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Yoyogi

Tsuzuku & Meto
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Und hier kommt es, das Kapitel mit den versprochenen Sugar-Moments. Allerdings sind diese kleinen Niedlichkeiten in einer Packung Drama verpackt. Es gibt also ordentlich Herzklopfen für die zwei...
Unser sonst so schüchternes Metochen wird jedenfalls einen gewaltigen Schritt nach vorn machen...

Bedeutung des Kapiteltitels: "Chikaku" heißt "Nähe". Komplett anzeigen

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Chikaku

Wieder sahen sie sich ein paar Tage lang nicht, genauer gesagt von Dienstag bis einschließlich Freitag.

Meto verbrachte seine Zeit wie üblich in seinem Zimmer und im Keller, außerdem ging er seiner Mutter im Haus zur Hand. Einmal traf er Kasumi, und einen Nachmittag verbrachte er bei Ken und ließ dort, nach der längsten und ausgiebigsten Tattoo-Session bisher, einen weiteren großen Teil seines verbliebenen Geldes. Das „Baby“ war nun wirklich so gut wie fertig, passend zum Sommer, der jetzt im Mai vor der Tür stand und schon zu punkig zerfetzten Oberteilen und zu Netzhemden einlud.

Seltsamerweise sprachen weder seine Mutter, noch sein Vater noch einmal das Thema Arbeit an. Meto vermutete, dass sie ihm Zeit gaben, nachzudenken und sich nach einem Job umzusehen. Doch Zeit löste sein Problem nicht.
 

Am Samstagnachmittag fuhr er nach Shinjuku, setzte sich im Yoyogi-Park auf eine Bank und wartete auf Tsuzuku. Eine ganze Stunde saß er da, dann schrieb er Tsuzuku eine Nachricht.

„Wo bist du? Ich sitze im Yoyogi und warte auf dich. Meto“

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: „Oh, tut mir leid, Meto. Meine Kollegin ist krank und ich muss ihre Schicht übernehmen. Ist das erste Mal am Samstag, normalerweise habe ich am Wochenende frei. Tsu“

„Also kommst du heute nicht?“

„Nein. Tut mir wirklich leid, ich hätte dich gern gesehen.“

„Ich dich auch. Aber ist okay, vielleicht ein andermal." Er klappte das Handy zu, stand auf und machte sich auf den Weg zu den Straßenbands, um ihnen ein wenig zuzuhören.

„Mit Tsu zusammen hätte mir das heute sicher viel Spaß gemacht…“, dachte er und setzte sich in der Nähe der Band, an deren Schlagzeug er gespielt hatte, auf eine Bank. Heute trug er kein Lolita-Outfit, sondern die karierte Hose, die er neulich bei Sex Pot Tokyo gekauft hatte, und das T-Shirt mit dem nietenbesetzten Totenkopf. Die Haare trug er glatt und offen, die Augen hatte er wie sonst auch großgeschminkt und mit großen, schwarzen Kontaktlinsen. Wie immer so, dass man kaum noch erkennen konnte, wie er ohne Make-up aussah. Denn darauf kam es ihm an. Unter dem Make-up war immer noch ein bisschen was von Haruka übrig und diesen Rest sollte niemand außer ihm, seinen Eltern und Kasumi kennen.

Ohne Tsuzuku machte ihm der Nachmittag im Yoyogi nur halb so viel Spaß, deshalb ging er früh nach Hause, zog sich um, setzte sich in sein Zimmer und lernte noch ein wenig. So lange, bis sein Vater nach Hause kam.

„Haruka!“ Schon wieder dieser Name! „Komm mal her, wir müssen noch mal reden.“
 

Tsuzuku hatte den ganzen Samstag gearbeitet. Miki lag mit einer Erkältung im Bett und deshalb hatte er für sie einspringen müssen, statt wie üblich nach Harajuku fahren zu können. Jetzt hatte er endlich Feierabend, lag in bequemen Klamotten im Wohnzimmer auf der Couch und ruhte sich aus. Im Restaurant war viel los gewesen, was seine Nerven strapaziert und ihn wieder in Sozial-Stress gebracht hatte.

Als sein Handy klingelte, erhob er sich mit einem Seufzer, ging zu seiner Tasche hinüber und las die soeben erhaltene Nachricht. Sie war von Meto. „Tsu, wo genau wohnst du?“

Er antwortete: „Stimmt, das weißt du ja noch gar nicht. Und das, obwohl ich schon bei dir zu Hause war. Also, ich wohne in Ichigaya, in 5-70-21. Die Kouban ist gleich bei der Bahnstation.“

Eine Weile blieb er mit dem Handy in der Hand stehen und wartete auf Metos Antwort, doch als keine kam, setzte er sich wieder auf die Couch und schaltete den Fernseher an. Er zappte durch die Programme, bis er auf einen Sender stieß, der an diesem Abend „the Ring“ ausstrahlte. Tsuzuku kannte den Film fast auswendig und noch war Sadako nicht erschienen. Es war sein Lieblings-Horrorfilm und so blieb er dabei. Obwohl er ihn so gut kannte, jagten ihm manche Szenen noch immer jenen angenehmen Gruselschauer über den Rücken, die er an solchen Filmen liebte.

Doch in dem Moment, als Sadako ihre bleichen Arme aus dem Fernseher im Bild streckte und mit herunterhängenden, langen schwarzen Haaren herauskletterte, klingelte es an Tsuzukus Wohnungstür. Er hielt den Film an, stand langsam auf, ging zur Tür und warf einen Blick durch den Türspion, um zu sehen, wer zu dieser späten Stunde noch etwas von ihm wollte. Jetzt, wo der Film nicht weiterlief und es still war, hörte er auf einmal, dass dicke Regentropfen an die Fenster schlugen.

Und als er sah, wer da vor seiner Tür stand, tropfnass und sichtlich verweint, hielt er erschrocken den Atem an und riss die Tür auf.

„Meto? Was ist denn los? Ist was passiert?“

Der Kleine sah ihn an, ließ dann die große Sporttasche fallen, die er über der Schulter getragen hatte, und kramte darin nach Block und Stift.

„Kann ich reinkommen?“, kritzelte er und zitterte dabei wie Espenlaub. Kein Wunder, denn er trug nichts als ein weißes T-Shirt, eine abgewetzte Bluejeans und leichte Turnschuhe ohne Socken, alles vom Regen vollkommen durchnässt. Seine Haare, aus denen ebenfalls Regenwasser tropfte, hingen ihm wirr ins Gesicht und sein ohnehin eher sparsam ausgefallenes Make-up war von Regen und Tränen völlig verschmiert. Ohne Kajal, Kunstwimpern und Linsen wirkten seine Augen natürlich ein ganzes Stück schmaler und weniger puppenhaft.

„Ja, klar, komm rein.“ Tsuzuku ließ Meto vorbei, der seine Schuhe auszog, ins Wohnzimmer tapste und dort unschlüssig stehen blieb, sich wohl nicht mit seinen nassen Sachen aufs Sofa setzen wollte. Tsuzuku hob die Sporttasche auf, die auf den ersten Blick Ruana, ein paar Klamotten und Metos Kosmetiktäschchen enthielt, und stellte sie zu seinen eigenen Sachen an die Garderobe.

„Du bist ja klatschnass. Und du frierst, oder? Wenn du magst, kannst du eben heiß duschen, sonst erkältest du dich noch.“ Tsuzuku zeigte auf die Badezimmertür, die vom Wohnzimmer abging.

„Echt? Darf ich?“

„Ja, natürlich darfst du!“ Tsuzuku lächelte.

Langsam stand Meto auf, ließ den Block liegen, betrat das kleine Badezimmer und schloss die Tür hinter sich. Wenig später hörte Tsuzuku Wasser rauschen. Er setzte sich wieder auf die Couch und ließ den Film weiterlaufen. Während zum Hintergrundgeräusch von Regentropfen und Dusche Sadako auf dem Bildschirm ihr Unheil verbreitete, schweiften Tsuzukus Gedanken vom Film ab. Was mochte bei Meto zu Hause passiert sein, dass er hastig eine Tasche gepackt und sich durch den strömenden Regen bis nach Ichigaya durchgekämpft hatte? War es doch zum Streit mit seinen Eltern gekommen? Verstand Meto sich mit seinen Eltern vielleicht gar nicht so gut, wie es bei Tsuzukus Besuch ausgesehen hatte? Fragen, die ihm nur Meto beantworten konnte.

Doch als dieser, eng in Tsuzukus Bademantel gewickelt und mit der locker auf den nassen, blonden Haaren liegenden Kapuze auf, ins Wohnzimmer zurückkam und sich in zurückhaltendem Abstand neben ihn auf die Couch setzte, da brachte Tsuzuku es nicht fertig, ihn zu fragen. Meto sollte sich erst mal ein wenig ausruhen. Die Fragen konnten warten.

Der Kleine schnappte sich seinen Notizblock und schrieb: „Kann ich bei dir übernachten?“

„Klar. Oder denkst du, dass ich dich heute noch bei Nacht und Regen nach draußen lasse? Du kannst hier auf dem Sofa schlafen.“

Meto lächelte. „Danke, Tsu.“

Sie sahen den Film bis zum Ende an. Und als der Abspann über den Bildschirm flimmerte, bemerkte Tsuzuku, dass Meto die Knie angezogen hatte, langsam immer näher zu ihm gerückt war und jetzt dicht neben ihm saß.

„War dir der Film unheimlich?“, fragte er.

„Nein. Ich hab den schon oft gesehen. Ich mag Horrorfilme.“

„Das hab ich mir auch fast gedacht. Ich frag nur, weil…“ Er sah Meto an und dieser schien erst jetzt selbst zu bemerken, dass er, wohl unbewusst, so nah zu ihm gerückt war. Verschämt blickte der Kleine nach unten und ging wieder ein wenig auf Abstand.

Doch eigentlich hatte die Nähe Tsuzuku gar nichts ausgemacht, eher im Gegenteil. Zwar war er ein Mensch, der Nähe und Körperkontakt scheute, doch das hatte eine einzige Ausnahme: Meto. Schon als er ihm nach dem Shoppingtrip in der Takeshitadori seinen Mantel geliehen hatte, war ihm das bewusst geworden und er hatte sich natürlich darüber gewundert. Schließlich war er sein halbes Leben lang immer und zu jedem auf Distanz gewesen, warum also fiel es ihm auf einmal so leicht, jemanden näher an sich heranzulassen? Er konnte sich das nur mit diesem Gefühl von Ähnlichkeit und Verbundenheit erklären, das er schon seit ihrem ersten gemeinsamen Sonntag im Yoyogi Meto gegenüber empfand.

Und Meto schien es ähnlich zu gehen.

Im Fernseher kündigte eine Ansagestimme als nächsten Film „Apartment“ an, doch Tsuzuku schaltete das Gerät aus. Meto stand auf und kramte Klamotten aus seiner Tasche. Dann verschwand er wiederum im Badezimmer und kam wenig später im Schlafanzug zurück. Das Oberteil war weit und saß sehr locker, sodass Tsuzuku einen ersten Blick auf das „Baby“ werfen konnte. Es war groß und bunt, viel bunter als seine eigenen Tattoos, und es passte zu Meto wie kein zweites auf der Welt.

„Ist es fertig?“, fragte er.

Meto nickte begeistert.

„Sieht wirklich toll aus. Hast du dir das selbst ausgedacht?“

Meto strahlte ihn an und zog das Oberteil aus. „Schau, Tsu!“, sagten seine Augen, „Es ist genau das, was ich wollte und es gehört zu mir!“ Wie er da stand, nur mit der Schlafanzughose bekleidet, ohne Make-up, mit dem riesigen, bunten Tattoo auf der Brust und den vom Schlagzeugspielen sichtbar trainierten Armen, wirkte er auf einmal viel erwachsener und gar nicht mehr wie ein Mädchen. Zum ersten Mal sah Tsuzuku den achtzehnjährigen Jungen hinter der geschminkten Puppe vor sich, den fast erwachsenen Meto, der gerade unheimlich stolz auf das außergewöhnliche Bild auf seinem Körper war. Das war also Metos wahres Gesicht, zumindest der äußerliche Teil davon. Und Tsuzuku musste zugeben, dass ihm diese Seite an seinem jüngeren Freund gut gefiel.

„Du siehst ganz anders aus, ohne Schminke und so“, sagte er.

Meto griff sich seinen Block und antwortete: „Du auch. Heute hast du ja gar kein Make-up auf den Augen und keine Kontaktlinsen drin. Finde ich aber gar nicht schlecht. Weil du mich jetzt auch ohne gesehen hast.“

„Weißt du, dass du ohne diesen Puppenlook viel erwachsener aussiehst?“

Meto nickte. „Aber ich sehe nicht gern erwachsen aus. Ich bin gerne eine Puppe.“

„Als Puppe bist du auch sehr hübsch. Ich mag deine Kleider, und wie du deine Augen so veränderst, das ist wirklich beeindruckend. Aber so… na ja, so ohne das alles wirkst du stärker, verstehst du? Wenn du so strahlst wie eben und etwas mehr von dir zeigst.“

„Magst du mich denn so?“

Tsuzuku spürte, wie sein Puls sich beschleunigte, als er beinahe „Ja, sehr sogar.“ geantwortet hätte. Er wusste nicht, wie er dieses „Mögen“ einordnen sollte. In seinem Leben hatte es bisher keinen solchen Menschen wie Meto gegeben, für den er eine derartige Zuneigung empfand, deshalb hatte er keinen Vergleich. Alle seine bisherigen Freundschaften waren eher locker, sehr platonisch und nie von Intensität oder großer Dauer gewesen. Und auch verliebt hatte er sich noch nie. Tsuzuku schrak innerlich zusammen, als er das Wort „verliebt“ dachte. Er wusste nicht, worin der Unterschied zwischen enger Freundschaft und Liebe bestand, also war er ziemlich verwirrt und erschrocken, als ihm klar wurde, wie gern er Meto hatte.

Der hatte inzwischen sein Oberteil wieder angezogen und Ruana aus seiner Tasche geholt. Offenbar ließ er Tsuzuku Zeit mit der Beantwortung der Frage, ob er ihn auch so, als den Jungen hinter der Puppe, mochte.

„Wo hast du denn Decken und Kissen und so?“

Tsuzuku stand auf, ging in sein Schlafzimmer, holte beides und ein Laken aus dem Wandschrank und legte alles zusammen auf die Couch. Sofort machte Meto sich daran, das Laken auszubreiten und Decke und Kissen darauf zu legen. Neben das Kissen setzte er Ruana, auf denselben Platz, auf dem sie auch in seinem Zimmer saß.

„Willst du gleich schlafen gehen?“, fragte Tsuzuku.

Meto nickte und kroch unter die Decke.

Bevor Tsuzuku sich in sein Schlafzimmer zurückzog, gab er sich einen Ruck und sagte: „Ja, ich mag dich auch so sehr gern.“ Dann schloss er die Tür, legte er sich hin und schlief, nachdem sich sein klopfendes Herz wieder beruhigt hatte, bald ein.

Mitten in der Nacht wachte er auf. Jemand berührte, ganz vorsichtig, seine Schulter. Er öffnete die Augen und sah Meto im Halbdunkel mit Ruana im Arm vor seinem Bett stehen.

„Meto? Was ist denn?“

Zum ersten Mal verwendete dieser ihm gegenüber eine Art Zeichensprache. Er legte den Kopf zur Seite, auf seine zusammengelegten Hände, und schüttelte dann den Kopf.

„Kannst du nicht einschlafen?“

Meto nickte traurig. Aus irgendeinem Grund hatte er seinen Notizblock im Wohnzimmer liegen lassen und war nun wirklich stumm.

Tsuzuku setzte sich auf. „Was hält dich denn wach?“, fragte er, obwohl er sah, dass der Kleine sein Schreibzeug nicht zur Hand hatte.

Statt einer Antwort zupfte Meto an der Bettdecke und sah ihn bittend an. Das war auch ohne Worte zu verstehen: „Kann ich zu dir ins Bett?“

Tsuzuku überlegte einen Moment. Er war sich nicht sicher, ob das eine gute Idee war. Bei einem Kind wäre es eine einfache Sache gewesen, doch Meto war kein Kind mehr und gerade vorhin war seine erwachsenere Seite so deutlich zu sehen gewesen. Aber andererseits… wenn der Jüngere diese Nähe brauchte, um endlich mit dem Grund für sein trauriges Auftauchen in Tsuzukus Wohnung herauszurücken… Schließlich hatte er sich entschieden und schlug die Bettdecke ein Stück beiseite. Wie ein Kind bei Gewitter kroch Meto zu ihm unter die Decke, Ruana fest im Arm und immer noch ohne ein Mittel zur Kommunikation.

Eine ganze Weile lagen sie schweigend nebeneinander. Tsuzuku bemerkte, dass irgendetwas in Metos Kopf angestrengt arbeitete, und trotzdem war er sehr überrascht, als er die leise, noch etwas kratzige Stimme neben sich hörte: „Tsu?“

Er sah Meto verwundert an. „Hast du was gesagt?“

„Tsu… Tsuzuku? Ha… hast du… mal… was getan, …obwohl du… wusstest, dass es… falsch war?“ Es war die Stimme eines Achtzehnjährigen, eindeutig ein Teil von Metos erwachsener Seite. Etwas, das nichts mit der mädchenhaften Puppe zu tun hatte. Die Worte klangen unbeholfen, natürlich, nach der langen Zeit. Doch es waren richtige Worte. Meto sprach. Was auch immer es war, das ihn auf einmal, nach zwei Jahren Schweigen, zum Sprechen brachte: Es musste eine große, schwerwiegende Sache sein.

„Ja, schon oft. Wieso fragst du?“, erwiderte Tsuzuku.

Meto brauchte eine ganze Weile, bis er leise antwortete: „Ich… wegen der… Arbeit … und so… Mein Vater… hat… er hat mich… angebrüllt, …dass ich… endlich… sprechen und arbeiten… soll…“

„Und was hast du gemacht?“

„Ich… hab geschrieben, …dass ich… das nicht will, …sprechen, …und dass ich… mir mein Ich… von früher… nicht wieder… aufzwingen… lasse…“

„Dein Ich von früher?“, fragte Tsuzuku und erkannte, dass das der Punkt war, den Meto bisher vor ihm verborgen hatte. „Das, weshalb du kaputt bist?“

Meto nickte.

„Magst du mir davon erzählen?“

„… nein… da kann ich …nicht… drüber reden…“

„Hast du denn oft Streit mit deinen Eltern?“

Meto schüttelte den Kopf. „Eigentlich… sind sie immer… lieb zu mir. Aber… weil ich ja… nicht spreche… und nicht arbeite… sind sie jetzt… ungeduldig. Sie… machen sich Sorgen, …dass aus mir… nichts wird… und dass ich… nicht lerne, wie ich… allein für mich… sorgen kann und so…“

„Kannst du das denn?“

„Ich… weiß, wie man… kocht und aufräumt und so… Ich helfe auch … zu Hause. Nur… arbeiten gehen, …das kann ich… eben nicht…“

„Wegen dem Sprechen?“

Meto nickte. Und Tsuzuku verstand: Auch, wenn Meto jetzt mit ihm sprach, hieß das noch lange nicht, dass er auch mit anderen Menschen sprechen konnte. Genauso, wie er sich Fremden niemals ungeschminkt zeigen würde. Meto als Puppe, als Gesamtkunstwerk, war und blieb stumm. Tsuzuku sah zwar gerade den Jungen dahinter, der sich nun endlich zum Sprechen durchgerungen hatte, doch ihm war klar, dass das nur ihm galt und Meto diese Seite von sich bestimmt so bald niemand anderem zeigen wollte.

Wieder schwiegen sie eine Weile. Tsuzuku, weil er nicht wusste, was er fragen sollte, und Meto wohl, weil ihm das Sprechen einfach schwer fiel.

Doch auf einmal bewegte Meto sich, rückte ganz nah an Tsuzuku heran und legte den Kopf an dessen Schulter. „Ich hab dich lieb, Tsuzuku“, flüsterte er und hielt den Arm des Älteren fest. Diese wenigen Worte kamen ganz ohne Stocken, wohl direkt aus Metos Herzen, und enthielten die ganze merkwürdige Art der Freundschaft zwischen ihnen. Der Altersunterschied (Meto hatte ganz richtig geraten, Tsuzuku war fünfundzwanzig), die Vertrautheit, obwohl sie sich noch gar nicht lange kannten und nicht einmal den echten Vornamen des anderen wussten, die ganze Merkwürdigkeit dieser Freundschaft zwischen zwei unsozialen Außenseitern, die sich am Rand der Welt jeder eine eigene geschaffen hatten und diese eigenen Welten nun langsam miteinander verbanden.

Tsuzuku drehte sich langsam auf die Seite, bis seine Lippen fast Metos Stirn berührten, und erwiderte, ebenso leise: „Ich dich auch, Meto.“

Eine Welle von beinahe überwältigendem Nähegefühl stieg in ihm auf und sein Herz klopfte aufgeregt, als ihm endgültig klar wurde, dass er von nun an wirklich nicht mehr allein war. Er hatte endlich, obwohl er es schon fast aufgegeben hatte, jene tiefe Freundschaft gefunden, nach der er sich schon sein ganzes Leben lang sehnte.

Irgendwann schliefen sie so ein, dicht aneinander gekuschelt und, trotz allem Unglück, das es in ihren Leben außerhalb dieses Raumes gab, in diesem Augenblick glücklich.


Nachwort zu diesem Kapitel:
1.
Bevor jetzt hier irgendjemand fragt: Nein, das wird KEIN Shonen-Ai! "Yoyogi" ist eine reine Freundschaftsgeschichte, wenn auch um eine etwas merkwürdige Freundschaft zwischen zwei ebenso merkwürdigen Menschen.

2.
Vorschau: Tsuzuku und Meto wagen gemeinsam einen Schritt in Richtung ihrer Träume und jemand Neues erscheint auf der Bildfläche... Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2014-10-19T15:29:51+00:00 19.10.2014 17:29
<3 <3
Tolles wunderbares Kapitel.^^
Echt gut alles beschrieben.^^
Hat mir super gefallen.^^

Lg^^

Antwort von: Harulein
19.10.2014 19:06
Arigatou ^^
Von: Futuhiro
2014-08-01T20:39:02+00:00 01.08.2014 22:39
Hmmm ... also wenn du jetzt nicht ausdrücklich "kein Shonen-Ai" vorn reingeschrieben hättest ... XD

Ich finde die Idee super, daß Meto einfach mal konsequent daheim vor die Tür gesetzt wurde. (Also nicht, weil ich es Meto gönne, sondern weil es die Story aus dramaturgischer Sicht extrem aufwertet.) Aber ein bischen zu fluffig war es für meinen(!) Geschmack doch. Tsuzuku ist so ein gestandener Kerl, und dann lässt er Meto wie ein Kind mit Angst vor Gewitter, mit Teddybär im Arm, zu sich ins Bett klettern. Ich hätte Meto aus meinem Schlafzimmer rausgeschmissen, ehrlich. XD

Ich hätte mir irgendwie eine genauere Beschreibung gewünscht, wie Metos Stimme jetzt klingt, nachdem er sie 2 Jahre nicht gebraucht hat. Es war zwar von <kratzig> die Rede, und man hat an den Lückenzeichen die Sprechpausen und Stockungen im Redefluss gemerkt, aber irgendwie ... konnte ich mir trotzdem nix richtiges drunter vorstellen.
Antwort von: Harulein
02.08.2014 06:57
Meto wurde nicht vor die Tür gesetzt, er ist abgehauen.

Ja, das Kapitel ist viel Zucker, war aber so beabsichtigt. Ich wollte einfach mal so was schreiben. Drama meets Sugar gehört zu meinem Stil. ^^

Ich hab da so eine Vorstellung von Metos Stimme im Kopf, die ist aber schwer zu beschreiben. Eventuell hole ich das nach, so bald ich es gut hinbekomme.
Von:  Tesla
2014-05-15T05:02:08+00:00 15.05.2014 07:02
Ich muss ganz ehrlich zugeben das ich Angst hatte das es wirklich shonen-ai wird. Ich les das zwar sehr sehr gerne aber ich finde hier hätte das so wenig rein gepasst wie ein Presslufthammer in einen Swarovski laden;) deswegen bin ich echt froh das es nur eine tiefe Freundschaft ist. Man kuschelt ja auch durch aus mit seinen Freunden. Kurze Anmerkung am Rand schön das endlich mal noch ein anderer Kommis schreiber auftaucht. Ich find das immer recht deprimierend, das hier sowenig Kommis sind dabei ist die Story so mega toll.*___________*
Antwort von: Harulein
15.05.2014 07:30
Ja, nur Freundschaft ^^ Aber halt ein bisschen anders als normal, deshalb werde ich m Laufe der FF auch immer wieder solche Sachen einbauen. Wenn man sich da so manche Bilder anschaut, dann sind Tsuzuku und Meto ja wirklich bisschen special zusammen und das will ich rüberbringen.
Danke fürs Kompliment ^^

lg
Haru
Von:  Kaylien
2014-05-14T19:57:48+00:00 14.05.2014 21:57
So, da ich das hier jetzt schom vom ersten Kapi weg verfolge mach ich jetz auch mal ein Kommi ^^ *in sowas nicht besonders gut ist* (nur mal als Warung x'D)

erst einmal mag ich deinen Schreibstil :3 ich finde man kann sich von Anfang an super in die beiden rein versetzen :33 (mir tut meto grad furchtbar leid ;-;)
Ich mag auch das Bild, das du von meto erschaffst... auch wenn ich glaub das der garnicht sooo klein is <.< ich glaub der is ungefähr gleich groß wie Tsuzuku...aber durch den Rollstuhl und so... ;3
Auf jeden Fall passt bei den beiden nach der Beschreibung die du von ihnen gibst sehr gut in den groß Teil meiner Vorstellungen von ihnen :3
Außerdem mag ich das es nicht Shonen-Ai ist... les das zwar auch gerne, aber bei FF's mit realen Musikern find ich's manchmal... kritisch... <.< also, wenns totaaal genau is und ned AU oO

Bin auf jeden Fall gespannt wie's weiter geht *3*
(ich rat mal das als nächstes Mia auftaucht... :3)

LG Kay
Antwort von: Harulein
14.05.2014 22:09
Erstmal vielen Dank fürs Kommentieren und das Kompliment an meinen Stil ^^

Ich antworte dann mal:
1. Das "klein" bei Meto bezieht sich eher darauf, wie er durch die Lolitasachen und so rüberkommt. Zu Anfang wirkt er halt kindlich und süß und so, was sich ab jetzt aber auch etwas ändern wird, weil er im folgenden mehr aus sich rauskommt.

2. Schön, dass ich dein Bild von ihnen treffen konnte.

3. Ja, Shonen-Ai ist ne kritische Sache, obwohl ich's inzwischen auch gern mag. Klar kommen hier manche Szenen so rüber, als ob's in die Richtung geht, aber in dieser FF bleibts wirklich bei (wenn auch sehr enger) Freundschaft.

4. Richtig geraten! ^^

lg
Haru


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