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Im Schatten der Zukunft

Noel & Lightning
von

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Im Schatten der Zukunft II

Im Schatten der Zukunft II
 


 


 

Trotz seines Angriffs, dem Wind, der ihm bei der Ausführung in die Haut seines Gesichtes biss, konnte Noel erkennen, wie Lightnings Blick sich veränderte. Der Ausdruck in ihren ruhigen, eisblauen Augen wurde schärfer und zeigte Entschlossenheit, zeugte von Kämpferwillen. Ihr rechter Arm hob sich elegant in die Höhe und er konnte sehen, wie sie mit ihrer Hand nach hinten griff, vernahm das surrende Geräusch, welches entstand, als sie die Klinge ihres Schwertes aus der Befestigung an ihrem Rücken zog.
 

Sie würde sich also ernsthaft verteidigen. Das musste sie. Denn die Bewegungen des jungen Jägers waren schnell, unverhofft und von gezielter Tödlichkeit. Das wusste er, das wussten sie beide. Und er würde es der jungen Frau nicht leicht machen, nein, und ihr Leben verschonen schon mal gar nicht. Nein, er würde gewinnen, hatte gar keine andere Wahl. Er musste diesen Kampf einfach gewinnen… für Yul… den Traum einer besseren Zukunft.
 

Zu der Erfüllung dieses Traumes waren ihm alle Mittel recht. Sogar wenn er für so viele andere den Tod bedeutete. Auch wenn ihm bei den Gedanken daran, Lightning töten zu müssen, schlecht wurde, ein ängstliches, schwaches Zittern vor dieser Tat seinen ganzen Körper immer wieder von Neuem ergriff. Er konnte nicht mehr zurück. Zu viel hatte er bereits verloren, nichts mehr was ihn hielt in dieser Welt… außer die Erinnerungen an ein Versprechen, Worte der Hoffnung in der einsamen, himmellosen Dunkelheit, die er seit bereits viel zu langer Zeit alleine durchlitt.
 

Diese Worte der Hoffnung hatten ihn so lange am Leben erhalten, mit Wissen über so viele Vergangenheiten und Zukünfte beschenkt, dass er viel zu oft schon glaubte, dran zu Grunde zu gehen. Was hatte ihn all die Jahre nur vor dem völligen Verfall des Wahnsinns bewahrt? Wirklich sie? Das Mädchen, das ihren eigenen Tod vorhersah und als es starb, sein Herz in den vollkommenen Schmerz der Verzweiflung und Trauer riss? Die Hoffnung, irgendwo und nicht ganz verloren, dass sie doch irgendeines Tages wiedersehen würden?
 

Er würde Yul wiedersehen, koste es, was es wolle, er war jeden Preis, ja, sogar seine Seele, dazu zu zahlen bereit. Das Ende hatte seinen Anfang gefunden, hier und jetzt.
 

Hass, Trauer und Hoffnung trieben ihn voran und mit seinem rechten Fuß stieß er sich vom Boden ab. Nach einem kaum merklichen Augenblick in der Luft, setzte er zum Schlag an. Und der melodische Klang von zwei aufeinander treffenden Schneiden erklang, als die Schwertklinge in Noels rechter Hand auf die Lightnings traf, und er den Druck des Aufpralls durch seine Arme wandern spürte. Überrascht über diesen starken Widerstand, der Kraft, mit welcher die, schöne, junge Frau ihm standhielt, schoss sein Kopf in die Höhe und er blickte in das Gesicht seiner Gegnerin. Ein leiser, geschockter Laut verließ seinen Mund.
 

Um den Schlag zusätzlich an Kraft zu verleihen, hatte er mit seiner zweiten Waffe nachgesetzt, gehofft Lightning damit an Balance zu nehmen. Doch ohne auch nur ein kleines bisschen nachzugeben, blockte sie den Angriff des jungen Jägers einfach und hielt ihr Schwerte mit niedersinkender Klinge aufrecht vor ihren Körper. Einige, lange Strähnen ihres morganitfarbenen Haares tanzten sachte in der bewegten Luft, während sie mit kalten, leichten Spott tragenden Augen auf Noel niederblickte.
 

„Ist das alles, was du kannst?“, fragte sie unbeeindruckt und drückte den jungen Jäger leicht zurück.
 

Klirrend rieben sich ihre Klingen aneinander und Noel, der die Spannung der Schwerter zwischen ihnen beiden irgendwie zu lösen versuchte, stieß ein schwaches Knurren über seine Lippen, als er dabei mit seinen Füßen zurück zu rutschen drohte. Nachdem die junge Frau Noel gewaltvoll von sich stieß, nutze jener den Stoß, um sich sofort vom Boden abzustoßen und aus der Reichweite seiner Gegnerin zu gelangen.
 

Im Sprung hatte er sich leicht um sich selbst gedreht, um zu sehen, wo er wieder aufsetzte. Vor Anstrengung schnappte er kurz nach Luft, nachdem er wieder sicher auf seinen Füßen aufgekommen war und alarmiert, mit dem Gefühl der Gefahr hintern Rücken, wollte er sich sofort wieder richtig aufrichten. Doch er war zu langsam. Sein Kopf ruckte zur Seite, als er plötzlich einen Luftzug zu seiner Rechten vernehmen konnte. Schnell versuchte er sich herumzudrehen und seine meeresblauen Augen weiteten sich vor Unglauben, als er auf einmal und völlig unerwartet, die schemenhafte, bewegliche Silhouette Lightnings direkt neben sich erblickte.
 

Wie konnte das sein? Diese Frau war nicht nur unglaublich stark, nein, auch zudem ungewöhnlich schnell. Hatte er sich mit ihr als Gegnerin etwa zu sehr übernommen?
 

Dieser unerwartete Moment stellte den jungen Jäger beinahe handlungslos. Er regierte viel zu langsam, war viel zu überrascht und alles, was er tun konnte, war sein Schwert schützend hochzureißen, bevor die scharfe Klinge in der Hand der jungen Frau in wohlmöglich ernsthaft verletzte. Denn wie erwartet, schoss jene mit einer bedrohlichen Geschwindigkeit aus den Schatten hervor, traf kraftvoll und klirrend auf die, welche er fest in seiner rechten Hand hielt. So überrumpelt, wie Noel war, hatte er nicht viel entgegenzusetzen. Er hielt der Attacke nicht weiter Stand, und der Druck, den Lightning mit ihrer Waffe gegen seine Verteidigung ausübte, brach seine Schutzbarriere, worauf die präzis geführte Klinge singend an der seinen entlang glitt.
 

Alles, was er tun konnte, war mit seinen Oberkörper zurückzuweichen, fühlte dabei einen scharfen, beißenden Luftzug, der die Haut seiner linken Wange strich, als die Schneide des Schwertes an seinem Gesicht vorbei stieß. Unsanft wurde Noel von dem Druck, der sich bei dem Angriff entlud, nach hinten gedrängt und wagte einen rettenden Sprung aus Lightnings unmittelbarer Nähe.
 

Als er in sicherer Entfernung zu der jungen Frau auf dem Boden ankam, geriet er ins Straucheln und stolperte ein paar unkontrollierte Schritte zur Seite. Dieser Angriff forderte ein ungewöhnliches Aufgebot an Kraft, hatte ihn schon so sehr ausgelaugt, dass der junge Jäger plötzlich zu Boden fiel.
 

Sichtlich erschöpft, mit einigen tiefem Holen nach Luft, stütze er sich auf das Schwert in seiner linken Hand ab. Seine Wange, die Stelle, an der er zuvor den schneidenden Luftzug gespürt hatte, brannte und er fühlte, wie eine warme, dünne Flüssigkeit die Haut dort benetzte.
 

„Verdammt… dein Gott hat dir Wahnsinnskräfte geschenkt.“, brachte Noel unter einigen, schweren Atemzügen hervor.
 

‚Verdammt, steh auf. ‘ stachelte er sich zudem gedanklich an, als er bemerkte, wie Lightning sich langsam auf ihn zubewegte. Doch es wollte ihm nicht gelingen, sein Körper entwich seiner Kontrolle und verlangte ihm Moment nach nichts weiteren von ihm, als Luft zum Atmen, einer kurzen Erholung.
 

„Ich würde sagen, er segnete mich mit einem Fluch.“, hörte er Lightnings nach wie vor sanfte Stimme sagen.
 

„Mächtiger denn je, doch für welchen Preis?“
 

Durch den fransigen Schatten einzelner, blondbrauner Haarsträhnen, welche ihn immer wieder vors Gesicht fielen, konnte er erkennen, wie die die junge Frau mit den feinen Fingern ihrer freien Hand den schwarzen Stoff über ihrer Brust berührte.
 

„Ich weiß nicht einmal, ob ich überhaupt noch ein Mensch bin.“
 

„Kein Mensch?“, brachte Noel leicht angestrengt hervor, und sein Kopf war unter dem Gesagten Lightnings beunruhigt in die Luft geschossen.
 

„Was bist du dann, Lightning?“
 

Wenn sie kein Mensch mehr war… was war sie dann? Hatte Bhunivelze sie letztlich… vielleicht selbst gottesgleich gemacht?
 

Göttin Lightning, bekannt als die Erlöserin und Bringerin einer neuen Welt. Bei diesem Gedanken musste Noel innerlich trotz seiner Situation leicht schmunzeln, denn er stand ihr. Erinnerte ihn an den Tag, als er sie das erste Mal in Walhalla traf. Würde den Glanz von Anmut, Stolz und Kraft, den sie damals ausstrahle, wohl nie vergessen. Und eigentlich… nach all der Zeit, ganzen fünfhundert Jahren, hatte sie davon kein kleines bisschen was verloren.
 

„Wenn ich das nur wüsste.“, erklärte Lightning, während sie ihren Kopf ein wenig senkte und auf die Finger sah, welche nach wie vor auf ihrer Brust ruhten.
 

„Ich habe mehr Leben genommen, als ich zählen kann. Mit auch nur einen Rest Menschlichkeit in mir, wäre ich an den Schuldgefühlen bereits zerbrochen.“
 

Mühsam versuchte der junge Jäger sich wieder aufzurichten, als er die leichten Schritte vernahm, mit welchen Lightning sich langsam weiter auf ihn zubewegte.
 

„Doch sehe ich etwa zerbrochen aus?“, meinte die junge Frau, hatte eine auf einmal untypische, leicht herrische Tonlage in ihrer Stimme.
 

„Ich werde Serah wiedersehen. Dafür bin ich bereit so lange wie nötig zu kämpfen und alles aufzugeben. Wenn es sein muss, sogar meine Menschlichkeit.“
 

Noel wusste weder, was er denken, noch was er fühlen sollte, als er Lightnings Worte vernahm. Die junge Frau suchte nach Serah… ihrer Schwester. Er konnte spüren, wie der Name einen leicht stechenden Schmerz durch sein Herz jagte, Erinnerungen weckte. Serah… auch sie war eine Seherin gewesen, genauso wie Yul. Auch sie hatte die Zukunft und ihren Tod vorausgesehen… genauso wie Yul. Und auch sie war in seinen Armen gestorben… genauso wie Yul.
 

Sein Herz klopfte unangenehm in seiner Brust und ein kalter Schauer aus Wut, Selbsthass und Trauer fuhr ihm durch den ganzen Körper, während er sich noch immer weiter aufzurichten versuchte. Sein Inneres schien sich gerade zu überschlagen. Er fühlte sich auf einmal unangenehm schwach, als ihm seine Erinnerungen seine Fehler und sein Versagen aus vergangenen Tagen auf einmal wieder vor seine Augen führten. Und das gefiel ihm nicht. Es behinderte und brachte nur Schwierigkeiten, sich von irgendwelchen Gefühlen zu sehr beherrschen zu lassen. Doch er konnte nichts gegen tun. Er fühlte sich schuldig. Schuldig gegenüber Yul… Serah… und auch Lightning. Er hatte sie alle drei enttäuscht, und zwei von ihnen konnte er nicht beschützen. Er hatte versagt… und vielleicht fiel es Lightning gerade deswegen nicht besonders schwer ihn zu töten, sollte er ihr dazu die Gelegenheit bieten. Ganz ihm Gegensatz zu ihm. Er wollte die junge Frau nicht töten, verfluchte die prophezeite Zukunft, die Aufgabe, welche sie ihm auferlegte. Den Traum, jenen er um alles in der Welt einfach nicht aufgeben konnte…
 

Er stand sich selbst im Weg. So konnte er aus diesem Kampf nicht als Sieger hervorgehen.
 

Der junge Jäger rappelte sich noch weiter auf, schüttelte kaum merklich seinen gesenkten Kopf. Doch er musste es schaffen. Er durfte jetzt doch nicht so einfach aufgeben. Nein, er musste es schaffen… irgendwie…
 

„Du bist nicht wie ich, Noel.“, horchte er aufmerksam den Worten, welche Lightning ihm zusprach, fand letztlich auch wieder den Mut, seinen Blick zu heben und der jungen Frau ins Gesicht zu sehen.
 

„Du bist anders. Selbst wenn es um die Zukunft oder ein Wiedersehen mit Yul geht.“
 

Er verfolgte die Schritte, mit welchen Lightning sich ihm immer mehr näherte, doch dann blieb sie plötzlich ein paar Meter vor ihm stehen.
 

„Du hast es nicht in dir, mich zu töten.“, sagte sie dann, zaghaft, und er zuckte leicht zusammen und ein schwacher, kaum hörbarer Laut verließ seinen Mund, als er ihren sanften, gefühlsvollen Blick auf seiner Gestalt ruhen spürte, ihre Worte nachspürte.
 

„Du bist noch immer menschlich.“
 

Er merkte, wie sein Blick sich änderte, Unsicherheit und Zweifel sich schleichend in seinen meeresblauen Augen zeigte. Lightnings Worte ließen ihn nicht unberührt, er konnte sie einfach nicht ignorieren und es war, als wurde auf einmal etwas über ihm zusammenbrechen. Weitere Erinnerungen, verschwommene Bilder schlugen auf ihn ein und nahmen nach und nach Formen an. Er sah Personen… Menschen, die ihm wichtig waren, die ihm nahe standen, die ihm vertrauten…
 

Yul… Caius… Serah… er wollte keinen von ihnen verlieren, doch letztlich konnte er es doch nicht verhindern. So gesehen war Lightning der einzige Freund, den er noch nicht an das Chaos verloren hatte. Und trotzdem standen sie sich nun gegenüber, würde er auch sie verlieren…
 

„Du hast einst einen Freund getötet, um die Welt zu retten. Aber das schaffst du nicht noch einmal.“, riss die junge Frau ihn auf einmal wieder aus seinen Gedanken und er sah erschrocken auf.
 

„Oder? Ich weiß, dass ich recht habe. Ich sehe es in deinen Augen.“
 

Erneut stieß Noel einen entsetzten, doch diesmal vernehmbaren Laut aus. Er wurde nervös, wollte es verbergen, doch gelingen wollte es ihm nicht. Anderseits wusste er, dass er der jungen Frau nichts vormachen konnte. Sie lass offen ihn ihm, aus seinen Augen, seinen Verhalten, ja, wahrscheinlich sogar aus seiner Atmung und er konnte nichts dagegen unternehmen. Das machte ihn auf sich selbst wütend und er fühlte ein leicht brodelndes Gefühl in sich aufsteigen. Und zum ersten Mal nach etwas längerer Zeit erhob er wieder das Wort.
 

„Du denkst, ich würde dir nichts antun? Bist du dir da sicher?“, entgegnete er mit lauter, aufgeregter Stimme und bemerkte, wie für einen kurzen Augenblick sich eine Spur von Verwunderung in den Augen der jungen Frau zeigte.
 

„Nein, aber die Uhr tickt, und ich habe noch viel zu erledigen, bevor die Zeit dieser Welt ganz abläuft.“
 

Sie machte einen kleinen Schritt auf ihn weiter zu, hob das Schwert in ihrer rechten Hand ein wenig an.
 

„Stell dich mir nicht in den Weg, Noel. Du magst noch Skrupel haben, aber ich nicht.“, meinte sie, bewegte sich mit langsamen Schritten immer mehr auf ihn zu und mit jeden Schritt, den sie tat, hob sie die seitlich gestreckte Klinge ihres Schwertes ein Stückchen an.
 

„Nicht mehr.“
 

Und der junge Mann versuchte das unangenehme, prickelnde Gefühl der Gänsehaut zu unterdrücken, die sich soeben auf seiner Haut ausbreitete. Hielt die Klingen seiner beiden Schwerter schützend vor seinen Körper, während er sah, wie sie sich ihm immer weiter näherte. Doch dann ließ er seine Waffen ruckartig wieder sinken, sah, Wut und Verzweiflung in sich tragend, Richtung Boden. Er wollte das nicht. Er wollte diese Frau nicht töten.
 

„Verdammt, Lightning. Ist das alles, was von dir noch übrig ist?“, fluchte er, fühlte sich einfach nur noch überfordert.
 

Es gab nichts, was er gegen das Sträuben tun konnte und er fühlte sich hilflos. Doch wusste er, wenn er jetzt aufgab, dann gab es keine Zukunft für Yul… und für ihn. Was sollte er nur tun?
 

Voller Panik starrte Noel in das Gesicht seiner Widersacherin, suchte vergeblich in den eisblauen Augen nach einem warmen Hauch, dem Mitgefühl und der leichten Trauer, die sie so oft schon in ihnen trug. Nur konnte er nichts davon ihn ihren Blick mehr erkennen.
 

„Ganz recht. Um Serah zu retten, gebe ich alles auf. Ich spiele sogar Gottes kleine Marionette. Und niemand kann mich von meinem Weg abbringen, nicht einmal du.“
 

Ein unangenehmes Kribbeln erfasste den jungen Jäger. Er hatte damals Caius, seinen Freund, den einzigen Menschen, den es neben ihn noch in seiner Zeit gab, umgebracht, nur um diese, ebenso dem Untergang entgegensteuernde Welt zu retten. Heute erschien ihm sein Opfer nur noch wie ein schlechter Witz und vom Schicksal verpönt. Am Ende hatte er es nicht einmal gewollt. Und irgendwo in ihm existierte dieser Teil, der niemanden verletzen wollte, noch immer. Wegen ihm war er am verlieren…
 

„Sag mir Lightning… was würdest du an meiner Stelle tun?“, flüsterte er leise, seine Worte nicht mehr als ein schwacher Hauch, sodass sie die junge Frau nicht erreichten und nur er sie in seinem Kopf nachklingen hören konnte.
 

Sein Blick haftete auf den scharfen Stahl der Klinge, die Lightning erhoben über ihren Kopf in der Luft hielt.
 

„Du suchst nach Yul? Dann finde sie im Tod!“, Noels Augen weiteten sich vor Schock, als er die Klinge seiner Gegnerin auf ihn niederrasen sah und er brachte einen erstickten Ton hervor.
 

Instinktiv riss er seinen rechten Arm in die Höhe, wollte den Schlag nur irgendwie parieren und klirrend traf die Schneide seines Schwertes auf die der jungen Frau. Er hatte alle Kraft in den abwehrenden Hieb gesteckt, so dass es ihm gelang Lightning Versuch, ihn zu töten, zu vereiteln.
 

„Ja, ich werde sie finden.“, hauchte Noel in kurzen, schnellen Atemzügen und Lightning, machte, über seinen plötzlichen, nicht so stark erwarteten Widerstand, einen kleinen Sprung nach hinten.
 

Langsam sanken seine Arme hinab und die Stahlklingen in seinen beiden Händen kratzten mit einen unangenehmen, kratzenden Geräusch über den harten Steinboden.
 

„Darauf kannst du Gift nehmen.“
 

Der junge Jäger konnte Lightnings Blick auf sich spüren, wie die junge Frau ihn einfach nur kurz erstaunt ansah, ja, er hatte sogar vernehmen können, wie sie bei seinen Worten leicht zusammengezuckt war, was ihn insgeheim leicht schmunzeln ließ, während er den Griff seiner beiden Hände auf einmal um den Heften seiner Schwerter lockerte, bis jene mit einen klirrenden Geräusch zu Boden fielen.
 

So stand er der Erlöserin also wehrlos gegenüber, und trotzdem… sie zögerte. Das war ihre Chance, es würde ihr nicht viel Mühen kosten, ihn jetzt einfach zu töten. Doch das tat sie nicht. Und innerlich atmete er erleichtert aus. Denn er würde nicht so einfach aufgeben, auch wenn er nicht wusste, wie er sich aus dieser Lage, seinen Zwiespalt, befreien sollte. Er brauchte einen Plan, denn…
 

Er wollte Yul wiedersehen, ja, aber gleichzeitig wollte er nicht für Lightnings Tod verantwortlich sein. Er würde nicht kämpfen, zumindest nicht so, wie es von ihm verlangt wurde… und es vielleicht irgendwo einen leisen Funken Hoffnung auf eine andere Weise der Erfüllung der Prophezeiung gab. Er musste ihn nur finden… irgendwie… Doch dafür musste er leben.
 

„Yul und ich, wir werden beide leben… in einer gemeinsamen Zukunft, die ich ermöglichen werde. Ich werde es schaffen.“, meinte er und blickte direkt in die überraschten, eisblauen Augen Lightnings.
 

Noel schluckte nervös die Luft in seinen Lungen hinunter, während er sich mit langsamen, vorsichtigen Schritten auf die junge Frau ihm gegenüber zubewegte. In den letzten Minuten, während des Kampfes war ihm etwas klar geworden; er konnte Lightning nicht töten, nicht so…
 

Keine Waffe, Worte oder auch Gefühle konnten der jungen Frau etwas anhaben, nicht mehr. Was auch immer dazu nötig war, Angst oder gar Zweifel, sie hatte all das vor schon langer Zeit verloren. Hatte sie selbst im ewigen Kampf gegen das Chaos, den Tag, an dem sie sich das erste Mal begegneten, keines dieser Hindernisse zugelassen gehabt. Sie war weder antastbar, noch verwundbar… vielleicht war sie gar schon… zu perfekt? Tatsächlich kein Mensch mehr…
 

Doch Noel musste zugeben, diese Art, Lightnings unerschütterlicher Mut und unglaubliche Kraft hatten ihn schon damals sehr fasziniert, hätte nie gedacht, dass eine einzelne Frau so stark sein konnte. Dass jemand, der nichts mehr besaß, als die Loyalität zu ihren Freunden und der Liebe ihrer Schwester, so sehr und unbeugsam, dem Schicksal zu trotzen fähig war. Seine Bewunderung hatte ihn sich seit jenem Tag wie ein unscheinbarer Zauber gefangen genommen und nie wieder los gelassen.
 

Während der junge Jäger sich immer weiter seiner Widersacherin näherte, konnte er spüren, wie sein Herz mit jedem Schritt, welchen er auf sie zutat, aufgeregt und schneller als gewöhnlich gegen seine Brust schlug. Sein Takt war mit einem Mal so schnell, so laut, dass es ihn nicht wundern würde, könnte auch die junge Frau ihn problemlos hören. Dass er sich nicht schön längst verraten hatte.
 

Und trotzdem war das vielleicht seine einzige Gelegenheit…
 

„Lass uns diese Einsamkeit, die uns zu einem und dem gleichen macht, doch endlich hinter uns bringen… Lightning…“, … endlich etwas richtig zu machen.
 

Achtsam streckte er seinen rechten Arm nach der jungen Frau aus, die Finger an seiner Hand zitternd, zögernd nach dem Gesicht vor ihm ausgestreckt. Ein flüchtiger Augenblick, der Noel dennoch viel zu langsam vorkam und sämtlichen Mut zu rauben schien, als er sah, wie Überraschung, Schock und Verwirrung aus den eisblauen Tiefen vor ihm sprachen, während seine Finger zaghaft die warme Haut Lightnings linker Wange berührten.
 

„Wir beide… was haben wir denn noch zu verlieren…?“, sprach er mit flüsternder, zittriger Stimme zugleich.



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