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Engelstränen

Ich gehöre euch
von

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... Liebe?

Der Rest des Tages verläuft ruhig. Eva plappert wie immer in einem fort, beschwert sich über andere Leute und lässt sarkastische Bemerkungen über jeden Satz den ich sage los.

Nichts Ungewöhnliches also.

Nachdem ich alle Stunden überlebt habe, sitze ich nun im Bus nach Hause und lese ein Buch. Durch die Ohrstöpsel, welche an mein Handy angeschlossen sind, dringt laute Musik in mein Ohr. Ich genieße die Augenblicke, die ich zumindest einigermaßen allein bin, in denen ich keine Verpflichtungen gegenüber anderen habe.

Auf einmal setzt die Musik für einen Moment aus, ein Piep-Ton erklingt, und die Musik fährt an einer anderen Stelle des Liedes fort.

Ich habe eine SMS empfangen.

Es ist Marcel, ein Freund von mir. Mein Daumen schwebt einen Moment über der Taste zum Öffnen der Mitteilung, ich mache das Handy aus, wieder an. Ich öffne ein Spiel, schließe es wieder. Schließlich stecke ich das Handy weg und versuche, weiter zu lesen. Doch meine Gedanken sind bei Marcel. Warum hat er mir eine SMS geschrieben? Es war nicht seine Art, er meinte, er sei viel zu schüchtern dazu und dass er mich nicht nerven wolle. Und das, obwohl ich ihm immer wieder sagte, dass er mich nicht nerven würde.

Letztendlich nehme ich mein Handy aus meiner Tasche und lese die SMS, die gerade eingegangen ist.

Und ich lese sie noch ein Mal.

Ich kneife meine Augen zusammen, reiße sie auf.

Die Schrift hat sich nicht verändert, die Buchstaben sind noch immer die Selben, und die Worte dringen tief in mich ein und versetzen mir einen leisen Stich.
 

»Ich kenne dich jetzt seit zwei Jahren und wir sind jetzt auch seit zwei jahren in einer Klasse, ich habe lange darüber nachgedacht und bin fest davon überzeugt dass ich mich in dich verliebt habe also willst du mit mir zusammen sein«
 

Ich blinzele ein paar Mal und klicke auf ‚Antworten‘. Ich tippe etwas ein, lösche es sofort. Schließlich schreibe ich:
 

»Alles in Ordnung? Du schreibst mich doch sonst nicht an.«
 

Ich atme tief durch und lehne mich an das kühle Glas. Das Lesen kann ich jetzt vergessen, und auch die Musik meiner Lieblingsband kann mich nicht vom Alltag ablenken. Ich muss nicht lange warten, bevor mir der gewohnte Piep-Ton eine weitere SMS ankündigt.
 

»Ja alles okay aber um ehrlich zu sein bin ich ziemlich voll (Alk)«
 

Ich starre erschrocken auf das Display. Deshalb also konnte er mich so einfach anschreiben. Ich spüre, wie mir Tränen in die Augen steigen und ich muss mich zusammenreißen, um nicht zu weinen.

Ich stecke das Handy hastig weg mit der Entscheidung, auf diese SMS nicht zu reagieren. Eine weitere Unterbrechung in der Musik kündigt den Eingang einer weiteren Mitteilung an, doch ich ignoriere sie. Alles in mir verlangt zwar danach, diese Nachricht zu lesen, doch ich weigere mich.
 

Erst, als ich zu Hause bin, nehme ich das Handy wieder in die Hand. Ich seufze leise und sehe mir an, was Marcel mir geschrieben hat.
 

»Louise?«
 

Ich schüttele den Kopf und gehe hinauf in mein Zimmer. Schnell tippe ich eine Antwort.
 

»Warum hast du dich betrunken?«
 

Senden.

In meinem Zimmer werfe ich erst einmal die Tasche in eine Ecke und mache den PC an. Gerade, als ich auch meine Musik laut aufdrehen will, bekomme ich eine weitere SMS.
 

»Weil grad alles Scheiße ist und ich etwas Gutes brauchte. Du weißt dass ich dich nicht ohne weiteres anschreiben kann.«
 

Ich runzele die Stirn. Meint er mit dem ‚Guten‘ etwa mich? Schon allein bei dem Gedanken daran wird mir warm.

Ich schüttele angewidert den Kopf.
 

»Ich sag dir doch, dass du mich einfach so anschreiben kannst, dazu musst du dich nicht erst betrinken!!!«
 

Ich knipse die Stereo-Anlage an und stelle die Musik so laut, dass die gesamte Nachbarschaft daran Teil haben könnte. So höre ich den nächsten Piep-Ton nicht und bemerke die SMS erst lange, nachdem sie eingetroffen ist.
 

»Ist doch egal. Bist du jetzt meine Freundin?«
 

Ich mache mein Handy aus und lasse es für den Rest des Tages auf dem Küchentisch, weit entfernt von meinem Zimmer, liegen.



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