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Misfits: Kreuzdame

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Lukas - Depressionen und Beziehungsstress

In ein paar Tagen würde Simon wieder abreisen und die Schule beginnen und ich hatte noch nichts von den Hausaufgaben gemacht, die wir so zahlreich über die Ferien auf bekommen hatten. Mal abgesehen davon, dass ich nun einmal Besuch hatte, konnte ich mich ohnehin nicht konzentrieren, denn meine schlimmsten Befürchtungen hatten sich in der letzten Woche bewahrheitet. Gaara hatte mit mir abgeschlossen. Nun hatte er Annalina an der Angel. Sie war nicht die perfekte Blondine, für die ich sie gehalten hatte, aber scheinbar reichte sie für Gaara vollkommen aus. Vielleicht waren wir fünf Minuten auf dieser Party gewesen. Kamen gerade an, hatten nach Gaara gefragt und dann auch schon gesehen, dass er mit Annalina rummachte. Sogleich hatte ich das Haus wieder verlassen, Simon war mir gefolgt, während Sam zurück geblieben war. Später erzählte sie mir, dass Gaara bestürzt reagierte als er erfuhr, dass ich ihn gesehen hatte und ich wollte ihr auch gerne glauben, dass es ihm Leid tat, doch ich glaubte ihr nicht. Bevor zwischen Gaara und mir überhaupt etwas gelaufen war, hatte ich schon einmal die Angst gehabt, dass er nur mit mir spielte, um mich ins Bett zu bekommen. Und, wenn es ihm zu kompliziert wurde, schob er mich ab und suchte sich ein neues Spielzeug. Diese Angst war jetzt wieder da und, nachdem mich der Anblick am Donnerstag so verletzt hatte, wollte ich mir dieses Spiel nicht antun. Als Gaara mir also eine SMS schrieb, ob wir reden könnten, antwortete ich mit einem einfachen 'Nein.' Ich schrieb nicht mehr und nicht weniger. Simon hielt es für ziemlich hart, aber Simon gehörte auch zu der Sorte Mensch, die noch aus allem Hoffnung schöpfen konnten. Er machte sich Mühe mir einzureden, dass noch nicht alles vorbei war, aber für mich war es vorbei. Ich sah es nicht ein, mit mir spielen zu lassen, auch wenn ich noch so eifersüchtig, sauer und verletzt war.
 

„Das ist beinahe bewundernswert“, gab Noah zu, als wir ihn gemeinsam besuchten. Seit dem Beginn der Herbstferien hatte er das Haus nicht mehr verlassen. Seine strohblonden Haare standen in alle Himmelsrichtungen ab und seine großen, tiefblauen Augen, die immer so sehr strahlten, waren von Müdigkeit gezeichnet. Er saß im Schneidersitz auf der Couch in seinem Zimmer, in einer bequemen Jogginghose gekleidet, mit einem dicken Kissen im Schoß und einer kleinen Schüssel Mandarine mit Quark in der Hand, welche er lieblos aß. Sein sommersprossiges Gesicht war ungewöhnlich blass und schon bei unserer Ankunft hatte er gesagt, dass wir nicht allzu lange bleiben konnten. Was mich jedoch am meisten an ihm erschreckte, war die Bandage, die am rechten Arm unter seinem Ärmel hervor lugte. Ich wagte es nicht ihn darauf anzusprechen, doch ich war mir ziemlich sicher, dass er sich wieder geritzt hatte.
 

„Wenn auch ziemlich dämlich“, fuhr Noah fort. „Ich kenne Gaara gut genug, um zu wissen, dass er nicht mit dir spielen will. Er hat nicht nachgedacht. Wahrscheinlich hat er wieder gekifft und getrunken und dann irgendwelche Entscheidungen getroffen, die auf ein schiefes Denken beruhten. Du darfst ihn nicht schon direkt abschieben.“

„Sam meinte, ich solle ihn warten und leiden lassen.“

„Das ist aber gemein“, schaltete sich Simon leise ein.

„Was er gemacht hat, ist auch gemein“, sagte ich. Mein bester Freund saß neben mir auf dem Boden, gleich gegenüber den Couch. Draußen war es extrem windig, sodass sich die Bäume im Hintergarten bogen und Blätter gegen die Fensterscheiben klatschten, welche Noahs halbe Wand ausmachten. Er hatte ein riesiges Zimmer. Und wenn man zu seinem Schlafbereich wollte, musste man eine Wendeltreppe hoch gehen und gelangte in einen kleineren Raum, in den eigentlich nur sein riesiges Bett passte. Wenn man darauf lag, konnte man durch schräge Dachfenster in den Himmel blicken.
 

„Es ist deine Entscheidung, wie du es machst“, seufzte Noah. „Bei so etwas bin ich nicht gerade der beste Ansprechpartner. Ich wollte mit Fynn immer noch zusammen sein, obwohl ich wusste, dass er mich betrügt...“

„Ich werde mich nicht so von Gaara verletzen lassen“, entschied ich. „Wegen ihm kann ich mich nicht mal auf meine Hausaufgaben konzentrieren.“

„Scheiße, die Hausaufgaben!“ Beinahe verzweifelt fasste sich Noah mit einer Hand an die Stirn und fuhr sich durch seine strohblonden Haare. Hilflos saßen wir da und schauten zu, wie ihm Tränen in die Augen traten. „Scheiße...“

„Du hast doch noch Zeit dafür“, sagte Simon überfordert. „Du musst doch nicht... und auch, wenn du sie nicht hast, ist es doch nicht so schlimm. Du musst doch nicht anfangen zu weinen.“

„Noah...“, versuchte ich es mit sanfter Stimme, doch der Junge war schon am Weinen.

„Ich bin so ein Desaster“, klagte er und stellte die Schüssel auf den Couchtisch zwischen uns ab. „Ich mache den ganzen Tag lang nichts außer im Bett liegen und ich weiß, dass ich so viel zu tun hätte und Hausaufgaben machen muss und mal aufräumen sollte, aber ich bekomme nichts auf die Reihe. Ich kann nicht einmal... ich kann nicht einmal Dinge machen, auf die ich Lust habe.“

Während er sprach, stand ich auf und setzte mich neben ihn. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, deswegen nahm ich ihn einfach nur in den Arm und drückte ihn an mich.

„Ich würde mich so gerne mit euch treffen und rausgehen wollen, aber ich will nicht. Verstehst du das? Versteht das irgendjemand?! Ich hasse es, ich hasse es.“

„Das geht wieder vorbei...“, versuchte ich ihn zu trösten.

„Ja und dann kommt es wieder.“
 

Simon und ich hatten Mühe Noah wieder einigermaßen zu beruhigen. Schließlich hing er erschöpft in meine Armen und es war als würde ich ein kleines Kind halten. Bedrückt saß Simon daneben und schien nicht so recht zu wissen, was er mit sich anfangen sollte. Seit Donnerstag war ich nur wütend, ich hatte nicht geheult oder so etwas, ich war einfach nur wütend gewesen, aber jetzt spürte ich, wie mich das alles selbst erschöpfte. Das waren wirklich nicht die Art von Herbstferien wie ich sie mir erhoffte. Ehrlich gesagt, war das Erlebnis mit Simon, als er sich aus der Straßenbahn aussperrte, noch das Fröhlichste gewesen. Schließlich wollte Noah uns heim schicken, weil er sich schuldig fühlte, dass er uns den Tag versaute.
 

„Wenn du Gesellschaft brauchst, bleiben wir hier“, sagte ich entschieden.

„Nein, Simon kommt doch nicht nach Berlin, damit ihr mir beim Heulen zu schauen könnt“, sagte Noah und rieb sich über die gereizten Augen. „Es ist wirklich okay, wenn ihr geht.“

„Bist du dir ganz sicher?“, fragte nun auch Simon, doch Noah blieb dabei. Unsicher erhoben wir uns und ich beugte mich noch vor, um Noah einen Kuss in die Haare zu geben, dann verließen wir sein Zimmer. Noahs Vater saß im Wohnzimmer auf der Couch und las ein Buch. Vorsichtig klopfte ich gegen den Türrahmen und sagte ihm Bescheid, dass es Noah ziemlich schlecht gehen würde.

„Ich weiß, das geht schon seit Anfang der Ferien so“, seufzte der Mann und klappte sein Buch zusammen. „Ich gehe zu ihm. Danke, dass ihr hier wart.“
 

Ich wusste zwar nicht so recht wofür er sich bedankte, denn wirklich geholfen hatte unser Besuch nicht. Während dem Weg zur Straßenbahn schwiegen wir uns nur gegenseitig an, bis Simon leise sagte: „Scheiße.“

„Jap.“

„Depressionen zu haben... das würde ich mir nicht mal meinem schlimmsten Erzfeind wünschen“, murmelte Simon.

„Ich auch nicht.“

„Momentan scheint es ja echt niemandem gut zu gehen... außer Lynn“, fügte er verbittert hinzu.

„Und außer Annalina“, ergänzte ich noch verbitterter. Wir blickten uns an und aus irgendeinem Grund mussten wir anfangen zu lachen. Ich wusste wirklich nicht wieso, denn eigentlich gab es nichts zum Lachen und ich fühlte mich auch nicht danach. Seit letzter Woche war ich nicht mehr richtig mit den Gedanken zusammen und besonders nachts war es schwierig sich nicht vorzustellen wie Gaara mit Annalina rummachte und glücklich war. Doch gerade schienen wir den Punkt erreicht zu haben, bei dem man sich nicht mehr sicher war, ob man lachen oder weinen sollte und in einer solchen Situation entschied man sich immer lieber zum Lachen. Zumindest, wenn Simon dabei war.
 

„Ich will nicht, dass du wieder fährst“, sagte ich schließlich. „Wenn du bei mir bist, fühlt sich alles viel einfacher an.“

„Das klingt einfach nur ultra schwul...“

„Ich darf das!“, betonte ich empört und brachte Simon damit zum Lachen.

„Mir geht es aber genauso“, gestand er. „Und ich will nicht wieder in die Schule und mir anhören, was Lynn über Adrian zu berichten hat. Sie kann einfach von nichts Anderem erzählen. Wahrscheinlich kommt jetzt noch raus, dass sie über die Herbstferien mit ihm zusammen gekommen ist.“
 

Mit dieser Vermutung lag Simon leider richtig. Am letzten Tag vor seiner Abreise bat Lynn darum, dass wir gemeinsam skypten. Während sie also in Nordrhein-Westfalen hinter dem Bildschirm saß, klemmten wir uns gemeinsam hinter meinen Laptop und hörten zu, wie sie glücklich grinsend davon berichtete wie Adrian sie ganz offiziell gefragt hatte, ob sie seine Freundin sein möchte. Sie zeigte die Halskette, die er ihr geschenkt hatte und gestand dann, dass sie noch am selben Tag miteinander geschlafen hatten. Simon sah aus als hätte sie ihm ein paar kräftige Schläge direkt ins Gesicht verpasst und für einige Augenblicke dachte ich, er würde aufstehen und abhauen oder ihr sagen, dass sie die Klappe halten sollte, doch zu meiner Verwunderung begann er zu lächeln.
 

„Glückwunsch“, sagte er, während Lynn sich ganz verlegen durch die langen, braunen Haare strich. Sie hatte ein rundes Gesicht mit einer Stupsnase und großen, braunen Augen, die vor Freude strahlten. Auch von hier konnte man ihre stark ausgeprägten, weiblichen Rundungen erkennen, denn sie trug häufig Tops mit weitem Ausschnitt.

„Adrian will dich auch mal endlich richtig kennen lernen“, erzählte Lynn Simon beinahe aufgeregt. „Wir wollen demnächst mal zusammen grillen, solange das Wetter noch nicht ganz so kühl ist. Liane wird dabei sein, ein paar Freunde von Adrian und ihr und Genesis hat auch schon zugesagt. Könnte echt lustig werden und ihr müsst euch unbedingt mal richtig kennen lernen! Ich bin mir sicher, dass ihr euch gut verstehen werdet.“

„Klar, ich bin dabei“, versicherte Simon und ich konnte ihn dafür nur bewundern. Mir selbst tat es ihm Herzen weh zuzuhören, wie Lynn ihn in diese Sache hinein wickelte, obwohl es Simon nur Schmerzen bereitete. Dessen war ich mir ganz sicher, doch er ließ sich nichts anmerken. Ich verzichtete darauf ihr von dem Desaster mit Gaara zu erzählen, da sie gerade so glücklich war und ich sie nicht herunter ziehen wollte. Am Ende des Gesprächs schärfte sie mir ein, dass ich in den Winterferien nach Nordrhein-Westfalen kommen sollte, damit auch ich Adrian kennen lernte und überhaupt mal wieder bei ihr war. Ich musste es ihr hoch und heilig versprechen und erst danach beendeten wir das Gespräch und ich klappte den Laptop zu.
 

Für einige Momente kehrte in meinem Zimmer Stille ein. Zu hören war nur noch der laute Wind, der an den Fenstern rüttelte und die gedämpfte Musik, die aus Alex' Zimmer drang. Durch meinen Kopf gingen tausende Gedanken, doch ich konnte keinen fassen und aussprechen. Schließlich war es Simon, der zuerst die Stimme hob.

„Sie sah echt glücklich aus“, stellte er dumpf fest.

„Ja, richtig glücklich“, stimmte ich zu.

„Ich schätze, als ihr bester Freund sollte mich das auch glücklich machen.“

„Aber sie ist für dich mehr als eine beste Freundin.“ Simon blickte mich mit seinen braunen Augen an, deren Blick so bemitleidenswert aussah und zuckte die Schultern.

„Vielleicht sollte ich trotzdem glücklich sein“, sagte er. „Ich habe Adrian schon ein wenig kennen gelernt... er ist... nett und... er passt zu Lynn, also... ich denke nicht, dass er es nicht Ernst meint. Solange Lynn glücklich ist, ist alles okay.“

„Und was ist mit dir?“, fragte ich, zum Einen entsetzt, zum Anderen beeindruckt von seiner Denkweise. „Du hast auch ein Recht darauf glücklich zu sein.“

„Scheinbar noch nicht.“ Erneut zuckte er mit den Schultern und ein schiefes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. „Aber das ist schon okay so. Ich muss mit dem Gedanken leben, dass wir nur beste Freunde sind.“
 

Simon sagte das so leicht, aber ich wusste, dass es nicht so einfach für ihn war. In dieser Nacht konnte keiner von uns Beiden schlafen und am nächsten Tag waren wir noch mieser gelaunt als ohnehin schon die ganzen zwei Wochen. Nun hieß es wieder einmal Abschied nehmen. Am Bahnhof blickte mich Simon niedergeschlagen an, während der Zug einfuhr.

„In den Winterferien sehen wir uns wieder“, versuchte ich die Stimmung ein wenig aufzuheitern. „Und bis dahin haben wir all unsere Probleme geklärt.“

„Schon wär's“, lachte Simon mit einem Hauch von Spott in der Stimme.

„Du bist doch sonst immer so optimistisch.“ Ich knuffte ihn den Oberarm und versuchte es mit einem Lächeln, welches er schwach erwiderte.

„Wir sind ja noch jung“, sagte Simon. Um uns herum begannen die Menschenmassen in den Zug einzusteigen. „Das ist das erste Mal Liebeskummer, muss man leider auch mal erlebt haben. Irgendwann wird es besser.“

„Ja, jetzt sprichst du schon wie Simon.“ Ein Grinsen zierte meine Lippen. Zum Abschied umarmten wir uns, diesmal nur kurz und er stieg ebenfalls in den Zug ein. Ich blieb noch solange bis er wieder davon fuhr und fühlte mich für einen Moment wie ein ausgesetzter Hund. Mein Blick schweifte auf die Uhr, die hier am Bahnsteig hing und ich presste fest die Zähne aufeinander.

Mir blieben keine 24 Stunden mehr für die Hausaufgaben und ich hatte bisher kaum etwas gemacht. Aber noch viel schlimmer war, dass ich Morgen Gaara wieder sehen würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Onlyknow3
2014-08-16T13:03:57+00:00 16.08.2014 15:03
Armer Lukas, armer Gaara kann man da nur sagen. Mir tut hier Noah sehr leid, warum darf der keine Besserung für seine Depresionen erfahren. Aber wer weiß vielleicht hilft hier ja ein neuer Partner an seiner Seite der ihn da aufbaut.
Weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  tenshi_90
2014-05-20T11:48:50+00:00 20.05.2014 13:48
Ach armes Bambi.. Er hat es aber momentan auch nicht wirklich leicht...


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