.“

Katrina lacht leise und ich schaue zu ihr. Sie hat die Arme verschränkt und ein Bein gegen den Baumstamm hinter sich gestemmt. „Jetzt wird es interessant“, sagt sie strahlend und ich schaue zu Volbeat, dessen ganzer Körper silbern leuchtet.

Die Kratzer und Schrammen von Winrys Attacken verschwinden, seine honiggelben Augen leuchten wieder. Mondschein, natürlich.

„Pass auf, Louis!“, rufe ich ihm zu. „Es kann sich heilen!“

„Soweit bin ich auch schon!“, ruft er zurück.

„Nochmal Kratzfurie!“

„Weich aus mit Doppelteam“, kontert Alex, das selbstgefällige Grinsen immer noch auf seinem Gesicht. Warte nur, bis Ethan auftaucht, denke ich.

„Los, Winry, du packst das!“, feuere ich Wiesenior an, das dankbar fiept und dann über den Boden auf Volbeat zu schnellt, das nach oben ausweicht und seine Doppelteamattacke beginnt. Aber statt wie zuvor daneben zu schlagen, trifft Winry es und reißt das Original aus der Luft auf den Boden, bevor es seine zahllosen Doppelgänger aufbauen kann. Viermal kratzt Winry den runden Insektenkörper, bevor Volbeat sich los strampelt und laut hechelnd wieder in der Luft zur Ruhe kommt.

„Nochmal Mondschein!“, ruft Alex, dieses Mal mit ernsterer Stimme. Mondschein regeneriert eben immer nur 50% der Energie.

„Nicht mit uns! Komm ihm zuvor mit Ruckzuckhieb!“, befiehlt Louis. Der Sieg leuchtet in seinen Augen. Na bitte, so langsam wird es doch mit ihm.

Volbeat beginnt bereits silbrig zu leuchten, aber Winry katapultiert sich in die Höhe und prallt mit voller Wucht gegen ihren Gegner, bevor der seine Attacke beenden kann. Volbeat wird durch die Luft geschleudert, schlägt gegen einen der umstehenden Bäume und trudelt dann zu Boden, wo es reglos liegen bleibt.

Louis jauchzt und fällt Winry um den Hals, die sich umgedreht hat und auf ihn zu geprescht ist. Vor lauter Fell kann ich ihn gar nichts mehr sehen.

„Freu dich nicht zu früh“, ruft Alex ihm zu und ruft sein besiegtes Volbeat zurück. „Wir sind noch nicht fertig.“

Winry löst sich von ihrem Trainer und setzt sich vor ihm auf die Hinterbeine, die Vorderpfoten über der Brust verschränkt, während Louis resigniert seufzt. „Wäre ja auch zu schön gewesen…“, murmelt er.

„Räche deinen Bruder, Illumise!“

Das blau schwarz gemusterte Käferpokémon ist etwas kleiner als ihr Vorgänger und zwinkert ihrem Trainer charmant zu, dann surrt sie in die Luft und bleibt dort, die gelben Antennen auf ihrem Kopf in zuckender Alarmbereitschaft.

„Dann mal los. Winry, Ruckzuckhieb!“

„Charme!“

Mist.

Winry katapultiert sich nach vorne, ihr langer brauner Körper nur noch ein Schlieren, bevor sie in die Höhe schießt und Illumise trifft. Das Pokémon wimmert, als der Impakt es nach hinten schleudert, aber es fängt sich genauso schnell wieder. Im nächsten Moment geht ein merkwürdiger Schein von Illumise aus und Winry landet verdattert auf dem Hinterteil.

„Nochmal Ruckzuckhieb!“

„Charme!“

Ich beiße mir auf die Lippen, als die Kontrahenten wieder aufeinander zu schießen.

„Kratzfurie!“

„Charme!“

Ich halte mir die Hand vor den Mund und betrachte verzweifelt, was sich vor meinen Augen abspielt. Winrys kraftvolle Kratzfurie ist kaum noch Attacke zu nennen; sie reckt halbherzig die Vorderpfoten in die Höhe und wenn sie Illumise berührt, kichert das Pokémon und weicht der zweiten Attacke geschickt aus.

„Jetzt Mondschien“, ruft Alex und Illumise beginnt silbern zu glühen. Im nächsten Moment ist sie so frisch wie zu Beginn des Kampfes.

„Winry, benutz-“

„Louis!“, schreie ich und Louis dreht sich überrascht zu mir um. „Du kannst so nicht weiter kämpfen!“, rufe ich ihm zu. „Winry macht keinen Schaden mehr und Illumise kann sich heilen. Wenn du so weiter macht, sitzen wir morgen noch hier.“

Louis betastet erneut den zweiten Pokéball an seiner Hüfte. „Was soll ich tun?“, ruft er mir zu, während Illumise freudig um Winry herum flattert, die immer wieder die Pfoten nach ihrem Gegner ausstreckt, ein dümmliches Grinsen im Gesicht.

„Das weißt du ganz genau!“, rufe ich zurück.

Louis zögert noch einen Moment, doch als er zu Winry schaut, die leise kichert, stöhnt er und zieht seinen Pokéball.

„Winry, komm zurück.“ Ein roter Lichtblitz trifft auf sein Wiesenior, hüllt es ein und im nächsten Moment ist nur noch Illumise auf der Kampffläche.

„Gibst du auf?“, fragt Alex und hebt eine Augenbraue.

„Los, Ethan!“ Louis kneift die Augen zusammen und im nächsten Moment erfüllt das rote Licht die gesamte Arena.

Als ich wieder halbwegs sehen kann, liegt ein sechs Meter langes Garados eingerollt auf der Kampffläche. Blaue, riesige Schuppen bedecken seinen ganzen Körper, sein gigantisches Maul ist weit aufgerissen und als es Illumise sieht, die vor ihm in der Luft schwebt und nun gar nicht mehr so entspannt in die Runde schaut, brüllt es mit ohrenbetäubender Lautstärke.

Louis steht hinter ihm und zittert am ganzen Körper.

„Biss, los!“, ruft er, seine Stimme fast hysterisch. Ethan dreht den Hals und schaut schräg nach hinten zu seinem Trainer. Ein Grollen kommt tief aus seinem Körper und mir stehen innerhalb von Sekunden sämtliche Haare zu berge.

„Wow“, flüstert Katrina ehrfürchtig und lässt sich an ihrem Baumstamm langsam zu Boden sinken, bis sie im Schneidersitz auf der weichen Erde hockt. „Damit habe ich nicht gerechnet.“

Garados betrachtet seinen Trainer einige Sekunden lang abschätzig, dann dreht es den Kopf wieder zu Illumise. Als es sich langsam entrollt, gewinnt Alex seine Fassung wieder.

„Charme!“, ruft er seinen Pokémon zu. Illumise setzt zu ihrer Attacke an, aber bevor sie auch nur in Ethans Richtung fliegen kann, schießt dessen Kopf nach vorne und schnappt nach ihr. Seine kräftigen Kiefer packen Illumise und quetschen sie in seinem Maul ein. Das Pokémon fiept entsetzt, kann sich aber nicht befreien. Ethan verstärkt seinen Biss, bis Illumise sich nicht mehr wehrt, dann spuckt er sie aus. Sie landet regungslos vor den Füßen ihres Trainers.

Alex sinkt auf die Knie. „Du hast gewonnen“, flüstert er matt, während er ehrfürchtig zu Garados aufschaut, dessen Zähne im Licht der Arena blinken. Sein Schatten bedeckt die gesamte Plattform und ich fröstele.

„Warum hat er nicht von Anfang an mit seinem Garados gekämpft?“, fragt Katrina und reibt sich die Arme. Auch sie hat eine Gänsehaut.

Ich antworte nicht. Louis zittert am ganzen Leib, als Ethan sich entrollt und ihm zuwendet.

„Darum“, sage ich noch, bevor Ethan mit seinem Schwanz ausholt und Louis mit ungeheurer Wucht von der Plattform in den Abgrund schleudert.

Armer Kerl.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Kerstin-san
2017-04-05T17:41:09+00:00 05.04.2017 19:41
Hallo,
 
ich finds irgendwie witzig, dass Louis so ne Panik vor seinem eigenen Pokémon hat, obwohl es bei genauerem Nachdenken natürlich schon Sinn macht, ich meine, wir reden hier nicht von nem kleinen süßen Eneco, sondern von einem monströsen Garados. Wenn das beschließt sich gegen dich zu stellen, hast du echt ein Problem.
 
Ich finds gut, dass du so ein bisschen thematisierst, dass Abby Louis nach seinem Liebesgeständnis doch mit etwas anderen Augen sieht, obwohl sie eigentlich vorhat ihn genau wie vorher zu behandeln.
 
Winry hat lange durchgehalten, hätte erwartet, dass Bibor am Ende die Nase vorn hat. Oh und dann der Auftritt von Garados. Allein die Aura von ihm ist furchteinflößend, das kam echt gut rüber und dann ein einziger Biss und Illumise ist Geschichte. Wer kann es Louis verdenken, dass er da ein bisschen aufgekratzt ist und seine Befürchtungen sind ja nicht ganz unbegründet, wie das Ende dann zeigt. Aua, das muss wehgetan haben...
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  _Risa_
2015-08-10T21:27:51+00:00 10.08.2015 23:27
Thehe, Luis hat vor seinem eigenen Pokemon Angst. Okay, es ist eine etliche Meter lange Seeschlange ^^"

>Die meisten Herausforderer sind da anderer Meinung.“
Wäre ich auch :D

>„Seit zwei Jahren, aber ich habe Azalea City nicht verlassen“, sagt Katrina fröhlich, ihr Blick auf den beginnenden Kampf gerichtet. „So viel Ehrgeiz hatte ich nie.“
Also ist das fast wie ein Gefängnis xD

>„Pass auf, Louis!“, rufe ich ihm zu. „Es kann sich heilen!“
„Soweit bin ich auch schon!“, ruft er zurück.<<
Wenn er das nicht kapieren würde, wird's kritisch xD

>>"Darum“, sage ich noch, bevor Ethan mit seinem Schwanz ausholt und Louis mit ungeheurer Wucht von der Plattform in den Abgrund schleudert.
Armer Kerl.<<
Thaha, wird vom eigenen Pokemon gemobbt. ^^"

Das Kampfkapitel fand ich sehr gut geschrieben, auch wenn mich Vorkämpfer ehrlich gesagt weniger interessieren. Deshalb war ich froh, dass du auch hier wieder verteilt Humor eingebracht hast. :D
Antwort von:  yazumi-chan
10.08.2015 23:38
Humor muss sein :D Jetzt verstehst du wahrscheinlich, warum meine Kämpfe nicht in endlosem Detail beschrieben werden. Wobei ich mir für die wichtigen Kämpfe natürlich gerne mal etwas mehr Zeit lasse^^
Und was wäre das Trainerdasein ohne ein bisschen Mobbing von den eigenen Pokémon.
Von:  Teilchenzoo
2015-07-09T09:51:12+00:00 09.07.2015 11:51
Kleine Kritik: was macht Abbys Knöchel? So fix dürfte der noch nicht wieder hergestellt sein, und mit so einem Fuß über eine Stangenkonstruktion zu balancieren, oh je.
Antwort von:  yazumi-chan
09.07.2015 14:56
Hm, kommt drauf auf. Ich gebe zu, dass mir das beim Schreiben vielleicht zu spät wieder einfiel, aber ich persönlich habe auch mega gute Sprunggelenke. Ich kann ein paar Stunden richtig Schmerzen haben und dann Poof, alles weg :) Ne richtige Verletzung wie Bänderdehnung oder so hatte ich noch nie, und ich bin schon sehr oft heftig umgeknickt. Nehmen wir einfach mal an, dass es Abby genauso geht^^
Von: abgemeldet
2015-04-08T21:31:22+00:00 08.04.2015 23:31
"dann aufgeregt davon rennt" -> Irrungen und Wirrungen der deutschen Sprache. In der heutigen Episode: "Davonrennen oder davon rennen". "Er hat Abführmittel eingenommen. Davon rennt er aufs Klo." aber: "Als er gemerkt hat, dass er Abführmittel eingenommen hat, ist er davongerannt, um aufs Klo zu kommen." (Super Beispiel FTW!)
"der ihr zu nickt" -> zunicken :) Du kannst aber gerne versuchen, eine Tür zu zu nicken. Nur schließen wird sie sich wohl dadurch trotzdem nicht ;)

Konfrontation ist der beste Weg, um mit Ängsten umzugehen. Von daher ist es ganz gut, dass Louis Ethan endlich eingesetzt hat. Das Kapitel an sich ist nichts besonderes, aber hat sich ganz nett lesen lassen^^ Viel gibt es nur leider nicht zu sagen und ich versuche gerade verzweifelt, mehr zu schreiben, damit meine Kritikkeule nicht so dominant wirkt D:

Antwort von:  yazumi-chan
08.04.2015 23:41
Das Abführmittel ist ein wundervolles Beispiel xD
Schreib nur, was du sagen möchtest, du musst dir nichts aus den Fingern saugen, damit der Kommentar länger wird :)
Von:  Kalliope
2015-02-18T19:53:36+00:00 18.02.2015 20:53
Ein Filler-Kapitel, auch okay. Winry mag stark sein, aber es wurde wirklich Zeit, dass Ethan kämpft. Ich muss sagen, dass ichs ganz lustig finde, dass Louis so von seinem Pokémon gemobbt wird, er hat es ja nicht besser verdient. Aber wie schon Raphael und sein Rotomurf, werden sich bestimmt auch Louis und Garados vertragen.
Antwort von:  yazumi-chan
18.02.2015 20:55
Freut mich, dass du dich an Louis´ Elend amüsierst xDD
Von:  ZombieBabyHitlar
2014-12-25T01:47:51+00:00 25.12.2014 02:47
Ich mag Alex Strategie. Erinnert mich an mich selbst xD

Im Grunde genommen ein stabiles Kapitel, welches eher als Pause erscheint. Ich muss nämlich sagen, dass mich der Kampf mit den Katharina nun wirklich nicht interessiert, vor allem nicht, wenn sie nur mit der Hornilu-Familie kämpft. Alex Kampf ist aufgrund der strategischen Züge viel ansprechender.

Der erste Teilkampf mit Alex war etwas durcheinander. Oft benutzt du da ungenaue Formulierungen, die nicht klar machen, wer jetzt verletzt wurde, oder ob der Angriff gewirkt hatte. Ich gebe zu, dass der Großteil der Verwirrung davon stammte, dass ich mit Fähigkeiten nicht vertraut bin (ja, ich musste googlen) und ich erst nach langem Grübbeln festgestellt habe, dass Volbeat die Fähigkeit "Strolch" besitzen soll. Ich habe es mir danach nochmal mit dem angeeigneten Wissen durchgelesen, aber ein Hinweis wäre ganz nett gewesen. Ich nehme an, Trainer, die oft auf Rückzuckhieb vertrauen, sollten ziemlich überrascht sein, wenn ihr Pokemon nicht zuerst angreift; vielleicht kannst du das einbauen [,wenn du magst!].
An einer anderen Stelle kriegen die beiden Pokemon zwei Befehle gleichzeitig. Winry benutzt Ruckzuckhieb und Volbeat Tackle. Nun sollte Winry die Attacke zuerst ausführen und da Volbeat zurückgestoßen wird, erscheint das vorerst auch so zu sein. Von Volbeats Tackle wurde jedoch nichts erwähnt und plötzlich fängt Winry dann an sich vor Verwirrung zu schlagen, ohne dass der Zug übersprungen wird. Das wirkt in der jeweiligen Stelle durcheinander.
Soviel dazu. Ich könnte noch schreiben, dass es ein klein wenig unwahrscheinlich ist, dass Winry das Volbeat zwei mal getroffen hatte, obwohl es Fluchtwert +2 hatte, aber ich finde es schwer einen Mechanismus zu kritisieren, der auf Glück basiert... Also lasse ich es =)

Ansonsten mochte ich die Szene, wo Louis von Garados runtergestoßen wurde =)

Btw. die Szene, wo Abby Katharina fragt, seit wann sie Trainerin ist, wirkt ziemlich fehl am Platz.

Doppelteam, Bitches
Antwort von:  yazumi-chan
25.12.2014 02:51
Doppelteam is one evil motherfucker xD
Den Smalltalk kann ich rauslassen, da hast du Recht. Mir kam die Kampfszene nie verwirrend vor, dann wiederum hab ich sie geschrieben, da merkt man sowas nicht xD Ich werd sie mir mal unter deinen Gesichtspunkten durchlesen ;)
Immerhin gefiel dir Louis´ Misere xD


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