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Still Some Hope Left

von

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Rückkehr

Ein leises, fast trauriges Seufzen kam über Chris Redfields Lippen, als er die Küste entlang ging.

Drei Monate war es nun her, dass er auch noch das allerletzte Mitglied seines letzten Teams verloren hatte: Piers Nivans. Den Mann, dem er ohne zu zögern die Zukunft der B.S.A.A. in die Hände gelegt hätte, den er als seinen Nachfolger auserkoren hatte.

Eigentlich hatte sich der 39-Jährige an diesem Tag in den wohlverdienten Ruhestand begeben wollen. Zumindest aus dem aktiven Dienst wäre er weitestgehend zurückgetreten. Ganz ohne die Arbeit bei der B.S.A.A. hätte er es nach der langen Zeit vermutlich gar nicht mehr ausgehalten.
 

Aber dann war alles anders gekommen als geplant. Und schon allein um Piers’ Willen musste er sein Leben nun fortsetzen und Captain des Alpha-Teams bleiben. Das war er seinem Partner einfach schuldig.

Piers hatte ihn nach dem Vorfall in Edonia aus seinen Depressionen gerettet und ihm geholfen, gegen seinen traumatischen Zustand anzugehen. Ansonsten hätte sich Chris vermutlich wirklich gänzlich in seinem Kummer ertränkt und sich weiterhin vor den schlimmen Erinnerungen gedrückt.

Der junge Soldat hatte immer loyal zu ihm gehalten und ihm dabei dennoch jederzeit ohne zu zögern seine Meinung mitten ins Gesicht gesagt, ganz gleich, welche Folgen das für ihn hätte haben können. Und diese Ehrlichkeit war etwas, das Chris immer sehr an Piers geschätzt hatte. So verbittert der Scharfschütze auch oft gewirkt hatte, war er doch ein unglaublich gutherziger Mensch gewesen, der seine Kameraden niemals im Stich gelassen hatte. Die B.S.A.A. war für ihn wie eine große Familie gewesen. Und Chris hatte diese Ansicht stets geteilt.
 


 

Seufzend blieb er stehen und blickte nachdenklich auf das Wasser hinaus.

Immer wieder hatten ihn in den letzten Nächten Albträume geplagt. Immer wieder sah er in ihnen Piers’ halb mutierte Gestalt, die ihn mit entschuldigendem aber entschlossenem Blick in die Rettungskapsel stieß. Dann Haos, die riesige BOW, die diese Kapsel angriff und Chris beinahe an seiner Flucht gehindert hätte. In letzter Sekunde hatte Piers einen letzten Angriff auf die BOW gestartet und sie am weiteren Attackieren gehindert, ehe die ganze Unterwasser-Einrichtung mitsamt Piers und Haos in die Luft geflogen war.

Und da war nichts gewesen, was Chris hätte tun können, um das Unglück zu verhindern. Hätte er doch nur besser aufgepasst! Wäre er schneller aufgestanden und dem ersten ausschlaggebenden Angriff der BOW ausgewichen, dann hätte Piers ihn nicht wegstoßen und den Angriff mit dem eigenen Körper abfangen müssen.

Dann hätte der junge Soldat nicht seinen Arm opfern und sich das C-Virus injizieren müssen. Und das alles nur, um Chris zu retten.
 

Der B.S.A.A.-Captain schüttelte den Kopf. Ganz gleich, wie schuldig er sich auch fühlte, wie sehr er sich auch selber niedermachte, es brachte doch alles nichts. Piers hätte nicht gewollt, dass sich sein Captain nun in Depressionen stürzte. Er musste sein Leben nutzen, damit Piers’ Opfer wenigstens nicht ganz umsonst gewesen war.

Aber noch lastete der Schmerz einfach zu schwer auf Chris, um sein Leben einfach weiter führen zu können, als wäre nie etwas gewesen.

Er hatte nicht nur Piers verloren, sondern sein gesamtes Team. Und das gleich zwei Mal.

Es hatte einen ganzen Monat gedauert, bis Chris wieder in der Lage gewesen war, vernünftig weiter zu arbeiten, und einen weiteren, bis er in seinem neuen Team nicht jedes Mal seine gefallenen Kameraden gesehen hatte.

Er wurde nicht jünger, und bei den Schrecken, die er schon erlebt hatte, dauerte es von Mal zu Mal länger, die Geschehnisse zu überwinden.

Die Angst, noch einmal alles zu verlieren, hatte er noch immer nicht ganz überwunden, und vermutlich würde er das auch gar nicht mehr schaffen.
 


 

Chris dachte an die letzten drei Monate zurück. Mehrere Male hatte seine Freundin und ehemalige Partnerin, Jill Valentine, ihn angerufen, jedes Mal hatte er sie mit einem knappen „Im Moment ist mir nicht nach Reden zumute, bald wird es besser, dann melde ich mich“ abgespeist. Anrufe seiner jüngeren Schwester Claire hatte er gar nicht erst entgegen genommen.

Und auch Leon S. Kennedys Erklärung, dass er sich zumindest wegen Ada Wong schon mal keinerlei Vorwürfe zu machen brauchte, dass sie am Leben war und es sich bei der Toten, von der Chris berichtet hatte, nur um einen Klon gehandelt hatte, hatten den Soldaten in keinster Weise aufmuntern können, ebenso wenig die Versuche des Jüngeren, ihn mal auf ein Bier oder ein Essen einzuladen.

Selbst als Leon und Claire eines Tages beide zusammen vor seiner Tür gestanden hatten, hatte er ihnen diese einfach wieder vor der Nase zugeschlagen, ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen.

Im Nachhinein bereute Chris diese Taten natürlich sehr. In den letzten zwei Monaten hatte sich keiner der Drei mehr bei ihm gemeldet.

Chris wusste, dass sie ihm nicht beleidigt waren, sondern ihm einfach seine Ruhe ließen, doch das machte es nicht wirklich besser, im Gegenteil. Er fand, dass er es durchaus verdient hatte, dass man ihm beleidigt war. In solchen Momentan hätte er jemanden wie Piers gebraucht, der ihn mal kräftig anschrie und ihm klar machte, dass er so nicht weiter kam.

Irgendwie musste Chris sein Verhalten Jill, Claire und Leon gegenüber wieder gutmachen. Er wusste nur noch nicht genau, wie er das anstellen sollte.
 


 

Nun aber wurden seine Gedanken ohnehin erst einmal von etwas abgelenkt, das einige Meter entfernt am Strand lag.

Es war ein junger Mann, so viel konnte Chris von hier aus erkennen. Und noch etwas erkannte er nach einem kurzen, zweiten Blick. Etwas, das ihm für einen kurzen Moment den Atem verschlug: Der Verunglückte trug eindeutig eine Uniform der B.S.A.A..

Der Soldat schnappte kurz erschrocken nach Luft, dann hastete er los, um seinem Kameraden zu helfen. Wer genau dort lag, hatte er bisher nicht erkennen können, doch je weiter er sich dem Scharfschützen näherte, desto klarer wurde es ihm.

Und sein Verstand, der ihm immer wieder einzubläuen versuchte, dass es einfach schier unmöglich war, musste sich letzten Endes doch der Wahrheit beugen.

Vor Chris auf dem Boden lag kein Geringerer als Piers Nivans. Und er war am Leben.
 

Der Soldat traute seinen Augen nicht. Einige Momente lang stand er einfach nur da und starrte auf den jungen Mann hinab, der vor ihm auf dem Boden lag.

Dann hatte er diese kurze Paralyse überwunden und ging neben ihm in die Hocke.

„Piers…?“, murmelte er und berührte den Scharfschützen leicht an der Schulter, erhielt aber keine Antwort, was er sich durchaus schon gedacht hatte.

Piers war am Leben, das hatte Chris mit einem kurzen Griff nach seinem Handgelenk festgestellt. Er atmete sogar, wenn auch recht langsam und stockend, was aber bei seinem Zustand alles andere als ein Wunder war. Im Grunde war es eher eines, dass er überhaupt noch atmen konnte. Sicherlich hatte er eine Menge Wasser geschluckt.

Zudem wies Piers' Körper mehrere Verletzungen auf, größere und kleinere, doch nichts deutete auf den Vorfall in China oder gar eine Infizierung durch das C-Virus hin. Der Scharfschütze war in keinster Weise mutiert und hatte noch dazu einen vollkommen intakten rechten Arm, zumindest, soweit Chris das auf den ersten Blick beurteilen konnte. Wie intakt dieser Arm wirklich war, würde sich erst zeigen, wenn Piers wieder bei Bewusstsein war.

„Was ist nur passiert…?“, fragte Chris sich, während er den Jüngeren weiter auf mögliche Verletzungen untersuchte. Er musste ihn schnellstmöglich hier wegbringen, musste dazu aber wissen, ob er ihm durch falsche Bewegungen weiteren Schaden zufügen konnte.
 

Der Scharfschütze war allerdings zwar sehr blass und stark unterkühlt, aber bis auf ein paar Kratzer und Prellungen konnte Chris keine ernsthaften Verletzungen erkennen.

Das Blut, das überall an Piers' Kleidung haftete, ließ seinen Zustand vermutlich nur noch kritischer wirken als er eigentlich war.

Jedoch zeichneten sich auch seine Muskeln zwar noch deutlich ab, dennoch wirkte Piers alles in allem ein wenig abgemagert. Aber anscheinend hatte er drei Monate unter Wasser verbracht, zumindest aber war er im Meer umher getrieben. Und dass er lebend hier angekommen war, war ein eindeutiger Beweis dafür, dass er nach wie vor infiziert war.

Das Virus hatte sicherlich auch einige der schlimmeren Wunden schon geheilt.

Aus diesem Grund wollte Chris seinen Partner auch nicht unbedingt in ein Krankenhaus bringen. Es war besser, wenn erst einmal niemand von der Infizierung und dem Überleben des jungen Mannes erfuhr.

Außerdem schien das Virus Piers bisher auch am Leben gehalten zu haben. Wenn es entfernt wurde, konnte es gut sein, dass sein Körper zu schwach war, um aus eigener Kraft wieder richtig zu genesen.

Sobald Piers wieder zu sich gekommen war und etwas an Kraft gewonnen hatte, würde sein Captain sich eine der Proben des Anti-Virus, das aus Jakes Mullers Blut gewonnen worden war, von der B.S.A.A.-Krankenstation besorgen. Und dann würde alles wieder gut werden, da war er sicher.

Doch zuerst musste er Piers erst einmal so weit aufpäppeln, dass er wieder aufwachte. Und bei dem momentanen Zustand des jungen Soldaten war das sicherlich kein leichtes Unterfangen.
 

„Erst einmal bringe ich dich weg, und dann sehen wir weiter…“

Aus irgendeinem Grund hatte Chris es sich nun angewöhnt, mit Piers zu reden. Er wusste, dass dieser bewusstlos war, hoffte aber dennoch, dass seine Worte ihn irgendwie erreichten und ihn vielleicht zum Durchhalten bewegten. Es kam ja häufiger vor, dass Bewusstlose Worte wahrnahmen und sogar verstanden. Einen Versuch war es auf jeden Fall wert, und mehr konnte Chris hier am Strand ja ohnehin nicht tun.

Vorsichtig hob er Piers nun hoch, nachdem er sich versichert hatte, dass er das gefahrlos tun konnte, und stützte ihn, soweit es ging. Tatsächlich hatte der Scharfschütze einiges an Gewicht verloren. Chris spürte das sehr deutlich, obwohl Piers’ Körper dieses Mal mit seinem vollen Gewicht und nasser Kleidung auf ihm lastete.

„Halt einfach durch.“

Wieder sprach Chris zu dem Bewusstlosen, dann schüttelte er leicht den Kopf und machte sich auf den Weg zu seiner Wohnung. Er hatte alles dort, was er brauchte, um Piers weitestgehend zu versorgen. Und alles andere musste das Virus in seinem Körper übernehmen. Chris würde tun, was er konnte, um es irgendwie zu unterstützen.

Nur im äußersten Notfall würde er doch auf ein Krankenhaus zurückgreifen.
 


 

Als sie nach einer Weile bei der Wohnung angekommen waren, öffnete Chris etwas umständlich die Tür und schleppte Piers ins Schlafzimmer, wo er ihn vorsichtig auf dem Bett ablegte.

Der Zustand des jungen Soldaten hatte sich natürlich in keinster Weise verbessert, aber zumindest war er auch nicht sichtbar kritischer geworden. Das war immerhin etwas.

Nach wenigen Minuten hatte Chris alles beisammen, was er brauchte, um Piers bestmöglich zu verarzten. Schutzweste, Jacke und Shirt waren auf direktem Weg in den Müll gewandert, die Hose lag im Wäschekorb, und Chris hatte dem jungen Mann vorübergehend eine seiner Jogginghosen geliehen. Sie war etwas groß, aber besser als nichts.

Anschließend wusch er die Wunden aus und verband jene, die noch immer offen waren und bluteten. Tatsächlich war keine dieser Verletzungen mehr lebensgefährlich, und Chris war mittlerweile sicher, dass hier wieder das C-Virus seine Finger im Spiel gehabt hatte. Im Moment war er dafür aber einfach verdammt dankbar. Scheinbar konnte selbst so ein grausames Virus in gewisser Weise eine gute Seite haben. Aber diesen Gedanken schüttelte der Captain des Alpha-Teams gleich wieder ab. Ohne das Virus wäre das alles nie passiert. Es war unsinnig, zu denken, dass da auch nur irgendetwas Gutes dran sein konnte.
 

Chris erhob sich, brachte die Tücher und Schüsseln, die er zum Auswaschen der Wunden benutzt hatte, weg, und kam mit einem sauberen Tuch und einer Schüssel Wasser, in der auch einige Eiswürfel schwammen, zurück. Ebenso hatte er eine Flasche Wasser und ein Glas dabei, was er beides auf das Nachtkästchen neben dem Bett stellte. Sobald Piers aufwachte, musste er trinken, Flüssigkeit war unglaublich wichtig. Vor allem bei dem aufkommenden Fieber, das Chris mit dem Tuch, das er erst in das Eiswasser tauchte und dann auf Piers’ Stirn legte, einzudämmen versuchte.

Mit irgendwelchen Medikamenten war er im Moment lieber vorsichtig. Dazu war ihm Piers’ Zustand einfach noch viel zu kritisch.

Jetzt hieß es ohnehin erst einmal abwarten. Mehr konnte Chris nun nicht mehr tun.

Er vergewisserte sich nur noch einmal davon, dass Piers' Herz weiterhin schlug und er auch atmete, dann lehnte der B.S.A.A.-Captain sich auf dem Stuhl zurück, den er sich von seinem Schreibtisch zum Bett gezogen hatte, und verschränkte leicht die Arme, während er den Bewusstlosen nachdenklich betrachtete und darauf warte, dass dieser wieder zu sich kam.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Xaeder
2014-05-13T19:27:49+00:00 13.05.2014 21:27
Nicht direkt danach gesucht und dennoch etwas lesenswertes gefunden.

Sehr schön. :)
LG Tine
Antwort von:  Lady_Red-Herb
13.05.2014 21:28
Aw~
Freut mich, dass es dir bisher zu gefallen scheint. ^-^
Von:  Leaf-Phantomhive
2014-04-04T15:01:37+00:00 04.04.2014 17:01
Ahh wie geil.
Gut am Anfang des Kapis dachte ich okay Chris leb damit was passiert is.
Ja ich weiß voll nett^^
Aber dann ... Wow... Wie ?? Warum??
Piers lebt und das einigermaßen unversehrt. Das is soo cool.
Also dann weiter gehts^^
Antwort von:  Lady_Red-Herb
04.04.2014 17:21
Ja, wirklich mitfuehlend. XD
Schoen, dass es dir wohl noch immer gefaellt ^^


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