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Stummer Schrei

von

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Kapitel 1

„Langweilig“, grölte Gilbert aus der letzten Reihe und lachte zusammen mit Antonio und Francis. Die Lehrerin, vorne an der Tafel, blickte völlig aus dem Konzept gebracht zu dem Störenfried. „Sagen sie mal, können sie auch mal irgendwas Interessantes von sich geben?“, breit grinsend, die Arme vor der Brust verschränkt, lehnte sich Gilbert zurück. Er beobachtete wie das Gesicht seiner Erdkundelehrerin rot vor Wut anlief und konnte selbst aus der letzten Reihe erahnen wie ihre Ader an der Stirn pulsierte. „Wenn es Ihnen nicht passt Herr Beilschmidt wie ich meinen Unterricht mache kann ich ihnen das gerne beim Nachsitzen näher bringen.“ Damit drehte sie sich um und schrieb die letzten Länder Afrikas an die Tafel. Gilbert lachte noch immer leise im hinteren Teil der Klasse. Er gab gerne seine Meinung kund. Es war ihm egal wem er sie sagte und ob es angebracht war. Viel zu oft hatte er die Klappe gehalten, um Konflikten aus dem Weg zu gehen. Gut er mochte sie auch heute nicht, aber er kam mittlerweile ziemlich gut damit klar. „Ey Gil, verziehen wir uns gleich wieder in die Stadt?“, drang Antonios Stimme an sein Ohr und er wandte sich ihm zu. „Na klar, meinst du ich hab Bock auf den Edelstein?“ Mit den Worten schaltete sich auch Francis ein. „Erst in den Imbiss und dann ins Einkaufzentrum.“, bestätigte Gilbert. Er hatte ebenso wenig wie seine Freunde Lust sich das langweilige Geschnatter seines Englischlehrers anzuhören. Genauso wenig würde er zum Nachsitzen erscheinen. Für so was war er viel zu Awesome.
 

Am Ende der Stunde, packte er seinen Rucksack und ging zusammen mit seinen Freunden lachend aus der Klasse. „Ernsthaft? Das hat sie abgekauft?“ „Natürlich, niemand kann meinem Charme widerstehen“ „Schwul mich nicht an Francis!“ Gilbert schon den blonden Franzosen von sich. Ihn interessiert es eigentlich recht wenig, dass Francis mal wieder eine seiner Liebschaften abserviert hatte, deswegen ignorierte er meistens seine beiden Freunde wenn sie mal wieder damit anfingen. Sie kamen auf dem Schulhof an und Gilbert ließ ihm laufen seinen Blick über die Schülermasse gleiten. Zusammen mit Antonio und Francis saß er in der 9. Klasse der Hauptschule. Während sie das Schulgelände verließen konnte er einen Blick auf den Schulhof der Gymnasiasten werfen und erblickte seinen 3 Jahre jüngeren Bruder Ludwig. Dieser saß zusammen mit dem kleinen Italiener Feleciano und dem deutsch geborenen Japaner Kiku auf einer Bank und unterhielt sich mit ihnen. Er war froh, dass sein Bruder sofort Anschluss gefunden hatte.
 

Gilbert wurde aus seinen Gedanken gerissen als Antonio ihm die Zigarettenschachtel gegen die Brust hielt und ihn fragend an sah. Die braunen Augen des Albinos blinzelten mehrmals als er die nicht gehörte Frage verstand und sich eine der spanischen Zigaretten nahm. Etwas durcheinander suchte er in seiner Hosentasche nach seinem Feuerzeug, jedoch vergebens. „Alles ok Gil?“, Antonio lief neben ihm und reichte ihm das Feuerzeug, mit dem er zuvor seine eigene Zigarette angezündet hatte. Gilbert nahm es und machte seine Zigarette an. „Klar, was sollte sein?“ Mit den Worten gab er Antonio das Feuerzeug wieder und grinste ihn breit an. Mit einem gekonnten Griff packte er seinen spanischen Freund und nahm ihn spaßeshalber in den Schwitzkasten. „Ey lass los!“ Antonio war alles andere als begeistert, doch Gilbert lachte nur. Francis beobachtete seine beiden Freunde und verdrehte leicht die Augen als Antonio und Gilbert lachend über den Boden rollten und versuchten zu gewinnen. „Ihr beide seit wie ein altes Ehepaar“, murmelte Francis leise, doch die beiden hörten es. Sie hielten inne und warfen sich einen Blick zu, dann stürzten sie sich auf den Franzosen.
 

Nach 10 min des Herumrangelns saßen die drei lachend auf dem Boden. „Na los, bevor uns die Lehrer zurück pfeifen.“, mit den Worten sprang Antonio auf und wartete bis auch Gilbert und Francis standen. Nach 10 weiteren Minuten des Herumalberns kamen sie an dem Imbiss an. „Na Jungs schon wieder Schule schwänzen?“, begrüßte sie der Imbissbesitzer. Die drei ließen sich auf ihren gewohnten Platz in der Ecke fallen und sahen grinsend zu ihm. „Schwänzen kann man es nicht nennen wir waren schließlich die ersten 4 Stunden anwesend.“, Gilbert lehnte sich gespielt erschöpft zurück. „Mehr kann man von uns nun wirklich nicht erwarten“, setzte er noch theatralisch nach und lachte zusammen mit Francis und Antonio laut los. Auch der Imbissbesitzer lachte und schüttelte nur den Kopf. „Ich nehme an das übliche.“ Es war schon keine Frage mehr, die drei, die auch von anderen nur Bad Touch Trio genannt wurden, kamen jeden Tag her. Ganz egal ob sie eigentlich in der Schule sitzen mussten.

Während sie auf ihr Essen warteten, ging das Gespräch um das kommende Wochenende. „Ich hab sturmfrei, dann können wir das Wochenende zocken und was trinken gehen“, schlug Antonio vor und kramte seine Flasche Cola aus der Tasche. „Das ganze Wochenende in der Wohnung hocken ist scheiße, lasst uns lieber was unternehmen“, untergrub Francis Antonios Vorschlag. Seufzend stützt sich Gilbert auf seine Hände. „Ich kann das Wochenende nicht.“ Seine beiden Freunde sahen ihn fragend an, als nichts genaueres kam, fragte Francis nach. „Ach so ne Familiensache“, meinte Gilbert ausweichend. Er sprach nicht gerne über seine Familie. Insbesondere nicht über diesen Tag. Am Samstag war der Tag an dem Gilberts und Ludwigs Mutter gestorben war. Das war zwar schon 5 Jahre her, aber Gilbert, sein Bruder und ihr Vater verbrachten diesen Tag mehr oder weniger zusammen. Wobei ihr Vater sich wahrscheinlich in irgendeiner Kneipe betrinken würde nur um mitten in der Nacht nach Hause zu kommen. Gilbert und Ludwig dagegen zusammen auf den Friedhof gingen und später zusammen saßen um nicht allein zu sein.
 

Er vermisste seine Mutter sehr. Seid sie tot war, hatte sich einiges geändert. Ihr Vater war fast nie zu Hause, entweder arbeitete er bis spät in die Nacht oder saß in irgendeiner Kneipe. Sein Bruder war damals 10 Jahre alt und hatte eine tiefere Beziehung zu ihrer Mutter, deswegen war Gilbert anstatt ihres Vaters für Ludwig dagewesen. Nur Gilbert musste alleine damit klar kommen, als hätte er damals nicht genug Probleme gehabt. Doch sein Bruder war ihm zu wichtig, als ihn einfach allein zu lassen. Seit ihr Vater damals seine Aufgabe, für seine Kinder dazu sein gegen Alkohol, Arbeit und irgendwelche Bettgeschichten eingetauscht hatte, hatte Gilbert sich für Ludwig stark gemacht. Er musste einfach stark sein, für sie beide.
 

Gilbert bekam gar nicht mit wie Antonio und Francis ihn stirnrunzeld betrachteten, auch nicht als der Imbissbesitzer ihr Essen brachte. Er kam erst wieder zu sich als sein Handy in der Tasche vibrierte. Verwirrt öffnete er die Whatsapp-Nachricht:

Wo seid ihr?

-Lizzy

Er schüttelte nur den Kopf und steckte das Handy weg. Er wusste gar nicht was das Elizaveta anging.

Er sah zu seinen beiden Freunden, die sich bereits über die Pommes und Currywürstchen hermachten. „Ey seid nicht so gefräßig. Lass mir was übrig!“ Mit den Worten schnappte er sich die Schale mit den Pommes und zog sie zu sich. „Wenn du in der Gegend rumstarrst und nicht isst ist das nicht unser Problem, Gil“, meinte Antonio und schnappte sich eine Pommes. Gilbert steckte sich eine der Pommes in den Mund und kaute grinsend. Nach einer halben Stunde brachen die drei auf zum Einkaufszentrum, um dort ihre Zeit im Kino, in dem anliegenden Skaterpark oder auf irgendeiner Wiese zu verbringen.
 

Um 18:34 Uhr kam Gilbert endlich nach Hause. Sein Vater war wie so oft noch nicht da und würde vor 11 Uhr auch nicht da sein. Gilbert hängte seine Jacke auf und stellte die Schuhe an die Wand. Das tat er nur, weil sonst Ludwig herumnörgeln würde. Er selbst hatte es nicht so mit Ordnung. Schließlich beherrschte nur das Genie das Chaos, dachte er grinsend als er an sein Zimmer vor Augen hatte.

Ein klirren ließ ihn Richtung Küche gehen, wo er seinen Bruder fand, der grade die Küche aufräumte. „Hey Bro.“ Gilbert ging zu ihm und nahm ihm einen der Töpfe ab. “Hey Gil, ich mach schon.“ Ludwig wollte Gilbert den Topf abnehmen, doch dieser stellte ihn bereits in den Schrank. „Ach was, ich helf dir etwas.“, gegen die Bestimmtheit in Gilberts Stimme sagte Ludwig nichts mehr sondern räumte weiter die Spülmaschine aus. „Du hast wieder die Schule geschwänzt.“, kam es nach einer Minute des Schweigens von Ludwig. Er sah seinen Bruder nicht mal an. Doch Gilbert hörte, dass es mehr resigniert war, als sauer. Denn auch wenn Gilbert der ältere der beiden war, so was Ludwig der Reifere und Verantwortungsbewusstere.
 

„Wir hatten nur keine Lust auf den Edelstein, mehr nicht. Der hats eh auf mich abgesehen….“ Gilbert stellt die Tassen in den Schrank über sich. Ludwig drehte sich zu Gilbert und sah ihn zweifelnd an. „Er hat es auf niemanden abgesehen. Er macht nur seine Arbeit. Nur wenn du dich wie der letzte Depp benimmst und den Unterricht störst, ist es auch deine Schuld.“ Gilbert lehnte sich an die Anrichte und verschränkte seine Arme. Er konnte in den blauen Augen seines Bruders sehen, dass er von dem heutigen Vorfall wusste. „Hat Elizaveta dir davon erzählt?“, fragte er also nur. Und Ludwigs schweigen war Antwort genug für ihn. Er schloss die Maschine und drehte sich zur Tür. „Wenn was ist Lud, ich bin in meinem Zimmer.“ Mit diesen Worten ging Gilbert aus der Küche und ans Ende des Flurs in sein Zimmer. Ludwigs leises: „Ist gut.“ Hörte er gar nicht mehr.
 

Seufzend schloss er seine Zimmertür und schaltete das Licht an. Im gehen zog er sein T-Shirt aus und warf es auf den Haufen mit dreckiger Wäsche vor dem Bettende. Die Jeans folgte wenig später. Nur in Boxershorts ging Gilbert zu seinem kleinen Bad. Vor dem Spiegel hielt er und betrachtete sein Gesicht. Die braunen Augen passten einfach nicht zu ihm. Das weiße Haar spiegelte sein geliebtes Chaos wieder und ließ seine blasse Haut noch heller wirken. Mit geübten Fingern nahm er die farbigen Kontaktlinsen heraus und verstaute sie in den dafür vorgesehenen Behälter und stellt ihn auf die Ablage. Grinsend betrachtete er seine roten Augen. Ja das passte doch viel besser zu ihm. Doch das Grinsen verschwand schnell wieder, als er sich so ansah. Schnell wandte er sich vom Spiegel ab und ging zurück in sein Zimmer. Dort ließ er sich auf sein Bett fallen und kramte sein Tagebuch aus seinem Nachttisch hervor. Fast liebevoll strich er über den Samteinband und öffnete es schließlich. Tagebuch schreiben war für ihn nie etwas Weibisches. Schon lange hielt er so seine Gedanken in so einem Buch fest, es half ihm sich selbst bewusster zu werden.
 

Bedächtig schlug er eine leere Seite auf und begann in seiner geschwungenen Handschrift seine Gedanken und Gefühle niederzuschreiben. 8 Solcher Bücher hatte er bereits mit seinen Erlebnissen, Gefühlen und Gedanken gefüllt und dieses würde nicht das letzte bleiben. Er wollte für sich festhalten, dass es nicht immer leicht war in seinem Leben, aber das er so Awesome wie er ist, es immer wieder geschafft hatte weiter zu machen. Er war zwar erst 17 Jahre alt, doch er hatte schon genug erlebt.



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