Zum Inhalt der Seite

Stummer Schrei

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 5

„Hast du alles?“, Gilbert sah fragend zu seinem Bruder. Das flaue Gefühl in seinem Magen hatte sich noch immer nicht gelegt, aber er hatte es soweit ausgeblendet. Ludwig schloss die Tür sorgfältig ab und steckte den Schlüssel ein. Die Rucksäcke auf dem Rücken gingen sie los. Sie schwiegen den Weg zum Bahnhof. Es war nicht weit, vielleicht 10 Minuten gingen sie zusammen durch die Straßen. Das Ticket für sie beide hatte Gilbert im Internet gekauft und dieses steckte nun in seinem Rucksack.

Um Punkt 16 Uhr kamen sie an ihrem Ziel an und gingen zu der Pension, in der sie die kommende Nachte verbringen würden. Dort stellten sie nur ihre Rucksäcke ab und gingen hinaus. Gilbert spürte wie er ruhiger wurde. Die gewohnte Umgebung, ließ ihn nach Hause kommen. Zumindest fühlte es sich so an. Am Blumenladen an der Ecke, holten sie den bestellten Blumenkranz ab.
 

Noch immer hatten sie nicht viel gesprochen. Aber so war es nun mal. Seit dem Tod ihrer Mutter hatten sie sich voneinander entfernt. Doch für Gilbert änderte das nicht viel, er liebte seinen kleinen Bruder. Er war das letzte was von seiner Familie übriggeblieben war. Zusammen machten sie sich auf den Weg zum Friedhof.
 

Der Himmel war verhangen und es sah nach Regen aus. Der Kies knirschte unter ihren Schuhen, als sie den Weg entlang gingen. Die Gräber standen jeder für sich einsam da. Gilberts Blick wanderte zu der Stelle wo ihre Mutter lag und fand den kunstvollen Grabstein sofort. Der Krank in seiner Hand wog plötzlich viel mehr und tiefe Trauer viel über ihn her. Ein kurzer Blick zu Ludwig zeigte ihm, wie angespannt der Jüngere war. Als sie vor dem Grab stehen blieben, stand dort schon eine Kerze, zusammen mit einem Blumenstrauß. Das Grab war gepflegt, wofür ihr Vater jemanden bezahlte. Er hatte seit der Beerdigung keinen Fuß mehr auf diesen Friedhof gesetzt.
 

Schweigend standen sie einen Augenblick davor, dann nahm Ludwig seinem Bruder den Kranz ab und legte ihn an den Grabstein gelehnt ab. Er trat zurück neben seinen Bruder, der ihn die ganze Zeit beobachtet hatte. Gilbert schluckte die Tränen herunter, die in ihm aufstiegen und ein dicker Kloß saß in seinem Hals. Die Hände hatte er vor sich gefaltet und er sah zu dem Bild, das in dem Grabstein eingelassen war. Das Lächeln ihrer Mutter strahlte sie an. Ein trauriges Lächeln schlich sich auch auf Gilberts Lippen. „Hey Mama“, durchbrach die leise Stimme Ludwigs die Stille. Der Wind wehte und ließ die Bäume rascheln. „Du fehlst uns. Hast du es gut da oben?“ Ludwigs Stimme zitterte und Gilbert vermutete, dass er weinte. Den Blick hatte er gesenkt, während er sprach. Gilbert trat näher zu ihm und legte die Arme um seinen Bruder. Sanft drückte er ihn an sich. Er spürte wie Ludwigs kopf sich an seine Schulter drückten. „Sie hat es gut da wo sie jetzt ist.“ Er machte eine Pause. „Da bin ich mir sicher Lud.“ Gilbert schloss die Augen. Eine Träne fand ihren Weg über seine Wange, während er Ludwig fester an sich drückt. Sein Herz schmerzte und er ahnte, dass es Ludwig nicht anders ging.
 

Sie standen so noch eine Weile vor dem Grab, hielten sich in den Armen, weinten stumm und waren gemeinsam einsam. Als es dunkel wurde, gingen sie zur Pension zurück. Wieder schwiegen sie den Weg über. Jeder in seiner Trauer gefangen. Holten sich eine Kleinigkeit zu essen und gingen weiter.

Abends im Bett lag Ludwig wie die Nacht davor an Gilbert gekuschelt im Bett und schlief bereits. Gilbert jedoch lag wach, seine Gedanken kreisten um die Zukunft. Er würde bald fertig sein mit der Schule, doch was kam danach? Er musste doch weiter auf seinen Bruder aufpassen. Grade so würde er seinen Abschluss schaffen, da konnte er nicht an eine Ausbildung denken. Dann hätte er noch weniger Zeit um für Ludwig dazu sein. Und er hatte doch seiner Mutter versprochen, dass er auf ihn aufpassen würde.
 

Die Stunden vergingen, aber Gilbert fand keinen Schlaf. Und ehe er es ahnte, war auch schon der nächste Tag angebrochen. Unter seinen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab, die auf seiner fast schneeweißen Haut stark hervorstachen. Die Lider drohten ihm zu zufallen, doch er durfte jetzt nicht mehr schlafen. In ein paar Stunden würden sie zurück fahren. Also legte Gilbert Ludwigs Arm zur Seite und stand vorsichtig auf, um ihn nicht zu wecken. Sein Weg führte ihn in das kleine Bad, wo er sich auszog und unter die Dusche stieg. Warmes Wasser floss über seinen müden Körper und er schloss die Augen. Er nahm sein Duschzeug und fing an sich zu waschen. 10min später steig er tropfend aus der Dusche, band sein ein Handtuch um die Hüfte und ging zum Spiegel. Wischte den Dunst weg und betrachtete sein Gesicht. Seine roten Augen blickten ihn träge an und er fuhr mit den Fingern über die Augenringe. Kurzentschlossen stellte er das kalte Wasser an und wusch sich damit das Gesicht. Vielleicht würde es so besser werden, so hoffte er zumindest. Das Ergebnis war jedoch unverändert. Missmutig stellte er den Hahn ab und ging zurück ins Zimmer.
 

Ludwig saß auf dem Bett und blickte zu ihm. „Morgen Lud“, begrüßte Gilbert ihn versucht fröhlich, doch das gelang ihm nicht so ganz. Stumm betrachtete Ludwig seinen Bruder, musterte die Augenringe unter dessen Augen, sagte aber nichts. Kurz schwiegen sie sich an, bis Ludwig auf stand und an Gilbert vorbei ins Bad ging. Gilbert sah ihm kurz nach und zog sich dann an. Mit dem Handtuch trocknete er seine Haare. Als Ludwig wenig später angezogen aus dem Bad kam, die Haare ordentlich nach hinten gekämmt, gingen sie zum Frühstück.
 

Am Abend waren sie wieder zu Hause, in Gilberts Kopf schwirrten noch immer die Gedanken der Nacht. Und wieder lag er unruhig im Bett und dachte nach. Jedoch siegte nach einer Stunde der Schlafmange, letzten Nacht und ihm vielen die Augen zu. Der nächste Morgen kam jedoch seiner Meinung nach zu früh. Er hatte zwar an dem Sonntag nichts zu tun, aber das war das Problem. Die Zeit zog sich wie Kaugummi und auch mit seinem Bruder bekam er kein Gespräch zustande. Gegen Mittag hatte er sich dann vor den Fernseher gesetzt und schaute eine Filmwiederholung des letzten Tages. Von dem Film bekam er aber nicht viel mit. Immer wieder waren seine Gedanken abgeschweift.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück